grundsätzlich haften Auffahrender und Überholer allein
"Ausgehend von der grundsätzlichen Alleinhaftung des Auffahrenden wie des Überholers kommt eine Mithaftung nämlich regelmäßig nur bei vorwerfbarem Fehlverhalten in Betracht (Grüneberg, Haftungsquoten bei Verkehrsunfällen, 17. Auflage 2022, Rn. 115 und N01, beckonline), welches hier - wie dargestell......." [vollständiges Zitat anzeigen]
"Ausgehend von der grundsätzlichen Alleinhaftung des Auffahrenden wie des Überholers kommt eine Mithaftung nämlich regelmäßig nur bei vorwerfbarem Fehlverhalten in Betracht (Grüneberg, Haftungsquoten bei Verkehrsunfällen, 17. Auflage 2022, Rn. 115 und N01, beckonline), welches hier - wie dargestellt - auf Seiten des Zeugen R1. nicht vorliegt."
vgl. LG Münster, Urteil vom 11.07.2024 - 8 O 7/22
"Hinzukommt, dass in der Regel die Betriebsgefahr desjenigen, der - wie hier die Beklagte zu 1) - unter Außerachtlassung der Sorgfalt des § 9 Abs. 5 StVO in ein Grundstück abbiegen will, in der Regel doppelt so hoch zu bewerten ist wie die Betriebsgefahr desjenigen, der den Abbieger in unzulässiger We......." [vollständiges Zitat anzeigen]
"Hinzukommt, dass in der Regel die Betriebsgefahr desjenigen, der - wie hier die Beklagte zu 1) - unter Außerachtlassung der Sorgfalt des § 9 Abs. 5 StVO in ein Grundstück abbiegen will, in der Regel doppelt so hoch zu bewerten ist wie die Betriebsgefahr desjenigen, der den Abbieger in unzulässiger Weise überholt (Senat, Urteil vom 06.05.2014, I-1 U 32/13, juris, Rn. 10). Zudem hat die Beklagte zu 1) über eine Sperrfläche hinweg abbiegen wollen und musste auch mit Verkehr auf der Sperrfläche rechnen. Denn unstreitig fuhren dort Straßenbahnen; die Sperrfläche war sogar eingerichtet, damit diese störungsfrei fahren konnten. Auf Seiten des Klägers ist allerdings zu berücksichtigen, dass er ebenfalls über die Sperrfläche gefahren ist. Weiter ist er zu schnell gefahren. Entgegen seiner Ansicht handelt es sich auch nicht um eine zu vernachlässigende Geschwindigkeitsüberschreitung. Sie betrug immerhin etwa 15 %, wenn es auch in absoluten Zahlen nur 8 km/h waren, wobei sich bei der Verursachung maßgeblich der erhebliche Geschwindigkeitsüberschuss gegenüber dem stockenden Verkehr ausgewirkt hat.
Insgesamt hält der Senat daher bei der Abwägung im Rahmen des § 17 Abs. 1 und Abs. 2 StVG eine Quote von 40 % zu 60 % zu Lasten der Beklagten für angemessen.
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vgl. OLG Düsseldorf, Urteil vom 24.09.2019 - 1 U 82/18
kein faktisches Überholverbot wg. notwendigen Geschwindigkeitsverstoßes
"Der Umstand, dass der Kläger nur unter Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h überholen konnte, ist im Rahmen der Abwägung nach § 17 Abs. 1 und 2 StVO nicht zu Lasten des Klägers zu berücksichtigen.
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Soweit aus dem Umstand, dass ein Überholvorgang nur unter Ü......." [vollständiges Zitat anzeigen]
"Der Umstand, dass der Kläger nur unter Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h überholen konnte, ist im Rahmen der Abwägung nach § 17 Abs. 1 und 2 StVO nicht zu Lasten des Klägers zu berücksichtigen.
Soweit aus dem Umstand, dass ein Überholvorgang nur unter Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit möglich ist, auf ein sog. faktisches Überholverbot geschlossen wird (so OLG Schleswig, Urteil vom 29.11.1995 - 9 U 50/95); OLG München NJW 1966, 1270; Heß, in: Burmann/Heß/Jahnke/Janker, Straßenverkehrsrecht, 22. A. 2012, § 5 Rn. 23) findet eine solche Konzeption nach Ansicht des Senats keine hinreichende Stütze im Gesetz: Insbesondere findet sich eine solche nicht in § 5 StVO. § 5 Abs. 2 StVO normiert lediglich, dass neben dem Ausschluss einer Behinderung des Gegenverkehrs mit wesentlich höherer Geschwindigkeit zu überholen ist. Der Katalog der Überholverbote in § 5 Abs. 3 StVO greift ebenfalls nicht.
Nach der Konzeption der §§ 5 und 3 StVO trifft vielmehr denjenigen, der nur unter Überschreiten der zulässigen Höchstgeschwindigkeit überholt, "lediglich" der Vorwurf, gegen § 3 StVO zu verstoßen. Damit lässt sich die Konzeption eines "faktischen Überholverbots" allein damit begründen, dass der Unfall sich nicht ereignet hätte, wenn der Kläger die zulässige Höchstgeschwindigkeit eingehalten hätte, schlicht weil er dann geschwindigkeitsbedingt nicht hätte überholen können. Eine solche Sichtweise vernachlässigt aber, dass sich die Kollision nach den Feststellungen des Sachverständigen auch bei Einhalten der zulässigen Höchstgeschwindigkeit durch den Kläger ereignet hätte, die Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit also gerade nicht kausal geworden ist. Bei einer solchen Konstellation verbietet sich nach Auffassung des Senats jedenfalls die Annahme eines faktischen Überholverbots."
vgl. OLG Hamm, Urteil vom 04.02.2014 - 9 U 149/13
unklare Verkehrslage bei langsamem, blinkenden Fahrzeug
"unter Berücksichtigung der an der Unfallstelle zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h sowie dem Umstand, dass das Fahrzeug links geblinkt hat und sich auch zur Mitte hin eingeordnet hatte, lag für den Beklagten zu 1) in jedem Fall eine unklare Verkehrssituation vor, so dass er nicht ohne weite......." [vollständiges Zitat anzeigen]
"unter Berücksichtigung der an der Unfallstelle zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h sowie dem Umstand, dass das Fahrzeug links geblinkt hat und sich auch zur Mitte hin eingeordnet hatte, lag für den Beklagten zu 1) in jedem Fall eine unklare Verkehrssituation vor, so dass er nicht ohne weiteres mit seinem Motorrad zum Überholen ansetzen durfte, sondern vielmehr eine Zeit hinter dem "....." herfahren müssen, um zu eruieren, welche Absichten der Kläger hegt."
vgl. LG Kassel, Urteil vom 23.11.2016 - 6 O 253/15
Voraussetzungen des Überholverbots bei unklarer Verkehrslage
"a) Ein Verstoß gegen ein Überholverbot nach § 5 Abs. 3 Nr. 1 StVO liegt nicht vor. Diese Vorschrift bestimmt ein Überholverbot bei unklarer Verkehrslage. Unklar ist die Verkehrslage, wenn nach allen objektiven Umständen - nicht nach dem Gefühl des Überholwilligen - mit einem gefahrlosen Überholen......." [vollständiges Zitat anzeigen]
"a) Ein Verstoß gegen ein Überholverbot nach § 5 Abs. 3 Nr. 1 StVO liegt nicht vor. Diese Vorschrift bestimmt ein Überholverbot bei unklarer Verkehrslage. Unklar ist die Verkehrslage, wenn nach allen objektiven Umständen - nicht nach dem Gefühl des Überholwilligen - mit einem gefahrlosen Überholen nicht gerechnet werden darf, etwa weil sich nicht verlässlich beurteilen lässt, was der Vorausfahrende sogleich tun wird (vgl. Hentschel aaO § 5 StVO Rn. 34 mwN.). Das ist nicht schon dann der Fall, wenn der Vorausfahrende - auch bei einer sich nähernden Einmündung von links - seine Geschwindigkeit stark herabsetzt (vgl. nur Kammer, Urteil vom 14.05.2010 - 13 S 11/10; Hinweisbeschluss vom 22.07.2010 - 13 S 70/10, jeweils mwN.). Unklar wird die Verkehrslage erst, sobald weitere besondere Umstände hinzutreten, wenn etwa der Vorausfahrende neben dem Einordnen zur Fahrbahnmitte auch den linken Fahrtrichtungsanzeiger betätigt (vgl. Kammer, Urteil vom 14.05.2010 aaO; Hentschel aaO Rn. 35, jeweils mwN.)."
vgl. LG Saarbrücken, Urteil vom 01.07.2011 - 13 S 61/11