1/3 Mitverschulden, wer unangeschnallt bei einem Fahruntüchtigen einsteigt
"Dabei sind im Rahmen des § 254 Abs. 1 BGB die §§ 827 bis 829 BGB entsprechend anwendbar (allg. Meinung, vgl. nur Palandt-Grüneberg, BGB, 80. Aufl. § 254 Rn. 9 m. w. N.).
Zum maßgeblichen Zeitpunkt, dem Zusteigen in das Fahrzeug des absolut fahruntüchtigen Zeugen B., befand sich der Kläger aufg......." [vollständiges Zitat anzeigen]
"Dabei sind im Rahmen des § 254 Abs. 1 BGB die §§ 827 bis 829 BGB entsprechend anwendbar (allg. Meinung, vgl. nur Palandt-Grüneberg, BGB, 80. Aufl. § 254 Rn. 9 m. w. N.).
Zum maßgeblichen Zeitpunkt, dem Zusteigen in das Fahrzeug des absolut fahruntüchtigen Zeugen B., befand sich der Kläger aufgrund seiner eigenen Alkoholisierung - die ihm rund zwei Stunden nach dem Unfall entnommene Blutprobe ergab eine BAK von 1,71 Promille - in einem vorübergehend die freie Willensbestimmung ausschließenden Zustand krankhafter Störung der Geistestätigkeit. Bewusstlos hingegen war der Kläger nach seinen eigenen Angaben vor dem Landgericht nicht. Allerdings ist gemäß § 827 Satz 2 BGB derjenige, der sich durch geistige Getränke in einen vorübergehenden Zustand dieser Art versetzt hat, in gleicher Weise verantwortlich, wie wenn ihm Fahrlässigkeit zur Last fiele, es sei denn, er ist ohne Verschulden in diesen Zustand geraten (vgl. OLG Karlsruhe, a. a. O., Juris Rn. 12).
Nach dem Vorbringen des Klägers aus der Berufungsbegründung, wonach er über einen längeren Zeitraum alkoholische Getränke zu sich genommen habe - wobei dieser Vortrag im Gegensatz zu seinen Angaben im Rahmen der persönlichen Anhörung vor dem Landgericht steht, denn dort hat er bekundet, keinen Alkohol mehr getrunken zu haben - ergibt sich allerdings in beiden Vortragsvarianten nichts dafür, dass der Kläger unverschuldet in den vorgenannten Zustand geraten wäre. Der Konsum alkoholischer Getränken - in welchem Umfang auch immer - erfolgte freiwillig und der Alkoholisierungsgrad ist unstreitig. Von einer Alkoholkrankheit und/oder regelmäßigem Alkoholkonsum vor dem Unfall ist nichts bekannt.
Demnach fällt dem Kläger ein fahrlässiges Mitverschulden zur Last.
Wenn das Landgericht das Mitverschulden des Klägers insgesamt mit einem Drittel bemessen hat, ist dies nicht zu beanstanden und liegt im Bereich dessen, was gemeinhin in derartigen Fällen obergerichtlich ausgeurteilt wird (vgl. nur OLG Karlsruhe a. a. O., KG, Urteil v. 12.01.2006, 12 U 261/04; OLG Frankfurt, Urteil v. 04.11.2011, 25 U 77/10).""
vgl. OLG Schleswig, Beschluss vom 08.04.2021 - 7 U 2/20
absolute Fahruntüchtigkeit ist grober Verstoß
"Das Führen eines Fahrzeugs im - wie hier - Zustand der absoluten Fahruntüchtigkeit (d.h.: mit einer BAK von mehr als 1,1 Promille) stellt einen schwerwiegenden Verstoß gegen grundlegende Verhaltensregeln des Straßenverkehrsrechts dar und ist grundsätzlich objektiv und subjektiv als grob fahrlässig ......." [vollständiges Zitat anzeigen]
"Das Führen eines Fahrzeugs im - wie hier - Zustand der absoluten Fahruntüchtigkeit (d.h.: mit einer BAK von mehr als 1,1 Promille) stellt einen schwerwiegenden Verstoß gegen grundlegende Verhaltensregeln des Straßenverkehrsrechts dar und ist grundsätzlich objektiv und subjektiv als grob fahrlässig anzusehen (BGH, Urteil vom 22. Juni 2011 - IV ZR 225/10, BGHZ 190, 120 = VersR 2011, 1037; Senat, Urteil vom 28. Januar 2009 - 5 U 698/05-102, VersR 2009, 1068; LG Saarbrücken, RuS 2016, 343). Gründe, die das Verhalten des Beklagten - insbesondere subjektiv - in einem "milderen Licht" erscheinen lassen könnten, hat dieser nicht dargelegt, und solche sind hier angesichts der Umstände auch nicht ersichtlich, wie in dem angefochtenen Urteil zutreffend ausgeführt wird."
vgl. Saarländisches OLG, Urteil vom 09.09.2022 - 5 U 2/22
Alkohol, grobe Fahrlässigkeit und subjektives Element: hier ja
"3) Auch die subjektiven Voraussetzungen der groben Fahrlässigkeit liegen beim Kläger vor. Die Annahme grober Fahrlässigkeit setzt auf der subjektiven Seite voraus, dass die im Verkehr erforderliche Sorgfalt durch ein auch subjektiv unentschuldbares Verhalten in hohem Maße außer Acht gelassen worden ......." [vollständiges Zitat anzeigen]
"3) Auch die subjektiven Voraussetzungen der groben Fahrlässigkeit liegen beim Kläger vor. Die Annahme grober Fahrlässigkeit setzt auf der subjektiven Seite voraus, dass die im Verkehr erforderliche Sorgfalt durch ein auch subjektiv unentschuldbares Verhalten in hohem Maße außer Acht gelassen worden ist. Dabei ist auch in subjektiver Hinsicht ein gegenüber einfacher Fahrlässigkeit gesteigertes Verschulden nötig. Dafür ist eine Würdigung aller Umstände des Einzelfalles unerlässlich (BGH, Urteil vom 22. Februar 1989 - IVa ZR 274/87 -, Rn. 13, juris; BGH, Urteil vom 29. Oktober 2003 - IV ZR 16/03 -, Rn. 16, juris).
Das Führen eines Kraftfahrzeuges in alkoholbedingt fahruntüchtigem Zustand wird objektiv durchweg als grober Verstoß gegen die Grundsätze der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt anzusehen sein. Es gehört nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes zu den schwersten Verkehrsverstößen überhaupt. Wer sich in absolut fahruntüchtigem Zustand an das Steuer eines Kraftfahrzeuges setzt, handelt grundsätzlich grob fahrlässig (BGH, Urteil vom 22. Juni 2011 - IV ZR 225/10 -, BGHZ 190, 120-131, Rn. 11; BGH, Urteil vom 22. Februar 1989 - IVa ZR 274/87 -, Rn. 15, juris, m. w. Nachw.). Daraus folgt in aller Regel auch ohne weiteres das für die Annahme grober Fahrlässigkeit erforderliche, gegenüber einfacher Fahrlässigkeit gesteigerte Verschulden. Dass sich ein unter starker Alkoholeinwirkung stehender Kraftfahrer nicht mehr ans Steuer seines Kraftfahrzeuges setzen darf, und dass er durch ein Fahren in fahruntüchtigem Zustand andere Verkehrsteilnehmer, sich selbst und sein Fahrzeug einer unverantwortlichen Gefährdung aussetzt, ist heute so sehr Allgemeingut, dass unbedenklich davon ausgegangen werden kann, dass bei fast jedem Kraftfahrer die Hemmschwelle für ein Fahren trotz alkoholbedingter Fahruntüchtigkeit stark heraufgesetzt ist (BGH, a. a. O.). Der Fahrer, bei dem dies aus mangelnder Einsicht nicht der Fall ist, muss sich diese mangelnde Einsicht in der Regel als grobes Verschulden zurechnen lassen. Bei den meisten Kraftfahrern pflegt die Einsichtsfähigkeit und die Fähigkeit, nach dieser Einsicht zu handeln, in Bezug auf die Trunkenheitsfahrt auch bei einem hohen Grad der Alkoholisierung noch vorhanden zu sein. Auch wenn der Kraftfahrer sich erst dann zum Führen seines Kraftfahrzeuges entschließt, wenn er bereits stark unter Alkoholeinfluss steht, wird deshalb in vielen Fällen ungeachtet der Alkoholbeeinflussung das für die Annahme grober Fahrlässigkeit erforderliche gesteigerte subjektive Verschulden festgestellt werden können (BGH, a. a. O.)."
"Das Führen eines Fahrzeugs im Zustand der absoluten Fahruntüchtigkeit (d.h.: mit einer BAK von mehr als 1,1 ‰) stellt einen schwerwiegenden Verstoß gegen grundlegende Verhaltensregeln des Straßenverkehrsrechts dar und ist grundsätzlich objektiv und subjektiv als grob fahrlässig anzusehen (BGH, Ur......." [vollständiges Zitat anzeigen]
"Das Führen eines Fahrzeugs im Zustand der absoluten Fahruntüchtigkeit (d.h.: mit einer BAK von mehr als 1,1 ‰) stellt einen schwerwiegenden Verstoß gegen grundlegende Verhaltensregeln des Straßenverkehrsrechts dar und ist grundsätzlich objektiv und subjektiv als grob fahrlässig anzusehen (BGH, Urteil vom 22. Juni 2011 - IV ZR 225/10, BGHZ 190, 120 = VersR 2011, 1037; Senat, Urteil vom 28. Januar 2009 - 5 U 698/05-102, VersR 2009, 1068; LG Saarbrücken, RuS 2016, 343)."
vgl. Saarländisches OLG, Urteil vom 12.10.2022 - 5 U 22/22
alkoholisiert Fahruntüchtige können sich nicht auf den Vertrauensgrundsatz berufen
"Es kommt noch hinzu, dass sich der Beklagte zu 1 auch deswegen nicht auf den Vertrauensgrundsatz berufen darf, weil er sich selbst nicht verkehrsrichtig verhalten hat. Wie oben bereits erwähnt, setzt eine Berufung eines Verkehrsteilnehmers auf den Vertrauensgrundsatz voraus, dass sich der betreffende Ve......." [vollständiges Zitat anzeigen]
"Es kommt noch hinzu, dass sich der Beklagte zu 1 auch deswegen nicht auf den Vertrauensgrundsatz berufen darf, weil er sich selbst nicht verkehrsrichtig verhalten hat. Wie oben bereits erwähnt, setzt eine Berufung eines Verkehrsteilnehmers auf den Vertrauensgrundsatz voraus, dass sich der betreffende Verkehrsteilnehmer selbst regelgerecht verhält, also nicht eine zum Schutz anderer Verkehrsteilnehmer bestimmte Norm verletzt (vgl. dazu - neben den obigen Nachweisen - etwa noch BGH, Urteil vom 04.07.1957 - 4 StR 190/57 -, VRS 13, 255; Urteil vom 06.02.1958 - 4 StR 687/57 -, juris; Urteil vom 15.11.1966 - VI ZR 57/65 -, VersR 1967, 157; Urteil vom 08.09.1967 - 4 StR 81/67 -, VRS 33, 368, 370; Urteil vom 10.04.1968 - 4 StR 62/68 -, NJW 1968, 1532, 1533; Urteil vom 03.11.1970 - VI ZR 65/69 -, VersR 1971, 179; OLG Karlsruhe, Urteil vom 16.12.1999 - 3 Ss 43/99 -, NStZ-RR 2000, 141, 143; Fischer, StGB, 71. Aufl. 2024, § 222, Rdnr. 14; Puppe, Jura 1998, 21, 23).
Das Führen eines Kraftfahrzeuges in alkoholbedingt fahruntüchtigem Zustand ist als grober Verstoß gegen die Grundsätze der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt anzusehen (s. auch § 316 StGB, § 24a StVG). Es gehört zu den schwersten Verkehrsverstößen überhaupt (vgl. BGH, Urteil vom 23.01.1985 - IVa ZR 128/83 -, NJW 1985, 2648; Urteil vom 22.02.1989 - IVa ZR 274/87 -, NJW 1989, 1612, 1613). Dieses Verbot besteht zuvörderst zum Schutz anderer Verkehrsteilnehmer. Wer angetrunken ein Kraftfahrzeug führt, handelt also grob pflichtwidrig (s. Kaufmann, in: Geigel, Haftpflichtprozess, 29. Aufl. 2024, Kap. 25, Rdnr. 331) und kann sich daher nicht auf den Vertrauensgrundsatz berufen (vgl. Puppe, Jura 1998, 21, 23; in diesem Sinne wohl auch BGH, Urteil vom 09.07.1968 - VI ZR 171/67 -, VersR 1968, 1093)."
vgl. OLG Frankfurt, Urteil vom 25.01.2024, Az. 26 U 11/23
Anscheinsbeweis, Anbeweis und Erschütterung / Entkräftung der alkoholbedingten Unfallverursachung
"Während allerdings - wie bereits dargelegt - in Fällen absoluter Fahruntüchtigkeit ein Anscheinsbeweis für die vom Versicherer zu beweisende Ursächlichkeit der Alkoholisierung für den Versicherungsfall spricht, muss der Versicherer in Fällen relativer Fahruntüchtigkeit alkoholtypische Ausfallersc......." [vollständiges Zitat anzeigen]
"Während allerdings - wie bereits dargelegt - in Fällen absoluter Fahruntüchtigkeit ein Anscheinsbeweis für die vom Versicherer zu beweisende Ursächlichkeit der Alkoholisierung für den Versicherungsfall spricht, muss der Versicherer in Fällen relativer Fahruntüchtigkeit alkoholtypische Ausfallerscheinungen beweisen, die den Schluss auf die alkoholbedingte Herbeiführung des Versicherungsfalls rechtfertigen (BGH, Urteil vom 5.Dezember 1990 - IV ZR 13/90 - VersR 1991, 289; Senat, Urteil vom 22.November 2000 - 5 U 563/00-46 - ZfSch 2001, 214; Urteil vom 28. Januar 2009 - 5 U 698/05 - 102 -, juris; Urteil vom 9. September 2022 - 5 U 2/22, VersR 2022, 1296). Dabei genügt zur Entkräftung des dann auch in den Fällen relativer Fahruntüchtigkeit geltenden Anscheinsbeweises für den ursächlichen Zusammenhang zwischen der alkoholbedingten Fahruntüchtigkeit und dem Unfall (Senat, Beschluss vom 20. April 2020 - 5 U 18/20; OLG Karlsruhe, Urteil vom 5. Januar 1989 - 12 U 49/89, juris; BeckOK VVG/Klimke, 16. Ed. 1.8.2022, VVG § 81 Rn. 101; Knappmann VersR 2000, 11 (14)) nicht jede beliebige Erklärung des Versicherungsnehmers, durch welche alkoholunabhängige Ursache es zu dem Unfall gekommen sein soll. Vielmehr muss die Darlegung des Versicherungsnehmers, mit der er belastet ist, einen alkoholunabhängigen Geschehensverlauf plausibel erklären. Er muss - mit zunehmender Höhe des Blutalkoholgehaltes gewichtigere - Anhaltspunkte dafür geben, dass eine andere Erklärung des Unfallverlaufs als seine alkoholbedingte Verursachung nicht fernliegt, sondern eine denkbare Möglichkeit darstellt (Senat, Urteil vom 7. April 2004 - 5 U 688/03, ZfSch 2004, 323; Senat, Urteil vom 28. Januar 2009 - 5 U 698/05 - 102, juris)."
vgl. Saarländisches OLG, Urteil vom 12.10.2022 - 5 U 22/22
Anscheinsbeweis: Kausalität der absoluten Verkehrsuntüchtigkeit
"(...) deshalb schadensersatzpflichtig, weil er den Verkehrsunfall grob fahrlässig dadurch verursacht hat, dass er im Zustand absoluter Fahruntüchtigkeit (1,43 Promille BAK) deren Fahrzeug im Straßenverkehr geführt und infolge Alkoholgenusses die Kontrolle über den Pkw verloren und diesen dadurch erh......." [vollständiges Zitat anzeigen]
"(...) deshalb schadensersatzpflichtig, weil er den Verkehrsunfall grob fahrlässig dadurch verursacht hat, dass er im Zustand absoluter Fahruntüchtigkeit (1,43 Promille BAK) deren Fahrzeug im Straßenverkehr geführt und infolge Alkoholgenusses die Kontrolle über den Pkw verloren und diesen dadurch erheblich geschädigt hat; auf die obigen Ausführungen wird ergänzend verwiesen. Dafür, dass die absolute Fahruntüchtigkeit ursächlich für den Unfall gewesen ist, spricht der Beweis des ersten Anscheins (vgl. BGH, Urteil vom 9. Oktober 1991 - IV ZR 264/90, NJW 1992, 119), den der Beklagte hier nicht entkräftet hat. Wie das Landgericht zutreffend ausführt und worauf zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen wird, kann nämlich nicht ausgeschlossen werden, dass der Beklagte den Unfall hätte vermeiden können, wenn er nicht in so erheblichem Umfang alkoholisiert gewesen wäre (vgl. auch schon Senat, Urteil vom 14. November 2001 - 5 U 267/01-20, VersR 2002, 1415)."
vgl. Saarländisches OLG, Urteil vom 09.09.2022 - 5 U 2/22
Beifahrer hat Mitverschulden, wenn er Alkoholisierung merken konnte
"Das Mitverschulden des Geschädigten wird im Rahmen des Drittanspruchs nach § 844 Abs. 1 BGB über § 846 BGB berücksichtigt, welcher § 254 BGB für entsprechend anwendbar erklärt. § 846 BGB wird im Rahmen des Anspruchs aus § 10 StVG ebenfalls entsprechend zur Anwendung gebracht (Burmann/Heß/Jahnk......." [vollständiges Zitat anzeigen]
"Das Mitverschulden des Geschädigten wird im Rahmen des Drittanspruchs nach § 844 Abs. 1 BGB über § 846 BGB berücksichtigt, welcher § 254 BGB für entsprechend anwendbar erklärt. § 846 BGB wird im Rahmen des Anspruchs aus § 10 StVG ebenfalls entsprechend zur Anwendung gebracht (Burmann/Heß/Jahnke/Janker, Straßenverkehrsrecht, 23. Aufl. 2014, § 10 StVG Rn. 20).
Anknüpfungspunkt für eine Mithaftung des Klägers ist allein der Umstand, dass sich der Kläger als Beifahrer dem unstreitig alkoholisierten Beklagten zu 1), dessen Blutalkoholkonzentration – wie eine Rückrechnung ergab – im Zeitpunkt des Unfalls nach dem Gutachten von Prof. Dr. med. B… – Zentrum der Rechtsmedizin der Universität F. vom 09.12.2010- zum Unfallzeitpunkt zwischen 1,12 und 1,46 Promille lag – anvertraut hat.
Dementsprechend muss sich u.U. auch ein Geschädigter den Einwand eigenen Mitverschuldens entgegen halten lassen, wenn er sich als Beifahrer einem infolge Alkoholgenusses nicht verkehrssicheren Kraftfahrer anvertraut hat, obwohl ein in angemessener Weise auf seine Sicherheit bedachter Fahrgast von der Mitfahrt unter solchen Umständen abgesehen haben würde. Maßgeblich ist insoweit nicht allein die gerichtliche Feststellung, dass der Fahrer zur Zeit des Unfalls – tatsächlich – (ggfs. absolut) fahruntüchtig gewesen ist, noch das bloße Wissen des Geschädigten darum, dass der Fahrer vor Antritt der Fahrt überhaupt Alkohol zu sich genommen hat, sondern vielmehr, ob der Geschädigte die Beeinträchtigung der Fahrtüchtigkeit des Fahrers hätte erkennen oder sich ihm aus den Gesamtumständen insoweit zumindest begründete Zweifel hätten aufdrängen müssen (vgl. OLG Karlsruhe, Beschluss vom 04. November 2013 – 1 U 35/13 -, juris mit weiteren Nachweisen der Rechtsprechung).
Es konnte nicht nachgewiesen werden, dass der Kläger positive Kenntnis von der Fahruntüchtigkeit des Beklagten hatte.
Nach freier Überzeugung des Gerichts (§ 286 Abs. 1 ZPO) steht jedoch fest, dass der Kläger Anzeichen der Fahruntüchtigkeit des Beklagten hätte erkennen müssen."
vgl. AG Langen (Hessen), Urteil vom 28.09.2015, Az. 55 C 166/13 (11)
Beweislast des § 827 BGB beim Versicherten
"2) Dem Kläger gelingt hier der Nachweis nicht, dass er sich bei Antritt der Fahrt in fahruntüchtigem Zustand in einem die freie Willensbestimmung ausschließenden Zustand krankhafter Störung der Geistestätigkeit befunden hat. Diesen Nachweis hat bei Anwendung des § 81 VVG der Versicherungsnehmer zu ......." [vollständiges Zitat anzeigen]
"2) Dem Kläger gelingt hier der Nachweis nicht, dass er sich bei Antritt der Fahrt in fahruntüchtigem Zustand in einem die freie Willensbestimmung ausschließenden Zustand krankhafter Störung der Geistestätigkeit befunden hat. Diesen Nachweis hat bei Anwendung des § 81 VVG der Versicherungsnehmer zu führen, wenn er sich auf die Vorschrift des § 827 BGB zu seiner Entlastung berufen will (BGH, Urteil vom 22. Juni 2011 - IV ZR 225/10 -, BGHZ 190, 120-131, Rn. 12; BGH, Urteil vom 29. Oktober 2003 - IV ZR 16/03 -, Rn. 15, juris; BGH, Urteil vom 20. Juni 1990 - IV ZR 298/89 -, Rn. 10, juris; BGH, Urteil vom 23. Januar 1985 - IVa ZR 128/83 -, Rn. 8, juris).
a) Der Kläger beruft sich hier darauf, dass er auf dem Grundstück seiner Bekannten gestürzt sei und in Folge dieses Sturzes, bei dem er sich auch Kopfverletzungen zugezogen habe, in einen geordneten amnestischen Dämmerungszustand verfallen sei mit der Folge, dass ab einem Zeitpunkt vor Antritt der Fahrt kein Erinnerungsvermögen vorhanden sei und erst nach Beendigung der Fahrt wieder sein Bewusstsein einsetze.
aa) Der Kläger hat zum Beweis hierfür seine eigene Parteivernehmung angeboten, der die Beklagte widersprochen hat (Bl. 37 d. A.). Eine Vernehmung des Klägers als Partei von Amts wegen gemäß § 448 ZPO war nicht zulässig. Die nach pflichtgemäßem Ermessen vom Gericht anzuordnende Parteivernehmung von Amts wegen setzt grundsätzlich das Bestehen einer gewissen Wahrscheinlichkeit für die Richtigkeit der Behauptungen der beweisbelasteten Partei aufgrund des bisherigen Verhandlungsergebnisses bei einer nonliquet-Situation im Übrigen voraus. Dieser "Anbeweis" kann sich aus einer schon durchgeführten Beweisaufnahme oder aus dem sonstigen Verhandlungsinhalt, insbesondere aus einer Anhörung nach § 141 ZPO oder aus Ausführungen der Partei nach § 137 Abs. 4 ZPO ergeben (BGH, Urteil vom 12. Dezember 2019 - III ZR 198/18 -, Rn. 20, juris). Der im Termin vor dem Landgericht anwesende Kläger hat von der Möglichkeit des § 137 Abs. 4 ZPO keinen Gebrauch gemacht. Ein sonstiger "Anbeweis" für die Richtigkeit seines Vortrages lag nicht vor."
vgl. KG, Beschluss vom 03.05.2022 - 6 U 39/21
Beweislast für alkoholbedingte Fahrfehler bei relativer Fahruntüchtigkeit
"Demgegenüber muss der Versicherer in den Fällen relativer Fahruntüchtigkeit alkoholtypische Fahrfehler oder sonstige Ausfallerscheinungen beweisen, die den Schluss auf die alkoholbedingte Herbeiführung des Versicherungsfalls rechtfertigen (BGH, Urteil vom 5. Dezember 1990 - IV ZR 13/90 - VersR 1991, ......." [vollständiges Zitat anzeigen]
"Demgegenüber muss der Versicherer in den Fällen relativer Fahruntüchtigkeit alkoholtypische Fahrfehler oder sonstige Ausfallerscheinungen beweisen, die den Schluss auf die alkoholbedingte Herbeiführung des Versicherungsfalls rechtfertigen (BGH, Urteil vom 5. Dezember 1990 - IV ZR 13/90 - VersR 1991, 289; Senat, Urteil vom 22. November 2000 - 5 U 563/00-46 - ZfSch 2001, 214; Urteil vom 7. April 2004 - 5 U 688/03 - ZfSch 2004, 323). Dabei sind die Anforderungen an die Beweiskraft entsprechender Hinweise umso geringer, je näher die Blutalkoholkonzentration an dem Grenzwert von 1,1 ‰ liegt (Senat, Urteil vom 7.April 2004 - 5 U 688/03 - ZfSch 2004, 323; Urteil vom 28. Januar 2009 - 5 U 698/05 - VersR 2009, 1068; OLG Düsseldorf, Urteil vom 20. April 2004 - 4 U 132/03, ZfSch 2004, 520; OLG Hamm, Urteil vom 25. August 2010 - I-20 U 74/10, juris)."
vgl. Saarländisches OLG, Urteil vom 12.10.2022 - 5 U 22/22
grobe Fahrlässigkeit bei absoluter Fahruntüchtigkeit
"Das Führen eines Kraftfahrzeuges in alkoholbedingt fahruntüchtigem Zustand gehört zu den schwersten Verkehrsverstößen. Wer sich in absolut fahruntüchtigem Zustand an das Steuer eines Kraftfahrzeuges setzt, handelt grundsätzlich grob fahrlässig (BGH, Urteil vom 22. Juni 2011 - IV ZR 225/10 -, BGHZ......." [vollständiges Zitat anzeigen]
"Das Führen eines Kraftfahrzeuges in alkoholbedingt fahruntüchtigem Zustand gehört zu den schwersten Verkehrsverstößen. Wer sich in absolut fahruntüchtigem Zustand an das Steuer eines Kraftfahrzeuges setzt, handelt grundsätzlich grob fahrlässig (BGH, Urteil vom 22. Juni 2011 - IV ZR 225/10 -, BGHZ 190, 120-131, Rn. 11; BGH, Urteil vom 22. Februar 1989 - IVa ZR 274/87 -, Rn. 15, juris; BGH, Urteil vom 23. Januar 1985 - IVa ZR 128/83 -, Rn. 9, juris)."
vgl. KG, Beschluss vom 03.05.2022 - 6 U 39/21
grobe Fahrlässigkeit kann vorverlagert (bei Trinkbeginn oder im Trinkverlauf) vorliegen
"Selbst wenn der Fahrer im Unfallzeitpunkt schuldunfähig gewesen sein sollte, kann er den Versicherungsfall durch ein zeitlich früheres Verhalten grob fahrlässig herbeigeführt haben, als er sich noch in schuldfähigem Zustand befand. Da die Leistungsfreiheit des Versicherers nach § 81 Abs. 2 VVG ledi......." [vollständiges Zitat anzeigen]
"Selbst wenn der Fahrer im Unfallzeitpunkt schuldunfähig gewesen sein sollte, kann er den Versicherungsfall durch ein zeitlich früheres Verhalten grob fahrlässig herbeigeführt haben, als er sich noch in schuldfähigem Zustand befand. Da die Leistungsfreiheit des Versicherers nach § 81 Abs. 2 VVG lediglich an einen Erfolg, nämlich die Herbeiführung des Versicherungsfalles, nicht dagegen an ein bestimmtes Verhalten, etwa das Führen des Kraftfahrzeuges in alkoholisiertem Zustand, anknüpft, kann auf ein zeitlich vorangehendes Verhalten des Versicherungsnehmers abgestellt werden, durch das der Versicherungsfall grob fahrlässig herbeigeführt wird (BGH, Urteil vom 22. Juni 2011 - IV ZR 225/10 -, BGHZ 190, 120-131, Rn. 17). Rechnet der Versicherungsnehmer schon vor Trinkbeginn oder jedenfalls in einem noch schuldfähigen Zustand damit, dass er später unter Alkoholeinfluss mit seinem Kraftfahrzeug fahren und dabei möglicherweise einen Unfall herbeiführen werde, oder musste er damit rechnen und verschließt er sich dem grob fahrlässig, so setzt der Vorwurf der schuldhaften Herbeiführung des Versicherungsfalles bereits zu diesem früheren Zeitpunkt ein. Dazu bedarf es weder des Rückgriffs auf die Rechtsfigur der actio libera in causa (so noch BGH, Urteil vom 22. Februar 1989 - IVa ZR 274/87 - Rn. 15, juris) noch des Rechtsgedankens des § 827 S. 2 BGB (BGH, Urteil vom 22. Juni 2011 - IV ZR 225/10 -, BGHZ 190, 120-131, Rn. 17)."
vgl. KG, Beschluss vom 03.05.2022 - 6 U 39/21
hier: keine Erschütterung des Verdachts des alkoholbedingten Fahrfehlers
"Gründe, die die Überzeugung von einem alkoholbedingten Fahrfehler der Klägerin erschüttern könnten, liegen bei sachgerechter Beurteilung aller Umstände des vorliegenden Falles nicht vor. Hinweise auf unfallursächliche technische Mängel waren weder behauptet noch ersichtlich. Die allgemeine Mögli......." [vollständiges Zitat anzeigen]
"Gründe, die die Überzeugung von einem alkoholbedingten Fahrfehler der Klägerin erschüttern könnten, liegen bei sachgerechter Beurteilung aller Umstände des vorliegenden Falles nicht vor. Hinweise auf unfallursächliche technische Mängel waren weder behauptet noch ersichtlich. Die allgemeine Möglichkeit, dass auch einer nüchternen Person der Unfall hätte unterlaufen können, reicht zur Erschütterung eines alkoholbedingten Fahrfehlers nicht aus (BGH, Urteil vom 24. Februar 1976 - VI ZR 61/75, VersR 1976, 729; Urteil vom 30. Oktober 1985 - IVa ZR 10/84, VersR 1986, 141; vgl. auch BGH, Urteil vom 8. Juli 1957 - II ZR 177/56, VersR 1957, 509). Solche Fahrfehler gibt es nämlich nicht (Heß/Höke, in: Beckmann/Matusche-Beckmann, Versicherungsrechts-Handbuch 3. Aufl., § 30 Rn. 50). Vielmehr muss gerade im konkreten Fall die ernsthafte und nicht bloß theoretische Möglichkeit bestehen, dass der Unfall durch eine andere Ursache herbeigeführt worden ist, die auch ein nüchterner Fahrer nicht hätte vermeiden können; dass mithin die alkoholbedingte Fahruntüchtigkeit nicht ursächlich für das konkrete Unfallereignis war (vgl. OLG Naumburg, Urteil vom 16. September 2004 - 4 U 38/04, VersR 2005, 1233; OLG Düsseldorf, Urteil vom 13. Juni 2000 - 4 U 140/99, juris).
Der objektive Unfallverlauf ist anschaulicher Ausdruck eines alkoholbedingt typischen Fehlverhaltens, für das es sonst keinen ernsthaften anderen Grund gibt. Der behauptete Umstand eines vorausfahrenden stark bremsenden Fahrzeugs allein reicht hierfür nicht aus. Es ist kein Grund ersichtlich, warum der Unfall nicht mit der Trunkenheit der Fahrerin zu erklären ist bzw. der dafür spricht, dass sie die Gefahrenlage auch nüchtern nicht gemeistert hätte. Bereits nach eigenen Angaben der Klägerin konnte sie rechtzeitig reagieren und durch starkes Abbremsen eine Kollision mit dem vorausfahrenden Fahrzeug verhindern. Die Verkehrssituation, der sie ausgesetzt war, stellte angesichts dessen kein Hindernis dar, das die Klägerin auch ohne den Einfluss von Alkohol nicht hätte bewältigen können. Allein der Umstand, dass die Straße nass gewesen ist, ist nicht geeignet, die Ursächlichkeit der alkoholbedingten Fahruntüchtigkeit auszuschließen. Dass auch verkehrstüchtige Kraftfahrer bisweilen auf unsicherem bzw. nassem Straßenbelag verunglücken und/oder wegen unangepasst überhöhten Tempos aus einer Kurve getragen werden, stellt die Kausalität des Alkohols nicht in Frage (vgl. OLG Frankfurt, Urteil vom 14. April 1988 - 3 U 24/87 -, juris); vielmehr ist nach den Umständen davon auszugehen, dass die Klägerin ohne ihren vorherigen Alkoholgenuss allgemein vorsichtiger gefahren wäre und den Unfall dann auch unter dieser Prämisse vermieden hätte (vgl. OLG Naumburg, Urteil vom 16. September 2004 - 4 U 38/04, VersR 2005, 1233).
dd)
Dieser Annahme kann die Klägerin schließlich auch nicht entgegenhalten, dass sie nach dem Unfall keine Ausfallerscheinungen gehabt habe. Ungeachtet der Frage, ob dieser Umstand überhaupt geeignet ist, die Beweiskraft der vorgenannten Fahrfehler zu entkräften (vgl. hierzu OLG Karlsruhe, Urteil vom 15. April 2014 - 9 U 135/13 -, juris), kann vorliegend ein gänzliches Fehlen von Ausfallerscheinungen nicht festgestellt werden."
vgl. Saarländisches OLG, Urteil vom 12.10.2022 - 5 U 22/22
Leistungskürzung der Kaskoversicherung auf Null möglich bei alkoholbedingtem Unfall
"Der Umstand, dass die Klägerin den Versicherungsfall alkoholbedingt grob fahrlässig herbeigeführt hat, führt vorliegend dazu, dass ihr Anspruch gegen den Beklagten vollständig entfällt. Unter Berücksichtigung der Schwere des Verschuldens (Ziff. A.2.9.1 AKB i.V.m. § 81 Abs. 2 AKB § 81 Abs. 2 VVG)......." [vollständiges Zitat anzeigen]
"Der Umstand, dass die Klägerin den Versicherungsfall alkoholbedingt grob fahrlässig herbeigeführt hat, führt vorliegend dazu, dass ihr Anspruch gegen den Beklagten vollständig entfällt. Unter Berücksichtigung der Schwere des Verschuldens (Ziff. A.2.9.1 AKB i.V.m. § 81 Abs. 2 AKB § 81 Abs. 2 VVG) ist keine Kürzung der Versicherungsleistung, sondern ein vollständiges Entfallen der Leistungspflicht der Klägerin anzunehmen.
aa.)
Bei der Kürzung der Versicherungsleistung gemäß § 81 Abs. 2 VVG sind sämtliche Umstände des Einzelfalls abzuwägen. Dies gilt grundsätzlich auch bei alkoholbedingter Fahruntauglichkeit (vgl. BGH, Urteil vom 22. Juni 2011 - IV ZR 225/10, juris). In der Praxis spielt dabei allerdings die jeweilige Blutalkoholkonzentration eine erhebliche Rolle, da bei einem höheren BAK-Wert in der Regel von einem entsprechend höheren Verschulden auszugehen ist (OLG Karlsruhe, Urteil vom 15. April 2014 - 9 U 135/13 -, juris). Eine Leistungskürzung des Versicherers auf Null ist in besonderen Ausnahmefällen möglich, was beispielsweise bei der Herbeiführung des Unfalls im Zustand absoluter Fahruntüchtigkeit in Betracht kommt. Grund dafür ist, dass sich derartige Fälle in der Regel im Grenzgebiet zwischen grober Fahrlässigkeit und bedingtem Vorsatz bewegen und das Führen eines Kraftfahrzeugs in alkoholbedingt fahruntüchtigen Zustand nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu den schwersten Verkehrsverstößen überhaupt gehört (BGH, Urteil vom 22. Juni 2011 - IV ZR 225/10, juris; Senat Urteil vom 9. September 2022 - 5 U 2/22 VersR 2022, 1296; OLG Hamm, Beschluss vom 17. Juli 2021 - I - 20 U 29/21, juris). Zwar ist auch in Fällen absoluter Fahruntüchtigkeit immer eine Abwägung der Umstände des Einzelfalls erforderlich, sodass nicht pauschal in jedem Fall von Fahruntüchtigkeit eine Leistungskürzung auf Null vorzunehmen ist (BGH, Urteil vom 22. Juni 2011 - IV ZR 225/10, juris). Eine Leistungsfreiheit des Versicherers kommt aber jedenfalls dann in Betracht, wenn in einem Fall relativer Fahruntüchtigkeit die Blutalkoholkonzentration nicht weit von der absoluten Fahruntüchtigkeit entfernt ist und sich der Alkohol erheblich auf den Eintritt des Unfalls ausgewirkt hat, ohne dass Umstände vorgetragen sind, die den Vorwurf der groben Fahrlässigkeit jedenfalls im subjektiven Bereich in milderem Licht erscheinen lassen (OLG Hamm, Beschluss vom 17. Juli 2021 - I - 20 U 29/21, juris).
bb)
Gemessen daran war vorliegend von einer vollständigen Leistungsfreiheit der Beklagten auszugehen. Die Blutalkoholkonzentration war - wie dargelegt - nicht weit von der absoluten Fahruntüchtigkeit entfernt. Mildernde Umstände waren nicht ersichtlich. Vielmehr war im subjektiven Bereich erschwerend zu berücksichtigen, dass die Klägerin ihre Alkoholisierung keiner kritischen Selbstprüfung unterzogen hat bzw. diese vollkommen unterschätzt hat. Das Verhalten der Klägerin war daher einer Vorsatzsituation angenähert, sodass die Annahme einer Leistungsfreiheit der Beklagten vorliegend angezeigt ist."
vgl. Saarländisches OLG, Urteil vom 12.10.2022 - 5 U 22/22
Mitfahren bei absolut Fahruntüchtigem stellt Mitverschulden dar
"Der Zeuge B. war zum Unfallzeitpunkt unstreitig absolut fahruntüchtig. Die ihm rund zwei Stunden nach der Kollision entnommene Blutprobe ergab eine BAK von 1,68 Promille.
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Unabhängig von der Frage, ob der Kläger aktiv in den Pkw des Zeugen B. stieg oder gesetzt wurde, ist festzustellen, dass......." [vollständiges Zitat anzeigen]
"Der Zeuge B. war zum Unfallzeitpunkt unstreitig absolut fahruntüchtig. Die ihm rund zwei Stunden nach der Kollision entnommene Blutprobe ergab eine BAK von 1,68 Promille.
Unabhängig von der Frage, ob der Kläger aktiv in den Pkw des Zeugen B. stieg oder gesetzt wurde, ist festzustellen, dass die Mitfahrt mit einem alkoholbedingt Fahruntüchtigen einen Verstoß gegen die eigenen Obliegenheiten darstellt, da mit einer solchen Fahrt eine erhöhte Unfallwahrscheinlichkeit einhergeht (ständige Rechtsprechung, vgl. nur BGH Urteil v. 10.07.1979, VI ZR 223/87, Juris Rn. 10; OLG Karlsruhe, Urteil v. 30.01.2009, 1 U 192/08, Juris Rn. 25)."
vgl. OLG Schleswig, Beschluss vom 08.04.2021 - 7 U 2/20
typische alkoholbedingte Fahrfehler: Abkommen von Straße, verspätete Reaktion
"Als typische alkoholbedingte Fahrfehler sind etwa das Abkommen von der Straße ohne ersichtlichen Grund bei einfacher Verkehrssituation (Brandenburgisches Oberlandesgericht, Urteil vom 8. Januar 2020 - 11 U 197/18, juris; OLG Hamm, Urteil vom 30. Januar 1981 - 20 U 229/80, VersR 1981, 924), aber auch das......." [vollständiges Zitat anzeigen]
"Als typische alkoholbedingte Fahrfehler sind etwa das Abkommen von der Straße ohne ersichtlichen Grund bei einfacher Verkehrssituation (Brandenburgisches Oberlandesgericht, Urteil vom 8. Januar 2020 - 11 U 197/18, juris; OLG Hamm, Urteil vom 30. Januar 1981 - 20 U 229/80, VersR 1981, 924), aber auch das deutlich verspätete Erkennen von Hindernissen oder Gefahrenmomenten und die damit verbundene verzögerte oder überzogene Reaktion des alkoholisierten Fahrers gewertet worden (vgl. die Nachweise bei Klimke in Prölss/Martin, VVG, 31. Aufl. 2021, AKB 2015 A.2.9 Rdn. 52)."
vgl. Saarländisches OLG, Urteil vom 12.10.2022 - 5 U 22/22
Verlassen des Unfallortes und Aufklärungspflichtverletzung: arglistige Obliegenheitsverletzungen gegenüber Kaskoversicherer
"Die Beklagte ist jedoch gem. Ziff. E.1.3 AKB i.V.m. E.8.1 AKB vollständig leistungsfrei geworden, weil der Kläger die ihm gegenüber der Beklagten obliegenden Aufklärungsobliegenheiten durch wahrheitswidrige Angaben zum Hergang des Schadensfalls sowie dadurch verletzt hat, dass er sich nach dem Unfall......." [vollständiges Zitat anzeigen]
"Die Beklagte ist jedoch gem. Ziff. E.1.3 AKB i.V.m. E.8.1 AKB vollständig leistungsfrei geworden, weil der Kläger die ihm gegenüber der Beklagten obliegenden Aufklärungsobliegenheiten durch wahrheitswidrige Angaben zum Hergang des Schadensfalls sowie dadurch verletzt hat, dass er sich nach dem Unfall vom Unfallort entfernt hat, ohne zuvor die - im Aufklärungsinteresse der Beklagten liegenden - erforderlichen Feststellungen zum körperlichen Zustand, insbesondere zur Fahrtüchtigkeit oder einer Beeinträchtigung durch Einfluss von Alkohol oder anderer berauschender Mittel zu ermöglichen. Diese Obliegenheitsverletzung erfolgte auch arglistig.
(....)
Arglist ist eine qualifizierte Form des Vorsatzes ist gegeben, wenn der Versicherungsnehmer bewusst und willentlich eine Obliegenheit mit der Absicht verletzt, auf die Entscheidung des Versicherers einzuwirken, um sich einen Vermögensvorteil zu verschaffen oder ein Vorgehen des Versicherers zu verhindern, das gerade durch die Obliegenheit gesichert werden soll. Eine Bereicherungsabsicht des Versicherungsnehmers ist hierfür nicht erforderlich. Es reicht aus, dass er einen gegen die Interessen des Versicherers gerichteten Zweck verfolgt, etwa indem er Schwierigkeiten bei der Durchsetzung berechtigter Deckungsansprüche ausräumen will und weiß, dass sein Verhalten den Versicherer bei der Schadenregulierung möglicherweise beeinflussen kann. Auf Arglist als innere Tatsache kann regelmäßig nur auf der Grundlage von Indizien geschlossen werden. Es gibt insoweit keinen allgemeinen Erfahrungssatz, dass der Versicherungsnehmer oder der lediglich mitversicherte Fahrer, der trotz Kenntnis seiner Verpflichtungen eine Unfallstelle verlässt, ohne die erforderlichen Feststellungen zu treffen, dies stets mit dem Willen macht, in Verfolgung eines gegen den Versicherer gerichteten Zwecks auf dessen Willen einzuwirken, auch wenn das häufig naheliegen mag. Vielmehr müssen besondere weitere Umstände hinzutreten, die für sich allein oder in ihrer Gesamtschau einen anderen Schluss als denjenigen auf Arglist ernstlich nicht in Betracht kommen lassen.
Ein gegen die Interessen des Versicherers gerichteter Zweck kann sich bei einer - hier anzunehmenden - Verkehrsunfallflucht nur daraus ergeben, dass der Versicherungsnehmer Feststellungen verhindern wollte, die zu einer auch nur anteiligen Leistungsfreiheit im Verhältnis des Versicherers zum Versicherungsnehmer hätte führen können, u.U. auch hinsichtlich der Feststellung der Haftungsquote und hinsichtlich der Feststellung der durch den Unfall verursachten Schäden. Besonders praxisrelevant ist insoweit die oft im Raume stehende Vermutung des Versicherers, dass der Versicherungsnehmer bzw. der Fahrer auf Grund einer Verkehrsuntüchtigkeit infolge Alkohol- oder Betäubungsmittelkonsums den Unfallort verließ, um sich sowohl den etwaigen strafrechtlichen oder ordnungswidrigkeitsrechtlichen Konsequenzen zu entziehen (insbes. §§ 315c, 316, 44, 69 StGB) als auch Feststellungen zu einer Leistungsfreiheit wegen vorsätzlicher oder grob fahrlässiger Herbeiführung des Versicherungsfalls gem. § 81 VVG bzw. Obliegenheitsverletzung nach AKB zu vermeiden (vgl. zum Ganzen: LG Bonn, Urt. v. 15. 11. 2012 - 6 S 63/12, NJOZ 2013, 1500 m.w.N.). Hierfür müssen aber entsprechende Indizien vorliegen, die sich insbesondere aus den Umständen des Unfalls und dem Verhalten des Versicherungsnehmers bzw. des Fahrers nach dem Unfall ergeben können. Insbesondere das äußere Bild des Unfalls in Kombination mit dem Verhalten des Versicherungsnehmers bzw. des Fahrers nach dem Unfall kann im Einzelfall die Annahme einer alkohol- bzw. betäubungsmittelbedingten Fahruntüchtigkeit bzw. eingeschränkten Fahrtüchtigkeit begründen, die (Mit-) Ursache des Unfalls war und die der Versicherungsnehmer bzw. der Fahrer zu Ungunsten des Versicherers verschleiern wollte.
Gemessen an diesen Maßstäben ist vorliegend nicht nur von einer Unfallbeteiligung und Fahrerflucht des Klägers (s.o.), sondern dann auch von Arglist auszugehen. Denn für die Beklagte bestanden vorliegend Anhaltspunkte einer alkoholbedingten Fahruntüchtigkeit (Silvesternacht; vom Kläger eingeräumter Alkoholkonsum in der Hauptverhandlung vor dem Amtsgericht Y; Aktenvermerk des PK F. vom 03.01.2017 (Bl. 18 d.EA), wonach sich auf dem Tisch an der Wohnanschrift des Klägers - von außen durch das Fenster sichtbar - benutzte Gläser, u.a. Sektgläser befunden hätten), die der Kläger durch seine Fahrerflucht verschleiern wollte."
vgl. LG Münster, Urteil vom 19.09.2022 - 115 O 21/21
§§ 827 bis 829 BGB sind auf Mitverschulden nach § 254 BGB entsprechend anwendbar
"Dabei sind im Rahmen des § 254 Abs. 1 BGB die §§ 827 bis 829 BGB entsprechend anwendbar (allg. Meinung, vgl. nur Palandt-Grüneberg, BGB, 80. Aufl. § 254 Rn. 9 m. w. N.).. 9 m. w. N.)." [vollständiges Zitat anzeigen]
"Dabei sind im Rahmen des § 254 Abs. 1 BGB die §§ 827 bis 829 BGB entsprechend anwendbar (allg. Meinung, vgl. nur Palandt-Grüneberg, BGB, 80. Aufl. § 254 Rn. 9 m. w. N.)."
vgl. OLG Schleswig, Beschluss vom 08.04.2021 - 7 U 2/20