Spurwechsel nur unter Beachtung de Sicherheitsabstands statthaft
"Daraus, dass der Beklagte Ziff. 1 weiter vorträgt, er sei schneller gefahren als der Kläger (S. 3 der Berufungsbegründung), ist abzuleiten, dass die Ausgangsgeschwindigkeit des Beklagten Ziff. 1 etwa 30 bis 40 km/h betragen haben muss. Nach der Grundregel halber Tachowert als einzuhaltender Mindesta......." [vollständiges Zitat anzeigen]
"Daraus, dass der Beklagte Ziff. 1 weiter vorträgt, er sei schneller gefahren als der Kläger (S. 3 der Berufungsbegründung), ist abzuleiten, dass die Ausgangsgeschwindigkeit des Beklagten Ziff. 1 etwa 30 bis 40 km/h betragen haben muss. Nach der Grundregel halber Tachowert als einzuhaltender Mindestabstand (BGH NJW 1968, 450; Hentschel/König/Dauer, a.a.O., § 2 StVO Rn. 6) hätte daher eine Lücke von ca. 30 m vorhanden sein müssen, um einen ausreichenden Sicherheitsabstand nach vorn und nach hinten einhalten zu können."
vgl. OLG Stuttgart, Urteil vom 07.04.2010 - 3 U 216/09
Vorbeifahren am Bus: nur mit sofortiger Reaktionsmöglichkeit
"Zwar durfte der Beklagte zu 1 nach § 20 Abs. 1 StVO an sich vorsichtig an dem noch haltenden Bus vorbeifahren, musste sich dabei jedoch im vorliegenden Einzelfall nach § 3 Abs. 2a StVO so verhalten, dass eine Gefährdung des Klägers ausgeschlossen war. Im Hinblick auf die wahrgenommenen Kinder, die au......." [vollständiges Zitat anzeigen]
"Zwar durfte der Beklagte zu 1 nach § 20 Abs. 1 StVO an sich vorsichtig an dem noch haltenden Bus vorbeifahren, musste sich dabei jedoch im vorliegenden Einzelfall nach § 3 Abs. 2a StVO so verhalten, dass eine Gefährdung des Klägers ausgeschlossen war. Im Hinblick auf die wahrgenommenen Kinder, die aus dem Bus ausgestiegen waren, war zudem nach § 1 StVO besondere Vorsicht und Rücksichtnahme geboten, um die Kinder nicht zu gefährden (vgl. zur Vorbeifahrt an einem Müllfahrzeug zuletzt BGH Urt. v. 12.12.2023 - VI ZR 77/23, BeckRS 2023, 40253 Rn. 22-24 m. w. N.). Die Geschwindigkeit ist jedenfalls soweit zu drosseln, dass der Verkehrsteilnehmer sein Fahrzeug notfalls sofort zum Stehen bringen kann (vgl. BGH Urt. v. 12.12.2023 - VI ZR 77/23, BeckRS 2023, 40253 Rn. 23 m. w. N.)."
vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 27.02.2024 - 7 U 120/22
Vorbeifahren an Bussen: 30 km/h erhöhen die Betriebsgefahr
"Dies war vorliegend der Fall. Bereits aus dem Wortlaut des § 20 Abs. 1 StVO folgt, dass an haltenden Linienomnibussen nur vorsichtig vorbeizufahren ist. Dies intendiert die gesetzgeberische Wertung, welche beinhaltet, dass es sich dabei um ein Fahrmanöver handelt, aus welchem eine abstrakt erhöhte Gef......." [vollständiges Zitat anzeigen]
"Dies war vorliegend der Fall. Bereits aus dem Wortlaut des § 20 Abs. 1 StVO folgt, dass an haltenden Linienomnibussen nur vorsichtig vorbeizufahren ist. Dies intendiert die gesetzgeberische Wertung, welche beinhaltet, dass es sich dabei um ein Fahrmanöver handelt, aus welchem eine abstrakt erhöhte Gefährlichkeit erwächst. Zu der dem Kraftfahrzeug ohnehin innewohnenden Betriebsgefahr von 20 % (st. Rspr. u.a. des Senats, vgl. etwa Urteil vom 15.05.2018 – 14 U 175/17 – juris, Urteil vom 27.09.2001 – 14 U 296/00 – juris) kommt insoweit ein weiterer gefahrträchtiger Umstand hinzu.
Dieser Umstand war auch erwiesenermaßen ursächlich für den Schaden, ansonsten hätte er außer Ansatz bleiben müssen (vgl. BGH, Urteile vom 10. Januar 1995 - VI ZR 247/94, VersR 1995, 357 f.; vom 21. November 2006 - VI ZR 115/05, VersR 2007, 263 Rn. 15 m.w.N.; König, in: Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, Kommentar, 45. Aufl. 2019, § 17 StVG Rn. 5 f. m.w.N.), was eine erhöhte Betriebsgefahr des klägerischen Fahrzeugs in dieser konkreten Unfallsituation rechtfertigt.
Ausgehend von der gesetzgeberischen Wertung einer abstrakten Gefährdungssituation hat sich diese ausgewirkt, indem es zu einer Kollision zwischen dem vorbeifahrenden klägerischen Fahrzeug und dem Linienbus gekommen ist, der in den fließenden Verkehr einfahren wollte. Der Kläger ist insoweit mit den gutachterlich festgestellten 30 km/h zwar noch „vorsichtig“ im Sinne des § 20 Abs. 1 StVO gefahren, so dass ihm kein Verschulden zur Last gelegt werden kann. Er hatte mit dieser Geschwindigkeit aber dennoch die Obergrenze der vom Gesetzgeber geforderten vorsichtigen Fahrweise erreicht, was sich in der konkreten Situation gefahrerhöhend niedergeschlagen hat. Denn er konnte mit der gefahrenen Geschwindigkeit nicht mehr unfallvermeidend reagieren, als der Linienbus zum Einfahren in den fließenden Verkehr angesetzt hat, und ist seitlich in den Linienomnibus hineingefahren."
vgl. OLG Celle, Urteil vom 10.11.2021 - 14 U 96/21