Allgemeines zur Abwägung der Verursachungsbeiträge
"ür den Umfang der Haftung dem Grunde nach kommt es gemäß der § 17 Abs. 1 und 2 StVG danach auf eine Abwägung der Verursachungsanteile an. Entscheidend ist insbesondere, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder anderen Teil verursacht worden ist. Dabei sind im Rahmen dieser Abwägung nur u......." [vollständiges Zitat anzeigen]
"ür den Umfang der Haftung dem Grunde nach kommt es gemäß der § 17 Abs. 1 und 2 StVG danach auf eine Abwägung der Verursachungsanteile an. Entscheidend ist insbesondere, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder anderen Teil verursacht worden ist. Dabei sind im Rahmen dieser Abwägung nur unstreitige bzw. zugestandene oder bewiesene Umstände zu berücksichtigen. Nur vermutete Tatbeiträge oder die bloße Möglichkeit einer Schadensverursachung aufgrund geschaffener Gefährdungslage haben deshalb außer Betracht zu bleiben (vgl. BGH, Urteil vom 21.11.2006, VI ZR 115/05, juris, Rn. 15; Urteil vom 13.02.1996, VI ZR 126/95, juris, Rn. 11; Urteil vom 10.01.1995, VI ZR 247/94, juris, Rn. 9 ff.; Senat, Urteil vom 23.02.2016, I-1 U 79/15, juris, Rn. 35; Urteil vom 11.10.2011, I-1 U 17/11, juris, Rn. 29; OLG Hamm, Urteil vom 18.11.2003, 27 U 87/03, juris, Rn. 7). Jeder Halter bzw. Schädiger hat dabei die Umstände zu beweisen, die dem anderen zum Verschulden gereichen und aus denen er die nach der Abwägung für sich günstigen Rechtsfolgen herleiten will (BGH, Urteil vom 13.02.1996, VI ZR 126/95, juris, Rn. 11; Senat, Urteil vom 23.02.2016, I-1 U 79/15, juris, Rn. 35; Urteil vom 11.10.2011, I-1 U 17/11, juris, Rn. 29; OLG Hamm, Urteil vom 18.11.2003, 27 U 87/03, juris, Rn. 7)."
vgl. OLG Düsseldorf, Urteil vom 24.09.2019 - 1 U 82/18
Anscheinsbeweis gegen den betrunkenen Kfz-Fahrer
"Es spricht nämlich ein Anscheinsbeweis für die Ursächlichkeit der Trunkenheit (im Sinne einer absoluten oder relativen Fahruntüchtigkeit) für einen Unfall, wenn dieser sich in einer Verkehrslage und unter Umständen ereignet, die ein nüchterner Fahrer hätte meistern können (vgl. BGH, Urteil vom 2......." [vollständiges Zitat anzeigen]
"Es spricht nämlich ein Anscheinsbeweis für die Ursächlichkeit der Trunkenheit (im Sinne einer absoluten oder relativen Fahruntüchtigkeit) für einen Unfall, wenn dieser sich in einer Verkehrslage und unter Umständen ereignet, die ein nüchterner Fahrer hätte meistern können (vgl. BGH, Urteil vom 24.10.1955 - II ZR 345/53 -, BGHZ 18, 311, 318 f.; Urteil vom 30.10.1985 - IVa ZR 10/84 -, NJW-RR 1986, 323, 324; Urteil vom 10.01.1995 - VI ZR 247/94 -, NJW 1995, 1029, 1030; OLG Saarbrücken, Urteil vom 29.06.2017 - 4 U 62/16 -, r + s 2018, 154, 156; Burmann, in: ders./Heß/Hühnermann/Jahnke, Straßenverkehrsrecht, 27. Aufl. 2022, § 287, Rdnr. 16; Kaufmann, in: Geigel, Haftpflichtprozess, 29. Aufl. 2024, Kap. 25, Rdnr. 331). So liegt es hier. Gerade angesichts der freien Sicht für den Beklagten zu 1 unterliegt es keinem Zweifel, dass ein nüchterner Fahrer die Gruppe um die Klägerin wahrgenommen und rechtzeitig gebremst hätte."
vgl. OLG Frankfurt, Urteil vom 25.01.2024, Az. 26 U 11/23
Anscheinsbeweis, Anbeweis und Erschütterung / Entkräftung der alkoholbedingten Unfallverursachung
"Während allerdings - wie bereits dargelegt - in Fällen absoluter Fahruntüchtigkeit ein Anscheinsbeweis für die vom Versicherer zu beweisende Ursächlichkeit der Alkoholisierung für den Versicherungsfall spricht, muss der Versicherer in Fällen relativer Fahruntüchtigkeit alkoholtypische Ausfallersc......." [vollständiges Zitat anzeigen]
"Während allerdings - wie bereits dargelegt - in Fällen absoluter Fahruntüchtigkeit ein Anscheinsbeweis für die vom Versicherer zu beweisende Ursächlichkeit der Alkoholisierung für den Versicherungsfall spricht, muss der Versicherer in Fällen relativer Fahruntüchtigkeit alkoholtypische Ausfallerscheinungen beweisen, die den Schluss auf die alkoholbedingte Herbeiführung des Versicherungsfalls rechtfertigen (BGH, Urteil vom 5.Dezember 1990 - IV ZR 13/90 - VersR 1991, 289; Senat, Urteil vom 22.November 2000 - 5 U 563/00-46 - ZfSch 2001, 214; Urteil vom 28. Januar 2009 - 5 U 698/05 - 102 -, juris; Urteil vom 9. September 2022 - 5 U 2/22, VersR 2022, 1296). Dabei genügt zur Entkräftung des dann auch in den Fällen relativer Fahruntüchtigkeit geltenden Anscheinsbeweises für den ursächlichen Zusammenhang zwischen der alkoholbedingten Fahruntüchtigkeit und dem Unfall (Senat, Beschluss vom 20. April 2020 - 5 U 18/20; OLG Karlsruhe, Urteil vom 5. Januar 1989 - 12 U 49/89, juris; BeckOK VVG/Klimke, 16. Ed. 1.8.2022, VVG § 81 Rn. 101; Knappmann VersR 2000, 11 (14)) nicht jede beliebige Erklärung des Versicherungsnehmers, durch welche alkoholunabhängige Ursache es zu dem Unfall gekommen sein soll. Vielmehr muss die Darlegung des Versicherungsnehmers, mit der er belastet ist, einen alkoholunabhängigen Geschehensverlauf plausibel erklären. Er muss - mit zunehmender Höhe des Blutalkoholgehaltes gewichtigere - Anhaltspunkte dafür geben, dass eine andere Erklärung des Unfallverlaufs als seine alkoholbedingte Verursachung nicht fernliegt, sondern eine denkbare Möglichkeit darstellt (Senat, Urteil vom 7. April 2004 - 5 U 688/03, ZfSch 2004, 323; Senat, Urteil vom 28. Januar 2009 - 5 U 698/05 - 102, juris)."
vgl. Saarländisches OLG, Urteil vom 12.10.2022 - 5 U 22/22
Beweis der Beseitigung eines Vorschadens
"Der Geschädigte muss bei Existenz eines Vorschadens mit überwiegender Wahrscheinlichkeit ausschließen, dass der aktuell geltend gemachte Schaden bereits durch den Vorschaden entstanden war. Dazu muss er grundsätzlich darlegen und ggf. nachweisen, welche eingrenzbaren Vorschäden an dem Fahrzeug vorha......." [vollständiges Zitat anzeigen]
"Der Geschädigte muss bei Existenz eines Vorschadens mit überwiegender Wahrscheinlichkeit ausschließen, dass der aktuell geltend gemachte Schaden bereits durch den Vorschaden entstanden war. Dazu muss er grundsätzlich darlegen und ggf. nachweisen, welche eingrenzbaren Vorschäden an dem Fahrzeug vorhanden waren und durch welche konkreten Reparaturmaßnahmen diese zeitlich vor dem streitgegenständlichen Unfall fachgerecht beseitigt worden sind (OLG Hamm Beschl. v. 10.4.2018 - I-9 U 199/17, juris Rn. 4; Laws/Lohmeyer/Vinke in: Freymann/Wellner, jurisPK-Straßenverkehrsrecht, 2. Aufl., § 7 StVG Rn. 401 f. (Stand: 01.12.2021))."
vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 06.03.2023 - 7 U 96/22
Beweislast der haftungsausfüllenden Kausalität (Schaden)
"Im Rahmen der haftungsausfüllenden Kausalität muss vom Geschädigten dargelegt und bewiesen werden, dass die von ihm konkret ersetzt verlangten Schäden nach Art und Umfang insgesamt oder ein abgrenzbarer Teil hiervon mit überwiegender Wahrscheinlichkeit i. S. d. § 287 ZPO bei dem Unfall entstanden s......." [vollständiges Zitat anzeigen]
"Im Rahmen der haftungsausfüllenden Kausalität muss vom Geschädigten dargelegt und bewiesen werden, dass die von ihm konkret ersetzt verlangten Schäden nach Art und Umfang insgesamt oder ein abgrenzbarer Teil hiervon mit überwiegender Wahrscheinlichkeit i. S. d. § 287 ZPO bei dem Unfall entstanden sind (OLG Hamm Beschl. v. 7.4.2022 - I-7 U 82/21, juris Rn. 18; Laws/Lohmeyer/Vinke in: Freymann/Wellner, jurisPK-Straßenverkehrsrecht, 2. Aufl., § 7 StVG Rn. 388 (Stand: 01.12.2021))."
vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 06.03.2023 - 7 U 96/22
Beweislast für alkoholbedingte Fahrfehler bei relativer Fahruntüchtigkeit
"Demgegenüber muss der Versicherer in den Fällen relativer Fahruntüchtigkeit alkoholtypische Fahrfehler oder sonstige Ausfallerscheinungen beweisen, die den Schluss auf die alkoholbedingte Herbeiführung des Versicherungsfalls rechtfertigen (BGH, Urteil vom 5. Dezember 1990 - IV ZR 13/90 - VersR 1991, ......." [vollständiges Zitat anzeigen]
"Demgegenüber muss der Versicherer in den Fällen relativer Fahruntüchtigkeit alkoholtypische Fahrfehler oder sonstige Ausfallerscheinungen beweisen, die den Schluss auf die alkoholbedingte Herbeiführung des Versicherungsfalls rechtfertigen (BGH, Urteil vom 5. Dezember 1990 - IV ZR 13/90 - VersR 1991, 289; Senat, Urteil vom 22. November 2000 - 5 U 563/00-46 - ZfSch 2001, 214; Urteil vom 7. April 2004 - 5 U 688/03 - ZfSch 2004, 323). Dabei sind die Anforderungen an die Beweiskraft entsprechender Hinweise umso geringer, je näher die Blutalkoholkonzentration an dem Grenzwert von 1,1 ‰ liegt (Senat, Urteil vom 7.April 2004 - 5 U 688/03 - ZfSch 2004, 323; Urteil vom 28. Januar 2009 - 5 U 698/05 - VersR 2009, 1068; OLG Düsseldorf, Urteil vom 20. April 2004 - 4 U 132/03, ZfSch 2004, 520; OLG Hamm, Urteil vom 25. August 2010 - I-20 U 74/10, juris)."
vgl. Saarländisches OLG, Urteil vom 12.10.2022 - 5 U 22/22
Haftungsabwägung nur bzgl. unfallkausaler Punkte
"1. Die Entscheidung über eine Haftungsverteilung im Rahmen des § 254 BGB oder des § 17 StVG ist grundsätzlich Sache des Tatrichters und im Revisionsverfahren nur darauf zu überprüfen, ob der Tatrichter alle in Betracht kommenden Umstände vollständig und richtig berücksichtigt und der Abwägung r......." [vollständiges Zitat anzeigen]
"1. Die Entscheidung über eine Haftungsverteilung im Rahmen des § 254 BGB oder des § 17 StVG ist grundsätzlich Sache des Tatrichters und im Revisionsverfahren nur darauf zu überprüfen, ob der Tatrichter alle in Betracht kommenden Umstände vollständig und richtig berücksichtigt und der Abwägung rechtlich zulässige Erwägungen zugrunde gelegt hat. Die Abwägung ist aufgrund aller festgestellten, d.h. unstreitigen, zugestandenen oder nach § 286 ZPO bewiesenen Umstände des Einzelfalls vorzunehmen, wenn sie sich auf den Unfall ausgewirkt haben; in erster Linie ist hierbei das Maß der Verursachung von Belang, in dem die Beteiligten zur Schadensentstehung beigetragen haben; ein Faktor bei der Abwägung ist dabei das beiderseitige Verschulden (vgl. Senatsurteile vom 17. Januar 2023 - VI ZR 203/22, NJW 2023, 1361 Rn. 29; vom 8. März 2022 - VI ZR 1308/20, NJW 2022, 1810 Rn. 8 mwN)."
vgl. BGH, Urteil vom 10.10.2023 - VI ZR 287/22
Kausalität bzgl. konkreten Unfallgeschehen
"Im Termin zur Verhandlung über die Berufung hat der Sachverständige sein Gutachten noch einmal mündlich erläutert und dabei dargestellt, dass sich die Geschwindigkeitsüberschreitung entscheidend unfallkausal ausgewirkt hat. Denn bei einer Vergleichsbetrachtung unter Zugrundelegung einer Annäherungs......." [vollständiges Zitat anzeigen]
"Im Termin zur Verhandlung über die Berufung hat der Sachverständige sein Gutachten noch einmal mündlich erläutert und dabei dargestellt, dass sich die Geschwindigkeitsüberschreitung entscheidend unfallkausal ausgewirkt hat. Denn bei einer Vergleichsbetrachtung unter Zugrundelegung einer Annäherungsgeschwindigkeit von nur 70 km/h wäre es bei gleicher Ausweichbewegung wie tatsächlich geschehen nur zu einer Streifkollision mit dem Beklagtenfahrzeug gekommen; bei einer Ausgangsgeschwindigkeit von 65 km/h wäre es dem Kläger bei gleicher Lenkbewegung sogar gelungen, an dem Beklagtenfahrzeug vorbeizufahren."
vgl. OLG Celle, Urteil vom 05.08.2020 - 14 U 37/20
kein Kausalitätsgegenbeweis bei Arglist
"Die Möglichkeit eines Kausalitätsgegenbeweises steht dem Kläger bei arglistiger Obliegenheitsverletzung nach § 28 Abs. 3 S. 2 VVG i.V.m. Ziff. E.8.2 AKB nicht offen.
ht offen.
" [vollständiges Zitat anzeigen]
"Die Möglichkeit eines Kausalitätsgegenbeweises steht dem Kläger bei arglistiger Obliegenheitsverletzung nach § 28 Abs. 3 S. 2 VVG i.V.m. Ziff. E.8.2 AKB nicht offen.
"
vgl. LG Münster, Urteil vom 19.09.2022 - 115 O 21/21
nur kausale Verstöße sind in die Abwägung einzustellen
"Zutreffend hat das Landgericht einen Verstoß der Beklagten zu 1) gegen die Vorschrift des § 3 Abs. 3 Nr. 1 StVO wegen der Überschreitung der am Unfallort geltenden zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h nicht in die Haftungsabwägung eingestellt, obwohl die Beklagte zu 1) nach dem Ergebnis der......." [vollständiges Zitat anzeigen]
"Zutreffend hat das Landgericht einen Verstoß der Beklagten zu 1) gegen die Vorschrift des § 3 Abs. 3 Nr. 1 StVO wegen der Überschreitung der am Unfallort geltenden zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h nicht in die Haftungsabwägung eingestellt, obwohl die Beklagte zu 1) nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme feststellbar jedenfalls mit 54 km/h gefahren ist. Denn die Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit hat sich nicht unfallursächlich ausgewirkt."
vgl. OLG Hamm, Urteil vom 15.01.2019, Az. 7 U 38/18
ohne Kausalität ist geringfügiges Falschparken nicht anspruchsmindernd
"Dass sich auch das klägerische Fahrzeug nicht 100-ig in dessen Parkmarkierung befand, ist im Übrigen ohne Belang. Es ist nicht zu erkennen, wie sich diese (zumal nur geringe) Überschreitung der Markierung nach vorne irgendwie auf den Unfall hätte auswirken können........" [vollständiges Zitat anzeigen]
"Dass sich auch das klägerische Fahrzeug nicht 100-ig in dessen Parkmarkierung befand, ist im Übrigen ohne Belang. Es ist nicht zu erkennen, wie sich diese (zumal nur geringe) Überschreitung der Markierung nach vorne irgendwie auf den Unfall hätte auswirken können."
vgl. LG Lübeck im Urteil vom 02.11.2023, Az. 14 S 113/22
Ohne Kausalität ist Verstoß gegen Gurtpflicht unerheblich
"Festzustellen bleibt demnach, dass letztlich nicht geklärt werden kann (und muss), ob die Klägerin angeschnallt war, da der Anschnallgurt aufgrund der besonderen Unfallkonstellation in diesem Einzelfall die konkreten Verletzungen der Klägerin nicht verhindert hätte........" [vollständiges Zitat anzeigen]
"Festzustellen bleibt demnach, dass letztlich nicht geklärt werden kann (und muss), ob die Klägerin angeschnallt war, da der Anschnallgurt aufgrund der besonderen Unfallkonstellation in diesem Einzelfall die konkreten Verletzungen der Klägerin nicht verhindert hätte."
vgl. LG Verden, Urteil vom 23.08.2019 - 8 O 264/17
Pflichtenverstoß ist nur bei Unfallrelevanz kausal
"Die im Video eingeblendete Geschwindigkeit stimmt mit der real gefahrenen überein. Der Sachverständige legt aber im Weiteren plausibel dar, dass die Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit um lediglich 10 km/h sich nicht unfallursächlich ausgewirkt hat. Demnach hätte sich dadurch ledig......." [vollständiges Zitat anzeigen]
"Die im Video eingeblendete Geschwindigkeit stimmt mit der real gefahrenen überein. Der Sachverständige legt aber im Weiteren plausibel dar, dass die Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit um lediglich 10 km/h sich nicht unfallursächlich ausgewirkt hat. Demnach hätte sich dadurch lediglich eine um 0,13 Sekunden verlängerte Erkennbarkeit der Zeichen 250/2018-30 ("Verbot für Fahrzeuge aller Art" und "Baustellenfahrzeuge frei") ergeben. Zwar wäre bei rechtzeitiger Erkennbarkeit dieser Zeichen (endgültig) klar geworden, dass die Einfahrt in die Baustellenausfahrt nicht zugelassen/vorgesehen sein sollte, also die unmittelbar zuvor (verdeckend) angebrachten Zeichen 209/205 ("Rechts" und "Vorfahrt gewähren") irreführend waren. Angesichts des geringen Abstands zwischen den beiden Zeichenpaaren/Pfosten, wirkt sich die Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit um nur 10 km/h aber praktisch nicht aus. Auch eine Erkennbarkeit von 1,13 Sekunden hätte ein Reflektieren der irreführenden Zeichen 209/205 ("Rechts" und "Vorfahrt gewähren") nicht rechtzeitig möglich gemacht. Anderes ist jedenfalls nicht zur Überzeugung der Kammer bewiesen."
vgl. LG Nürnberg-Fürth, Endurteil vom 08.06.2017 - 2 S 5570/15
überhöhte Geschwindigkeit ist unerheblich, wenn nicht unfallkausal
"Zwar ist der Kläger nach eigenen Angaben schneller als die an der Unfallörtlichkeit zugelassenen 50 km/h gefahren. Dieser Geschwindigkeitsverstoß gem. § 3 StVO kann jedoch in die Haftungsabwägung zu Lasten des Klägers nicht eingestellt werden, da er nach dem Sachverständigengutachten in der kritis......." [vollständiges Zitat anzeigen]
"Zwar ist der Kläger nach eigenen Angaben schneller als die an der Unfallörtlichkeit zugelassenen 50 km/h gefahren. Dieser Geschwindigkeitsverstoß gem. § 3 StVO kann jedoch in die Haftungsabwägung zu Lasten des Klägers nicht eingestellt werden, da er nach dem Sachverständigengutachten in der kritischen Situation nicht kausal für den Unfall geworden ist, der konkrete Unfall vielmehr auch bei Einhalten der zulässigen Höchstgeschwindigkeit nicht vermeidbar war."
vgl. OLG Hamm, Urteil vom 04.02.2014 - 9 U 149/13
Vorbeifahren an Bussen: 30 km/h erhöhen die Betriebsgefahr
"Dies war vorliegend der Fall. Bereits aus dem Wortlaut des § 20 Abs. 1 StVO folgt, dass an haltenden Linienomnibussen nur vorsichtig vorbeizufahren ist. Dies intendiert die gesetzgeberische Wertung, welche beinhaltet, dass es sich dabei um ein Fahrmanöver handelt, aus welchem eine abstrakt erhöhte Gef......." [vollständiges Zitat anzeigen]
"Dies war vorliegend der Fall. Bereits aus dem Wortlaut des § 20 Abs. 1 StVO folgt, dass an haltenden Linienomnibussen nur vorsichtig vorbeizufahren ist. Dies intendiert die gesetzgeberische Wertung, welche beinhaltet, dass es sich dabei um ein Fahrmanöver handelt, aus welchem eine abstrakt erhöhte Gefährlichkeit erwächst. Zu der dem Kraftfahrzeug ohnehin innewohnenden Betriebsgefahr von 20 % (st. Rspr. u.a. des Senats, vgl. etwa Urteil vom 15.05.2018 – 14 U 175/17 – juris, Urteil vom 27.09.2001 – 14 U 296/00 – juris) kommt insoweit ein weiterer gefahrträchtiger Umstand hinzu.
Dieser Umstand war auch erwiesenermaßen ursächlich für den Schaden, ansonsten hätte er außer Ansatz bleiben müssen (vgl. BGH, Urteile vom 10. Januar 1995 - VI ZR 247/94, VersR 1995, 357 f.; vom 21. November 2006 - VI ZR 115/05, VersR 2007, 263 Rn. 15 m.w.N.; König, in: Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, Kommentar, 45. Aufl. 2019, § 17 StVG Rn. 5 f. m.w.N.), was eine erhöhte Betriebsgefahr des klägerischen Fahrzeugs in dieser konkreten Unfallsituation rechtfertigt.
Ausgehend von der gesetzgeberischen Wertung einer abstrakten Gefährdungssituation hat sich diese ausgewirkt, indem es zu einer Kollision zwischen dem vorbeifahrenden klägerischen Fahrzeug und dem Linienbus gekommen ist, der in den fließenden Verkehr einfahren wollte. Der Kläger ist insoweit mit den gutachterlich festgestellten 30 km/h zwar noch „vorsichtig“ im Sinne des § 20 Abs. 1 StVO gefahren, so dass ihm kein Verschulden zur Last gelegt werden kann. Er hatte mit dieser Geschwindigkeit aber dennoch die Obergrenze der vom Gesetzgeber geforderten vorsichtigen Fahrweise erreicht, was sich in der konkreten Situation gefahrerhöhend niedergeschlagen hat. Denn er konnte mit der gefahrenen Geschwindigkeit nicht mehr unfallvermeidend reagieren, als der Linienbus zum Einfahren in den fließenden Verkehr angesetzt hat, und ist seitlich in den Linienomnibus hineingefahren."
vgl. OLG Celle, Urteil vom 10.11.2021 - 14 U 96/21
vorkolliosionäres Fehlerverhalten ist ohne dessen Unfallkausalität irrelevant
"Ein Mitverschulden des klägerischen Fahrers ist darüber hinaus nicht erkennbar. Dabei ist anzumerken, dass dabei nur solche Umstände berücksichtigt werden können, die unstreitig oder bewiesen sind und sich kausal auch im Unfall niedergeschlagen haben. Inwieweit sich ein etwaiges falsches Rechtsüber......." [vollständiges Zitat anzeigen]
"Ein Mitverschulden des klägerischen Fahrers ist darüber hinaus nicht erkennbar. Dabei ist anzumerken, dass dabei nur solche Umstände berücksichtigt werden können, die unstreitig oder bewiesen sind und sich kausal auch im Unfall niedergeschlagen haben. Inwieweit sich ein etwaiges falsches Rechtsüberholen von drei auf der mittleren Fahrspur fahrenden Fahrzeugen durch den klägerischen Fahrer kausal auf den Unfall ausgewirkt haben soll, wird durch die Beklagtenpartei weder dargelegt, noch erschließt sich dies dem Gericht. Soweit ferner durch die Beklagtenpartei vorgetragen wird, dass der klägerische Fahrer vorkollisionär selbst einen Fahrspurwechsel vorgenommen hätte, bleibt sie dabei auch den Nachweis schuldig, dass sich dies kausal auf den Unfall ausgewirkt hätte. Zum einen trägt die Beklagtenseite selbst nicht vor, dass der rückwärtige Raum durch den Beklagten zu 1) zu Beginn des Fahrspurwechsels überhaupt geprüft worden wäre. Darüber hinaus, stellte der Sachverständige fest, dass ein etwaiger Fahrspurwechsel deutlich vor dem Kollisionszeitpunkt bereits abgeschlossen gewesen sein müsste und das fahrende Kläger-Fahrzeug für den Beklagten zu 1) bei einer Rückschau vor Beginn des Fahrspurwechsels erkennbar gewesen wäre."
vgl. LG München I, Endurteil vom 30.09.2021 - 19 O 6974/20