Alkohol, grobe Fahrlässigkeit und subjektives Element: hier ja
"3) Auch die subjektiven Voraussetzungen der groben Fahrlässigkeit liegen beim Kläger vor. Die Annahme grober Fahrlässigkeit setzt auf der subjektiven Seite voraus, dass die im Verkehr erforderliche Sorgfalt durch ein auch subjektiv unentschuldbares Verhalten in hohem Maße außer Acht gelassen worden ......." [vollständiges Zitat anzeigen]
"3) Auch die subjektiven Voraussetzungen der groben Fahrlässigkeit liegen beim Kläger vor. Die Annahme grober Fahrlässigkeit setzt auf der subjektiven Seite voraus, dass die im Verkehr erforderliche Sorgfalt durch ein auch subjektiv unentschuldbares Verhalten in hohem Maße außer Acht gelassen worden ist. Dabei ist auch in subjektiver Hinsicht ein gegenüber einfacher Fahrlässigkeit gesteigertes Verschulden nötig. Dafür ist eine Würdigung aller Umstände des Einzelfalles unerlässlich (BGH, Urteil vom 22. Februar 1989 - IVa ZR 274/87 -, Rn. 13, juris; BGH, Urteil vom 29. Oktober 2003 - IV ZR 16/03 -, Rn. 16, juris).
Das Führen eines Kraftfahrzeuges in alkoholbedingt fahruntüchtigem Zustand wird objektiv durchweg als grober Verstoß gegen die Grundsätze der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt anzusehen sein. Es gehört nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes zu den schwersten Verkehrsverstößen überhaupt. Wer sich in absolut fahruntüchtigem Zustand an das Steuer eines Kraftfahrzeuges setzt, handelt grundsätzlich grob fahrlässig (BGH, Urteil vom 22. Juni 2011 - IV ZR 225/10 -, BGHZ 190, 120-131, Rn. 11; BGH, Urteil vom 22. Februar 1989 - IVa ZR 274/87 -, Rn. 15, juris, m. w. Nachw.). Daraus folgt in aller Regel auch ohne weiteres das für die Annahme grober Fahrlässigkeit erforderliche, gegenüber einfacher Fahrlässigkeit gesteigerte Verschulden. Dass sich ein unter starker Alkoholeinwirkung stehender Kraftfahrer nicht mehr ans Steuer seines Kraftfahrzeuges setzen darf, und dass er durch ein Fahren in fahruntüchtigem Zustand andere Verkehrsteilnehmer, sich selbst und sein Fahrzeug einer unverantwortlichen Gefährdung aussetzt, ist heute so sehr Allgemeingut, dass unbedenklich davon ausgegangen werden kann, dass bei fast jedem Kraftfahrer die Hemmschwelle für ein Fahren trotz alkoholbedingter Fahruntüchtigkeit stark heraufgesetzt ist (BGH, a. a. O.). Der Fahrer, bei dem dies aus mangelnder Einsicht nicht der Fall ist, muss sich diese mangelnde Einsicht in der Regel als grobes Verschulden zurechnen lassen. Bei den meisten Kraftfahrern pflegt die Einsichtsfähigkeit und die Fähigkeit, nach dieser Einsicht zu handeln, in Bezug auf die Trunkenheitsfahrt auch bei einem hohen Grad der Alkoholisierung noch vorhanden zu sein. Auch wenn der Kraftfahrer sich erst dann zum Führen seines Kraftfahrzeuges entschließt, wenn er bereits stark unter Alkoholeinfluss steht, wird deshalb in vielen Fällen ungeachtet der Alkoholbeeinflussung das für die Annahme grober Fahrlässigkeit erforderliche gesteigerte subjektive Verschulden festgestellt werden können (BGH, a. a. O.)."
"Das Führen eines Fahrzeugs im Zustand der absoluten Fahruntüchtigkeit (d.h.: mit einer BAK von mehr als 1,1 ‰) stellt einen schwerwiegenden Verstoß gegen grundlegende Verhaltensregeln des Straßenverkehrsrechts dar und ist grundsätzlich objektiv und subjektiv als grob fahrlässig anzusehen (BGH, Ur......." [vollständiges Zitat anzeigen]
"Das Führen eines Fahrzeugs im Zustand der absoluten Fahruntüchtigkeit (d.h.: mit einer BAK von mehr als 1,1 ‰) stellt einen schwerwiegenden Verstoß gegen grundlegende Verhaltensregeln des Straßenverkehrsrechts dar und ist grundsätzlich objektiv und subjektiv als grob fahrlässig anzusehen (BGH, Urteil vom 22. Juni 2011 - IV ZR 225/10, BGHZ 190, 120 = VersR 2011, 1037; Senat, Urteil vom 28. Januar 2009 - 5 U 698/05-102, VersR 2009, 1068; LG Saarbrücken, RuS 2016, 343)."
vgl. Saarländisches OLG, Urteil vom 12.10.2022 - 5 U 22/22
Anscheinsbeweis, Anbeweis und Erschütterung / Entkräftung der alkoholbedingten Unfallverursachung
"Während allerdings - wie bereits dargelegt - in Fällen absoluter Fahruntüchtigkeit ein Anscheinsbeweis für die vom Versicherer zu beweisende Ursächlichkeit der Alkoholisierung für den Versicherungsfall spricht, muss der Versicherer in Fällen relativer Fahruntüchtigkeit alkoholtypische Ausfallersc......." [vollständiges Zitat anzeigen]
"Während allerdings - wie bereits dargelegt - in Fällen absoluter Fahruntüchtigkeit ein Anscheinsbeweis für die vom Versicherer zu beweisende Ursächlichkeit der Alkoholisierung für den Versicherungsfall spricht, muss der Versicherer in Fällen relativer Fahruntüchtigkeit alkoholtypische Ausfallerscheinungen beweisen, die den Schluss auf die alkoholbedingte Herbeiführung des Versicherungsfalls rechtfertigen (BGH, Urteil vom 5.Dezember 1990 - IV ZR 13/90 - VersR 1991, 289; Senat, Urteil vom 22.November 2000 - 5 U 563/00-46 - ZfSch 2001, 214; Urteil vom 28. Januar 2009 - 5 U 698/05 - 102 -, juris; Urteil vom 9. September 2022 - 5 U 2/22, VersR 2022, 1296). Dabei genügt zur Entkräftung des dann auch in den Fällen relativer Fahruntüchtigkeit geltenden Anscheinsbeweises für den ursächlichen Zusammenhang zwischen der alkoholbedingten Fahruntüchtigkeit und dem Unfall (Senat, Beschluss vom 20. April 2020 - 5 U 18/20; OLG Karlsruhe, Urteil vom 5. Januar 1989 - 12 U 49/89, juris; BeckOK VVG/Klimke, 16. Ed. 1.8.2022, VVG § 81 Rn. 101; Knappmann VersR 2000, 11 (14)) nicht jede beliebige Erklärung des Versicherungsnehmers, durch welche alkoholunabhängige Ursache es zu dem Unfall gekommen sein soll. Vielmehr muss die Darlegung des Versicherungsnehmers, mit der er belastet ist, einen alkoholunabhängigen Geschehensverlauf plausibel erklären. Er muss - mit zunehmender Höhe des Blutalkoholgehaltes gewichtigere - Anhaltspunkte dafür geben, dass eine andere Erklärung des Unfallverlaufs als seine alkoholbedingte Verursachung nicht fernliegt, sondern eine denkbare Möglichkeit darstellt (Senat, Urteil vom 7. April 2004 - 5 U 688/03, ZfSch 2004, 323; Senat, Urteil vom 28. Januar 2009 - 5 U 698/05 - 102, juris)."
vgl. Saarländisches OLG, Urteil vom 12.10.2022 - 5 U 22/22
Beweislast des § 827 BGB beim Versicherten
"2) Dem Kläger gelingt hier der Nachweis nicht, dass er sich bei Antritt der Fahrt in fahruntüchtigem Zustand in einem die freie Willensbestimmung ausschließenden Zustand krankhafter Störung der Geistestätigkeit befunden hat. Diesen Nachweis hat bei Anwendung des § 81 VVG der Versicherungsnehmer zu ......." [vollständiges Zitat anzeigen]
"2) Dem Kläger gelingt hier der Nachweis nicht, dass er sich bei Antritt der Fahrt in fahruntüchtigem Zustand in einem die freie Willensbestimmung ausschließenden Zustand krankhafter Störung der Geistestätigkeit befunden hat. Diesen Nachweis hat bei Anwendung des § 81 VVG der Versicherungsnehmer zu führen, wenn er sich auf die Vorschrift des § 827 BGB zu seiner Entlastung berufen will (BGH, Urteil vom 22. Juni 2011 - IV ZR 225/10 -, BGHZ 190, 120-131, Rn. 12; BGH, Urteil vom 29. Oktober 2003 - IV ZR 16/03 -, Rn. 15, juris; BGH, Urteil vom 20. Juni 1990 - IV ZR 298/89 -, Rn. 10, juris; BGH, Urteil vom 23. Januar 1985 - IVa ZR 128/83 -, Rn. 8, juris).
a) Der Kläger beruft sich hier darauf, dass er auf dem Grundstück seiner Bekannten gestürzt sei und in Folge dieses Sturzes, bei dem er sich auch Kopfverletzungen zugezogen habe, in einen geordneten amnestischen Dämmerungszustand verfallen sei mit der Folge, dass ab einem Zeitpunkt vor Antritt der Fahrt kein Erinnerungsvermögen vorhanden sei und erst nach Beendigung der Fahrt wieder sein Bewusstsein einsetze.
aa) Der Kläger hat zum Beweis hierfür seine eigene Parteivernehmung angeboten, der die Beklagte widersprochen hat (Bl. 37 d. A.). Eine Vernehmung des Klägers als Partei von Amts wegen gemäß § 448 ZPO war nicht zulässig. Die nach pflichtgemäßem Ermessen vom Gericht anzuordnende Parteivernehmung von Amts wegen setzt grundsätzlich das Bestehen einer gewissen Wahrscheinlichkeit für die Richtigkeit der Behauptungen der beweisbelasteten Partei aufgrund des bisherigen Verhandlungsergebnisses bei einer nonliquet-Situation im Übrigen voraus. Dieser "Anbeweis" kann sich aus einer schon durchgeführten Beweisaufnahme oder aus dem sonstigen Verhandlungsinhalt, insbesondere aus einer Anhörung nach § 141 ZPO oder aus Ausführungen der Partei nach § 137 Abs. 4 ZPO ergeben (BGH, Urteil vom 12. Dezember 2019 - III ZR 198/18 -, Rn. 20, juris). Der im Termin vor dem Landgericht anwesende Kläger hat von der Möglichkeit des § 137 Abs. 4 ZPO keinen Gebrauch gemacht. Ein sonstiger "Anbeweis" für die Richtigkeit seines Vortrages lag nicht vor."
vgl. KG, Beschluss vom 03.05.2022 - 6 U 39/21
grobe Fahrlässigkeit bei absoluter Fahruntüchtigkeit
"Das Führen eines Kraftfahrzeuges in alkoholbedingt fahruntüchtigem Zustand gehört zu den schwersten Verkehrsverstößen. Wer sich in absolut fahruntüchtigem Zustand an das Steuer eines Kraftfahrzeuges setzt, handelt grundsätzlich grob fahrlässig (BGH, Urteil vom 22. Juni 2011 - IV ZR 225/10 -, BGHZ......." [vollständiges Zitat anzeigen]
"Das Führen eines Kraftfahrzeuges in alkoholbedingt fahruntüchtigem Zustand gehört zu den schwersten Verkehrsverstößen. Wer sich in absolut fahruntüchtigem Zustand an das Steuer eines Kraftfahrzeuges setzt, handelt grundsätzlich grob fahrlässig (BGH, Urteil vom 22. Juni 2011 - IV ZR 225/10 -, BGHZ 190, 120-131, Rn. 11; BGH, Urteil vom 22. Februar 1989 - IVa ZR 274/87 -, Rn. 15, juris; BGH, Urteil vom 23. Januar 1985 - IVa ZR 128/83 -, Rn. 9, juris)."
vgl. KG, Beschluss vom 03.05.2022 - 6 U 39/21
grobe Fahrlässigkeit kann vorverlagert (bei Trinkbeginn oder im Trinkverlauf) vorliegen
"Selbst wenn der Fahrer im Unfallzeitpunkt schuldunfähig gewesen sein sollte, kann er den Versicherungsfall durch ein zeitlich früheres Verhalten grob fahrlässig herbeigeführt haben, als er sich noch in schuldfähigem Zustand befand. Da die Leistungsfreiheit des Versicherers nach § 81 Abs. 2 VVG ledi......." [vollständiges Zitat anzeigen]
"Selbst wenn der Fahrer im Unfallzeitpunkt schuldunfähig gewesen sein sollte, kann er den Versicherungsfall durch ein zeitlich früheres Verhalten grob fahrlässig herbeigeführt haben, als er sich noch in schuldfähigem Zustand befand. Da die Leistungsfreiheit des Versicherers nach § 81 Abs. 2 VVG lediglich an einen Erfolg, nämlich die Herbeiführung des Versicherungsfalles, nicht dagegen an ein bestimmtes Verhalten, etwa das Führen des Kraftfahrzeuges in alkoholisiertem Zustand, anknüpft, kann auf ein zeitlich vorangehendes Verhalten des Versicherungsnehmers abgestellt werden, durch das der Versicherungsfall grob fahrlässig herbeigeführt wird (BGH, Urteil vom 22. Juni 2011 - IV ZR 225/10 -, BGHZ 190, 120-131, Rn. 17). Rechnet der Versicherungsnehmer schon vor Trinkbeginn oder jedenfalls in einem noch schuldfähigen Zustand damit, dass er später unter Alkoholeinfluss mit seinem Kraftfahrzeug fahren und dabei möglicherweise einen Unfall herbeiführen werde, oder musste er damit rechnen und verschließt er sich dem grob fahrlässig, so setzt der Vorwurf der schuldhaften Herbeiführung des Versicherungsfalles bereits zu diesem früheren Zeitpunkt ein. Dazu bedarf es weder des Rückgriffs auf die Rechtsfigur der actio libera in causa (so noch BGH, Urteil vom 22. Februar 1989 - IVa ZR 274/87 - Rn. 15, juris) noch des Rechtsgedankens des § 827 S. 2 BGB (BGH, Urteil vom 22. Juni 2011 - IV ZR 225/10 -, BGHZ 190, 120-131, Rn. 17)."
vgl. KG, Beschluss vom 03.05.2022 - 6 U 39/21
Mitfahren bei absolut Fahruntüchtigem stellt Mitverschulden dar
"Der Zeuge B. war zum Unfallzeitpunkt unstreitig absolut fahruntüchtig. Die ihm rund zwei Stunden nach der Kollision entnommene Blutprobe ergab eine BAK von 1,68 Promille.
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Unabhängig von der Frage, ob der Kläger aktiv in den Pkw des Zeugen B. stieg oder gesetzt wurde, ist festzustellen, dass......." [vollständiges Zitat anzeigen]
"Der Zeuge B. war zum Unfallzeitpunkt unstreitig absolut fahruntüchtig. Die ihm rund zwei Stunden nach der Kollision entnommene Blutprobe ergab eine BAK von 1,68 Promille.
Unabhängig von der Frage, ob der Kläger aktiv in den Pkw des Zeugen B. stieg oder gesetzt wurde, ist festzustellen, dass die Mitfahrt mit einem alkoholbedingt Fahruntüchtigen einen Verstoß gegen die eigenen Obliegenheiten darstellt, da mit einer solchen Fahrt eine erhöhte Unfallwahrscheinlichkeit einhergeht (ständige Rechtsprechung, vgl. nur BGH Urteil v. 10.07.1979, VI ZR 223/87, Juris Rn. 10; OLG Karlsruhe, Urteil v. 30.01.2009, 1 U 192/08, Juris Rn. 25)."
vgl. OLG Schleswig, Beschluss vom 08.04.2021 - 7 U 2/20
typische alkoholbedingte Fahrfehler: Abkommen von Straße, verspätete Reaktion
"Als typische alkoholbedingte Fahrfehler sind etwa das Abkommen von der Straße ohne ersichtlichen Grund bei einfacher Verkehrssituation (Brandenburgisches Oberlandesgericht, Urteil vom 8. Januar 2020 - 11 U 197/18, juris; OLG Hamm, Urteil vom 30. Januar 1981 - 20 U 229/80, VersR 1981, 924), aber auch das......." [vollständiges Zitat anzeigen]
"Als typische alkoholbedingte Fahrfehler sind etwa das Abkommen von der Straße ohne ersichtlichen Grund bei einfacher Verkehrssituation (Brandenburgisches Oberlandesgericht, Urteil vom 8. Januar 2020 - 11 U 197/18, juris; OLG Hamm, Urteil vom 30. Januar 1981 - 20 U 229/80, VersR 1981, 924), aber auch das deutlich verspätete Erkennen von Hindernissen oder Gefahrenmomenten und die damit verbundene verzögerte oder überzogene Reaktion des alkoholisierten Fahrers gewertet worden (vgl. die Nachweise bei Klimke in Prölss/Martin, VVG, 31. Aufl. 2021, AKB 2015 A.2.9 Rdn. 52)."
vgl. Saarländisches OLG, Urteil vom 12.10.2022 - 5 U 22/22
§§ 827 bis 829 BGB sind auf Mitverschulden nach § 254 BGB entsprechend anwendbar
"Dabei sind im Rahmen des § 254 Abs. 1 BGB die §§ 827 bis 829 BGB entsprechend anwendbar (allg. Meinung, vgl. nur Palandt-Grüneberg, BGB, 80. Aufl. § 254 Rn. 9 m. w. N.).. 9 m. w. N.)." [vollständiges Zitat anzeigen]
"Dabei sind im Rahmen des § 254 Abs. 1 BGB die §§ 827 bis 829 BGB entsprechend anwendbar (allg. Meinung, vgl. nur Palandt-Grüneberg, BGB, 80. Aufl. § 254 Rn. 9 m. w. N.)."
vgl. OLG Schleswig, Beschluss vom 08.04.2021 - 7 U 2/20