Anscheinsbeweis beim Rückwärtsfahren geilt auch im Fall eines verkehrsberuhigten Bereichs / Parkplatzes ( § 1 Abs. 2 StVO)
"Dabei kann hier dahingestellt bleiben, ob, wie es das Erstgericht angenommen hat, § 9 Abs. 5 Straßenverkehrsordnung (StVO) unmittelbar zur Anwendung kommt, oder ob sich in einem, wie hier, verkehrsberuhigten Bereich i.S.d. § 42 StVO Zeichen 325.1/325.2 ein entsprechender Verstoß aus dem allgemeinen R......." [vollständiges Zitat anzeigen]
"Dabei kann hier dahingestellt bleiben, ob, wie es das Erstgericht angenommen hat, § 9 Abs. 5 Straßenverkehrsordnung (StVO) unmittelbar zur Anwendung kommt, oder ob sich in einem, wie hier, verkehrsberuhigten Bereich i.S.d. § 42 StVO Zeichen 325.1/325.2 ein entsprechender Verstoß aus dem allgemeinen Rücksichtnahmegebot des § 1 Abs. 2 StVO ableiten lässt, das etwa auf Parkplätzen, die ähnlich wie ein verkehrsberuhigter Bereich nicht dem fließenden Verkehr gewidmet sind, heranzuziehen ist (vgl. dazu etwa König in Hentschel u.a., Straßenverkehrsrecht 46. Aufl., § 42 StVO Rn. 181 mwN.). Denn auch soweit ein Verstoß gegen § 1 Abs. 2 StVO betroffen ist, gilt hier ein Anscheinsbeweis für ein Verschulden des Rückwärtsfahrenden, wenn - wie hier - feststeht, dass das rückwärtsfahrende Fahrzeug im Kollisionszeitpunkt in Bewegung war (vgl. BGH, Urteil vom 11.10.2016 - VI ZR 66/16, VersR 2017, 186 mwN)."
vgl. LG Saarbrücken, Urteil vom 20.01.2023 - 13 S 60/22
Anscheinsbeweis gegen den rückwärts Ausparkenden
"Wer - wie die Klägerin - rückwärts ausparkt, hat nach § 10 Satz 1 StVO jede Gefährdung des fließenden Verkehrs auszuschließen. Zu den anderen Straßenteilen im Sinne dieser Vorschrift zählen anerkanntermaßen auch Parkplätze oder Parkstreifen (Scholten in Freymann/Wellner, jurisPK-Straßenverkeh......." [vollständiges Zitat anzeigen]
"Wer - wie die Klägerin - rückwärts ausparkt, hat nach § 10 Satz 1 StVO jede Gefährdung des fließenden Verkehrs auszuschließen. Zu den anderen Straßenteilen im Sinne dieser Vorschrift zählen anerkanntermaßen auch Parkplätze oder Parkstreifen (Scholten in Freymann/Wellner, jurisPK-Straßenverkehrsrecht 1. Aufl. § 10 StVO Rn. 33). Eine Wiedereingliederung des anfahrenden Fahrzeugs in den fließenden Verkehr ist erst dann beendet, wenn es sich endgültig in den fließenden Verkehr eingeordnet hat und jede Auswirkung des Anfahrvorganges auf das weitere Verkehrsgeschehen ausgeschlossen ist (OLG Hamm, Urteil vom 27.03.2015 - I-11 U 44/14, juris Rn. 6). Der von § 10 Satz 1 StVO geforderte Gefährdungsausschluss ist der höchste Sorgfaltsmaßstab, den das deutsche Straßenverkehrsrecht kennt (Senat r + s 2018, 37, 38 Rn. 36). Kommt es zu einem Unfall mit dem bevorrechtigten fließenden Verkehr, spricht der Anscheinsbeweis für das Alleinverschulden des rückwärts Ausparkenden (OLG Frankfurt a. M. VersR 1982, 1079). In diesen Fällen reicht zur Begründung des Anscheinsbeweises die Feststellung aus, dass es in einem engen zeitlichen und räumlichen Zusammenhang mit dem Einfahren zu einem Zusammenstoß gekommen ist (Scholten in Freymann/Wellner, aaO Rn. 60). Hierbei kommt es nicht darauf an, ob das einfahrende Fahrzeug im Zeitpunkt der Kollision steht oder sich in Bewegung befindet (OLG Celle NZV 2006, 309; Burmann in Burmann/Heß/Hühnermann/Jahnke, Straßenverkehrsrecht 26. Aufl. § 10 StVO Rn. 8). § 10 StVO knüpft nicht an eine ununterbrochene Bewegung des Einfahrenden an, sondern an das Eindringen aus einem Grundstück auf eine dem durchgehenden Verkehr dienende Fahrbahn, welches erst dann beendet ist, wenn sich das Fahrzeug endgültig in den fließenden Verkehr eingeordnet hat oder wenn es auf der Straße wieder verkehrsgerecht abgestellt ist (OLG Celle NZV 2006, 309)."
vgl. Saarländisches OLG, Urteil vom 13.08.2020 - 4 U 6/20
Anscheinsbeweis gegen den Rückwärtsfahrenden auch auf einem Parkplatz
"Mittelbare Bedeutung erlangt § 9 Abs. 5 StVO aber über § 1 StVO. Entsprechend der Wertung des § 9 Abs. 5 StVO muss sich auch derjenige, der auf einem Parkplatz rückwärts fährt, so verhalten, dass er sein Fahrzeug notfalls sofort anhalten kann (Senat aaO). Kollidiert der Rückwärtsfahrende mit ein......." [vollständiges Zitat anzeigen]
"Mittelbare Bedeutung erlangt § 9 Abs. 5 StVO aber über § 1 StVO. Entsprechend der Wertung des § 9 Abs. 5 StVO muss sich auch derjenige, der auf einem Parkplatz rückwärts fährt, so verhalten, dass er sein Fahrzeug notfalls sofort anhalten kann (Senat aaO). Kollidiert der Rückwärtsfahrende mit einem anderen Fahrzeug, so können zugunsten desjenigen, der sich auf ein unfallursächliches Verschulden des Rückwärtsfahrenden beruft, die Grundsätze des Anscheinsbeweises zur Anwendung kommen. Steht fest, dass sich die Kollision beim Rückwärtsfahren ereignete, der Rückwärtsfahrende zum Kollisionszeitpunkt selbst also noch nicht stand, so spricht auch bei Parkplatzunfällen ein allgemeiner Erfahrungssatz dafür, dass der Rückwärtsfahrende der dargestellten Sorgfaltspflicht nicht nachgekommen ist und den Unfall dadurch (mit)verursacht hat (vgl. Senat aaO, Rn. 14 f.)."