1/3 Mitverschulden, wer unangeschnallt bei einem Fahruntüchtigen einsteigt
"Dabei sind im Rahmen des § 254 Abs. 1 BGB die §§ 827 bis 829 BGB entsprechend anwendbar (allg. Meinung, vgl. nur Palandt-Grüneberg, BGB, 80. Aufl. § 254 Rn. 9 m. w. N.).
Zum maßgeblichen Zeitpunkt, dem Zusteigen in das Fahrzeug des absolut fahruntüchtigen Zeugen B., befand sich der Kläger aufg......." [vollständiges Zitat anzeigen]
"Dabei sind im Rahmen des § 254 Abs. 1 BGB die §§ 827 bis 829 BGB entsprechend anwendbar (allg. Meinung, vgl. nur Palandt-Grüneberg, BGB, 80. Aufl. § 254 Rn. 9 m. w. N.).
Zum maßgeblichen Zeitpunkt, dem Zusteigen in das Fahrzeug des absolut fahruntüchtigen Zeugen B., befand sich der Kläger aufgrund seiner eigenen Alkoholisierung - die ihm rund zwei Stunden nach dem Unfall entnommene Blutprobe ergab eine BAK von 1,71 Promille - in einem vorübergehend die freie Willensbestimmung ausschließenden Zustand krankhafter Störung der Geistestätigkeit. Bewusstlos hingegen war der Kläger nach seinen eigenen Angaben vor dem Landgericht nicht. Allerdings ist gemäß § 827 Satz 2 BGB derjenige, der sich durch geistige Getränke in einen vorübergehenden Zustand dieser Art versetzt hat, in gleicher Weise verantwortlich, wie wenn ihm Fahrlässigkeit zur Last fiele, es sei denn, er ist ohne Verschulden in diesen Zustand geraten (vgl. OLG Karlsruhe, a. a. O., Juris Rn. 12).
Nach dem Vorbringen des Klägers aus der Berufungsbegründung, wonach er über einen längeren Zeitraum alkoholische Getränke zu sich genommen habe - wobei dieser Vortrag im Gegensatz zu seinen Angaben im Rahmen der persönlichen Anhörung vor dem Landgericht steht, denn dort hat er bekundet, keinen Alkohol mehr getrunken zu haben - ergibt sich allerdings in beiden Vortragsvarianten nichts dafür, dass der Kläger unverschuldet in den vorgenannten Zustand geraten wäre. Der Konsum alkoholischer Getränken - in welchem Umfang auch immer - erfolgte freiwillig und der Alkoholisierungsgrad ist unstreitig. Von einer Alkoholkrankheit und/oder regelmäßigem Alkoholkonsum vor dem Unfall ist nichts bekannt.
Demnach fällt dem Kläger ein fahrlässiges Mitverschulden zur Last.
Wenn das Landgericht das Mitverschulden des Klägers insgesamt mit einem Drittel bemessen hat, ist dies nicht zu beanstanden und liegt im Bereich dessen, was gemeinhin in derartigen Fällen obergerichtlich ausgeurteilt wird (vgl. nur OLG Karlsruhe a. a. O., KG, Urteil v. 12.01.2006, 12 U 261/04; OLG Frankfurt, Urteil v. 04.11.2011, 25 U 77/10).""
vgl. OLG Schleswig, Beschluss vom 08.04.2021 - 7 U 2/20
60% Eigenverschulden bei Überfahren einer Fahrbahnbegrenzung im (verkehrssicherungswidrig beschildertem) Baustellenbereich
"Die Klägerin muss sich jedoch nach § 254 Abs. 1 BGB die durch ein Mitverschulden ihrer Fahrerin erhöhte Betriebsgefahr des Klägerfahrzeugs entgegenhalten lassen (vgl. Staudinger/Schiemann, (2017) BGB § 254 Rn. 112, 116). Diese führt zu einer Mithaftung der Klägerin von 60%.
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1. Die Fahre......." [vollständiges Zitat anzeigen]
"Die Klägerin muss sich jedoch nach § 254 Abs. 1 BGB die durch ein Mitverschulden ihrer Fahrerin erhöhte Betriebsgefahr des Klägerfahrzeugs entgegenhalten lassen (vgl. Staudinger/Schiemann, (2017) BGB § 254 Rn. 112, 116). Diese führt zu einer Mithaftung der Klägerin von 60%.
1. Die Fahrerin des Klägerfahrzeugs hat infolge Unachtsamkeit die als StVO-Zeichen 295 angebrachte Fahrbahnbegrenzung überfahren.
Aus dem vorgelegten Foto K 11 ist zu ersehen, dass - wie von der Anordnung S. 4 u. gefordert – die Baustellenausfahrt mit einer 30 cm breiten Randmarkierung vom öffentlichen Verkehr abgegrenzt war. Damit durfte diese Markierung als Fahrbahnbegrenzung i.S.d. StVO-Zeichens 295 von der Fahrerin des Klägerfahrzeugs – wie aber unstreitig geschehen - nicht überfahren werden. Die gelbe Randmarkierung war bei gehöriger Sorgfalt ohne Weiteres zu erkennen; dies lässt sich bereits den verwertbaren Fotos (s.o.) entnehmen. Dass die Fahrerin des Klägerfahrzeugs durch das vor ihr fahrende und ebenfalls die Randmarkierung überfahrende Fahrzeug "mitgezogen" wurde, kann die Unaufmerksamkeit nicht entschuldigen. Jeder Fahrzeugführer ist für die Einhaltung der Verkehrsregelung selbst verantwortlich."
vgl. LG Nürnberg-Fürth, Endurteil vom 08.06.2017 - 2 S 5570/15
Abwägung, hier: keine Pflicht zur Höhenangabe auf Privatgelände
"Der Kläger kann sich auch nicht darauf berufen, dass die Beklagte ihre Verkehrssicherungspflicht dadurch verletzt hat, dass sie den Luftraum über dem Einfahrtsbereich des Parkplatzes nicht einer Höhe von 4 m freigehalten bzw. vor einer Unterschreitung dieser Höhe nicht gewarnt hat. Zwar dürfen Fahrz......." [vollständiges Zitat anzeigen]
"Der Kläger kann sich auch nicht darauf berufen, dass die Beklagte ihre Verkehrssicherungspflicht dadurch verletzt hat, dass sie den Luftraum über dem Einfahrtsbereich des Parkplatzes nicht einer Höhe von 4 m freigehalten bzw. vor einer Unterschreitung dieser Höhe nicht gewarnt hat. Zwar dürfen Fahrzeuge gemäß §§ 32 Abs. 2 StVZO, 22 Abs. 2 Satz 1 StVO (einschließlich Ladung) eine Maximalhöhe von 4 m aufweisen, doch folgt hieraus nicht die grundsätzliche Verpflichtung, vor einer Unterschreitung der lichten Durchfahrtshöhe von 4 m
etwa durch Zeichen 265 der StVO
zu warnen (OLG Schleswig, VersR 1994, 359; OLG Naumburg DAR 1998, 18; OLG Karlsruhe, OLGR Karlsruhe 1999, 3). Entscheidend ist, ob der Verkehrsteilnehmer aufgrund der Umstände
insbesondere der Verkehrsbedeutung, des Charakters und des äußeren Erscheinungsbildes der Straße
darauf vertrauen durfte, dass eine für 4 m hohe Fahrzeuge ausreichende Durchfahrtshöhe besteht oder im Fall der Unterschreitung dieser Durchfahrtshöhe jedenfalls ausreichende Warnhinweise erfolgen. Aus den vorgenannten Gründen war dies im Bereich der Unfallstelle
im Unterschied etwa zu einer Unterschreitung dieser Durchfahrtshöhe im Bereich einer außerörtlichen Schnellstraße oder einer stark befahrenen innerörtlichen Straße
nicht erforderlich."
vgl. OLG Celle, Urteil vom 11. Oktober 2000 – 9 U 92/00
Abwägung: 25% Haftung aus Betriebsgefahr, wenn Kind (10 Jahre, 2 Monate) auf Straße rennt
"aa) Hierzu wäre erforderlich gewesen, dass dem Kläger sein Verstoß gegen § 25 Abs. 3 StVO in einer Weise vorzuwerfen ist, dass ihm objektiv und subjektiv ein erhebliches Verschulden zur Last fällt, welches die Betriebsgefahr des Kraftfahrzeuges als völlig untergeordnet erscheinen lässt (vgl. hierz......." [vollständiges Zitat anzeigen]
"aa) Hierzu wäre erforderlich gewesen, dass dem Kläger sein Verstoß gegen § 25 Abs. 3 StVO in einer Weise vorzuwerfen ist, dass ihm objektiv und subjektiv ein erhebliches Verschulden zur Last fällt, welches die Betriebsgefahr des Kraftfahrzeuges als völlig untergeordnet erscheinen lässt (vgl. hierzu BGH Beschl. v. 30.5.2006 - VI ZR 184/05, juris). Dies wäre etwa bei einem grob verkehrswidrigen Verhalten des Geschädigten anzunehmen (BGH Urt. v. 13.2.1990 - VI ZR 128/89, NJW 1990, 1483 = juris Rn. 20; aktuell dem folgend OLG Celle Urt. v. 11.10.2023 - 14 U 157/22, r+s 2024, 132 = juris Rn. 58 f.). Daran fehlt es, weil der Verkehrsverstoß des Klägers altersspezifisch nicht auch subjektiv als besonders vorwerfbar zu qualifizieren ist.
bb) Der Kläger steht mit zum Unfallzeitpunkt zehn Jahren und zwei Monaten an der unteren Grenze des Übergangs zwischen den gesetzlichen Haftungsprivilegierungen des § 828 Abs. 2 und Abs. 3 BGB bezogen auf das Lebensalter. Grundsätzlich sind, wie der Gesetzgeber mit dieser Wertung zum Ausdruck bringt, Kinder im Straßenverkehr größeren Anforderungen und Gefahren ausgesetzt als Erwachsene, im Gegensatz zu denen sie altersgemäße Defizite mit Blick auf die Integration in den Straßenverkehr und seine Gefahren haben (vgl. BGH Urt. v. 13.2.1990 - VI ZR 128/89, NJW 1990, 1483 = juris Rn. 22; OLG Celle Urt. v. 11.10.2023 - 14 U 157/22, r+s 2024, 132 = juris Rn. 59). Der Kläger befand sich zum Unfallzeitpunkt in dem Alter, in dem Kinder typischerweise trotz der Vermittlung der Grundregeln noch nicht sämtliche Risiken des Straßenverkehrs sicher in ihre Entscheidungen einstellen können (so auch OLG Celle Urt. v. 11.10.2023 - 14 U 157/22, r+s 2024, 132 = juris Rn. 60). So ist es schon altersgemäß und nicht ungewöhnlich, wenn ein gerade 10 Jahre alter Junge unter besonderen Umständen die Befolgung der Grundregel zur sicheren Beobachtung des Fahrzeugverkehrs beim Überqueren einer Straße zu Gunsten der Schlussfolgerung, dass ein Rückstau auf einer Fahrbahn sich nähernden Fahrzeugverkehr auf der anderen Fahrbahn sicher ausschließt, vernachlässigt. Dies gilt insbesondere - wie hier entsprechend den Angaben der Zeugin D (Berichterstattervermerk vom 25.06.2024 Seite 2 Abs. 9, eGA II-166, und Seite 3 Abs. 2, eGA II-167) und der Zeugin G (Berichterstattervermerk vom 25.06.2024 Seite 5 Abs. 2, eGA II-169) - , wenn er ausgelassen und (offensichtlich um die Wette) laufend mit einem Freund unterwegs ist und beide ein gemeinsames Ziel - wie hier wohl den im Bereich auf der gegenüberliegenden Seite der Straße befindlichen Supermarkt - haben. Die Situation vor dem Unfall war somit durch eine kindestypische Eigendynamik gekennzeichnet, die wiederum den Kläger zu einer impulsiven Handlung/Schlussfolgerung verleitet und eine Ablenkung von den Sorgfaltspflichten und der Aufmerksamkeit im Straßenverkehr zur Folge gehabt hat. Hierzu passt, dass nur der Zeuge A (erst) auf das Hupsignal des Zeugen E reagiert und angehalten hat. Gerade in einer solchen Situation realisiert sich gleichzeitig die von Kraftfahrzeugen gegenüber einem Kind als Verkehrsteilnehmer ausgehende Betriebsgefahr in typischer Weise, da regelmäßig - wie hier - technisch keine Möglichkeit besteht, auf derartige Impulshandlungen schadensausschließend zu reagieren."
vgl. OLG Hamm, Urteil vom 25.06.2024 - 7 U 142/23
Abwägung: 40% Abzug bei grobem Verschulden wg. Durchfahrtshöhe
"Zu Lasten des Beklagten und zur Begründung des Vorwurfs der groben Fahrlässigkeit aufgrund der erheblichen Sorgfaltsdefizite hat das Landgericht angenommen, die erhöhte Sitzposition und die ungewohnten Abmessungen des Fahrzeugs hätten ihn zu erhöhter Aufmerksamkeit veranlassen müssen. Insbesondere ......." [vollständiges Zitat anzeigen]
"Zu Lasten des Beklagten und zur Begründung des Vorwurfs der groben Fahrlässigkeit aufgrund der erheblichen Sorgfaltsdefizite hat das Landgericht angenommen, die erhöhte Sitzposition und die ungewohnten Abmessungen des Fahrzeugs hätten ihn zu erhöhter Aufmerksamkeit veranlassen müssen. Insbesondere die ihm beim Besteigen des Fahrzeugs aufgefallene Bauweise, hätten ihn zur Vorsicht veranlassen müssen. Zudem hätte er schon deshalb alarmiert sein müssen, weil er mit einem LKW in ein nach oben begrenztes Parkhaus einfuhr. Auch der doch erhebliche Unterschied von 90 cm zwischen der Decken- und der Fahrzeughöhe und die, wenn auch etwas verblichenen Hinweisschilder hätten zu erhöhter Vorsicht Anlass gegeben. All dieses hat der Beklagte in der konkreten Situation missachtet und dadurch die Unfallschäden herbeigeführt.
Die vom Landgericht in Anwendung der Grundsätze des § 81 Abs. 2 VVG bemessene Haftungsquote des Beklagten ist mit 40 % aber gleichwohl angemessen. Zu Recht hat das Landgericht darauf abgestellt, dass in der Bandbreite der Fälle, die als grobfahrlässig anzusehen sind, sich der zu beurteilende Fall eher der Grenze der einfachen Fahrlässigkeit annähert als dem bedingten Vorsatz (vgl. hierzu auch Veith, Das quotale Leistungskürzungsrecht des Versicherers gemäß §§ 26 Abs. 1 S. 2, 28 Abs. 2 S. 2, 81 Abs. 2 VVG in VersR 2008, 1580). Als zu Lasten des Versicherungsnehmers sprechend werden beispielsweise Mutwilligkeit, Verantwortungslosigkeit, Rücksichtslosigkeit, bewusstes Eingehen großer Risiken, Vorliegen eines Wiederholungsfalles, Gewinnstreben oder Gleichgültigkeit angesehen. Als zu Gunsten des Versicherungsnehmers sprechend werden Zeitdruck und die Überforderung des Versicherungsnehmers in der konkreten Situation bewertet (vgl. hierzu auch LG Göttingen, VersR 2010, 194 ff.).
Unter Abwägung aller festgestellten Umstände kann nicht davon ausgegangen werden, dass der Beklagte rücksichtlos oder mutwillig gehandelt hat. Vielmehr beruhte das Unfallgeschehen allem Anschein nach darauf, dass er sich nicht hinreichend mit den Abmessungen des Fahrzeugs vertraut gemacht und diese verinnerlicht hatte, weshalb er deshalb in der konkreten Verkehrssituation (fremdes Fahrzeug, nicht bekannte Örtlichkeit) überfordert war. Es dürfte sich um ein kurzfristiges, momentanes Versagen gehandelt haben bei einem nur an einem Tag genutzten Fahrzeug. Damit ist zwar die Schwelle von der einfachen zur groben Fahrlässigkeit überschritten, letztere indes in der unteren Hälfte des Quotenbereichs anzusiedeln. Die in Ansatz gebrachten 40 % erscheinen deshalb angemessen, aber auch ausreichend."
vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 17. September 2012 – I-24 U 54/12
Alleinhaftung des Spurwechslers ist der Regelfall
"Bei einem Verstoß gegen die Sorgfaltsanforderungen des § 7 V StVO trifft den Spurwechsler im Regelfall eine Alleinhaftung, da die einfache Betriebsgefahr des anderen Kraftfahrzeugs hinter sein gewichtiges Verschulden zurücktritt (vgl. BGH Urt. v. 11. 2. 2014 - VI ZR 161/13, NJW 2014, 1181; OLG Köln V......." [vollständiges Zitat anzeigen]
"Bei einem Verstoß gegen die Sorgfaltsanforderungen des § 7 V StVO trifft den Spurwechsler im Regelfall eine Alleinhaftung, da die einfache Betriebsgefahr des anderen Kraftfahrzeugs hinter sein gewichtiges Verschulden zurücktritt (vgl. BGH Urt. v. 11. 2. 2014 - VI ZR 161/13, NJW 2014, 1181; OLG Köln VersR 2017, 774; Senat, a.a.O.; OLG Hamm NZV 2010, 79; KG NZV 2009; Geigel Haftpflichtprozess/Freymann, 28. Aufl. 2020, Kap. 27 Rn. 218). Eine Mithaftung des anderen Unfallbeteiligten kommt nur dann in Betracht, wenn der Spurwechsler Umstände nachweist, die ein Mitverschulden des anderen Unfallbeteiligten belegen (KG Berlin, a.a.O., Rn. 8, juris)."
vgl. OLG München, Endurteil vom 01.06.2022 - 10 U 7382/21 e
Allgemeines: Mitverschulden wegen nicht angelegten Anschnallgurtes
"a) Im Falle von Verletzungen infolge eines Verkehrsunfalls besteht nur dann eine anspruchsmindernde Mithaftung des Geschädigten, wenn im Einzelfall festgestellt ist, dass nach der Art des Unfalls die erlittenen Verletzungen tatsächlich verhindert worden oder zumindest weniger schwerwiegend gewesen wär......." [vollständiges Zitat anzeigen]
"a) Im Falle von Verletzungen infolge eines Verkehrsunfalls besteht nur dann eine anspruchsmindernde Mithaftung des Geschädigten, wenn im Einzelfall festgestellt ist, dass nach der Art des Unfalls die erlittenen Verletzungen tatsächlich verhindert worden oder zumindest weniger schwerwiegend gewesen wären, wenn der Verletzte zum Zeitpunkt des Unfalls angeschnallt gewesen wäre (vgl. BGH NZV 2012, 478, 479; VersR 1980, 824 f.; BGHZ 74, 25, 33; Senat, Urteil vom 07. Juni 2013 - 10 U 1931/12 -, [juris])."
vgl. OLG München, Endurteil vom 25.10.2019 - 10 U 3171/18
Allgemeines: Mitverschulden wegen nicht angelegten Anschnallgurtes: Herleitung und Quotenbestimmung
"b) Die Bemessung des Mitverschuldens wegen des Nichtanlegens des Sicherheitsgurtes erfolgt einheitlich. Zwar mag der Umstand, dass der Kläger sich nicht angegurtet hatte, für jede der von ihm erlittenen Verletzungen - unbeschadet der Ursächlichkeit des Nichtanlegens des Gurtes für diese Verletzungen ......." [vollständiges Zitat anzeigen]
"b) Die Bemessung des Mitverschuldens wegen des Nichtanlegens des Sicherheitsgurtes erfolgt einheitlich. Zwar mag der Umstand, dass der Kläger sich nicht angegurtet hatte, für jede der von ihm erlittenen Verletzungen - unbeschadet der Ursächlichkeit des Nichtanlegens des Gurtes für diese Verletzungen (mehrfragmentäre Querfraktur der Patella links, Längsfraktur der Patella rechts, offene Wunde am Knie rechts, Lungenlazeration, Verletzung der Arteria vertrebralis, beidseitige Rippenserienfrakturen, traumatischer Pneumothorax, Lungenkontusion) - von unterschiedlichem Gewicht gewesen sein. Dies führt aber nicht dazu, dass der Geschädigte Schadensersatz nur für die Verletzungen verlangen kann, die er auch erlitten hätte, wäre er angegurtet gewesen.
Nach herrschender Meinung in der Literatur und nach der Rechtsprechung des BGH (vgl. König in Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht 45. A. § 21a StVO Rn. 21 m.w.N.) ist es aus Gründen praktischer Handhabung geboten, bei verschiedener Auswirkung des Nichtangurtens auf einzelne Verletzungen unter Abwägung aller Umstände, insbesondere der von den Verletzungen ausgehenden Folgeschäden, deren vermögensrechtliches Gewicht je nach der Verletzung verschieden sein kann, der Verletzte also von einer Kürzung seiner Ersatzansprüche verschieden stark getroffen wird, eine einheitliche Mitschuldquote zu bilden (vgl. BGH, Urteil vom 28. Februar 2012 - VI ZR 10/11 -, [juris]; BGH, Urteil vom 01. April 1980 - VI ZR 40/79 -, [juris]).
c) Grundsätzlich können dem Schädiger auch bei der Frage, ob die vom Geschädigten erlittenen Verletzungen ganz oder zum Teil auf das Nichtanlegen des Gurtes zurückzuführen sind, die Regeln des Anscheinsbeweises zugutekommen. Voraussetzung hierfür ist, dass der Unfall einer der hierfür typischen Gruppen von Unfallabläufen zuzuordnen ist (vgl. König in Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht 45. Aufl., § 21a StVO Rn. 21 m.w.N.; BGH, NJW 1980, 2125; BGH, NJW 1991, 230, 231; OLG Hamm, VRS 76, 112, 114), was hier der Fall ist. Nach den Feststellungen des Sachverständigen Dr. S. in seinem Gutachten vom 21.02.2018 erfolgte die Kollision zwischen den beteiligten Fahrzeugen frontal. Vom Senat wird nicht verkannt, dass nach den ergänzenden Angaben des Sachverständigen Dr. S. in seiner Anhörung vom 06.06.2018 das klägerische Fahrzeug nach der Kollision in eine leichte Drehbewegung geriet, was die geschilderten Folgen in Bezug auf die Kollision des Thorax mit dem Airbag hatte (vgl. Bl. 374 d.A.). Dennoch zeigt das unfallanalytisch/biomechanische Gutachten auf, dass die wesentlichen Krafteinwirkungen auf den Körper des Klägers typische Einwirkungen eines Frontalunfalls waren.
Aufgrund der überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen Dr. S. steht fest, dass bei einer Belastungssituation in einer Frontalkollision wie der vorliegenden (kollisionsbedingte Geschwindigkeitsänderung von etwa 60 km/h) ohne angelegten Dreipunkt-Sicherheitsgurt eine wesentliche Komponente des Rückhaltekonzepts im Pkw der Klagepartei fehlt (vgl. Seite 44 des Gutachtens vom 21.02.2018 = Blatt 306 der Akten). "Angeschnallt zu sein ist jedenfalls immer die bessere Alternative" (vgl. Anhörung des Sachverständigen Dr. S. vom 06.06.2018, Protokoll S. 8 = Bl. 377 d.A.). Daher durfte sich das Landgericht bereits frei von Rechtsfehlern im Lichte der Ausführungen des Sachverständigen Dr. S. davon überzeugen, dass der Kläger durch seinen Verzicht auf das Anlegen des Sicherheitsgurtes das Sicherheitssystem eines Fahrzeugs unterlaufen hat und dadurch dazu beigetragen hat, dass Sicherheitssysteme teilweise nicht verletzungsmindernd wirken.
Nach der Zurückweisung des Rechtsstreits zur erneuten Verhandlung und Entscheidung aufgrund des Endurteils des Oberlandesgerichts vom 12.05.2017 (vgl. Bl. 239 d.A.) hat das Landgericht lediglich ein unfallanalytisches und verletzungsmechanisches Gutachten eingeholt (vgl. Bl. 264 ff. d.A.) und den Sachverständigen Dr. S. am 06.06.2018 (vgl. Bl. 373 ff. d.A.) ergänzend angehört. Von einer medizinischen Begutachtung auf der Grundlage des biomechanischen Gutachtens hat das Landgericht abgesehen, was vom Kläger zu Recht in seiner Berufung gerügt wurde. Daher hat der Senat auf der Grundlage des biomechanischen Gutachtens des Sachverständigen Dr. S., den (früheren) medizinischen Sachverständigen Prof. Dr. M. in der mündlichen Verhandlung vom 27.07.2019 (vgl. Bl. 469 f. d.A.) vor dem Senat ergänzend angehört.
Die Feststellungen, inwieweit nach der Art des Unfalls die erlittenen Verletzungen tatsächlich verhindert worden oder zumindest weniger schwerwiegend gewesen wären, wenn der Kläger zum Zeitpunkt des Unfalls angeschnallt gewesen wäre, betreffen, wie der Senat bereits in seinem Hinweis vom 12.05.2017 (vgl. Bl. 239 d.A.) dargelegt hat, auch medizinische Fragen (vgl. KG NZV 2004, 460; 2005, 470; 2006, 145; Senat, Urt. v. 28.07.2006 - 10 U 1684/06 [Juris]). Der medizinischen Begutachtung kommt deshalb rechtlich ausnahmslos die sachverständige Letztentscheidung zu (BGH NJW 2003, 1116 = VersR 2003, 474 = DAR 2003, 217; Senat, Urteil vom 21. Oktober 2011 - 10 U 1995/11 -, [juris])."
vgl. OLG München, Endurteil vom 25.10.2019 - 10 U 3171/18
auch alkoholisierter Fahrer muss Pflichten beachten
"Bei der Gesamtwürdigung des Mitverschuldens des Klägers darf jedoch nicht übersehen werden, dass den Beklagten als Fahrer eine größere Verantwortung traf als den klagenden Beifahrer. Dabei ist zu berücksichtigen, dass einen Fahrzeugführer eine Fürsorgepflicht gegenüber einem alkoholisierten Insa......." [vollständiges Zitat anzeigen]
"Bei der Gesamtwürdigung des Mitverschuldens des Klägers darf jedoch nicht übersehen werden, dass den Beklagten als Fahrer eine größere Verantwortung traf als den klagenden Beifahrer. Dabei ist zu berücksichtigen, dass einen Fahrzeugführer eine Fürsorgepflicht gegenüber einem alkoholisierten Insassen trifft und er insbesondere für das ordnungsgemäße Anlegen des Sicherheitsgurts des Beifahrers Sorge zu tragen hat (vgl. dazu Hentschel, Straßenverkehrsrecht, 39. Aufl. § 21a StVO Rdnr 26 m.w.N.). Auch ein wegen Alkoholisierung absolut fahruntüchtiger Fahrer, der eine andere alkoholisierte Person in seinem Pkw mitnimmt, hat dafür zu sorgen, dass sich der Mitfahrer anschnallt. (vgl. OLG Hamm NZV 1996,33)."
vgl. OLG Karlsruhe, Urteil vom 30.01.2009 - 1 U 192/08
Beifahrer hat Mitverschulden, wenn er Alkoholisierung merken konnte
"Das Mitverschulden des Geschädigten wird im Rahmen des Drittanspruchs nach § 844 Abs. 1 BGB über § 846 BGB berücksichtigt, welcher § 254 BGB für entsprechend anwendbar erklärt. § 846 BGB wird im Rahmen des Anspruchs aus § 10 StVG ebenfalls entsprechend zur Anwendung gebracht (Burmann/Heß/Jahnk......." [vollständiges Zitat anzeigen]
"Das Mitverschulden des Geschädigten wird im Rahmen des Drittanspruchs nach § 844 Abs. 1 BGB über § 846 BGB berücksichtigt, welcher § 254 BGB für entsprechend anwendbar erklärt. § 846 BGB wird im Rahmen des Anspruchs aus § 10 StVG ebenfalls entsprechend zur Anwendung gebracht (Burmann/Heß/Jahnke/Janker, Straßenverkehrsrecht, 23. Aufl. 2014, § 10 StVG Rn. 20).
Anknüpfungspunkt für eine Mithaftung des Klägers ist allein der Umstand, dass sich der Kläger als Beifahrer dem unstreitig alkoholisierten Beklagten zu 1), dessen Blutalkoholkonzentration – wie eine Rückrechnung ergab – im Zeitpunkt des Unfalls nach dem Gutachten von Prof. Dr. med. B… – Zentrum der Rechtsmedizin der Universität F. vom 09.12.2010- zum Unfallzeitpunkt zwischen 1,12 und 1,46 Promille lag – anvertraut hat.
Dementsprechend muss sich u.U. auch ein Geschädigter den Einwand eigenen Mitverschuldens entgegen halten lassen, wenn er sich als Beifahrer einem infolge Alkoholgenusses nicht verkehrssicheren Kraftfahrer anvertraut hat, obwohl ein in angemessener Weise auf seine Sicherheit bedachter Fahrgast von der Mitfahrt unter solchen Umständen abgesehen haben würde. Maßgeblich ist insoweit nicht allein die gerichtliche Feststellung, dass der Fahrer zur Zeit des Unfalls – tatsächlich – (ggfs. absolut) fahruntüchtig gewesen ist, noch das bloße Wissen des Geschädigten darum, dass der Fahrer vor Antritt der Fahrt überhaupt Alkohol zu sich genommen hat, sondern vielmehr, ob der Geschädigte die Beeinträchtigung der Fahrtüchtigkeit des Fahrers hätte erkennen oder sich ihm aus den Gesamtumständen insoweit zumindest begründete Zweifel hätten aufdrängen müssen (vgl. OLG Karlsruhe, Beschluss vom 04. November 2013 – 1 U 35/13 -, juris mit weiteren Nachweisen der Rechtsprechung).
Es konnte nicht nachgewiesen werden, dass der Kläger positive Kenntnis von der Fahruntüchtigkeit des Beklagten hatte.
Nach freier Überzeugung des Gerichts (§ 286 Abs. 1 ZPO) steht jedoch fest, dass der Kläger Anzeichen der Fahruntüchtigkeit des Beklagten hätte erkennen müssen."
vgl. AG Langen (Hessen), Urteil vom 28.09.2015, Az. 55 C 166/13 (11)
betrunkener Fußgänger ist grundsätzlich verantwortlich
"Soweit die Klägerin erstmals mit der Berufungsbegründung im Hinblick auf die Zurechnungsfähigkeit des Versicherungsnehmers und Geschädigten geltend macht, der Geschädigte sei volltrunken gewesen und ihm habe jegliches Bewusstsein für sein Handeln gefehlt, führt dieser Vortrag nicht zum Ausschluss ......." [vollständiges Zitat anzeigen]
"Soweit die Klägerin erstmals mit der Berufungsbegründung im Hinblick auf die Zurechnungsfähigkeit des Versicherungsnehmers und Geschädigten geltend macht, der Geschädigte sei volltrunken gewesen und ihm habe jegliches Bewusstsein für sein Handeln gefehlt, führt dieser Vortrag nicht zum Ausschluss des Mitverschuldens des Geschädigten; denn selbst wenn sich der Geschädigte beim Legen auf die Fahrbahn aufgrund seiner Alkoholisierung in einem vorübergehend die freie Willensbestimmung ausschließenden Zustand krankhafter Störung der Geistestätigkeit befunden hätte, vermag ihn das nicht zu entlasten.
Hinsichtlich der Bewertung der Zurechnungsfähigkeit als Voraussetzung des Mitverschuldens gelten nämlich die §§ 827, 828 BGB entsprechend (vgl. MüKoBGB/Oetker, 9. Aufl. 2022, BGB § 254 Rn. 34; Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht, Urteil vom 11. Februar 2021 - 7 U 147/20 -, Rn. 35, juris).
Analog § 827 S. 2 BGB bleibt die Zurechnungsfähigkeit erhalten, wenn sich der Geschädigte selbstverschuldet in einen Zustand versetzt hat, der die freie Willensbildung ausschließt (vgl. OLG Karlsruhe, Beschluss vom 4. November 2013 - 1 U 35/13 -, Rn. 12, juris, m.w.N.; MüKoBGB/Oetker, 9. Aufl. 2022, BGB § 254 Rn. 34). Entsprechend § 827 S. 2 BGB wird der Mitverschuldensvorwurf also vorverlagert und zielt auf die Tatsache ab, dass der Geschädigte zumindest fahrlässig eine Situation herbeigeführt hat, in der er nicht mehr die zum Selbstschutz erforderliche Einsichtsfähigkeit hatte (vgl. Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht, Beschluss vom 8. April 2021 - 7 U 2/20 -, juris; OLG Karlsruhe, Urteil vom 30. Januar 2009 - 1 U 192/08 -, Rn. 25, juris).
Diesen Grundsätzen folgend ist der Mitverschuldensvorwurf im Hinblick auf den Versicherungsnehmer der Klägerin auf den Trinkbeginn vorverlagert. Der Versicherungsnehmer der Klägerin hat durch den Konsum alkoholischer Getränke im Verlauf des Abends zumindest fahrlässig einen Zustand herbeigeführt, in dem er nicht mehr die zum Selbstschutz erforderliche Einsichtsfähigkeit zur Bewegung im Straßenverkehr besaß. Aus der beigezogenen Akte der Staatsanwaltschaft Arnsberg (Az.: 470 Js 275/17) ergibt sich, dass der Versicherungsnehmer an dem Abend bis 02:00 Uhr Alkohol konsumierte. Bei der Blutentnahme mindestens zehn Stunden nach dem Trinkende - sowie auch mindestens fünf Stunden nach dem Unfall - wies er noch eine Blutalkoholkonzentration von 0,92 Promille auf. Dafür, dass der Versicherungsnehmer der Klägerin ohne sein Verschulden in den Zustand alkoholbedingter Intoxikation geraten ist, ergibt sich nichts. Anhaltspunkte dazu, dass der Versicherungsnehmer der Klägerin sich infolge einer schweren Alkoholkrankheit dem Konsum alkoholischer Getränke bis zur Volltrunkenheit nicht zu entziehen vermochte, hat die Klägerin weder dargetan noch ist dies sonst ersichtlich."
vgl. OLG Hamm, Urteil vom 03.03.2023 - 7 U 100/22
Beweislast der Verursachung eines unrichtigen Gutachtens beim Schädiger
"Etwas anderes kann allerdings dann gelten, wenn der Geschädigte die Unbrauchbarkeit des Sachverständigengutachtens zu vertreten hat (OLG Düsseldorf, Urteil vom 27. Februar 2018 – 1 U 64/17 –, juris; KG MDR 2005, 443). Dies kann beispielsweise der Fall sein, wenn er gegenüber seinem Privatsachvers......." [vollständiges Zitat anzeigen]
"Etwas anderes kann allerdings dann gelten, wenn der Geschädigte die Unbrauchbarkeit des Sachverständigengutachtens zu vertreten hat (OLG Düsseldorf, Urteil vom 27. Februar 2018 – 1 U 64/17 –, juris; KG MDR 2005, 443). Dies kann beispielsweise der Fall sein, wenn er gegenüber seinem Privatsachverständigen erhebliche Vorschäden – zumindest fahrlässig (OLG Saarbrücken, 28.02.2019 – 4 U 56/18 –, juris Rn. 35; OLG Düsseldorf, Urteil vom 27. Februar 2018 – 1 U 64/17 –, juris; OLG Köln VersR 2012, 1008) – verschweigt und der Sachverständige deshalb zu einem fehlerhaften Ergebnis gelangt (OLG Celle Urt. v. 11.11.2020 – 14 U 119/19, BeckRS 2020, 32642; OLG Saarbrücken NJW-RR 2013, 1498; OLG Düsseldorf NZV 2008, 295; KG BeckRS MDR 2005, 443). Es handelt sich insoweit um eine Frage des Mitverschuldens i.S.d. § 254 BGB (OLG Hamm Urt. v. 23.11.1995 – 6 U 77/95, BeckRS 1997, 3944; Kääb/Jandel NZV 1992, 16, 18), so dass die Beweislast beim Schädiger liegt."
vgl. LG Nürnberg-Fürth, Endurteil v. 15.02.2024 – 2 O 4326/22
falsche Restwertermittlung (falsche Datengrundlage) muss jedenfalls dem Anwalt auffallen
"Das bei der Streithelferin eingeholte Gutachten vom 30.05.2018, das dem Kläger vor dem Verkauf des beschädigten Fahrzeugs am 06.06.2018 vorlag, genügt nicht diesen Anforderungen.
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(...)
Ob dem Kläger dabei hätte persönlich auffallen müssen, dass das Gutachten den Restwert nicht zutre......." [vollständiges Zitat anzeigen]
"Das bei der Streithelferin eingeholte Gutachten vom 30.05.2018, das dem Kläger vor dem Verkauf des beschädigten Fahrzeugs am 06.06.2018 vorlag, genügt nicht diesen Anforderungen.
(...)
Ob dem Kläger dabei hätte persönlich auffallen müssen, dass das Gutachten den Restwert nicht zutreffend ermittelt hat, kann letztlich dahinstehen. Denn zum Zeitpunkt der Erstellung dieses Gutachtens war der Kläger bereits anwaltlich vertreten. Jedenfalls seinem Rechtsanwalt hätte auffallen müssen, dass sich die Restwertermittlung als unzureichend darstellt und nicht geeignet ist, ein Vertrauen in diese zu begründen. Das insoweit seinem Anwalt zur Last fallende Verschulden muss sich der Kläger zurechnen lassen (OLG Hamm, Urteil vom 28.09.2018 - I-9 U 137/16 - juris Rn. 43)."
vgl. OLG Hamm, Urteil vom 26.04.2023 - 11 U 66/22
Fußgänger, die rücsichtslos auf Straße treten: 2/3 Eigenverschulden ggü. erhöhter Betriebsgefahr
"Insoweit hat sich der nach den obigen Ausführungen hier festzustellende Verkehrsverstoß des ursprünglichen Beklagten zu 1) - Überschreitung der zulässigen 70 km/h um mindestens 15 km/h oder Aufmerksamkeits-/Reaktionsverschulden - mithin auch ursächlich ausgewirkt. Die danach alternativ anzunehmende......." [vollständiges Zitat anzeigen]
"Insoweit hat sich der nach den obigen Ausführungen hier festzustellende Verkehrsverstoß des ursprünglichen Beklagten zu 1) - Überschreitung der zulässigen 70 km/h um mindestens 15 km/h oder Aufmerksamkeits-/Reaktionsverschulden - mithin auch ursächlich ausgewirkt. Die danach alternativ anzunehmenden, sich ursächlich auswirkenden Verkehrsverstöße des ursprünglichen Beklagten zu 1) sind aus Sicht des Senats schließlich vom Gewicht her als gleichwertig anzusehen.Soweit die Kläger geltend machen, im Rahmen der vorzunehmenden Abwägung sei betriebsgefahrerhöhend zusätzlich zu berücksichtigen, dass der ursprüngliche Beklagte zu 1) im Hinblick auf § 3 Abs. 1 StVO unter den hier gegebenen Umständen noch langsamer als 70 km/h hätte fahren müssen, vermag der Senat dem nicht zu folgen. Denn auf Fußgänger, die - wie hier - ohne Beachtung des Fahrverkehrs unter Verstoß gegen § 25 Abs. 3 StVO unvermittelt von der Seite auf die Fahrbahn treten, musste der ursprüngliche Beklagte zu 1) sein Fahrtempo ohne (hier mangels Aufklärbarkeit des konkreten Annäherungsverhaltens der Kläger nicht hinreichend sicher feststellbare) erkennbare besondere Anhaltspunkte nicht einstellen; insoweit ist das Sichtfahrgebot nicht einschlägig (vgl. dazu allgemein nur Hentschel/König, a.a.O., § 3 StVO, Rn. 25 und auch § 25, Rn. 23, 38 Geigel/Freymann, a.a.O., Kap. 27, Rn. 112 und auch 606 f.).cc.Bei der Abwägung der oben festgestellten beiderseitigen Verursachungsbeiträge wiegt der gravierende Verkehrsverstoß der Kläger, ohne den ein Unfall zudem gänzlich vermieden worden wäre, deutlich schwerer als die durch das o.g., sich auf die Schwere der Unfallfolgen ursächlich auswirkende Verschulden des ursprünglichen Beklagten zu 1) erhöhte Betriebsgefahr des Beklagtenfahrzeugs. Der Senat hält unter Berücksichtigung aller Umstände eine Haftungsquote der Beklagten von 1/3, also eine Mithaftungsquote der Kläger von jeweils 2/3 für angemessen."
vgl. OLG Hamm, vom 10.04.2018 - 9 U 131/16
Gefährdungshaftung kann Mitverschulden nach § 254 BGB bedeuten
"2. Das Berufungsgericht hat auf der Grundlage der von ihm getroffenen Feststellungen rechtsfehlerhaft eine mitwirkende Gefahr der Anlage nach § 254 BGB i.V.m. § 89 Abs. 2 Satz 1 WHG bejaht. Eine solche Gefahr ist im Rahmen des § 254 BGB anspruchsmindernd zu berücksichtigen, wenn der Geschädigte auch......." [vollständiges Zitat anzeigen]
"2. Das Berufungsgericht hat auf der Grundlage der von ihm getroffenen Feststellungen rechtsfehlerhaft eine mitwirkende Gefahr der Anlage nach § 254 BGB i.V.m. § 89 Abs. 2 Satz 1 WHG bejaht. Eine solche Gefahr ist im Rahmen des § 254 BGB anspruchsmindernd zu berücksichtigen, wenn der Geschädigte auch aus Gefährdungshaftung in Anspruch genommen werden könnte, wäre nicht ihm, sondern einem Dritten der Schaden entstanden (vgl. Senatsurteil vom 11. Juni 2013 - VI ZR 150/12, NJW 2013, 3235 Rn. 20; BGH, Urteil vom 23. Juni 1952 - III ZR 297/51, BGHZ 6, 319, 323, juris Rn. 12; MüKoBGB/Oetker, 9. Aufl., § 254 Rn. 5, 12)."
vgl. BGH, Urteil vom 16.01.2024 - VI ZR 385/22
Geschädigter muss grundsätzlich nicht vorfinanzieren
"Der Geschädigte ist im Rahmen der ihm nach § 254 Abs. 2 Satz 1 BGB obliegenden Schadensminderungspflicht nicht stets gehalten, ein Deckungsgeschäft vorzunehmen. Dies muss vielmehr im Einzelfall von der Sache her geboten und ihm auch zuzumuten sein. Es ist grundsätzlich Sache des Schädigers, die vom ......." [vollständiges Zitat anzeigen]
"Der Geschädigte ist im Rahmen der ihm nach § 254 Abs. 2 Satz 1 BGB obliegenden Schadensminderungspflicht nicht stets gehalten, ein Deckungsgeschäft vorzunehmen. Dies muss vielmehr im Einzelfall von der Sache her geboten und ihm auch zuzumuten sein. Es ist grundsätzlich Sache des Schädigers, die vom Geschädigten zu veranlassende Schadensbeseitigung zu finanzieren. Der Geschädigte hat Anspruch auf sofortigen Ersatz und ist nicht verpflichtet, den Schaden zunächst aus eigenen Mitteln zu beseitigen oder zur Vermeidung von Folgeschäden Kredit aufzunehmen. Vielmehr hat der Schädiger grundsätzlich auch die Nachteile zu ersetzen, die daraus herrühren, dass der Schaden mangels sofortiger Ersatzleistung nicht gleich beseitigt worden ist und sich dadurch vergrößert hat. Das Risiko, dem Geschädigten überhaupt zum Ersatz verpflichtet zu sein, trägt dabei der Schädiger, wie es umgekehrt zu Lasten des Geschädigten geht, wenn ein anfänglicher Streit über den Haftungsgrund später zu seinen Ungunsten geklärt wird (OLG des Landes Sachsen-Anhalt, Urteil vom 15.06.2017 - 9 U 3/17, zitiert nach juris, Rz. 7; OLG Celle, Urteil vom 15.05.2018 - 14 U 179/17, zitiert nach juris, Rz. 8).Allenfalls kann eine Verpflichtung des Geschädigten, den Schaden zunächst aus eigenen Mitteln zu beseitigen oder gar Kredit zur Schadensbehebung aufzunehmen, ausnahmsweise dann bejaht werden, wenn der Geschädigte sich den Kredit ohne Schwierigkeiten beschaffen kann und er durch die Rückzahlung nicht über seine wirtschaftlichen Verhältnisse hinaus belastet wird (OLG des Landes Sachsen-Anhalt, Urteil vom 15.06.2017 - 9 U 3/17, zitiert nach juris, Rz. 8; OLG Celle, Urteil vom 15.05.2018 - 14 U 179/17, zitiert nach juris, Rz. 8; BGH, Urteil vom 18.02.2002 - II ZR 355/00, zitiert nach juris, Rz. 18;).Nach diesen Grundsätzen ist es die Regel und nicht etwa die Ausnahme, dass der Geschädigte die Reparatur nicht vorfinanzieren muss. Zunächst ist es Aufgabe des Schädigers bzw. des gesamtschuldnerisch mit ihm haftenden Versicherers, für eine umgehende Reparatur und für die Vermeidung von weiteren Kosten zu sorgen (OLG des Landes Sachsen-Anhalt, Urteil vom 15.06.2017 - 9 U 3/17, zitiert nach juris, Rz. 9; OLG Celle, Urteil vom 15.05.2018 - 14 U 179/17, zitiert nach juris, Rz. 8). Es ist das Risiko des Schädigers, wenn er auf einen Geschädigten trifft, der finanziell nicht in der Lage ist, die zur Ersatzbeschaffung notwendigen Mittel vorzustrecken und sich hierdurch der Zeitraum des Nutzungsausfalls und der Umfang der damit einhergehenden Schäden vergrößert (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 02.07.2015 - I-1 W 17/15, zitiert nach juris, Rz. 4)."
vgl. OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 09.12.2019 - 22 U 182/18
Geschädigter muss nicht abwarten mit Schadenabarbeitung
"Der Geschädigte ist dabei nicht gehalten abzuwarten, um dem Schädiger oder dessen Haftpflichtversicherer vor der Veräußerung des beschädigten Fahrzeugs Gelegenheit zu geben, zum eingeholten Gutachten Stellung zu nehmen und gegebenenfalls bessere Restwertangebote zu übermitteln (BGH, Urteil vom 25. ......." [vollständiges Zitat anzeigen]
"Der Geschädigte ist dabei nicht gehalten abzuwarten, um dem Schädiger oder dessen Haftpflichtversicherer vor der Veräußerung des beschädigten Fahrzeugs Gelegenheit zu geben, zum eingeholten Gutachten Stellung zu nehmen und gegebenenfalls bessere Restwertangebote zu übermitteln (BGH, Urteil vom 25. Juni 2019 – VI ZR 358/18 –, juris)."
vgl. LG Nürnberg-Fürth, Endurteil v. 15.02.2024 – 2 O 4326/22
Haftungsabwägung nur bzgl. unfallkausaler Punkte
"1. Die Entscheidung über eine Haftungsverteilung im Rahmen des § 254 BGB oder des § 17 StVG ist grundsätzlich Sache des Tatrichters und im Revisionsverfahren nur darauf zu überprüfen, ob der Tatrichter alle in Betracht kommenden Umstände vollständig und richtig berücksichtigt und der Abwägung r......." [vollständiges Zitat anzeigen]
"1. Die Entscheidung über eine Haftungsverteilung im Rahmen des § 254 BGB oder des § 17 StVG ist grundsätzlich Sache des Tatrichters und im Revisionsverfahren nur darauf zu überprüfen, ob der Tatrichter alle in Betracht kommenden Umstände vollständig und richtig berücksichtigt und der Abwägung rechtlich zulässige Erwägungen zugrunde gelegt hat. Die Abwägung ist aufgrund aller festgestellten, d.h. unstreitigen, zugestandenen oder nach § 286 ZPO bewiesenen Umstände des Einzelfalls vorzunehmen, wenn sie sich auf den Unfall ausgewirkt haben; in erster Linie ist hierbei das Maß der Verursachung von Belang, in dem die Beteiligten zur Schadensentstehung beigetragen haben; ein Faktor bei der Abwägung ist dabei das beiderseitige Verschulden (vgl. Senatsurteile vom 17. Januar 2023 - VI ZR 203/22, NJW 2023, 1361 Rn. 29; vom 8. März 2022 - VI ZR 1308/20, NJW 2022, 1810 Rn. 8 mwN)."
vgl. BGH, Urteil vom 10.10.2023 - VI ZR 287/22
Haftungshöchstgrenze des Schädigers: Anwaltskosten aus Gesamtschaden (also nicht: Kosten weiterer Einzelaufträge)
"Im vorliegenden Fall gilt jedenfalls auch nach OLG Karlsruhe NZV 1990, 431 f.): Wird der Anspruch gegen den Schädiger dadurch geringer, dass sich der Geschädigte an seine Kaskoversicherung wendet, und sinken damit auch die gegenüber dem Schädiger abzurechnenden vorgerichtlichen Anwaltskosten (auf Gru......." [vollständiges Zitat anzeigen]
"Im vorliegenden Fall gilt jedenfalls auch nach OLG Karlsruhe NZV 1990, 431 f.): Wird der Anspruch gegen den Schädiger dadurch geringer, dass sich der Geschädigte an seine Kaskoversicherung wendet, und sinken damit auch die gegenüber dem Schädiger abzurechnenden vorgerichtlichen Anwaltskosten (auf Grund Inanspruchnahme des Anwalts bei der Korrespondenz mit dem Schädiger nach einem entsprechend geringeren Wert), muss der Schädiger insgesamt (nur) soviel an Anwaltskosten zahlen, wie er zahlen müsste, wenn er voll in Anspruch genommen worden wäre. Einen darüber hinaus gehenden Schaden darf der Geschädigte demgegenüber nicht verlangen, weil er gemäß § 254 BGB verpflichtet ist, den Schaden gering zu halten. Haftungshöchstgrenze ist daher stets unter Berücksichtigung der Degression der anwaltlichen Gebührentabelle die 1,3-fache Geschäftsgebühr nach dem Gesamtschaden und der entsprechenden Haftungsquote. "
vgl. LG Kassel, Urteil vom 08.03.2013 - 5 O 118/12
Haftunverteilung: Verkehrssicherungspflicht in Baustelle (Haftung: 40%) zu Überfahren einer Fahrbahnmarkierung
"Die hier durch die unzureichende Beschilderung der Beklagten geschaffene Verkehrslage war für die Fahrerin des Klägerfahrzeugs unklar, was eine Schadenteilung rechtfertigt (vgl. OLG Karlsruhe, Urteil vom 14.11.1975 – 10 U 28/75, VersR 1976, 668). Dabei ist zu sehen, dass die fehlerhaft und damit irre......." [vollständiges Zitat anzeigen]
"Die hier durch die unzureichende Beschilderung der Beklagten geschaffene Verkehrslage war für die Fahrerin des Klägerfahrzeugs unklar, was eine Schadenteilung rechtfertigt (vgl. OLG Karlsruhe, Urteil vom 14.11.1975 – 10 U 28/75, VersR 1976, 668). Dabei ist zu sehen, dass die fehlerhaft und damit irreführende Beschilderung durch die Mitarbeiter der Beklagten auf einer Autobahn besonders schwer wiegt: Gerade auf einer Bundesautobahn muss sich ein Autofahrer wegen der dort üblicherweise gefahrenen hohen Geschwindigkeiten auf die Anordnungen der Straßenverkehrs- oder -baubehörde (§ 45 Abs. 1 S. 1, S. 2 Nr. 1, Abs. 2 S. 1, 3 StVO) und deren Beschilderung verlassen können (OLG Celle, Urteil vom 21.02.2006 – 14 U 163/05, DAR 2006, 267). Andererseits musste der Fahrerin des Klägerfahrzeugs trotz der geringen zur Verfügung stehenden "Überlegungszeit" zumindest durch die klar erkennbare durchgezogene Fahrbahnbegrenzung klar sein, dass die unzutreffende Beschilderung nicht im von ihr verstandenen Sinne gemeint gewesen sein konnte.
In der Rechtsprechung wird – dem hiesigen Fall durchaus nicht unähnlich - z.B. einem Fahrzeugführer ein überwiegendes Mitverschulden von 2/3 zugerechnet, wenn er mit einer Geschwindigkeit von 90 km/h die im Autobahnbaustellenbereich zulässige Höchstgeschwindigkeit von 60 km/h erheblich überschritten hat und mit dem Überschreiten der Höchstgeschwindigkeit auch gegen das Sichtfahrgebot verstoßen hat und so reflektierende Absperrtafeln, die vor einer Baugrube aufgestellt waren, zu spät wahrgenommen hat, nachdem er veranlasst durch unzureichend aufgestellte Warnbaken in den Baustellenbereich gewechselt war (OLG Düsseldorf, Urteil vom 01.07.1998 – 15 U 124/97, Schaden-Praxis 1998, 415).
Nachdem es im Streitfall aber an einem unfallkausalen Geschwindigkeitsverstoß fehlt und auch sonst außer dem Überfahren der Fahrbahnmarkierung kein maßgebliches Mitverschulden festgestellt werden kann, hält die Kammer eine leicht überwiegende Eigenhaftung der Klägerin von 60% für angemessen und ausreichend, gleichzeitig aber auch geboten."
vgl. LG Nürnberg-Fürth, Endurteil vom 08.06.2017 - 2 S 5570/15
Kausalität einer Geschwindigkeitsüberschreitung
"a) Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung ist der rechtliche Ursachenzusammenhang zwischen einer Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit und einem Verkehrsunfall zu bejahen, wenn bei Einhaltung der zulässigen Geschwindigkeit zum Zeitpunkt des Eintritts der kritischen Verkehrssituation d......." [vollständiges Zitat anzeigen]
"a) Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung ist der rechtliche Ursachenzusammenhang zwischen einer Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit und einem Verkehrsunfall zu bejahen, wenn bei Einhaltung der zulässigen Geschwindigkeit zum Zeitpunkt des Eintritts der kritischen Verkehrssituation der Unfall vermeidbar gewesen wäre. Entscheidend ist dabei der Moment, in dem eine dem Verkehrsteilnehmer erkennbare Verkehrssituation konkreten Anhalt dafür bietet, dass eine Gefahrensituation unmittelbar entstehen kann. Für einen vorfahrtsberechtigten Verkehrsteilnehmer ist dies in Bezug auf seinen Vorrang zwar nicht bereits der Fall, wenn nur die abstrakte, stets gegebene Gefahr eines Fehlverhaltens anderer besteht, vielmehr müssen erkennbare Umstände eine bevorstehende Verletzung seines Vorrechts nahelegen. Von Bedeutung sind hierbei neben der Fahrweise des Wartepflichtigen alle Umstände, die sich auf dessen Fahrweise auswirken können, also auch die Fahrweise des Bevorrechtigten selbst. Gibt er dem Wartepflichtigen durch einen Verkehrsverstoß Anlass, die Wartepflicht - namentlich infolge einer Fehleinschätzung der Verkehrslage - zu verletzen, so kann die kritische Verkehrslage bereits vor der eigentlichen Vorfahrtsverletzung eintreten (vgl. BGH, Urteil vom 25. März 2003 - VI ZR 161/02, ZfS 2003, 334; Freymann in: Freymann/Wellner, jurisPK-Straßenverkehrsrecht, 1. Aufl. 2016, Einleitung - Grundlagen des Straßenverkehrsrechts, Rn. 117)."
vgl. LG Saarbrücken, Urteil vom 30.12.2019 - 13 S 66/19
Kein Abzug für Nutzunzgsmöglichkeit bei Anspruch nach Neuwagenerstattung
"Entgegen der Auffassung der Beklagten ist in die Urteilsformel nicht aufzunehmen, dass sich der Geschädigte für die Zeit der Nutzung des Unfallfahrzeuges einen Abschlag anrechnen lassen muss. Die hierfür darlegungsbelastete Beklagte hat auch keinerlei Schätzungs- und Berechnungsgrundlagen im Sinne de......." [vollständiges Zitat anzeigen]
"Entgegen der Auffassung der Beklagten ist in die Urteilsformel nicht aufzunehmen, dass sich der Geschädigte für die Zeit der Nutzung des Unfallfahrzeuges einen Abschlag anrechnen lassen muss. Die hierfür darlegungsbelastete Beklagte hat auch keinerlei Schätzungs- und Berechnungsgrundlagen im Sinne des § 287 ZPO für einen solchen Abzug vorgetragen.
a) Für die Zeit bis zum Unfall entfällt ein solcher Abschlag schon deshalb, weil für die Nutzung von Fahrstrecken bis zu 1.000 km Vorteile des Geschädigten in aller Regel nicht messbar sind, so dass für diesen Zeitraum eine Anrechnung von Vorteilen nicht zu erfolgen hat (BGH, Urteil vom 14. Juni 1983 - VI ZR 213/81, juris Rn. 18). Soweit der Bundesgerichtshof (auch für die Weiternutzung nach dem Unfall) einen Abschlag für möglich hält, betrifft dies Fälle, in denen die Fahrzeuge bis zum Unfall schon eine Laufleistung von mehr als 1.000 km hatten. In einer solchen Konstellation kann die Abrechnung auf Neuwagenbasis ausnahmsweise zulässig sein, wenn entsprechende Abschläge nach Maßgabe der gefahrenen Kilometer gemacht werden (BGH, Urteil vom 14. Juni 1983 - VI ZR 213/81, juris Rn. 19; BGH, Urteil vom 03. November 1981 - VI ZR 234/80, juris Rn. 19; OLG Schleswig, Urteil vom 20. Oktober 1970 - 1 U 42/70, NJW 1971, 141 f.). Im Übrigen ist ein Abzug für die Weiternutzung des Unfallfahrzeugs bis zur Auslieferung des Ersatzfahrzeugs im Allgemeinen jedoch nicht angezeigt (OLG Nürnberg, Urteil vom 15. August 2008 - 5 U 29/08, juris Rn. 40). Er findet im vorliegenden Fall keine gesetzliche Grundlage.
b) Eine gesetzliche Grundlage für einen Abschlag für die Weiternutzung des Unfallwagens ergibt sich insbesondere nicht aus den Grundsätzen der Vorteilsausgleichung.
aa)Die Vorteilsausgleichung beruht auf dem Gedanken, dass dem Geschädigten - jedenfalls in gewissem Umfang - diejenigen Vorteile zuzurechnen sind, die ihm in adäquatem Zusammenhang mit dem Schadensereignis und der Schadensentwicklung zufließen (BGH, Urteil vom 07. Mai 2004 - V ZR 77/03, juris Rn. 15). Es soll ein gerechter Ausgleich zwischen den bei einem Schadensfall widerstreitenden Interessen herbeigeführt werden. Der Geschädigte darf nicht bessergestellt werden, als er ohne das schädigende Ereignis stünde. Andererseits sind nicht alle durch das Schadensereignis bedingten Vorteile auf den Schadensersatzanspruch anzurechnen, sondern nur solche, deren Anrechnung mit dem jeweiligen Zweck des Ersatzanspruchs übereinstimmt, d.h. dem Geschädigten zumutbar ist und den Schädiger nicht unangemessen entlastet (BGH, Urteil vom 17. Mai 1984 - VII ZR 169/82, juris Rn. 17).
bb) Nach diesen Maßstäben ist die Nutzungsmöglichkeit des Fahrzeugs allerdings kein Vorteil, der dem Kläger im Zusammenhang mit dem Verkehrsunfall zugeflossen ist. Der Kläger hatte kraft seines Eigentums bereits alle Nutzungsmöglichkeiten an dem Fahrzeug. Der Umstand, dass er das Unfallfahrzeug seit nunmehr etwa 2 ½ Jahren nutzt, ist kein aus dem Schadensereignis fließender Vorteil. Im Gegenteil wären seine Nutzungsvorteile ohne Unfall größer gewesen, weil er dann ein unbeschädigtes Fahrzeug hätte nutzen können. Dass die Beklagte keine "Nutzungsentschädigung" verlangen kann, zeigt auch die Kontrollüberlegung, dass sie selbst für die Mobilität des Klägers einzustehen gehabt hätte, wäre dessen Fahrzeug wegen des Unfalls nicht mehr fahrbereit gewesen.
Im Übrigen mindert ein wirtschaftlicher Vorteil den Schadensersatzanspruch auch nicht von vornherein, sondern nur, sofern eine Anrechnung für den Geschädigten zumutbar ist und nicht gegen rechtliche Wertungen verstößt (Rüßmann in: Herberger/Martinek/Rüßmann u.a., jurisPK-BGB, 8. Aufl. 2017, § 249 BGB Rn. 51). Nach der gesetzlichen Wertung wäre die Beklagte jedoch bereits ab der ersten Aufforderung des Klägers verpflichtet gewesen, ihre Ersatzpflicht für die Kosten eines nachweislich angeschafften Neuwagens anzuerkennen. Eine Verzögerung des Regulierungsverhaltens führt mithin nicht dazu, dass sich der Geschädigte Nutzungsvorteile entgegenhalten lassen muss.
c)
Der Kläger muss sich auch keinen Abzug "neu für alt" entgegenhalten lassen, nach dessen Grundsätzen Vermögensvorteile, die erst durch die Ersatzleistung des Schädigers entstehen, ausgeglichen werden (BGH, Urteil vom 07. Mai 2004 - V ZR 77/03, juris Rn. 15; BGH, Urteil vom 24. März 1959 - VI ZR 90/58, juris Rn. 8). Gegen einen solchen Abzug spricht allerdings schon, dass der Anspruch des Geschädigten auf den Ersatz eines Neufahrzeugs gerichtet ist. Anders als bei der Beschädigung einer gebrauchten Sache, erhält er durch die Schadensregulierung nichts "Neues" für etwas "Altes", sondern einen neuen Gegenstand für einen beschädigten neuen Gegenstand.
Im Übrigen lägen die Voraussetzungen auch nicht vor. Ein Abzug wird nur vorgenommen, wenn die Schadensbeseitigung eine messbare Vermögensmehrung bewirkt hat, die zu einer erhöhten Lebensdauer oder zur Ersparung von Aufwendungen durch Hinausschieben künftiger Reparaturen führt (BGH, Urteil vom 08. Dezember 1987 - VI ZR 53/87, juris Rn. 25/28). Dies ist beim Ersatz eines fast neuen Kraftfahrzeugs durch einen Neuwagen nicht anzunehmen (Flume in: Beck’scher Onlinekommentar zum BGB, 43. Ed. (2017), § 249 BGB Rn. 258). Vollzieht sich der Neuerwerb alsbald nach dem Unfall, so kann nicht davon ausgegangen werden, dass der Geschädigte eine messbare Vermögensmehrung erfahren hat.
Aber auch, wenn wie hier die Neuanschaffung wegen des Regulierungsverhaltens des Haftpflichtversicherers erst viel später erfolgen kann, ist ein Abzug "neu für alt" nicht geboten. Eine Anrechnung erfolgt lediglich im Rahmen des Zumutbaren. Zwar soll der Schadensersatz grundsätzlich nicht zu einer wirtschaftlichen Besserstellung des Geschädigten führen, es soll jedoch auch der Schädiger nicht unbillig begünstigt werden (BGH, Urteil vom 24. März 1959 - VI ZR 90/58, juris Rn. 9). Zu einer solch unbilligen Begünstigung des Schädigers könnte es aber führen, wenn er auch für die Zeit seiner Schadensregulierung eine Art "Nutzungsentschädigung" verlangen könnte, die über einem Ausgleich des durch die Nutzung verursachten Wertverlusts des Fahrzeugs liegt. Insbesondere aber hat der auf das Begehren des Geschädigten nicht Ersatz leistende Schädiger die Nachteile der Regulierungsverzögerung zu tragen, weil auch beim Abzug "neu für alt" die rechtlichen Wertungen zu beachten sind (Staudinger/Vieweg, Eckpfeiler des Zivilrechts (2014), Kap. J. Rn. 92).
d)
Schließlich ergibt sich ein Abzug - jedenfalls für den vorliegenden Fall - auch nicht nach den Grundsätzen des Mitverschuldens, selbst wenn der Senat es grundsätzlich für erwägenswert hält, diese für einen interessengerechten Ausgleich heranzuziehen. Im Einzelfall kann eine (schuldhafte) Wertminderung des bereits verunfallten Kraftfahrzeugs die Interessen des Schädigers beeinträchtigen und zu einer anteiligen Mithaftung des Schädigers führen. So liegt es hier wegen der Regulierungsverzögerung jedoch nicht.
aa)
Verlangt der Geschädigte den erforderlichen Betrag für die Beschaffung eines Ersatzfahrzeugs nach § 249 Absatz 2 BGB, so muss er zur Vermeidung einer Bereicherung im Gegenzug das Unfallfahrzeug an den Schädiger nach den Grundsätzen der Vorteilsausgleichung oder analog § 255 BGB herausgeben (Lafontaine, ZfSch 2015, 125; Staudinger/Schiemann, Kommentar zum BGB (2017), § 251 BGB Rn. 53). Ihm steht es allerdings auch frei, den Unfallwagen in Eigenregie zu veräußern, wobei dann der Verkaufserlös nach den Grundsätzen der Vorteilsausgleichung anzurechnen ist (BGH, Urteil vom 05. März 1985 - VI ZR 204/83, juris Rn. 15). Ist ihm dies zu mühevoll oder sonst unliebsam, kann der Geschädigte alternativ das Fahrzeug dem Schädiger zur Verfügung stellen und ihm die Verwertung überlassen (BGH, Urteil vom 29. Juni 1965 - VI ZR 36/64, juris Rn. 16; BGH, Urteil vom 26. März 1985 - VI ZR 267/83, juris Rn. 17).
bb)
Hat der Restwert des Unfallwagens seit dem Unfall eine weitere Minderung erfahren, kommt eine Zurechnung dieser Schadenserweiterung nach den Grundsätzen des § 254 Absatz 2 Satz 1 BGB grundsätzlich in Betracht. Eine Minderung kann sich etwa daraus ergeben, dass das Fahrzeug wegen seines im Zeitpunkt der Verwertung höheren Alters oder seiner Laufleistung einen geringeren Verkaufswert hat oder auch daraus, dass der Geschädigte seinem Fahrzeug schuldhaft einen weiteren Schaden zufügt, ohne dass er Ersatzansprüche gegen Dritte analog § 255 BGB abtreten könnte. In diesen Fällen sind die Möglichkeiten des Schädigers, den Schaden durch eine günstige Verwertung des Restwertes zu minimieren, beeinträchtigt.
cc)
Im Rahmen des Mitverschuldens hat der Geschädigte die Obliegenheit, den Schaden gering zu halten, wobei von ihm keine überobligationsmäßigen Anstrengungen erwartet werden. Dies ist unter den Gesichtspunkten der Zumutbarkeit nach den Grundsätzen von Treu und Glauben im Rahmen einer Gesamtschau zu bewerten (BGH, Urteil vom 17. März 2011 - IX ZR 162/08, juris Rn. 18). Wegen der erforderlichen Abwägung der wechselseitigen Verursachungsbeiträge führt es nicht zwangsläufig dazu, dass der Geschädigte den vermeidbaren Schadensteil auch in vollem Umfang tragen muss (BGH, Urteil vom 24. Juli 2001 - XI ZR 164/00, juris Rn. 20).
dd)
Nach diesen Maßstäben scheidet die Anrechnung einer etwaigen Wertminderung sowohl hinsichtlich des nun höheren Alters des Unfallwagens (1) als auch der nun höheren Laufleistung (2) aus.
(1)
Zwar ist auf dem Gebrauchtwagenmarkt für die Preisbildung von Bedeutung, ob die Erstzulassung des Fahrzeugs entweder vor einem Monat war oder vor zwei bis drei Jahren. Die hierdurch eingetretene Wertminderung ergab sich jedoch durch die verzögerte Regulierung, die im alleinigen Verantwortungsbereich der Beklagten lag. Ein diesbezügliches Mitverschulden des Klägers scheidet aus.
Soweit er sich nach dem Unfall einen Monat Zeit gelassen hat, seine Ansprüche bei der Beklagten anzumelden, ist nicht ersichtlich, dass der Restwert des Unfallfahrzeugs alleine durch diesen Umstand niedriger gewesen wäre. Es ist nicht vorgetragen worden, dass ein zwei Monate altes Fahrzeug unter sonst gleichen Umständen einen niedrigeren Wert hat als ein vier Wochen altes Fahrzeug.
(2)
Entsprechendes gilt für die höhere Laufleistung im Zeitpunkt der Verwertung des Unfallwagens. Zwar hat der Wagen schon etwas mehr als ein Jahr nach dem Unfall, am 31.08.2016, bereits eine Laufleistung von 18.500 km gehabt. Dabei handelt es sich auch um einen bedeutenden Faktor für den erzielbaren Verwertungserlös. Im Rahmen der Gesamtwürdigung ist jedoch insbesondere zu berücksichtigen, dass der Kläger bereits nach einem Monat eine Neupreisentschädigung verlangt hat und es ihm - insbesondere in Anbetracht der verweigerten Regulierungszusage - nicht zugemutet werden konnte, das Fahrzeug in der Garage stehen zu lassen. Vielmehr durfte er es nach Belieben nutzen, so dass im Rahmen der Gesamtwürdigung die Wertminderung wegen der verzögerten Regulierung der Beklagten zuzurechnen ist.
(3)
Soweit nach diesen Maßstäben ein Ausgleich für den Zeitraum vom Unfallereignis bis zur erstmaligen Anmeldung der Ansprüche in Betracht kommt (12.05.2015 bis 15.06.2015), hat die Beklagte nicht vorgetragen, dass alleine wegen eines bestimmten höheren Kilometerstandes ein niedrigerer Verkaufspreis erzielbar war. Insbesondere hat sie nicht ausgeführt, welche Strecke das Fahrzeug in diesem Zeitraum zurückgelegt hat. Zu einem solchen Vortrag wäre die Beklagte jedoch ohne Weiteres in der Lage gewesen, da sie das Fahrzeug schon kurz nach dem relevanten Zeitraum durch einen eigenen Sachverständigen besichtigen ließ (vgl. Bl. 32 d.A.). Sie hat lediglich vorgetragen, das Fahrzeug habe über ein Jahr später, am 31.08.2016, eine Laufleistung von 18.500 km gehabt.
Der Senat geht auf der Grundlage dieses Vortrags gemäß § 287 ZPO - wie für den Regelfall - davon aus, dass eine relevante Wertminderung bei relativ geringen Laufleistungen zwischen Unfallereignis und Andienung des Fahrzeugs nicht eingetreten ist. Es ist nicht vorgetragen worden, dass es einen Preisunterschied gibt zwischen zwei gleich ausgestatteten Fahrzeugen mit Laufleistungen von einerseits 845 Kilometer und andererseits etwas mehr als 2.000 km (ausgehend von einer etwa gleichmäßigen Verteilung des bis zum 31.08.2016 abgelesenen Kilometerstandes).
4.
Auch ein sonstiges Mitverschulden fällt dem Kläger nicht zur Last. Insbesondere lässt es sich nicht damit begründen, dass er den nur bis September 2015 geltenden Sonderrabatt in Höhe von 20 % ungenutzt ließ. Der Kläger hat es nicht pflichtwidrig unterlassen, den Schaden zu mindern (§ 254 Absatz 2 Satz 1 BGB). Wie ausgeführt, bestand für ihn ohne die Rechtssicherheit über die Schadensabwicklung keine Verpflichtung zum Erwerb eines weiteren Fahrzeugs. Es gibt auch keine allgemeine Pflicht des Geschädigten, zur Schadensbeseitigung einen Kredit aufzunehmen (BGH, Urteil vom 26. Mai 1988 - III ZR 42/87, juris Rn. 17). Zudem hat der Kläger der Beklagten rechtzeitig angezeigt, dass er ein Neufahrzeug erwerben wolle und er den Sonderrabatt nur noch bis September 2015 in Anspruch nehmen könne. Nachdem die Beklagte keine zügige Kostenübernahmeerklärung abgegeben hat, fiel die Schadenserhöhung in ihren eigenen Verantwortungsbereich."
vgl. OLG Stuttgart, Urteil vom 21.12.2017 - 2 U 136/17
Mitfahren bei absolut Fahruntüchtigem stellt Mitverschulden dar
"Der Zeuge B. war zum Unfallzeitpunkt unstreitig absolut fahruntüchtig. Die ihm rund zwei Stunden nach der Kollision entnommene Blutprobe ergab eine BAK von 1,68 Promille.
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Unabhängig von der Frage, ob der Kläger aktiv in den Pkw des Zeugen B. stieg oder gesetzt wurde, ist festzustellen, dass......." [vollständiges Zitat anzeigen]
"Der Zeuge B. war zum Unfallzeitpunkt unstreitig absolut fahruntüchtig. Die ihm rund zwei Stunden nach der Kollision entnommene Blutprobe ergab eine BAK von 1,68 Promille.
Unabhängig von der Frage, ob der Kläger aktiv in den Pkw des Zeugen B. stieg oder gesetzt wurde, ist festzustellen, dass die Mitfahrt mit einem alkoholbedingt Fahruntüchtigen einen Verstoß gegen die eigenen Obliegenheiten darstellt, da mit einer solchen Fahrt eine erhöhte Unfallwahrscheinlichkeit einhergeht (ständige Rechtsprechung, vgl. nur BGH Urteil v. 10.07.1979, VI ZR 223/87, Juris Rn. 10; OLG Karlsruhe, Urteil v. 30.01.2009, 1 U 192/08, Juris Rn. 25)."
vgl. OLG Schleswig, Beschluss vom 08.04.2021 - 7 U 2/20
Mitverschulden (hier nein) eines Motorradfahrers im Jahr 2014, der nur einen Motorradhelm trug
"Dem Kläger ist es aber nicht als Verschulden gegen sich selbst (§ 254 Abs. 1 BGB i.V.m. § 9 StVG) anzulasten ist, dass er außer einem Motorradhelm keine Schutzkleidung getragen hat. Denn es ist nicht festzustellen, dass es im Jahr 2014 dem allgemeinen Verkehrsbewusstsein entsprach, zum eigenen Schutz......." [vollständiges Zitat anzeigen]
"Dem Kläger ist es aber nicht als Verschulden gegen sich selbst (§ 254 Abs. 1 BGB i.V.m. § 9 StVG) anzulasten ist, dass er außer einem Motorradhelm keine Schutzkleidung getragen hat. Denn es ist nicht festzustellen, dass es im Jahr 2014 dem allgemeinen Verkehrsbewusstsein entsprach, zum eigenen Schutz neben dem gesetzlich vorgeschriebenen Motorradhelm weitere Motorradschutzkleidung zu tragen."
vgl. OLG Düsseldorf, Urteil vom 24.09.2019 - 1 U 82/18
Mitverschulden (hier nein) eines Motorradfahrers im Jahr 2019, der keine Motorradschuhe trug
"Die insoweit darlegungs- und beweisbelasteten Beklagten haben nicht dargetan, dass eine konkrete Fußbekleidung bei Motorradfahrern dem allgemeinen Verkehrsbewusstsein entspricht (vgl. BGH, Urteil vom 30. Januar 1979 – VI ZR 144/77 –, Rn. 14; OLG Düsseldorf, Urteil vom 24. September 2019 – I-1 U 8......." [vollständiges Zitat anzeigen]
"Die insoweit darlegungs- und beweisbelasteten Beklagten haben nicht dargetan, dass eine konkrete Fußbekleidung bei Motorradfahrern dem allgemeinen Verkehrsbewusstsein entspricht (vgl. BGH, Urteil vom 30. Januar 1979 – VI ZR 144/77 –, Rn. 14; OLG Düsseldorf, Urteil vom 24. September 2019 – I-1 U 82/18 –, Rn. 57; OLG Nürnberg, Beschluss vom 9. April 2013 – 3 U 1897/12 –, Rn. 19, juris; OLG München, Urteil vom 19. Mai 2017 – 10 U 4256/16 –, Rn. 25, juris). Die von den Beklagten vertretene gegenteilige Auffassung hat zumindest hinsichtlich des Schuhwerks keine Zustimmung erfahren (zur Bekleidung nur allgemein: OLG Düsseldorf, Urteil vom 20. Februar 2006 – I-1 U 137/05 –, Rn. 27, juris; nur zur Beinbekleidung: Senat, Urteil vom 23. Juli 2009 – 12 U 29/09 –, Rn. 18, juris)."
vgl. OLG Brandenburg, Urteil vom 14.12.2023, Az. 12 U 107/23
Mitverschulden (hier: kein) des Vericherers, der nah falschem Gutachten regulieren muss
"Entgegen der Ansicht der Beklagten ist ein Anspruch der Klägerin vorliegend auch nicht wegen erheblichen Mitverschuldens ausgeschlossen. Der Klägerin kann nicht vorgeworfen werden, den Rechtsstreit vor dem Landgericht Frankenthal schlecht geführt zu haben. Die Klägerin hat es weder versäumt, den von......." [vollständiges Zitat anzeigen]
"Entgegen der Ansicht der Beklagten ist ein Anspruch der Klägerin vorliegend auch nicht wegen erheblichen Mitverschuldens ausgeschlossen. Der Klägerin kann nicht vorgeworfen werden, den Rechtsstreit vor dem Landgericht Frankenthal schlecht geführt zu haben. Die Klägerin hat es weder versäumt, den von der Beklagten ermittelten Restwert substantiiert zu bestreiten noch hätte sie mit Erfolg einwenden können, dass der Geschädigte die Möglichkeit gehabt habe, sein Fahrzeug für einen höheren Restwert zu veräußern.
Die Beklagte übersieht, dass der Geschädigte ... sein Fahrzeug bereits vor Klageerhebung zu dem im Gutachten der Beklagten angegebenen Restwert weiterveräußert hat. Realisiert aber der Geschädigte den Restwert durch den Verkauf seines Fahrzeugs, kann er seiner Schadensberechnung grundsätzlich den erzielten Restwertbetrag zu Grunde legen. Anders als beim Kaskoschaden, bei dem klare vertragliche Vereinbarungen die Grundlage der Abrechnung bilden, ist nämlich im Haftpflichtschadenfall stets auf die Erkenntnismöglichkeit des Geschädigten abzustellen (vgl. BGH, Urteil vom 12.07.2005, NJW 2005, 3134 f.). Der Geschädigte darf daher sein Fahrzeug grundsätzlich zu demjenigen Preis veräußern, den ein von ihm eingeschalteter Sachverständiger als Wert auf dem allgemeinen regionalen Markt ermittelt hat.
Unter Berücksichtigung vorstehender Grundsätze durfte sich der Geschädigte ... daher auf die Richtigkeit der Restwertschätzung der Beklagten verlassen. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass die Beklagte die von ihr eingeholten Restwertangebote keiner kritischen Prüfung unterzogen hat. Denn es ist nicht erkennbar, dass sich dem Geschädigten ... Zweifel an der Richtigkeit der gutachterlichen Restwertschätzung aufdrängen mussten. Die Ansicht der Beklagten, dass die Klägerin auf einen höheren Preis hätte hinwirken müssen, geht daher fehl."
vgl. OLG Zweibrücken, Beschluss vom 12.01.2021 - 8 U 89/17
Mitverschulden 1/3 bei hohem Fahrzeug
"II.Andererseits trifft die Klägerin gemäß §§ 7 StVG, 254 BGB aufgrund der Betriebsgefahr ihres Fahrzeugs eine Mitverantwortung an dem streitgegenständlichen Unfall in Höhe von 1/3. Die Klägerin hat nicht nachweisen können, daß der Unfall für sie bzw. ihren Fahrer ein unabwendbares Ereignis im......." [vollständiges Zitat anzeigen]
"II.Andererseits trifft die Klägerin gemäß §§ 7 StVG, 254 BGB aufgrund der Betriebsgefahr ihres Fahrzeugs eine Mitverantwortung an dem streitgegenständlichen Unfall in Höhe von 1/3. Die Klägerin hat nicht nachweisen können, daß der Unfall für sie bzw. ihren Fahrer ein unabwendbares Ereignis im Sinn des § 7 Abs. 2 StVG war, d.h., daß er auch bei größtmöglicher Sorgfalt -- auch von einem sog. Idealfahrer -- nicht vermieden worden wäre. Zwar konnte der Fahrer des klägerischen Busses im Rahmen der normalen Sorgfalt darauf vertrauen, daß für den von ihm geführten Bus der Klägerin auf der Zufahrt zum Ausflugs- und Höhenrestaurant auf dem mberg eine ausreichende Durchfahrtshöhe besteht. Andererseits hätte ein sog. Idealfahrer -- in Anbetracht der beschriebenen Verkehrsbedeutung der Straße in Verbindung mit den auf den vorgelegten Lichtbildern zu erkennenden konkreten Verhältnisse -- die an der Unfallstelle bestandene Durchfahrtsproblematik wohl erkannt."
vgl. OLG Karlsruhe, Urteil vom 24. April 1998 – 10 U 271/97
Mitverschulden 50% bei Höhenhindernis auf Parkstreifen
"Gegen diese Verkehrssicherungspflicht hat die bekl. Stadt verstoßen, indem sie den Verkehr unter der ca. 60 bis 80 cm in den Parkstreifen hineinragenden Werbeanlage zugelassen und keine entsprechenden Vorkehrungen getroffen hat, um zu gewährleisten, dass ein Unterfahren mit hohen Fahrzeugen verhindert ......." [vollständiges Zitat anzeigen]
"Gegen diese Verkehrssicherungspflicht hat die bekl. Stadt verstoßen, indem sie den Verkehr unter der ca. 60 bis 80 cm in den Parkstreifen hineinragenden Werbeanlage zugelassen und keine entsprechenden Vorkehrungen getroffen hat, um zu gewährleisten, dass ein Unterfahren mit hohen Fahrzeugen verhindert wird.
(...)
Die Kl. muss sich entsprechend §§ 242, 254 BGB aber ein Mitverschulden des Fahrers des Wohnmobils zurechnen lassen. Die Kammer nimmt hier unter Berücksichtigung aller relevanten Umstände ein Mitverschuldensanteil von 1/2 an. Insoweit geht sie davon aus, dass bei gehöriger Sorgfalt des Fahrers die Kollision zu vermeiden gewesen wäre."
vgl. LG Bochum, Urteil vom 18.06.2001, Az. 6 O 73/01 und folgend: OLG Hamm, 9 U 130/01
Mitverschulden des Geschädigten bei falschem Restwert grdsl. denkbar
"Freilich gelten auch bei einer solchen konkreten Schadensberechnung das Wirtschaftlichkeitsgebot und die sich aus § 254 Abs. 2 BGB ergebende Verpflichtung zur Geringhaltung des Schadens, so daß der Schädiger oder dessen Haftpflichtversicherer nicht an dem Vorbringen gehindert ist, auf dem regionalen M......." [vollständiges Zitat anzeigen]
"Freilich gelten auch bei einer solchen konkreten Schadensberechnung das Wirtschaftlichkeitsgebot und die sich aus § 254 Abs. 2 BGB ergebende Verpflichtung zur Geringhaltung des Schadens, so daß der Schädiger oder dessen Haftpflichtversicherer nicht an dem Vorbringen gehindert ist, auf dem regionalen Markt hätte ein höherer Restwert erzielt werden müssen. Wie der Senat bereits in dem in BGHZ 143, 189, 194 abgedruckten Urteil dargelegt hat, ist es nämlich nicht ausgeschlossen, daß besondere Umstände dem Geschädigten Veranlassung geben können, günstigere Verwertungsmöglichkeiten wahrzunehmen, um dem Wirtschaftlichkeitsgebot und seiner sich aus § 254 Abs. 2 BGB ergebenden Verpflichtung zur Geringhaltung des Schadens zu genügen. Unter diesem Blickpunkt kann er gehalten sein, von einer grundsätzlich zulässigen Verwertung der beschädigten Sache Abstand zu nehmen und im Rahmen des Zumutbaren andere sich ihm darbietende Verwertungsmöglichkeiten zu ergreifen. Derartige Ausnahmen stehen nach allgemeinen Grundsätzen zur Beweislast des Schädigers (vgl. Senatsurteile BGHZ 143, 189, 194 und vom 22. November 1977 -VI ZR 114/76 -VersR 1978, 182, 183). Auch müssen sie in engen Grenzen gehalten werden und dürfen insbesondere nicht dazu führen, daß dem Geschädigten bei der Schadensbehebung die von der Versicherung gewünschten Verwertungsmodalitäten aufgezwungen werden (vgl. Senatsurteil BGHZ 143, aaO). Gleichwohl verbleibt dem Geschädigten ein Risiko, wenn er den Restwert ohne hinreichende Absicherung realisiert und der Erlös sich später im Prozeß als zu niedrig erweist. Will er dieses Risiko vermeiden, muß er sich vor Verkauf des beschädigten Fahrzeugs mit dem Haftpflichtversicherer abstimmen oder aber ein eigenes Gutachten mit einer korrekten Wertermittlung einholen, auf dessen Grundlage er die Schadensberechnung vornehmen kann (Senatsurteile vom 21. Januar 1992 -VI ZR 142/91 -VersR 1992, 457 und vom 6. April 1993 -aaO)."
vgl. BGH, Urteil vom 12.07.2005 - VI ZR 132/04
Mitverschulden des unangeschnallten Beifahrers
"Die Kausalität zwischen dem Verstoß des Klägers gegen die Anschnallpflicht und dem Umfang der erlittenen Verletzungen liegt hier - auch ohne Einholung eines Sachverständigengutachtens - auf der Hand. Durch den Kopfanprall gegen die Windschutzscheibe sowie den Anprall des Oberkörpers gegen das Armatu......." [vollständiges Zitat anzeigen]
"Die Kausalität zwischen dem Verstoß des Klägers gegen die Anschnallpflicht und dem Umfang der erlittenen Verletzungen liegt hier - auch ohne Einholung eines Sachverständigengutachtens - auf der Hand. Durch den Kopfanprall gegen die Windschutzscheibe sowie den Anprall des Oberkörpers gegen das Armaturenbrett hat der Kläger typische und sehr schwere Verletzungen erlitten, die durch den Sicherheitsgurt gerade hätten vermieden werden sollen und können. Der unstreitig angeschnallte Zeuge B. hat bei der Frontalkollision mit nahezu voller Überdeckung der beteiligten Fahrzeuge unstreitig wesentlich geringere Verletzungen erlitten als der Kläger, insbesondere im Kopf- und Rumpfbereich. Daraus lässt sich zwanglos der Schluss ziehen, dass das Verletzungsbild bei dem Kläger, wäre er angeschnallt gewesen, gleichfalls deutlich weniger intensiv ausgefallen wäre.
Ebenso wenig ist zu beanstanden, dass das Landgericht ein Mitverschulden des Klägers gemäß §§ 9 StVG, 254 BGB den § 827 Satz 2 BGB zur Anwendung gebracht hat.
Der Kläger hat den ihm entstandenen Schaden "mitverschuldet".
Gemäß § 254 Abs. 1 BGB muss sich der Geschädigte ein ihn treffendes Verschulden bei der Entstehung des Schadens anrechnen lassen.
Dies betrifft vorliegend sowohl die Tatsache, dass der Kläger nicht angeschnallt war, als auch und insbesondere die Tatsache, dass er mit einem erheblich alkoholisierten Kraftfahrer mitgefahren ist."
vgl. OLG Schleswig, Beschluss vom 08.04.2021 - 7 U 2/20
Mitverschulden von 1/3 bei 4m-Brücke
"1. Bei der Angabe der Durchfahrtshöhe des einem Brückenbauwerk vorgeschalteten Sicherungsgerüsts ist auf dem Zeichen 265 zu StVO § 41 Abs 2 S 6 Nr 6 ein Sicherheitszuschlag auf die lichte Höhe von mindestens 10 cm unbedingt erforderlich.r>
2. Passiert der Fahrer eines Sattelzuges, der laut F......." [vollständiges Zitat anzeigen]
"1. Bei der Angabe der Durchfahrtshöhe des einem Brückenbauwerk vorgeschalteten Sicherungsgerüsts ist auf dem Zeichen 265 zu StVO § 41 Abs 2 S 6 Nr 6 ein Sicherheitszuschlag auf die lichte Höhe von mindestens 10 cm unbedingt erforderlich.
2. Passiert der Fahrer eines Sattelzuges, der laut Fahrzeugschein eine Höhe von 4 Meter hat, ohne besondere Vorsichtsmaßnahmen eine Durchfahrt, die durch Zeichen 265 für Fahrzeuge gesperrt ist, deren Höhe einschließlich Ladung 4 Meter überschreitet, trifft ihn für den aufgrund der zu geringen Durchfahrtshöhe eintretenden Schaden ein Mitverschulden von 1 Drittel.
Fundstellen"
vgl. LG Coburg, Urteil vom 2. Dezember 1997 – 23 O 686/96