Abrechnung nach Gutachten - Einwände des Schädigers
"c) Der die Reparaturkosten fiktiv abrechnende Geschädigte leistet dem Gebot der Wirtschaftlichkeit nach § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB im Allgemeinen Genüge, wenn er der Schadensabrechnung die üblichen Stundenverrechnungssätze einer markengebundenen Fachwerkstatt zugrunde legt, die ein von ihm eingeschalte......." [vollständiges Zitat anzeigen]
"c) Der die Reparaturkosten fiktiv abrechnende Geschädigte leistet dem Gebot der Wirtschaftlichkeit nach § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB im Allgemeinen Genüge, wenn er der Schadensabrechnung die üblichen Stundenverrechnungssätze einer markengebundenen Fachwerkstatt zugrunde legt, die ein von ihm eingeschalteter Sachverständiger auf dem allgemeinen regionalen Markt ermittelt hat (st. Rspr., vgl. nur Senatsurteile vom 20. Oktober 2009 - VI ZR 53/09, BGHZ 183, 21 Rn. 8; vom 5. Dezember 2017 - VI ZR 24/17, VersR 2018, 237 Rn. 9 mwN). Dasselbe gilt für die Kosten der Ersatzteile und die Frage der Berücksichtigung von UPE-Aufschlägen (Senatsurteil vom 25. September 2018 - VI ZR 65/18, NJW 2019, 852 Rn. 10, 13). Das Gutachten stellt allerdings nur dann eine sachgerechte Grundlage für die gemäß § 287 ZPO vom Tatrichter vorzunehmende Schadensschätzung dar, wenn es hinreichend ausführlich ist und das Bemühen erkennen lässt, dem konkreten Schadensfall vom Standpunkt eines wirtschaftlich denkenden Betrachters gerecht zu werden (vgl. Senatsurteile vom 25. September 2018 - VI ZR 65/18, NJW 2019, 852 Rn. 6; vom 29. April 2003 - VI ZR 398/02, BGHZ 155, 1, 4, juris Rn. 9; vom 20. Juni 1989 - VI ZR 334/88, NJW 1989, 3009, juris Rn. 9). Auch dann legt es aber den zu beanspruchenden Schadensersatz für die Reparatur des beschädigten Kraftfahrzeugs keineswegs bindend fest. Insbesondere ist es dem Schädiger unbenommen, durch substantiierte Einwände die Annahmen des Sachverständigen in Einzelpunkten in Zweifel zu ziehen (Senatsurteil vom 20. Juni 1989 - VI ZR 334/88, NJW 1989, 3009, juris Rn. 11). Dazu kann auch der Einwand gehören, dass in dem Gutachten entgegen dem Grundsatz der subjektbezogenen Schadensbetrachtung die besondere Situation, in der sich der Geschädigte befindet, keine Berücksichtigung gefunden hat (vgl. Senatsurteil vom 25. Juni 2019 - VI ZR 358/18, juris Rn. 20). Kann der Kläger, dem die Darlegungs- und Beweislast für die Höhe des Schadens und damit auch für die Erforderlichkeit des Herstellungsaufwands gemäß § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB obliegt (vgl. nur Senatsurteile vom 19. Januar 2010 - VI ZR 112/09, VersR 2010, 494 Rn. 11 mwN; vom 22. Juli 2014 - VI ZR 357/13, NJW 2014, 3151 Rn. 16), diese Einwände nicht überzeugend ausräumen, läuft er unter Umständen Gefahr, sich in den zweifelhaften Einzelpositionen Abschläge gefallen lassen zu müssen (Senatsurteil vom 20. Juni 1989 - VI ZR 334/88, NJW 1989, 3009, 3010, juris Rn. 14)."
vgl. BGH, Urteil vom 29.10.2019 - VI ZR 45/19
Allgemein: Wirtschaftlichkeitsgebot bei Geschäftsbetrieben mit Werkstätten
"1. Ob der Geschädigte im Rahmen der fiktiven Schadensabrechnung nach einem Verkehrsunfall den Unternehmergewinn als Teil der Reparaturkosten fordern kann, richtet sich nach folgenden Grundsätzen:
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a) Gemäß § 249 Abs. 1 BGB hat der zum Schadensersatz Verpflichtete den Zustand herzustellen, ......." [vollständiges Zitat anzeigen]
"1. Ob der Geschädigte im Rahmen der fiktiven Schadensabrechnung nach einem Verkehrsunfall den Unternehmergewinn als Teil der Reparaturkosten fordern kann, richtet sich nach folgenden Grundsätzen:
a) Gemäß § 249 Abs. 1 BGB hat der zum Schadensersatz Verpflichtete den Zustand herzustellen, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre. Ist wegen der Beschädigung einer Sache Schadensersatz zu leisten, so kann der Geschädigte gemäß § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB statt der Herstellung den dazu erforderlichen Geldbetrag verlangen. Der Geschädigte ist aufgrund der nach anerkannten schadensrechtlichen Grundsätzen bestehenden Dispositionsfreiheit in der Verwendung der Mittel frei, die er vom Schädiger zum Schadensausgleich beanspruchen kann; er ist nicht verpflichtet, sein Fahrzeug reparieren zu lassen (Senatsurteile vom 29. April 2003 - VI ZR 393/02, NJW 2003, 2085, juris Rn. 7; vom 17. September 2019 - VI ZR 396/18, NJW 2020, 236 Rn. 9; jeweils mwN). Unter mehreren zum Schadensausgleich führenden Möglichkeiten hat der Geschädigte grundsätzlich diejenige zu wählen, die den geringeren Aufwand erfordert. Nur der für diese Art der Schadensbehebung nötige Geldbetrag ist im Sinne des § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB zur Herstellung erforderlich (sog. Wirtschaftlichkeitsgebot, vgl. Senatsurteile vom 12. Oktober 2021 - VI ZR 513/19, NJW 2022, 543 Rn. 16; vom 29. Oktober 2019 - VI ZR 45/19, NJW 2020, 144 Rn. 9; jeweils mwN).
Dieses Wirtschaftlichkeitsgebot gilt aber nicht absolut, sondern nur im Rahmen des dem Geschädigten Zumutbaren und unter Berücksichtigung seiner individuellen Lage. Nimmt der Geschädigte gemäß § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB die Schadensbehebung selbst in die Hand, ist im Rahmen der sog. subjektbezogenen Schadensbetrachtung der zur Herstellung erforderliche Aufwand nach der besonderen Situation zu bemessen, in der sich der Geschädigte befindet. Sind seine Erkenntnis- und Einflussmöglichkeiten beschränkt oder bestehen gerade für ihn Schwierigkeiten, so ist hierauf zu seinen Gunsten Rücksicht zu nehmen. Verfügt er über besondere Expertise, erhöhte Einflussmöglichkeiten oder sonstige Vorteile oder Erleichterungen, so ist hierauf auch zugunsten des Schädigers Rücksicht zu nehmen; diese Umstände können sich also anspruchsverkürzend auswirken (vgl. Senatsurteil vom 29. Oktober 2019 - VI ZR 45/19, NJW 2020, 144 Rn. 10 mwN). Die subjektbezogene Schadensbetrachtung bedeutet nicht, dass ein in der Situation des Geschädigten wirtschaftlich unangemessenes Verhalten erst unter dem Gesichtspunkt einer Verletzung der Schadensminderungspflicht nach § 254 Abs. 2 BGB zu prüfen wäre; die Schadensersatzpflicht besteht vielmehr von vornherein nur insoweit, als sich das Verhalten des Geschädigten im Rahmen wirtschaftlicher Vernunft hält (vgl. Senatsurteile vom 29. Oktober 2019 - VI ZR 45/19, NJW 2020, 144 Rn. 10; vom 25. Juni 2019 - VI ZR 358/18, NJW 2019, 3139 Rn. 18; jeweils mwN). Darüber hinaus gilt für die Ersetzungsbefugnis des § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB das Verbot, sich durch Schadensersatz zu bereichern. Der Geschädigte soll zwar volle Herstellung verlangen können (Totalreparation), aber an dem Schadensfall nicht "verdienen" (Senatsurteil vom 29. Oktober 2019 - VI ZR 45/19, NJW 2020, 144 Rn. 11 mwN). Diese Grundsätze gelten sowohl für die konkrete als auch für die fiktive Schadensabrechnung (Senatsurteil vom 29. Oktober 2019 - VI ZR 45/19, NJW 2020, 144 Rn. 12 mwN).
b) Nach diesen Grundsätzen hat der Geschädigte regelmäßig Anspruch auf Ersatz der in einer markengebundenen Fachwerkstatt anfallenden Reparaturkosten, unabhängig davon, ob er das Fahrzeug voll, minderwertig oder überhaupt nicht reparieren lässt (Senatsurteile vom 29. Oktober 2019 - VI ZR 45/19, NJW 2020, 144 Rn. 12; vom 25. September 2018 - VI ZR 65/18, NJW 2019, 852 Rn. 6; jeweils mwN). Bei der fiktiven Schadensabrechnung genügt der Geschädigte dem Gebot der Wirtschaftlichkeit nach § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB im Allgemeinen, wenn er der Schadensabrechnung die üblichen Stundenverrechnungssätze einer markengebundenen Fachwerkstatt zugrunde legt, die ein von ihm eingeschalteter Sachverständiger auf dem allgemeinen regionalen Markt ermittelt hat; dasselbe gilt für die Kosten der Ersatzteile (vgl. Senatsurteil vom 29. Oktober 2019 - VI ZR 45/19, NJW 2020, 144 Rn. 13 mwN). Reparaturkosten in dieser Höhe stehen grundsätzlich auch dem Geschädigten zu, der kraft besonderer Fähigkeiten oder aus sonstigen individuellen Gründen zu einer kostengünstigen Eigenreparatur imstande ist (vgl. Senatsurteile vom 17. März 1992 - VI ZR 226/91, NJW 1992, 1618, 1619, juris Rn. 11; vom 26. Mai 1970 - VI ZR 168/68, BGHZ 54, 82, 87, juris Rn. 11; BGH, Urteil vom 30. Juni 1997 - II ZR 186/96, NJW 1997, 2879, 2880, juris Rn. 16; Freymann/Rüßmann in Freymann/Wellner, jurisPK-Straßenverkehrsrecht, 2. Aufl., § 249 BGB Rn. 145; MüKoBGB/Oetker, 9. Aufl., § 249 Rn. 389).
Dies gilt auch für einen Geschädigten, der einen auf Gewinnerzielung ausgerichteten Reparaturbetrieb führt; er hat grundsätzlich Anspruch auf Ersatz der Kosten einer Fremdreparatur einschließlich des Gewinnanteils (vgl. Senatsurteile vom 19. November 2013 - VI ZR 363/12, NJW 2014, 1376 Rn. 11; vom 26. Mai 1970 - VI ZR 168/68, BGHZ 54, 82, 87, juris Rn. 11). Allerdings muss er sich unter dem Gesichtspunkt der Schadensminderungspflicht nach § 254 Abs. 2 Satz 1 letzter Halbsatz BGB auf eine gleichwertige Reparaturmöglichkeit in seiner eigenen Werkstatt verweisen lassen, wenn sein auf Gewinnerzielung ausgerichteter Betrieb nicht ausgelastet ist und es ihm zumutbar ist, ansonsten ungenutzte Kapazitäten für die notwendige Reparatur zu nutzen (vgl. Senatsurteil vom 19. November 2013 - VI ZR 363/12, NJW 2014, 1376 Rn. 11 mwN; zum Fall der Verweisung auf die Reparatur in einer freien Fachwerkstatt vgl. Senatsurteile vom 25. September 2018 - VI ZR 65/18, NJW 2019, 852 Rn. 6; vom 7. Februar 2017 - VI ZR 182/16, VersR 2017, 504 Rn. 7 ff.).
Würde man - der Revision folgend - bei der fiktiven Abrechnung mit der Begründung, dass es mangels Reparatur auf die Auslastungssituation überhaupt nicht ankomme, den Unternehmergewinn ohne Rücksicht auf den Einwand des Schädigers nach § 254 Abs. 2 Satz 1 letzter Halbsatz BGB und damit stets zuerkennen, stünde der Geschädigte bei der fiktiven Abrechnung besser als bei der konkreten Schadensabrechnung. Ziel der fiktiven Schadensabrechnung ist es aber nicht, den Geschädigten wirtschaftlich besser zu stellen als im Rahmen der konkreten Schadensabrechnung (vgl. Senatsurteil vom 29. Oktober 2019 - VI ZR 45/19, NJW 2020, 144 Rn. 12). Entgegen der Ansicht der Revision ist es deshalb auch nicht widersprüchlich, bei der fiktiven Abrechnung die konkrete Auslastungssituation der Werkstatt des Geschädigten zu berücksichtigen.
Im Rahmen des § 254 Abs. 2 Satz 1 letzter Halbsatz BGB ist der Schädiger darlegungs- und beweisbelastet dafür, dass der gewinnorientierte Betrieb des Geschädigten nicht ausgelastet war und er diese ansonsten ungenutzte Kapazität für die notwendige Reparatur hätte nutzen können. Dem Geschädigten obliegt es im Rahmen der sekundären Darlegungslast, seine betriebliche Auslastungssituation konkret darzustellen (vgl. Senatsurteil vom 19. November 2013 - VI ZR 363/12, NJW 2014, 1376 Rn. 11; OLG Frankfurt, NJW 2012, 2977, juris Rn. 22; OLG Düsseldorf, NJW-RR 2021, 1391 Rn. 6; dazu Wenker, jurisPR-VerkR 18/2021 Anm. 1; Freymann/Rüßmann in Freymann/Wellner, jurisPK-Straßenverkehrsrecht, 2. Aufl., § 249 BGB Rn. 145; Katzenstein in Geigel, Haftpflichtprozess, 28. Aufl., Kapitel 3 Rn. 18; aA OLG Saarbrücken, r+s 2013, 520, 522, juris Rn. 96; OLG Karlsruhe, Schaden-Praxis 1999, 128, 129, juris Rn. 6; offengelassen OLG Hamm, VersR 1991, 349) und ggf. Umstände aufzuzeigen, die eine Reparatur in der eigenen Werkstatt unzumutbar erscheinen lassen. Etwa aufgezeigte Umstände hat der Schädiger zu widerlegen (vgl. für den Fall der Verweisung auf die Reparatur in einer freien Fachwerkstatt Senatsurteile vom 25. September 2018 - VI ZR 65/18, NJW 2019, 852 Rn. 6; vom 7. Februar 2017 - VI ZR 182/16, VersR 2017, 504 Rn. 7)."
vgl. BGH, Urteil vom 26.05.2023 - VI ZR 274/22
Allgemeines Erschütterung des Anscheinsbeweises und die Folge
"Erschüttert ist der Anscheinsbeweis, wenn die ernsthafte (reale) Möglichkeit eines anderen als des erfahrungsgemäßen Geschehensablaufs besteht. Die Tatsachen, aus denen diese ernsthafte Möglichkeit hergeleitet wird, müssen unstreitig oder (voll) bewiesen sein. Zweifel gehen zulasten dessen, gegen d......." [vollständiges Zitat anzeigen]
"Erschüttert ist der Anscheinsbeweis, wenn die ernsthafte (reale) Möglichkeit eines anderen als des erfahrungsgemäßen Geschehensablaufs besteht. Die Tatsachen, aus denen diese ernsthafte Möglichkeit hergeleitet wird, müssen unstreitig oder (voll) bewiesen sein. Zweifel gehen zulasten dessen, gegen den der Anscheinsbeweis streitet. Bei erfolgreicher Erschütterung besteht wieder die beweisrechtliche Normallage (OLG München NJW-RR 2014, 601, 602)."
vgl. Saarländisches OLG, Urteil vom 13.08.2020 - 4 U 6/20
Allgemeines: Mitverschulden wegen nicht angelegten Anschnallgurtes: Herleitung und Quotenbestimmung
"b) Die Bemessung des Mitverschuldens wegen des Nichtanlegens des Sicherheitsgurtes erfolgt einheitlich. Zwar mag der Umstand, dass der Kläger sich nicht angegurtet hatte, für jede der von ihm erlittenen Verletzungen - unbeschadet der Ursächlichkeit des Nichtanlegens des Gurtes für diese Verletzungen ......." [vollständiges Zitat anzeigen]
"b) Die Bemessung des Mitverschuldens wegen des Nichtanlegens des Sicherheitsgurtes erfolgt einheitlich. Zwar mag der Umstand, dass der Kläger sich nicht angegurtet hatte, für jede der von ihm erlittenen Verletzungen - unbeschadet der Ursächlichkeit des Nichtanlegens des Gurtes für diese Verletzungen (mehrfragmentäre Querfraktur der Patella links, Längsfraktur der Patella rechts, offene Wunde am Knie rechts, Lungenlazeration, Verletzung der Arteria vertrebralis, beidseitige Rippenserienfrakturen, traumatischer Pneumothorax, Lungenkontusion) - von unterschiedlichem Gewicht gewesen sein. Dies führt aber nicht dazu, dass der Geschädigte Schadensersatz nur für die Verletzungen verlangen kann, die er auch erlitten hätte, wäre er angegurtet gewesen.
Nach herrschender Meinung in der Literatur und nach der Rechtsprechung des BGH (vgl. König in Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht 45. A. § 21a StVO Rn. 21 m.w.N.) ist es aus Gründen praktischer Handhabung geboten, bei verschiedener Auswirkung des Nichtangurtens auf einzelne Verletzungen unter Abwägung aller Umstände, insbesondere der von den Verletzungen ausgehenden Folgeschäden, deren vermögensrechtliches Gewicht je nach der Verletzung verschieden sein kann, der Verletzte also von einer Kürzung seiner Ersatzansprüche verschieden stark getroffen wird, eine einheitliche Mitschuldquote zu bilden (vgl. BGH, Urteil vom 28. Februar 2012 - VI ZR 10/11 -, [juris]; BGH, Urteil vom 01. April 1980 - VI ZR 40/79 -, [juris]).
c) Grundsätzlich können dem Schädiger auch bei der Frage, ob die vom Geschädigten erlittenen Verletzungen ganz oder zum Teil auf das Nichtanlegen des Gurtes zurückzuführen sind, die Regeln des Anscheinsbeweises zugutekommen. Voraussetzung hierfür ist, dass der Unfall einer der hierfür typischen Gruppen von Unfallabläufen zuzuordnen ist (vgl. König in Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht 45. Aufl., § 21a StVO Rn. 21 m.w.N.; BGH, NJW 1980, 2125; BGH, NJW 1991, 230, 231; OLG Hamm, VRS 76, 112, 114), was hier der Fall ist. Nach den Feststellungen des Sachverständigen Dr. S. in seinem Gutachten vom 21.02.2018 erfolgte die Kollision zwischen den beteiligten Fahrzeugen frontal. Vom Senat wird nicht verkannt, dass nach den ergänzenden Angaben des Sachverständigen Dr. S. in seiner Anhörung vom 06.06.2018 das klägerische Fahrzeug nach der Kollision in eine leichte Drehbewegung geriet, was die geschilderten Folgen in Bezug auf die Kollision des Thorax mit dem Airbag hatte (vgl. Bl. 374 d.A.). Dennoch zeigt das unfallanalytisch/biomechanische Gutachten auf, dass die wesentlichen Krafteinwirkungen auf den Körper des Klägers typische Einwirkungen eines Frontalunfalls waren.
Aufgrund der überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen Dr. S. steht fest, dass bei einer Belastungssituation in einer Frontalkollision wie der vorliegenden (kollisionsbedingte Geschwindigkeitsänderung von etwa 60 km/h) ohne angelegten Dreipunkt-Sicherheitsgurt eine wesentliche Komponente des Rückhaltekonzepts im Pkw der Klagepartei fehlt (vgl. Seite 44 des Gutachtens vom 21.02.2018 = Blatt 306 der Akten). "Angeschnallt zu sein ist jedenfalls immer die bessere Alternative" (vgl. Anhörung des Sachverständigen Dr. S. vom 06.06.2018, Protokoll S. 8 = Bl. 377 d.A.). Daher durfte sich das Landgericht bereits frei von Rechtsfehlern im Lichte der Ausführungen des Sachverständigen Dr. S. davon überzeugen, dass der Kläger durch seinen Verzicht auf das Anlegen des Sicherheitsgurtes das Sicherheitssystem eines Fahrzeugs unterlaufen hat und dadurch dazu beigetragen hat, dass Sicherheitssysteme teilweise nicht verletzungsmindernd wirken.
Nach der Zurückweisung des Rechtsstreits zur erneuten Verhandlung und Entscheidung aufgrund des Endurteils des Oberlandesgerichts vom 12.05.2017 (vgl. Bl. 239 d.A.) hat das Landgericht lediglich ein unfallanalytisches und verletzungsmechanisches Gutachten eingeholt (vgl. Bl. 264 ff. d.A.) und den Sachverständigen Dr. S. am 06.06.2018 (vgl. Bl. 373 ff. d.A.) ergänzend angehört. Von einer medizinischen Begutachtung auf der Grundlage des biomechanischen Gutachtens hat das Landgericht abgesehen, was vom Kläger zu Recht in seiner Berufung gerügt wurde. Daher hat der Senat auf der Grundlage des biomechanischen Gutachtens des Sachverständigen Dr. S., den (früheren) medizinischen Sachverständigen Prof. Dr. M. in der mündlichen Verhandlung vom 27.07.2019 (vgl. Bl. 469 f. d.A.) vor dem Senat ergänzend angehört.
Die Feststellungen, inwieweit nach der Art des Unfalls die erlittenen Verletzungen tatsächlich verhindert worden oder zumindest weniger schwerwiegend gewesen wären, wenn der Kläger zum Zeitpunkt des Unfalls angeschnallt gewesen wäre, betreffen, wie der Senat bereits in seinem Hinweis vom 12.05.2017 (vgl. Bl. 239 d.A.) dargelegt hat, auch medizinische Fragen (vgl. KG NZV 2004, 460; 2005, 470; 2006, 145; Senat, Urt. v. 28.07.2006 - 10 U 1684/06 [Juris]). Der medizinischen Begutachtung kommt deshalb rechtlich ausnahmslos die sachverständige Letztentscheidung zu (BGH NJW 2003, 1116 = VersR 2003, 474 = DAR 2003, 217; Senat, Urteil vom 21. Oktober 2011 - 10 U 1995/11 -, [juris])."
vgl. OLG München, Endurteil vom 25.10.2019 - 10 U 3171/18
Allgemeines: Verweis auf günstigere Werkstatt
"Gleichwohl muss sich der Geschädigte, der mühelos eine ohne weiteres zugängliche günstigere und gleichwertige Reparaturmöglichkeit hat, unter dem Gesichtspunkt der Schadensminderungspflicht gemäß § 254 Abs. 2 BGB auf diese verweisen lassen (Senatsurteile vom 29. April 2003 - VI ZR 398/02, BGHZ 15......." [vollständiges Zitat anzeigen]
"Gleichwohl muss sich der Geschädigte, der mühelos eine ohne weiteres zugängliche günstigere und gleichwertige Reparaturmöglichkeit hat, unter dem Gesichtspunkt der Schadensminderungspflicht gemäß § 254 Abs. 2 BGB auf diese verweisen lassen (Senatsurteile vom 29. April 2003 - VI ZR 398/02, BGHZ 155, 1, 5; vom 20. Oktober 2009 - VI ZR 53/09, BGHZ 183, 21 Rn. 9; vom 3. Dezember 2013 - VI ZR 24/13, VersR 2014, 214 Rn. 10). So entspricht es der gefestigten Rechtsprechung des Senats, dass sich der Geschädigte auf die günstigere Reparatur in einer mühelos und ohne weiteres zugänglichen freien Fachwerkstatt verweisen lassen muss, wenn der Schädiger darlegt und ggf. beweist, dass eine Reparatur in dieser Werkstatt vom Qualitätsstandard her der Reparatur in einer markengebundenen Fachwerkstatt entspricht, und wenn er ggf. vom Geschädigten aufgezeigte Umstände widerlegt, die diesem eine Reparatur außerhalb der markengebundenen Fachwerkstatt unzumutbar machen (Senatsurteile vom 7. Februar 2017 - VI ZR 182/16, NJW 2017, 2182 Rn. 7; vom 28. April 2015 - VI ZR 267/14, VersR 2015, 861 Rn. 9 f.; vom 15. Juli 2014 - VI ZR 313/13, NJW 2014, 3236 Rn. 8; vom 3. Dezember 2013 - VI ZR 24/13, VersR 2014, 214 Rn. 9; vom 14. Mai 2013 - VI ZR 320/12, VersR 2013, 876 Rn. 8; vom 13. Juli 2010 - VI ZR 259/09, DAR 2010, 577 Rn. 6 f.; vom 22. Juni 2010 - VI ZR 302/08, NJW 2010, 2727 Rn. 6 f.; jeweils mwN).
Der Tatrichter ist bei seiner Überzeugungsbildung im Rahmen des § 254 Abs. 2 Satz 1 BGB nach § 287 ZPO besonders frei gestellt (Senatsurteile vom 28. April 2015 - VI ZR 267/14, VersR 2015, 861 Rn. 14; vom 13. Juli 2010 - VI ZR 259/09, DAR 2010, 577 Rn. 13). Denn die Bemessung der Höhe des Schadensersatzanspruches, auf die sich die Verletzung der Schadensminderungspflicht auswirken kann, ist revisionsrechtlich nur daraufhin überprüfbar, ob der Tatrichter erhebliches Vorbringen der Parteien unberücksichtigt gelassen, Rechtsgrundsätze der Schadensbemessung verkannt, wesentliche Bemessungsfaktoren außer Betracht gelassen oder seiner Schätzung unrichtige Maßstäbe zugrunde gelegt hat (vgl. Senatsurteile vom 7. Februar 2017 - VI ZR 182/16, NJW 2017, 2182 Rn. 10; vom 26. April 2016 - VI ZR 50/15, NJW 2016, 3092 Rn. 10; vom 5. März 2013 - VI ZR 245/11, VersR 2013, 730 Rn. 14; vom 8. Mai 2012 - VI ZR 37/11, VersR 2012, 917 Rn. 9 mwN)."
vgl. BGH, Urteil vom 25.09.2018 - VI ZR 65/18
Anscheinsbeweis - Grundsatz
"aa) Die Frage, ob ein Anscheinsbeweis eingreift, unterliegt der Prüfung durch das Revisionsgericht (vgl. Senatsurteile vom 1. August 2023 - VI ZR 82/22, juris Rn. 26; vom 13. Dezember 2016 - VI ZR 32/16, NJW 2017, 1177 Rn. 9 mwN). Ein Anscheinsbeweis kommt in Betracht, wenn ein typischer Geschehensablau......." [vollständiges Zitat anzeigen]
"aa) Die Frage, ob ein Anscheinsbeweis eingreift, unterliegt der Prüfung durch das Revisionsgericht (vgl. Senatsurteile vom 1. August 2023 - VI ZR 82/22, juris Rn. 26; vom 13. Dezember 2016 - VI ZR 32/16, NJW 2017, 1177 Rn. 9 mwN). Ein Anscheinsbeweis kommt in Betracht, wenn ein typischer Geschehensablauf feststeht, der nach der Lebenserfahrung den Schluss auf einen ursächlichen Zusammenhang oder ein schuldhaftes Verhalten rechtfertigt (vgl. Senatsurteil vom 1. August 2023 - VI ZR 82/22, juris Rn. 26; Senatsbeschluss vom 28. Februar 2023 - VI ZR 98/22, NJW-RR 2023, 700 Rn. 12; jew. mwN)."
vgl. BGH, Urteil vom 10.10.2023 - VI ZR 287/22
Anscheinsbeweis - Zurückhaltung geboten
"Zudem ist bei der Anwendung des Anscheinsbeweises grundsätzlich Zurückhaltung geboten, weil er es erlaubt, bei typischen Geschehensabläufen aufgrund allgemeiner Erfahrungssätze auf einen ursächlichen Zusammenhang oder ein schuldhaftes Verhalten zu schließen, ohne dass im konkreten Fall die Ursache ......." [vollständiges Zitat anzeigen]
"Zudem ist bei der Anwendung des Anscheinsbeweises grundsätzlich Zurückhaltung geboten, weil er es erlaubt, bei typischen Geschehensabläufen aufgrund allgemeiner Erfahrungssätze auf einen ursächlichen Zusammenhang oder ein schuldhaftes Verhalten zu schließen, ohne dass im konkreten Fall die Ursache bzw. das Verschulden festgestellt ist (vgl. Senatsurteil vom 15. Dezember 2015 - VI ZR 6/15, NJW 2016, 1098 Rn. 14 mwN)."
vgl. BGH, Urteil vom 10.10.2023 - VI ZR 287/22
Anscheinsbeweis, Anbeweis und Erschütterung / Entkräftung der alkoholbedingten Unfallverursachung
"Während allerdings - wie bereits dargelegt - in Fällen absoluter Fahruntüchtigkeit ein Anscheinsbeweis für die vom Versicherer zu beweisende Ursächlichkeit der Alkoholisierung für den Versicherungsfall spricht, muss der Versicherer in Fällen relativer Fahruntüchtigkeit alkoholtypische Ausfallersc......." [vollständiges Zitat anzeigen]
"Während allerdings - wie bereits dargelegt - in Fällen absoluter Fahruntüchtigkeit ein Anscheinsbeweis für die vom Versicherer zu beweisende Ursächlichkeit der Alkoholisierung für den Versicherungsfall spricht, muss der Versicherer in Fällen relativer Fahruntüchtigkeit alkoholtypische Ausfallerscheinungen beweisen, die den Schluss auf die alkoholbedingte Herbeiführung des Versicherungsfalls rechtfertigen (BGH, Urteil vom 5.Dezember 1990 - IV ZR 13/90 - VersR 1991, 289; Senat, Urteil vom 22.November 2000 - 5 U 563/00-46 - ZfSch 2001, 214; Urteil vom 28. Januar 2009 - 5 U 698/05 - 102 -, juris; Urteil vom 9. September 2022 - 5 U 2/22, VersR 2022, 1296). Dabei genügt zur Entkräftung des dann auch in den Fällen relativer Fahruntüchtigkeit geltenden Anscheinsbeweises für den ursächlichen Zusammenhang zwischen der alkoholbedingten Fahruntüchtigkeit und dem Unfall (Senat, Beschluss vom 20. April 2020 - 5 U 18/20; OLG Karlsruhe, Urteil vom 5. Januar 1989 - 12 U 49/89, juris; BeckOK VVG/Klimke, 16. Ed. 1.8.2022, VVG § 81 Rn. 101; Knappmann VersR 2000, 11 (14)) nicht jede beliebige Erklärung des Versicherungsnehmers, durch welche alkoholunabhängige Ursache es zu dem Unfall gekommen sein soll. Vielmehr muss die Darlegung des Versicherungsnehmers, mit der er belastet ist, einen alkoholunabhängigen Geschehensverlauf plausibel erklären. Er muss - mit zunehmender Höhe des Blutalkoholgehaltes gewichtigere - Anhaltspunkte dafür geben, dass eine andere Erklärung des Unfallverlaufs als seine alkoholbedingte Verursachung nicht fernliegt, sondern eine denkbare Möglichkeit darstellt (Senat, Urteil vom 7. April 2004 - 5 U 688/03, ZfSch 2004, 323; Senat, Urteil vom 28. Januar 2009 - 5 U 698/05 - 102, juris)."
vgl. Saarländisches OLG, Urteil vom 12.10.2022 - 5 U 22/22
bei fiktiver Abrechnung: volle Beweislast; kein Werkstattrisiko
"Da die Klägerin den Schaden fiktiv abrechnet, kann sie sich insoweit nicht auf ein "Werkstattrisiko" berufen (hierzu zuletzt BGH, Urt. v. 26. April 2022 - VI ZR 147/21, r+s 2022, 478), sondern muss für die von ihr behaupteten als erforderlich behaupteten Reparaturkosten vollen Beweis führen (BGH, Urt........" [vollständiges Zitat anzeigen]
"Da die Klägerin den Schaden fiktiv abrechnet, kann sie sich insoweit nicht auf ein "Werkstattrisiko" berufen (hierzu zuletzt BGH, Urt. v. 26. April 2022 - VI ZR 147/21, r+s 2022, 478), sondern muss für die von ihr behaupteten als erforderlich behaupteten Reparaturkosten vollen Beweis führen (BGH, Urt. v. 23. März 1976 - VI ZR 41/74 -, BGHZ 66, 239-250 juris Rn. 25)."
vgl. LG Nürnberg-Fürth, Endurteil vom 05.01.2023 - 2 O 6786/21
Bei Werkstattrisiko: Beweisaufnahme verboten
"f) Soweit der Schädiger das Werkstattrisiko trägt, verbietet sich im Schadensersatzprozess zwischen Geschädigtem und Schädiger mangels Entscheidungserheblichkeit eine Beweisaufnahme über die objektive Erforderlichkeit der in Rechnung gestellten Reparaturkosten (vgl. Senatsurteil vom 26. April 2022 -......." [vollständiges Zitat anzeigen]
"f) Soweit der Schädiger das Werkstattrisiko trägt, verbietet sich im Schadensersatzprozess zwischen Geschädigtem und Schädiger mangels Entscheidungserheblichkeit eine Beweisaufnahme über die objektive Erforderlichkeit der in Rechnung gestellten Reparaturkosten (vgl. Senatsurteil vom 26. April 2022 - VI ZR 147/21, NJW 2022, 2840 Rn. 14, 16; Freymann/Rüßmann in: Freymann/Wellner, jurisPK-Straßenverkehrsrecht, 2. Aufl., § 249 Rn. 141). Ist eine Beweisaufnahme dennoch durchgeführt worden, kann entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts von einem Verschulden des Geschädigten bei der Überwachung der Werkstatt nicht deshalb ausgegangen werden, weil der Geschädigte aufgrund eines gerichtlich eingeholten Sachverständigengutachtens nunmehr Kenntnis davon hat, dass die in Rechnung gestellten Kosten (teilweise) objektiv nicht erforderlich sind. Die Grundsätze zum Werkstattrisiko würden in ihr Gegenteil verkehrt, würde mit dem Ergebnis einer nicht veranlassten, sich prozessual verbietenden Beweisaufnahme ein Überwachungsverschulden aufgrund nunmehr veränderter Erkenntnismöglichkeiten des Geschädigten begründet und dieser darauf verwiesen, diese neu gewonnenen Erkenntnisse selbst gegenüber der Werkstatt geltend zu machen. Mit einer diesbezüglichen Auseinandersetzung soll der Geschädigte gerade nicht belastet werden."
vgl. BGH, Urteil vom 16.01.2024 - VI ZR 253/22
Berechnung des Nettobetrages bei fiktiver Abrechung und Brutto-Wiederbeschaffungswert
"b) Das Berufungsgericht hat hierbei aus dem Blick verloren, dass der Kläger nach den getroffenen Feststellungen den Schaden fiktiv auf der Grundlage eines Sachverständigengutachtens abrechnet. Die vom Brutto-Wiederbeschaffungswert von 7.400 € in Abzug zu bringende Umsatzsteuer bemisst sich folglich n......." [vollständiges Zitat anzeigen]
"b) Das Berufungsgericht hat hierbei aus dem Blick verloren, dass der Kläger nach den getroffenen Feststellungen den Schaden fiktiv auf der Grundlage eines Sachverständigengutachtens abrechnet. Die vom Brutto-Wiederbeschaffungswert von 7.400 € in Abzug zu bringende Umsatzsteuer bemisst sich folglich nicht aus dem - am 16. Januar 2014 tatsächlich erfolgten - Erwerb eines Ersatzfahrzeugs, sondern aus dem fiktiven Ersatzbeschaffungsgeschäft.
Hierfür hatte der Tatrichter zu klären, ob solche Fahrzeuge üblicherweise auf dem Gebrauchtwagenmarkt nach § 10 UStG regelbesteuert oder nach § 25a UStG differenzbesteuert oder von Privat und damit umsatzsteuerfrei angeboten werden. Dabei ist es aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden, wenn sich der Tatrichter im Rahmen der Schadensschätzung (§ 287 ZPO) an der überwiegenden Wahrscheinlichkeit orientiert, mit der das Fahrzeug diesbezüglich auf dem Gebrauchtwagenmarkt gehandelt wird (Senatsurteil vom 9. Mai 2006 - VI ZR 225/05, NJW 2006, 2181; Soergel/Ekkenga/Kuntz, BGB, 13. Aufl., § 249 Rn. 273; BT-Drs. 14/7752, 24).
Nach den von den Parteien nicht beanstandeten Feststellungen war vorliegend bei einer (hypothetischen) Ersatzbeschaffung von Differenzbesteuerung auszugehen und ist in dem Brutto-Wiederbeschaffungswert von 7.400 € ein Umsatzsteueranteil in Höhe von 2,4 % (173,44 €) enthalten. Der Schaden des Klägers errechnet sich somit insoweit aus einem Netto-Wiederbeschaffungswert von 7.226,56 €. Abzüglich des Restwerts von netto 1.134,45 € und der vorgerichtlichen Zahlung auf den Wiederbeschaffungsaufwand von 5.084,04 € ergibt sich folglich der vom Amtsgericht zugesprochene restliche Wiederbeschaffungsaufwand von 1.008,07 €.
Bei dieser Sachlage kommt es entgegen der Auffassung der Anschlussrevision auf die Vorsteuerabzugsberechtigung des Klägers nur bei Berechnung des Netto-Restwertes des Unfallfahrzeugs, nicht aber dessen Netto-Wiederbeschaffungswertes an. Da die fiktive Umsatzsteuer nach § 249 Abs. 2 Satz 2 BGB von vornherein nicht zu erstatten ist, ist es entgegen der Auffassung der Revision nicht erheblich, dass die bei Differenzbesteuerung im (fiktiven) Brutto-Wiederbeschaffungswert enthaltene (fiktive) Umsatzsteuer von der Möglichkeit des Vorsteuerabzugs nicht erfasst würde (vgl. hierzu Senatsbeschluss vom 25. November 2008 - VI ZR 245/07, r + s 2009, 83 mwN)."
vgl. BGH, Urteil vom 13.09.2016 - VI ZR 654/15
Beweis der wertbildenden Faktoren vor einer Schätzung
"Die wertbildenden Faktoren, zu denen u. a. Art- und Umfang von Vorschäden sowie Art- und Umfang von deren Reparatur sowie die Laufleistung eines Kfz (vgl. OLG Hamm Beschl. v. 29.5.2020 - I-9 U 61/20, juris Rn. 5) gehören, bedürfen der Feststellung, bevor der Wiederbeschaffungswert, Restwert und Wieder......." [vollständiges Zitat anzeigen]
"Die wertbildenden Faktoren, zu denen u. a. Art- und Umfang von Vorschäden sowie Art- und Umfang von deren Reparatur sowie die Laufleistung eines Kfz (vgl. OLG Hamm Beschl. v. 29.5.2020 - I-9 U 61/20, juris Rn. 5) gehören, bedürfen der Feststellung, bevor der Wiederbeschaffungswert, Restwert und Wiederbeschaffungsaufwand - gegebenenfalls nach sachverständiger Begutachtung - geschätzt werden können."
vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 15.12.2022 - 7 U 74/22
Beweis eines Unfalles
"Dieser Beweis ist erst dann erbracht, wenn das Gericht die volle Überzeugung gewonnen hat, dass sich der Unfall in der vom Geschädigten konkret nach Ort und Zeit beschriebenen Weise tatsächlich zugetragen hat (OLG Hamm Urt. v. 11. 6.2021 - I-7 U 24/20, juris Rn. 23; Laws/Lohmeyer/Vinke in: Freymann/We......." [vollständiges Zitat anzeigen]
"Dieser Beweis ist erst dann erbracht, wenn das Gericht die volle Überzeugung gewonnen hat, dass sich der Unfall in der vom Geschädigten konkret nach Ort und Zeit beschriebenen Weise tatsächlich zugetragen hat (OLG Hamm Urt. v. 11. 6.2021 - I-7 U 24/20, juris Rn. 23; Laws/Lohmeyer/Vinke in: Freymann/Wellner, jurisPK-Straßenverkehrsrecht, 2. Aufl., § 7 StVG Rn. 365 (Stand: 01.12.2021))."
vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 06.03.2023 - 7 U 96/22
Beweislast des Versicherers bzgl. einer Unfallmanipulation
"Ist der Schadensfall, wie es die Beklagte geltend macht, „gestellt“, so scheidet ein Schadensersatzanspruch des Klägers wegen Einwilligung in die Rechtsgutverletzung aus (BGH DAR 1990, 224; OLG Hamm ZfSch 2004, 68). Der Geschädigte muss zunächst den äußeren Tatbestand der Rechtsgutverletzung bew......." [vollständiges Zitat anzeigen]
"Ist der Schadensfall, wie es die Beklagte geltend macht, „gestellt“, so scheidet ein Schadensersatzanspruch des Klägers wegen Einwilligung in die Rechtsgutverletzung aus (BGH DAR 1990, 224; OLG Hamm ZfSch 2004, 68). Der Geschädigte muss zunächst den äußeren Tatbestand der Rechtsgutverletzung beweisen, also den Sachschaden bzw. die Kollision an sich – davon ist auszugehen (vorstehend II). Behauptet der Haftpflichtversicherer des (vermeintlich) Geschädigten, dass dieser mit der Rechtsgutverletzung einverstanden gewesen sei – sei es, dass alle Beteiligten mit dem Ablauf einverstanden gewesen seien, sei es, dass zumindest der Geschädigte den Unfall provoziert habe –, ist dieser besondere Rechtfertigungsgrund vom Haftpflichtversicherer des (vermeintlich) Geschädigten zu beweisen (grundlegend BGH, Urteil vom 01. Oktober 2019 – VI ZR 164/18 –, juris; BGH VersR 1978, 862; OLG Hamm NJW 2019, 3085; OLG Brandenburg Urt. v. 18.10.2018 – 12 U 70/17, BeckRS 2018, 38341). Ein Anscheinsbeweis für die betrügerische Vortäuschung eines Unfallgeschehens wird nur in Ausnahmefällen denkbar sein (BGH, Urteil vom 01. Oktober 2019 – VI ZR 164/18 –, juris; BGH VersR 1978, 862), kann allerdings dann greifen, wenn zahlreiche entsprechende Indizien festgestellt sind, die für einen „gestellten Unfall“ sprechen (BGH VersR 1979, 514; BGH VersR 1979, 281).
Der Beweis der Einwilligung in die Fahrzeugbeschädigung kann dann als geführt angesehen werden, wenn sich eine Häufung von Umständen findet, die darauf hindeuten. Unerheblich ist dabei, ob diese Indizien bei isolierter Betrachtung jeweils auch als unverdächtig erklärt werden können. Ausschlaggebend ist vielmehr eine Gesamtwürdigung aller Tatsachen und Beweise, bei der aus einer Indizienkette auf eine planmäßige Vorbereitung und Herbeiführung des vermeintlichen Unfalls geschlossen werden kann (OLG Düsseldorf 28.8.2023 – I-1 U 143/22 –, juris; OLG Bremen 8.3.2021 – 1 U 48/20, BeckRS 2021, 11817 m.w.N.; OLG Celle Urt. v. 11.11.2020 – 14 U 119/19, BeckRS 2020, 32642; OLG Koblenz VersR 2006, 523 m.w.N.). Es reicht damit die Feststellung von Indizien aus, die bei lebensnaher Zusammenschau und praktisch vernünftiger Gewichtung den Schluss auf ein kollusives Zusammenwirken zulassen, das die Rechtswidrigkeit der angeblichen Rechtsverletzung ausschließt (OLG Köln Urt. v. 22.6.2017 – 8 U 19/16, BeckRS 2017, 119523; OLG Bremen 8.3.2021 – 1 U 48/20, BeckRS 2021, 11817 m.w.N.).
Die Beweisführung für ein kollusives Zusammenwirken der Unfallbeteiligten kann also unter Zuhilfenahme von Indizien (beispielhaft z.B. OLG Bremen 8.3.2021 – 1 U 48/20, BeckRS 2021, 11817 m.w.N.; OLG Celle Urt. v. 11.11.2020 – 14 U 119/19, BeckRS 2020, 32642; OLG Hamm NJW 2019, 3085; OLG Frankfurt, Urteil vom 08. April 2019 – 23 U 112/17, juris; OLG Brandenburg Urt. v. 18.10.2018 – 12 U 70/17, BeckRS 2018, 38341; OLG Köln Urt. v. 22.6.2017 – 8 U 19/16, BeckRS 2017, 119523; OLG Schleswig r+s 2017, 437; OLG Düsseldorf Schaden-Praxis 2013, 351; weiterer Überblick bei R in Stiefel/Maier, Kraftfahrtversicherung 19. Aufl. § 249 BGB Rn. 181; Laws/Lohmeyer/Vinke in: Freymann/Wellner, jurisPK-StrVerkR, 1. Aufl. 2016, § 7 StVG Rn. 283) und mit der Bildung von Fallgruppen geführt werden (OLG Saarbrücken OLGR 2009, 394). Deren Beweiswert liegt aber nicht darin, dass bestimmte, nach ihrer Anzahl oder ihrer äußeren Erscheinungsform immer gleiche Beweisanzeichen festgestellt werden. Entscheidend ist vielmehr die Werthaltigkeit der einzelnen Beweisanzeichen in der konkreten Beweissituation des zu beurteilenden Falles für eine Überzeugung i.S. des § 286 ZPO (OLG Düsseldorf 28.8.2023 – I-1 U 143/22 –, juris; OLG Saarbrücken OLGR 2009, 394), wobei eine erhebliche Wahrscheinlichkeit einer Unfallmanipulation nicht ausreicht (BGH, Urteil vom 01. Oktober 2019 – VI ZR 164/18 –, juris).
§ 286 ZPO verlangt vielmehr die volle Überzeugung des Gerichts, was keine absolute oder unumstößliche Gewissheit und auch keine an Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit erfordert, sondern nur – aber zumindest – einen für das praktische Leben brauchbaren Grad von Gewissheit, der Zweifeln Schweigen gebietet, ohne sie völlig auszuschließen (st. Rspr. z.B. BGH, Urteil vom 12. Dezember 2023 – VI ZR 76/23 –, juris; BGH 23.06.2020 – VI ZR 435/19, NJW 2020, 3176 m.w.N.).
"
vgl. LG Nürnberg-Fürth, Endurteil v. 15.02.2024 – 2 O 4326/22
Beweislast des § 827 BGB beim Versicherten
"2) Dem Kläger gelingt hier der Nachweis nicht, dass er sich bei Antritt der Fahrt in fahruntüchtigem Zustand in einem die freie Willensbestimmung ausschließenden Zustand krankhafter Störung der Geistestätigkeit befunden hat. Diesen Nachweis hat bei Anwendung des § 81 VVG der Versicherungsnehmer zu ......." [vollständiges Zitat anzeigen]
"2) Dem Kläger gelingt hier der Nachweis nicht, dass er sich bei Antritt der Fahrt in fahruntüchtigem Zustand in einem die freie Willensbestimmung ausschließenden Zustand krankhafter Störung der Geistestätigkeit befunden hat. Diesen Nachweis hat bei Anwendung des § 81 VVG der Versicherungsnehmer zu führen, wenn er sich auf die Vorschrift des § 827 BGB zu seiner Entlastung berufen will (BGH, Urteil vom 22. Juni 2011 - IV ZR 225/10 -, BGHZ 190, 120-131, Rn. 12; BGH, Urteil vom 29. Oktober 2003 - IV ZR 16/03 -, Rn. 15, juris; BGH, Urteil vom 20. Juni 1990 - IV ZR 298/89 -, Rn. 10, juris; BGH, Urteil vom 23. Januar 1985 - IVa ZR 128/83 -, Rn. 8, juris).
a) Der Kläger beruft sich hier darauf, dass er auf dem Grundstück seiner Bekannten gestürzt sei und in Folge dieses Sturzes, bei dem er sich auch Kopfverletzungen zugezogen habe, in einen geordneten amnestischen Dämmerungszustand verfallen sei mit der Folge, dass ab einem Zeitpunkt vor Antritt der Fahrt kein Erinnerungsvermögen vorhanden sei und erst nach Beendigung der Fahrt wieder sein Bewusstsein einsetze.
aa) Der Kläger hat zum Beweis hierfür seine eigene Parteivernehmung angeboten, der die Beklagte widersprochen hat (Bl. 37 d. A.). Eine Vernehmung des Klägers als Partei von Amts wegen gemäß § 448 ZPO war nicht zulässig. Die nach pflichtgemäßem Ermessen vom Gericht anzuordnende Parteivernehmung von Amts wegen setzt grundsätzlich das Bestehen einer gewissen Wahrscheinlichkeit für die Richtigkeit der Behauptungen der beweisbelasteten Partei aufgrund des bisherigen Verhandlungsergebnisses bei einer nonliquet-Situation im Übrigen voraus. Dieser "Anbeweis" kann sich aus einer schon durchgeführten Beweisaufnahme oder aus dem sonstigen Verhandlungsinhalt, insbesondere aus einer Anhörung nach § 141 ZPO oder aus Ausführungen der Partei nach § 137 Abs. 4 ZPO ergeben (BGH, Urteil vom 12. Dezember 2019 - III ZR 198/18 -, Rn. 20, juris). Der im Termin vor dem Landgericht anwesende Kläger hat von der Möglichkeit des § 137 Abs. 4 ZPO keinen Gebrauch gemacht. Ein sonstiger "Anbeweis" für die Richtigkeit seines Vortrages lag nicht vor."
vgl. KG, Beschluss vom 03.05.2022 - 6 U 39/21
Beweislast für Bestehen von Sonderrechtslage und Signalen liegt beim Sonderrechtsnutzer
"Denn § 20 Abs. 5 StVO erlaubt es nur unter der Voraussetzung einer rechtzeitigen und ordnungsgemäßen Anzeige, das ansonsten bestehende Vorrecht anderer Verkehrsteilnehmer im fließenden Verkehr zu „missachten“. Wenn das Vorrecht des Fahrers eines Linienomnibusses aber erst ab der Anzeige gilt, mus......." [vollständiges Zitat anzeigen]
"Denn § 20 Abs. 5 StVO erlaubt es nur unter der Voraussetzung einer rechtzeitigen und ordnungsgemäßen Anzeige, das ansonsten bestehende Vorrecht anderer Verkehrsteilnehmer im fließenden Verkehr zu „missachten“. Wenn das Vorrecht des Fahrers eines Linienomnibusses aber erst ab der Anzeige gilt, muss er auch beweisen, dass die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme des Vorrechts, einer Ausnahmeregelung in der Straßenverkehrsordnung, vorgelegen haben.
Eine andere Beweislastverteilung sieht die Straßenverkehrsordnung auch nicht bei anderen Ausnahmeregelungen vor, die ein Vorrecht zu Lasten des eigentlich bevorrechtigten Verkehrs begründen. Auch im Rahmen der Inanspruchnahme des § 38 Abs. 1 StVO trifft den Halter des Einsatzfahrzeuges die Darlegungs- und Beweislast für die Umstände, aus denen er die Berechtigung herleitet, das sonst bestehende Vorrecht anderer Verkehrsteilnehmer zu „missachten“ (BGH, Urteil vom 09. Juli 1962 – III ZR 85/61 –, BGHZ 37, 336-341; Oberlandesgericht des Landes Sachsen-Anhalt, Urteil vom 21. Juli 2011 – 4 U 23/11 –, Rn. 30; OLG Düsseldorf, Urteil vom 11. November 1991 – 1 U 129/90 –, Senat, Urteil vom 29. September 2010 – 14 U 27/10 –, Rn. 15, juris). Gem. § 38 StVO hat der Halter die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass Blaulicht und Horn rechtzeitig eingeschaltet waren und der Sonderrechtsfahrer seine verkehrsrechtlichen Sorgfaltspflichten erfüllt hat (König, in: Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, Kommentar, 45. Aufl. 2019, § 38 StVO Rn. 9 m.w.N.; KG Berlin, Urteil vom 14. Juli 1997 – 12 U 1541/96 –, juris). Erst dann ist der Fahrer unter Beachtung größtmöglicher Sorgfalt berechtigt, sein Vorrecht wahrzunehmen. Kann er sein Vorrecht nicht beweisen, kann dies zur Alleinhaftung des Rettungswagenhalters führen (Oberlandesgericht des Landes Sachsen-Anhalt, Urteil vom 21. Juli 2011 – 4 U 23/11 –, juris)."
vgl. OLG Celle, Urteil vom 10.11.2021 - 14 U 96/21
Beweislast für manipulierten Unfall beim Schädiger
"Es kann unentschieden bleiben, ob der Schaden schon begrifflich nicht als "Unfall" angesehen werden kann oder ob die Geltendmachung der Ansprüche treuwidrig erscheint. In jedem Fall fehlt es an der Rechtswidrigkeit der Schädigung (Nachweise zum Meinungsstand: Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrec......." [vollständiges Zitat anzeigen]
"Es kann unentschieden bleiben, ob der Schaden schon begrifflich nicht als "Unfall" angesehen werden kann oder ob die Geltendmachung der Ansprüche treuwidrig erscheint. In jedem Fall fehlt es an der Rechtswidrigkeit der Schädigung (Nachweise zum Meinungsstand: Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 42. Aufl., § 7 Rdnr. 1). Hierbei ist es Sache des Schädigers bzw. des in Anspruch genommenen Halters oder Haftpflichtversicherers, am Maßstab des § 286 ZPO den vollen Beweis dafür zu erbringen, dass das Schadensereignis abgesprochen war (st. Rspr. seit BGHZ 71, 339, 342 ff.; aus der Rspr. des Senats: NJW-RR 2013, 438; OLGR 2009, 394, 2007, 310; Hentschel/König/Dauer, aaO, § 7 Rdnr. 48). Da der direkte Beweis für ein kollusives Zusammenwirken der Unfallbeteiligten kaum je gelingt, ist es anerkannt, die richterliche Überzeugung auf Indizien und anerkannte Fallgruppen zu stützen. Jedoch darf der Beweiswert dieser typisierten Sachverhalte nicht überschätzt werden: Für die erforderliche Überzeugungsbildung des Gerichts im jeweiligen Einzelfall kommt es nicht darauf an, dass bestimmte, nach ihrer Anzahl oder ihrer äußeren Erscheinungsform gleiche Beweisanzeichen festgestellt werden. Maßgeblich ist vielmehr die richtige Gewichtung der einzelnen Beweisanzeichen im Zusammenspiel aller beweisrelevanten Faktoren im zu entscheidenden Einzelfall. Erst dann, wenn der Richter nach der Gesamtschau aller Indizien im Sinne des § 286 ZPO die volle, allen noch vernünftigen Zweifeln Einhalt gebietende Überzeugung gewinnt, dass der Unfall abgesprochen war, ist der Beweis für den rechtshindernden Manipulationseinwand erbracht (Senat OLGR 2009, 394).
"
vgl. Saarländisches OLG, Urteil vom 03.04.2014 - 4 U 60/13
Erkundigungspflicht des Versicherers bei Versicherungsnehmer und Mitversicherten
"a) Einen nach einem Verkehrsunfall in Anspruch genommenen Haftpflichtversicherer trifft die Pflicht, sich bei seinem Versicherungsnehmer und etwaigen unfallbeteiligten Mitversicherten zu erkundigen, ob der Vortrag des Geschädigten zum Unfallgeschehen zutrifft, bevor er sich zum klägerischen Vorbringen ......." [vollständiges Zitat anzeigen]
"a) Einen nach einem Verkehrsunfall in Anspruch genommenen Haftpflichtversicherer trifft die Pflicht, sich bei seinem Versicherungsnehmer und etwaigen unfallbeteiligten Mitversicherten zu erkundigen, ob der Vortrag des Geschädigten zum Unfallgeschehen zutrifft, bevor er sich zum klägerischen Vorbringen einlässt. Will er sich mit Nichtwissen erklären, muss er hinreichende Gründe dafür darlegen, warum er sich auf der Grundlage der erteilten Auskünfte nicht dazu einlassen kann, ob das Vorbringen des Geschädigten zutrifft (BGH, Urteil vom 23. Juli 2019 – VI ZR 337/18 –, juris). Nach § 138 Abs. 4 ZPO ist eine Erklärung mit Nichtwissen – also die Einlassung, die Richtigkeit oder Unrichtigkeit der Behauptungen des Gegners nicht zu kennen – nur über Tatsachen zulässig, die weder eigene Handlungen der Partei noch Gegenstand ihrer eigenen Wahrnehmung gewesen sind; bei einer juristischen Person kommt es insoweit auf ihre Organe an (BGH aaO)."
vgl. LG Nürnberg-Fürth, Endurteil v. 15.02.2024 – 2 O 4326/22
Falschvortrag steht materiellem Anspruch im Deliktsrecht nicht entgegen
"Der Senat hält an seiner Rechtsprechung fest, dass das Verschweigen von Vorschäden nicht zu einem Anspruchsausschluss nach § 242 BGB führt. Berechtigte Ansprüche des Geschädigten sind vom Schädiger auszugleichen, auch wenn im Vorfeld - vorsätzlich oder fahrlässig - für die Schadensbewertung dur......." [vollständiges Zitat anzeigen]
"Der Senat hält an seiner Rechtsprechung fest, dass das Verschweigen von Vorschäden nicht zu einem Anspruchsausschluss nach § 242 BGB führt. Berechtigte Ansprüche des Geschädigten sind vom Schädiger auszugleichen, auch wenn im Vorfeld - vorsätzlich oder fahrlässig - für die Schadensbewertung durch den Schadensgutachter bedeutsame Tatsachen verfälscht, unvollständig bezeichnet oder gar nicht erst angegeben werden, wodurch die Schadensschätzung auf tönernen Füßen steht und das Gutachten in aller Regel unbrauchbar wird. Die Versagung dem Grunde nach berechtigter Ansprüche ist in Fällen dieser Couleur nicht geboten, aber auch nicht erforderlich. Versucht der Geschädigte sich oder einem Dritten durch Täuschung über Tatsachen einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu Lasten des Schädigers zu verschaffen, erfüllt dies den Tatbestand des versuchten Betruges, den es durch die Staatsanwaltschaft zu verfolgen gilt. Die Versagung nachweislich bestehender Ansprüche ist in dem gesetzlichen Regime des materiellen Bürgerlichen Rechts quasi als Nebenstrafe nicht vorgesehen."
vgl. OLG Hamm, Urteil vom 25.01.2022, Az. 9 U 46/21
Freistellungsanspruch gegen Werkstatt wg. Werkstattrisiko (allgemein)
"a) Hat der Geschädigte die Rechnung der Werkstatt nicht (vollständig) beglichen, so ist zu berücksichtigen, dass ein Vorteilsausgleich durch Abtretung etwaiger Gegenansprüche des Geschädigten gegen die Werkstatt an den Schädiger aus Rechtsgründen nicht gelingen kann, wenn der Geschädigte auch nac......." [vollständiges Zitat anzeigen]
"a) Hat der Geschädigte die Rechnung der Werkstatt nicht (vollständig) beglichen, so ist zu berücksichtigen, dass ein Vorteilsausgleich durch Abtretung etwaiger Gegenansprüche des Geschädigten gegen die Werkstatt an den Schädiger aus Rechtsgründen nicht gelingen kann, wenn der Geschädigte auch nach Erhalt der Schadensersatzleistung vom Schädiger von der (Rest-)Zahlung an die Werkstatt absieht: Soweit ein Anspruch der Werkstatt auf die von ihr abgerechnete Vergütung gar nicht erst entstanden ist, würde ein Vorgehen des Schädigers gegen die Werkstatt aus einem abgetretenen Bereicherungsanspruch des Geschädigten daran scheitern, dass die Werkstatt mangels Zahlung des Geschädigten nichts im Sinne von § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB "erlangt" hat. Besteht an sich ein Vergütungsanspruch in Höhe des von der Werkstatt abgerechneten Betrags, kann dem Geschädigten zwar ein Gegenanspruch aus § 280 Abs. 1 BGB auf teilweise Freistellung von dem Vergütungsanspruch zustehen (wenn etwa die Werkstatt die abgerechneten Stunden tatsächlich zur Instandsetzung erbracht hat, dies aber auf unwirtschaftlicher Betriebsführung beruht, vgl. BGH, Urteil vom 28. Mai 2009 - VII ZR 74/06, NJW 2009, 3426 Rn. 18). Ein solcher Freistellungsanspruch gegen die Werkstatt ist insbesondere nicht dadurch ausgeschlossen, dass der Geschädigte die Reparaturkosten nach den Grundsätzen der subjektbezogenen Schadensbetrachtung (Werkstattrisiko) vom Schädiger ersetzt erhalten hat, weil diese Ersatzleistung allein den Geschädigten und nicht die Werkstatt entlasten soll (vgl. BGH, Urteil vom 1. Juni 2017 - VII ZR 95/16, BGHZ 215, 306 Rn. 30-32). Der Freistellungsanspruch des Geschädigten gegen die Werkstatt ist aber gemäß § 399 Alt. 1 BGB nicht an den Schädiger oder dessen Haftpflichtversicherer abtretbar, weil die Leistung der Werkstatt an einen anderen als den ursprünglichen Gläubiger (den Geschädigten) nicht ohne Veränderung ihres Inhalts erfolgen könnte (vgl. BGH, Urteile vom 24. Oktober 1985 - VII ZR 31/85, BGHZ 96, 146, 148 f., juris Rn. 16 f.; vom 25. September 1972 - VIII ZR 102/71, NJW 1972, 2036, juris Rn. 12; vgl. auch BGH, Beschluss vom 8. November 2017 - VII ZB 9/15, NZA 2018, 126 Rn. 13 f. zur Abtretbarkeit eines Befreiungsanspruchs aus § 257 Satz 1 BGB)."
vgl. BGH, Urteil vom 16.01.2024 - VI ZR 239/22
Gericht muss wohl eher Sachverständigengutachten einholen
"Die Erhebung dieses Beweises durfte das Berufungsgericht nicht ablehnen. Vielmehr war es gehalten, die angebotenen Aufklärungsmöglichkeiten auszuschöpfen. Etwas Anderes würde nur dann gelten, wenn das angebotene Beweismittel für den Beweis der behaupteten Tatsache völlig ungeeignet wäre (vgl. Sena......." [vollständiges Zitat anzeigen]
"Die Erhebung dieses Beweises durfte das Berufungsgericht nicht ablehnen. Vielmehr war es gehalten, die angebotenen Aufklärungsmöglichkeiten auszuschöpfen. Etwas Anderes würde nur dann gelten, wenn das angebotene Beweismittel für den Beweis der behaupteten Tatsache völlig ungeeignet wäre (vgl. Senatsurteil vom 6. November 1984 - VI ZR 26/83, VersR 1985, 86, juris Rn. 12; Senatsbeschluss vom 9. Januar 2018 - VI ZR 106/17, VersR 2018, 1147 Rn. 16; BGH, Urteil vom 17. Februar 1970 - III ZR 139/67, juris Rn. 228; vom 19. November 2008 - VIII ZR 138/07, BGHZ 178, 362 juris Rn. 38). Davon, dass ein derartiger Ausnahmefall hier vorläge, kann indes nicht ausgegangen werden. Die Urteilsgründe lassen nicht erkennen, dass das Berufungsgericht in der Lage gewesen wäre, aus eigener Sachkunde zu beurteilen, dass ein unfallanalytisches Sachverständigengutachten keine weiteren Erkenntnisse vermitteln werde. Dies aber hätte das Berufungsgericht zur Begründung der Ablehnung des Beweisantrags der Beklagten darlegen müssen (vgl. Senatsurteil vom 29. Januar 2019 - VI ZR 113/17, BGHZ 221, 43 Rn. 32; Senatsbeschluss vom 9. Januar 2018 - VI ZR 106/17, VersR 2018, 1147 Rn. 16 mwN). Denn ob die bei der polizeilichen Unfallaufnahme getroffenen Feststellungen - insbesondere die ausführliche Verkehrsunfallskizze, in die u.a. Kratzspuren auf der Fahrbahn eingezeichnet sind, und die Lichtbilder, die den Unfallendstand des Taxis, das unter dem rechten Vorderrad eingeklemmte Hinterrad des Fahrrads der Beklagten, die Beschädigungen des Fahrzeugs und angesichts verschiedener gesicherter Spuren auf der Motorhaube und Windschutzscheibe auch die Bereiche dokumentieren, in denen die Klägerin auf das Fahrzeug aufgeprallt ist, - nähere Erkenntnisse zum Unfallhergang vermitteln können oder nicht, kann ohne Sachkunde auf dem Gebiet der Unfallanalytik nicht beantwortet werden."
vgl. BGH, Beschluss vom 07.07.2020 - VI ZR 212/19
gewillkürte Prozessstandschaft: Prozessführungsbefugnis des Sicherungsgebers
"b) Eine gewillkürte Prozessstandschaft ist zulässig, wenn der Prozessführende vom Rechtsinhaber zur Prozessführung im eigenen Namen ermächtigt worden ist und er ein eigenes schutzwürdiges Interesse an ihr hat. Schutzwürdig ist ein Interesse des Klägers nur, wenn der Beklagte durch die gewählte A......." [vollständiges Zitat anzeigen]
"b) Eine gewillkürte Prozessstandschaft ist zulässig, wenn der Prozessführende vom Rechtsinhaber zur Prozessführung im eigenen Namen ermächtigt worden ist und er ein eigenes schutzwürdiges Interesse an ihr hat. Schutzwürdig ist ein Interesse des Klägers nur, wenn der Beklagte durch die gewählte Art der Prozessführung nicht unbillig benachteiligt wird. Darüber hinaus muss sich der Prozessführende im Rechtsstreit grundsätzlich auf die ihm erteilte Ermächtigung berufen und zum Ausdruck bringen, wessen Recht er geltend macht (Senatsurteil aaO, Rn. 8 mwN). Diese Voraussetzungen sind im Streitfall erfüllt.
aa) Der Kläger ist von der M-Bank ermächtigt, nicht nur die von ihm an die M-Bank abgetretenen Ansprüche, sondern auch die originären Ansprüche der M-Bank aus dem Sicherungseigentum im eigenen Namen geltend zu machen. Den Vortrag in der Klageschrift, er habe der M-Bank im Rahmen des Darlehensvertrags sämtliche eigenen Ansprüche aus einem Verkehrsunfall abgetreten und sei von der Bank ermächtigt worden, "jene" Schadensersatzansprüche (also die abgetretenen) im eigenen Namen zu verfolgen, hat der Kläger auf Hinweis des Senats unter Verweis auf das mit Anlage K 1 vorgelegte Schreiben der Bank vom 5. November 2020 dahingehend modifiziert, dass die Prozessführungsbefugnis auch die Geltendmachung der originären Rechte der Bank aus dem Sicherungseigentum erfasse. Gemäß Absatz 2 dieses Schreibens bezieht sich die Ermächtigung ohne Einschränkung auf "die Ansprüche aus dem Schadensfall". Da in Absatz 1 des Schreibens sowohl auf die Sicherungsübereignung als auch auf die Abtretung Bezug genommen wird, ist auch daraus auf eine umfassende Ermächtigung zu schließen. Eine solche hat die M-Bank schließlich mit ihrer vom Kläger vorgelegten Erklärung vom 12. Dezember 2022 bestätigt.
Der Kläger hat sich ausdrücklich auf diese Ermächtigung gestützt und zum Ausdruck gebracht, dass er die Rechte der M-Bank geltend macht.
bb) Auch von einem schutzwürdigen Interesse des Klägers an der Prozessführung ist auszugehen. Ein solches ist gegeben, wenn die Entscheidung Einfluss auf die eigene Rechtslage des Prozessführungsbefugten hat. Es kann auch durch ein wirtschaftliches Interesse begründet werden. Für die Klage des Sicherungsgebers wird ein solches in der Rechtsprechung bejaht (Senatsurteil vom 7. März 2017 - VI ZR 125/16, NJW 2017, 2352 Rn. 10 mwN).
cc) Durch das Einrücken des Fahrzeughalters in die Klägerposition entsteht der Beklagten kein Nachteil. Sie steht wirtschaftlich und prozessual nicht schlechter. Soweit es um Ansprüche geht, die der Kläger als Fahrzeughalter an die M-Bank als Eigentümerin abgetreten hat, bleiben diese um seinen Mitverschuldensanteil auch dann gekürzt, wenn er als Kläger auftritt (vgl. dazu unten II.2.). Soweit es um die originären Ansprüche der M-Bank aus dem Sicherungseigentum geht, wird die Beklagte durch die Prozessführung des Klägers ebenfalls nicht benachteiligt. Denn machte die M-Bank ihre deliktischen Ansprüche gegen die Beklagte selbst geltend, könnte sie diese ungekürzt durchsetzen (vgl. dazu unten III.1.b)). Sollten diese Ansprüche, wie vom Berufungsgericht angenommen, in der vorliegenden Fallkonstellation, in der der Kläger in Prozessstandschaft für die Bank Zahlung des Schadensersatzes an sich selbst verlangt, nicht durchsetzbar sein (vgl. dazu unten III.3.), wäre die Beklagte durch die Prozessführung des Klägers sogar bessergestellt."
vgl. BGH, Urteil vom 17.01.2023 - VI ZR 203/22
Haftung des Fahrers eines E-Scooter nur nach § 823 BGB
"Der Klägerin steht auch kein Schadenersatzanspruch gem. § 823 Abs. 1 BGB zu. Voraussetzung dafür wäre, dass das Unfallereignis zumindest teilweise auf ein mindestens fahrlässiges Verhalten des Beklagten zu 1) zurückzuführen wäre. Der Beklagte hätte also die ihn in der konkreten Situation treffen......." [vollständiges Zitat anzeigen]
"Der Klägerin steht auch kein Schadenersatzanspruch gem. § 823 Abs. 1 BGB zu. Voraussetzung dafür wäre, dass das Unfallereignis zumindest teilweise auf ein mindestens fahrlässiges Verhalten des Beklagten zu 1) zurückzuführen wäre. Der Beklagte hätte also die ihn in der konkreten Situation treffenden Sorgfaltspflichten verletzt haben müssen. Den ihr hierfür obliegenden Beweis (vgl. zur Beweislast BGH, Urt. V. 24.09.2013, VI ZR 255/112) hat die Klägerin nicht erbracht."
vgl. LG Münster, Urteil vom 09.03.2020 - 8 O 272/19
Haftungsabwägung aufgrund feststehender Tatsachen
"Die Abwägung ist aufgrund aller festgestellten, das heißt unstreitigen, zugestandenen oder nach § 286 ZPO bewiesenen Umstände des Einzelfalls vorzunehmen, die sich auf den Unfall ausgewirkt haben; in erster Linie ist hierbei das Maß der Verursachung von Belang, in dem die Beteiligten zur Schadensent......." [vollständiges Zitat anzeigen]
"Die Abwägung ist aufgrund aller festgestellten, das heißt unstreitigen, zugestandenen oder nach § 286 ZPO bewiesenen Umstände des Einzelfalls vorzunehmen, die sich auf den Unfall ausgewirkt haben; in erster Linie ist hierbei das Maß der Verursachung von Belang, in dem die Beteiligten zur Schadensentstehung beigetragen haben; ein Faktor bei der Abwägung ist dabei das beiderseitige Verschulden (Senatsurteile vom 27. Mai 2014 - VI ZR 279/13, aaO, mwN; vom 7. Februar 2012 - VI ZR 133/11, aaO, mwN)."
vgl. BGH, Urteil vom 26.01.2016 - VI ZR 179/15
Haftungsabwägung nur bzgl. unfallkausaler Punkte
"1. Die Entscheidung über eine Haftungsverteilung im Rahmen des § 254 BGB oder des § 17 StVG ist grundsätzlich Sache des Tatrichters und im Revisionsverfahren nur darauf zu überprüfen, ob der Tatrichter alle in Betracht kommenden Umstände vollständig und richtig berücksichtigt und der Abwägung r......." [vollständiges Zitat anzeigen]
"1. Die Entscheidung über eine Haftungsverteilung im Rahmen des § 254 BGB oder des § 17 StVG ist grundsätzlich Sache des Tatrichters und im Revisionsverfahren nur darauf zu überprüfen, ob der Tatrichter alle in Betracht kommenden Umstände vollständig und richtig berücksichtigt und der Abwägung rechtlich zulässige Erwägungen zugrunde gelegt hat. Die Abwägung ist aufgrund aller festgestellten, d.h. unstreitigen, zugestandenen oder nach § 286 ZPO bewiesenen Umstände des Einzelfalls vorzunehmen, wenn sie sich auf den Unfall ausgewirkt haben; in erster Linie ist hierbei das Maß der Verursachung von Belang, in dem die Beteiligten zur Schadensentstehung beigetragen haben; ein Faktor bei der Abwägung ist dabei das beiderseitige Verschulden (vgl. Senatsurteile vom 17. Januar 2023 - VI ZR 203/22, NJW 2023, 1361 Rn. 29; vom 8. März 2022 - VI ZR 1308/20, NJW 2022, 1810 Rn. 8 mwN)."
vgl. BGH, Urteil vom 10.10.2023 - VI ZR 287/22
keine "prozessuale Erledigung" durch Kaskozahlung während des Rechtsstreits
"Dies ist jedoch nicht der Fall. Denn die Zahlung der Vollkaskoversicherung des Klägers erfüllt nicht den Schadensersatzanspruch gegen die Beklagten. Nur dann wäre insoweit Erledigung eingetreten, wenn der Schuldner oder ein Dritter die geschuldete Summe zahlt und so den eingeklagten Anspruch erfüllt ......." [vollständiges Zitat anzeigen]
"Dies ist jedoch nicht der Fall. Denn die Zahlung der Vollkaskoversicherung des Klägers erfüllt nicht den Schadensersatzanspruch gegen die Beklagten. Nur dann wäre insoweit Erledigung eingetreten, wenn der Schuldner oder ein Dritter die geschuldete Summe zahlt und so den eingeklagten Anspruch erfüllt (Bork, in Stein/Jonas, 22. Aufl. 2004, § 91a ZPO Rn. 6). Hier ist die Vollkaskoversicherung jedoch nur ihren eigenen vertraglichen Verpflichtungen gegenüber dem Kläger nachgekommen. Zugleich ist der gegen die Beklagten gerichtete Schadensersatzanspruch in Höhe des von der Vollkaskoversicherung ausgeglichenen Betrages nach § 86 Abs. 1 VVG auf diese übergegangen. Der Anspruchsübergang war entgegen der Auffassung der Klägerseite auch ohne Auswirkung auf die Aktivlegitimation. Der Kläger hätte als gesetzlicher Prozessstandschafter nach § 265 ZPO den auf die Vollkaskoversicherung übergegangenen Anspruchsteil weiterhin geltend machen können (OLG Brandenburg, Urt. v. 01.07.2010, 12 U 15/10 – juris). Der Kläger hätte den Anspruch weiterhin in voller Höhe fordern können, nur seinen Antrag dahingehend abändern müssen, dass teilweise an die Vollkaskoversicherung zu leisten war. So war die Klage als insoweit unbegründet abzuweisen (Greger, in: Zöller, 28. Aufl. 2010, § 265 ZPO Rn. 6a). Ein anderes Ergebnis und eine Erledigung der Hauptsache istlediglich in dem – hier nicht vorgetragenen - Fall anzunehmen, dass aufgrund eines zwischen Kasko- und Haftpflichtversicherer des Unfallgegners bestehenden Teilungsabkommens ein Rückgriff des Vollkaskoversicherers ausgeschlossen ist, weil es dann letztlich an einem nach § 86 VVG übergeleiteten Regressanspruch fehlt (OLG Brandenburg, Urt. v. 01.07.2010, 12 U 15/10 – juris)."
vgl. LG Kassel, Urteil vom 08.03.2013 - 5 O 118/12
Kenntnis des Alters einer Sache ist für Schadenberechnung notwendig
"Soweit die Beklagte nach Abschluss der Beweiserhebung erstmals Nichtwissen bestritten hat, dass die Aufstellung des streitgegenständlichen Schildes ca. im Jahr 1994 erfolgt sei, so ist der Beklagten insoweit Recht zu geben als aufgrund des Bestreitens nunmehr keine Anknüpfungstatsachen mehr gegeben war......." [vollständiges Zitat anzeigen]
"Soweit die Beklagte nach Abschluss der Beweiserhebung erstmals Nichtwissen bestritten hat, dass die Aufstellung des streitgegenständlichen Schildes ca. im Jahr 1994 erfolgt sei, so ist der Beklagten insoweit Recht zu geben als aufgrund des Bestreitens nunmehr keine Anknüpfungstatsachen mehr gegeben waren, die Schadenshöhe sachgerecht zu berechnen. Wie bereits ausgeführt erfolgte dies allerdings erst nach Abschluss der Beweiserhebung."
vgl. AG Rheinbach, Urteil vom 13.04.2016 - 26 C 24/15
Leistung an Werkstatt: Geschädigter bleibt Gläubiger der Forderung, Werkstatt erhält eine Empfangszuständigkeit
"Aus diesem Grund kann der Geschädigte, der sich auf das Werkstattrisiko beruft, aber die Rechnung der Werkstatt noch nicht (vollständig) bezahlt hat, von dem Schädiger Zahlung des von der Werkstatt in Rechnung gestellten (Rest-)Honorars nur an die Werkstatt und nicht an sich selbst verlangen, Zug um Z......." [vollständiges Zitat anzeigen]
"Aus diesem Grund kann der Geschädigte, der sich auf das Werkstattrisiko beruft, aber die Rechnung der Werkstatt noch nicht (vollständig) bezahlt hat, von dem Schädiger Zahlung des von der Werkstatt in Rechnung gestellten (Rest-)Honorars nur an die Werkstatt und nicht an sich selbst verlangen, Zug um Zug gegen Abtretung etwaiger (das Werkstattrisiko betreffender) Ansprüche des Geschädigten gegen die Werkstatt (vgl. BGH, Urteil vom 12. März 1993 - V ZR 69/92, NJW 1993, 2232, 2233, juris Rn. 19). Nur so stellt er sicher, dass (in den oben unter d) angeführten Grenzen) das Werkstattrisiko beim Schädiger bleibt und sich dieser mit der Werkstatt über unangemessene bzw. unberechtigte Rechnungsposten auseinanderzusetzen hat.
(Vollstreckungs-)Gläubiger bleibt auch in diesem Fall allein der Geschädigte. Die Werkstatt erhält lediglich eine Empfangszuständigkeit. Entgegen der von der Beklagten geäußerten Rechtsauffassung entfaltet das Urteil deshalb keine Rechtskraftwirkung gegenüber der Werkstatt. Mit vom Geschädigten abgetretenen Ansprüchen gegen die Werkstatt, die bei Zug-um-Zug-Verurteilung ohnehin erst mit der Zahlung an die Werkstatt auf den Schädiger übergehen, kann dieser ferner mangels Gegenseitigkeit der Ansprüche nicht gemäß § 387 BGB aufrechnen. Die Zahlung an die Werkstatt kann er auch nicht unter Berufung auf den dolo-agit-Einwand des § 242 BGB verweigern, da der Geschädigte als Gläubiger nichts verlangt, was er sofort an den Schädiger zurückzugeben hätte; denn der Geschädigte schuldet dem Schädiger nichts (vgl. Senatsurteil vom 17. Januar 2023 - VI ZR 203/22, NJW 2023, 1361 Rn. 50, 52). Der Werkstatt kann eine treuwidrige Rechtsausübung nicht vorgeworfen werden, da sie als bloße Empfängerin der Leistung kein Recht ausübt. Dem Schädiger bleibt die Möglichkeit, von der Werkstatt den etwa überzahlten Betrag zurückzufordern. Die Rechtslage stellt sich insoweit nicht anders dar als in den Fällen, in denen der Geschädigte die Werkstattrechnung vollständig beglichen hat und vom Schädiger Zahlung an sich, Zug um Zug gegen Abtretung etwaiger Ansprüche gegen die Werkstatt, verlangt."
vgl. BGH, Urteil vom 16.01.2024 - VI ZR 253/22
Nachbesichtigungsansprich, wenn nachvollziehbarer Grund und nicht unzumutbar
"Zwischen dem Kläger und dem Haftpflichtversicherer des Beklagten bestand nach § 3 PflVG ein gesetzliches Schuldverhältnis. Das Gesetz gibt dem Geschädigten aufGrund eines gesetzlich angeordneten Schuldbeitritts inder Person des Versicherers einen weiteren Schuldnerfür seinen deliktischen Schadenser......." [vollständiges Zitat anzeigen]
"Zwischen dem Kläger und dem Haftpflichtversicherer des Beklagten bestand nach § 3 PflVG ein gesetzliches Schuldverhältnis. Das Gesetz gibt dem Geschädigten aufGrund eines gesetzlich angeordneten Schuldbeitritts inder Person des Versicherers einen weiteren Schuldnerfür seinen deliktischen Schadensersatzanspruch (BGHZ57, 265, 269; 69, 153, 157; 69, 315, 316; zustimmend Johannsen in Bruck/Möller/Sieg, VVG, 8. Aufl., Anm. B 9 bS. 12). In Grenzen sind damit auch dem Geschädigten Pflichten zur Rücksichtnahme auf den Haftpflichtversicherer bei der Schadensfeststellung auferlegt, deren Verletzung über prozessuale Nachteile für die Durchsetzung der eigenen Schadensersatzansprüche hinaus ihn unter besonderen UmÂständen zum Ersatz von Schäden des Versicherers verpflichÂten kann. Nach Auffassung des Senats sind die VorausÂsetzungen für eine Einstandspflicht des Klägers hier dadurch erfüllt, daß er dem vom Versicherer des BeklagÂten beauftragten Sachverständigen P. die zur Begutachtung erforderliche Inaugenscheinnahme des Fahrzeuges - nachdem der Gutachter bereits angereist war - grundlos verwehrte. Denn der Haftpflichtversicherer konnte begründete ZweiÂfel an der Richtigkeit des vom Kläger vorgelegten PrivatÂgutachtens des Sachverständigen H. haben, weil der darin angeführte, angeblich abgelesene Tachometerstand von 106.361 km für das seit rd. 4 Jahren als Taxi eingeÂsetzte Fahrzeug ungewöhnlich niedrig war. Wie das BeÂrufungsgericht feststellt, hatte der Sachverständige P. sich über die Rechtsanwälte des Klägers bei diesem angemeldet. Der Kläger beruft sich erstmals im RevisionsÂrechtszug - was unzulässig ist - darauf, daß er von seiÂnen Anwälten hiervon nicht unterrichtet worden sei. Zwar war der Termin nicht zwischen P. und ihm "vereinbart". Der Kläger war aber beim Erscheinen des SachverständiÂgen anwesend und hat nicht dargetan, daß ihm die InÂaugenscheinnahme des Fahrzeugs durch P. etwa unzumutbar gewesen wäre. Diese eilte, denn unstreitig war dem SachÂverständigen von den Prozeßbevollmächtigten des Klägers mitgeteilt worden, daß das zu begutachtende FahrÂzeug vom Kläger verkauft worden war und sehr wahrscheinÂlich noch am selben Tage weggebracht werden würde. Unter diesen besonderen Umständen verstieß der Kläger gegen die ihm obliegende RUcksichtspflicht, wenn er dem SachÂverständigen, ohne einen berechtigten Grund zu haben, die Besichtigung des Fahrzeugs verwehrte. Es ist unÂstreitig, daß dem Versicherer durch die daraufhin notwendig werdende Beauftragung eines anderen SachÂverständigen - die dafür anfallenden Kosten gehören grundsätzlich zum nicht erstattungsfähigen BearbeitungsÂaufwand des den Schaden regulierenden Versicherers (s. Himmelreich/Klimke, Kfz-Schadensregulierung Rdz. 1903 ff. m.w.Nachw.) - zusätzlich Kosten in Höhe von 254,50 DM entstanden sind* Mit ihnen kann er daher gegen die Forderung des Klägers aufrechnen.
"
vgl. BGH, Urteil vom 11.08.1983, VI ZR 251/81; ohne Nachbesichtigung: Prozessrisiko des Geschädigten
nur feststehende Tatsachen in Abwägung einzustellen
"a) Die Abwägung der Verursachungsbeiträge ist aufgrund aller festgestellten, d. h. unstreitigen, zugestandenen oder nach § 286 ZPO bewiesenen Umstände des Einzelfalls vorzunehmen, wenn sie sich auf den Unfall ausgewirkt haben; in erster Linie ist hierbei das Maß der Verursachung von Belang, in dem d......." [vollständiges Zitat anzeigen]
"a) Die Abwägung der Verursachungsbeiträge ist aufgrund aller festgestellten, d. h. unstreitigen, zugestandenen oder nach § 286 ZPO bewiesenen Umstände des Einzelfalls vorzunehmen, wenn sie sich auf den Unfall ausgewirkt haben; in erster Linie ist hierbei das Maß der Verursachung von Belang, in dem die Beteiligten zur Schadensentstehung beigetragen haben; ein Faktor bei der Abwägung ist dabei das beiderseitige Verschulden (vgl. BGH Urt. v. 17.1.2023 - VI ZR 203/22, r+s 2023, 265 Rn. 29 m. w. N.).
Die Überzeugung nach § 286 Abs. 1 ZPO erfordert keine absolute oder unumstößliche Gewissheit und auch keine an Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit, sondern nur einen für das praktische Leben brauchbaren Grad von Gewissheit, der Zweifeln Schweigen gebietet (BGH Urt. v. 12.12.2023 - VI ZR 76/23, r+s 2024, 170 Rn. 15; BGH Urt. v. 23.6.2020 - VI ZR 435/19, VersR 2021, 1497 Rn. 13). Wenn der Partei der unmittelbare Beweis einer Tatsache, die ein gesetzliches Tatbestandsmerkmal als vorhanden ergibt, nicht gelingt, kann sich das Gericht eine entsprechende Überzeugung auch aufgrund von Indizien bilden. Das Gericht darf sich allerdings nur auf solche Indizien stützen, die unstreitig oder bewiesen, also sicher festgestellt sind."
vgl. OLG Hamm, Urteil vom 25.06.2024 - 7 U 142/23
nur feststehende Verstöße sind abzuwägen
"Im Rahmen der vorzunehmenden Abwägung der wechselseitigen Verursachungsbeiträge können nur solche Umstände zu Lasten eines Beteiligten berücksichtigt werden, die unstreitig oder bewiesen sind und die sich ursächlich auf die Entstehung des Schadens ausgewirkt haben. Nur vermutete Tatbeiträge oder d......." [vollständiges Zitat anzeigen]
"Im Rahmen der vorzunehmenden Abwägung der wechselseitigen Verursachungsbeiträge können nur solche Umstände zu Lasten eines Beteiligten berücksichtigt werden, die unstreitig oder bewiesen sind und die sich ursächlich auf die Entstehung des Schadens ausgewirkt haben. Nur vermutete Tatbeiträge oder die bloße Möglichkeit einer Schadensverursachung auf Grund geschaffener Gefährdungslage haben deswegen außer Betracht zu bleiben (vgl. BGH, Urteil vom 24. September 2013 - VI ZR 255/12 -, Rn. 7, juris, m.w.N.; OLG Hamm Beschl. v. 02.01.2018 - 7 U 44/17, NJW-RR 2018, 410, Rn. 36)."