1/3 Mitverschulden, wer unangeschnallt bei einem Fahruntüchtigen einsteigt
"Dabei sind im Rahmen des § 254 Abs. 1 BGB die §§ 827 bis 829 BGB entsprechend anwendbar (allg. Meinung, vgl. nur Palandt-Grüneberg, BGB, 80. Aufl. § 254 Rn. 9 m. w. N.).
Zum ma��geblichen Zeitpunkt, dem Zusteigen in das Fahrzeug des absolut fahruntüchtigen Zeugen B., befand sich der Kläger aufg......." [vollständiges Zitat anzeigen]
"Dabei sind im Rahmen des § 254 Abs. 1 BGB die §§ 827 bis 829 BGB entsprechend anwendbar (allg. Meinung, vgl. nur Palandt-Grüneberg, BGB, 80. Aufl. § 254 Rn. 9 m. w. N.).
Zum maßgeblichen Zeitpunkt, dem Zusteigen in das Fahrzeug des absolut fahruntüchtigen Zeugen B., befand sich der Kläger aufgrund seiner eigenen Alkoholisierung - die ihm rund zwei Stunden nach dem Unfall entnommene Blutprobe ergab eine BAK von 1,71 Promille - in einem vorübergehend die freie Willensbestimmung ausschließenden Zustand krankhafter Störung der Geistestätigkeit. Bewusstlos hingegen war der Kläger nach seinen eigenen Angaben vor dem Landgericht nicht. Allerdings ist gemäß § 827 Satz 2 BGB derjenige, der sich durch geistige Getränke in einen vorübergehenden Zustand dieser Art versetzt hat, in gleicher Weise verantwortlich, wie wenn ihm Fahrlässigkeit zur Last fiele, es sei denn, er ist ohne Verschulden in diesen Zustand geraten (vgl. OLG Karlsruhe, a. a. O., Juris Rn. 12).
Nach dem Vorbringen des Klägers aus der Berufungsbegründung, wonach er über einen längeren Zeitraum alkoholische Getränke zu sich genommen habe - wobei dieser Vortrag im Gegensatz zu seinen Angaben im Rahmen der persönlichen Anhörung vor dem Landgericht steht, denn dort hat er bekundet, keinen Alkohol mehr getrunken zu haben - ergibt sich allerdings in beiden Vortragsvarianten nichts dafür, dass der Kläger unverschuldet in den vorgenannten Zustand geraten wäre. Der Konsum alkoholischer Getränken - in welchem Umfang auch immer - erfolgte freiwillig und der Alkoholisierungsgrad ist unstreitig. Von einer Alkoholkrankheit und/oder regelmäßigem Alkoholkonsum vor dem Unfall ist nichts bekannt.
Demnach fällt dem Kläger ein fahrlässiges Mitverschulden zur Last.
Wenn das Landgericht das Mitverschulden des Klägers insgesamt mit einem Drittel bemessen hat, ist dies nicht zu beanstanden und liegt im Bereich dessen, was gemeinhin in derartigen Fällen obergerichtlich ausgeurteilt wird (vgl. nur OLG Karlsruhe a. a. O., KG, Urteil v. 12.01.2006, 12 U 261/04; OLG Frankfurt, Urteil v. 04.11.2011, 25 U 77/10).""
vgl. OLG Schleswig, Beschluss vom 08.04.2021 - 7 U 2/20
betrunkener Fußgänger ist grundsätzlich verantwortlich
"Soweit die Klägerin erstmals mit der Berufungsbegründung im Hinblick auf die Zurechnungsfähigkeit des Versicherungsnehmers und Geschädigten geltend macht, der Geschädigte sei volltrunken gewesen und ihm habe jegliches Bewusstsein für sein Handeln gefehlt, führt dieser Vortrag nicht zum Ausschluss ......." [vollständiges Zitat anzeigen]
"Soweit die Klägerin erstmals mit der Berufungsbegründung im Hinblick auf die Zurechnungsfähigkeit des Versicherungsnehmers und Geschädigten geltend macht, der Geschädigte sei volltrunken gewesen und ihm habe jegliches Bewusstsein für sein Handeln gefehlt, führt dieser Vortrag nicht zum Ausschluss des Mitverschuldens des Geschädigten; denn selbst wenn sich der Geschädigte beim Legen auf die Fahrbahn aufgrund seiner Alkoholisierung in einem vorübergehend die freie Willensbestimmung ausschließenden Zustand krankhafter Störung der Geistestätigkeit befunden hätte, vermag ihn das nicht zu entlasten.
Hinsichtlich der Bewertung der Zurechnungsfähigkeit als Voraussetzung des Mitverschuldens gelten nämlich die §§ 827, 828 BGB entsprechend (vgl. MüKoBGB/Oetker, 9. Aufl. 2022, BGB § 254 Rn. 34; Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht, Urteil vom 11. Februar 2021 - 7 U 147/20 -, Rn. 35, juris).
Analog § 827 S. 2 BGB bleibt die Zurechnungsfähigkeit erhalten, wenn sich der Geschädigte selbstverschuldet in einen Zustand versetzt hat, der die freie Willensbildung ausschließt (vgl. OLG Karlsruhe, Beschluss vom 4. November 2013 - 1 U 35/13 -, Rn. 12, juris, m.w.N.; MüKoBGB/Oetker, 9. Aufl. 2022, BGB § 254 Rn. 34). Entsprechend § 827 S. 2 BGB wird der Mitverschuldensvorwurf also vorverlagert und zielt auf die Tatsache ab, dass der Geschädigte zumindest fahrlässig eine Situation herbeigeführt hat, in der er nicht mehr die zum Selbstschutz erforderliche Einsichtsfähigkeit hatte (vgl. Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht, Beschluss vom 8. April 2021 - 7 U 2/20 -, juris; OLG Karlsruhe, Urteil vom 30. Januar 2009 - 1 U 192/08 -, Rn. 25, juris).
Diesen Grundsätzen folgend ist der Mitverschuldensvorwurf im Hinblick auf den Versicherungsnehmer der Klägerin auf den Trinkbeginn vorverlagert. Der Versicherungsnehmer der Klägerin hat durch den Konsum alkoholischer Getränke im Verlauf des Abends zumindest fahrlässig einen Zustand herbeigeführt, in dem er nicht mehr die zum Selbstschutz erforderliche Einsichtsfähigkeit zur Bewegung im Straßenverkehr besaß. Aus der beigezogenen Akte der Staatsanwaltschaft Arnsberg (Az.: 470 Js 275/17) ergibt sich, dass der Versicherungsnehmer an dem Abend bis 02:00 Uhr Alkohol konsumierte. Bei der Blutentnahme mindestens zehn Stunden nach dem Trinkende - sowie auch mindestens fünf Stunden nach dem Unfall - wies er noch eine Blutalkoholkonzentration von 0,92 Promille auf. Dafür, dass der Versicherungsnehmer der Klägerin ohne sein Verschulden in den Zustand alkoholbedingter Intoxikation geraten ist, ergibt sich nichts. Anhaltspunkte dazu, dass der Versicherungsnehmer der Klägerin sich infolge einer schweren Alkoholkrankheit dem Konsum alkoholischer Getränke bis zur Volltrunkenheit nicht zu entziehen vermochte, hat die Klägerin weder dargetan noch ist dies sonst ersichtlich."