Auch das Öffnen der Tür durch Beifahrer gehört zur Betriebsgefahr
"Anders als die Beklagte meint, muss sie auch für das Verhalten des Bruders ihres Versicherungsnehmers einstehen. Die Beklagte verkennt insoweit, dass der Klägerin ein Anspruch aus § 7 Abs. 1 StVG gegen den Fahrzeughalter selbst zusteht, dessen Risiko wiederum durch die Beklagte als Kfz-Haftpflichtvers......." [vollständiges Zitat anzeigen]
"Anders als die Beklagte meint, muss sie auch für das Verhalten des Bruders ihres Versicherungsnehmers einstehen. Die Beklagte verkennt insoweit, dass der Klägerin ein Anspruch aus § 7 Abs. 1 StVG gegen den Fahrzeughalter selbst zusteht, dessen Risiko wiederum durch die Beklagte als Kfz-Haftpflichtversicherer gedeckt ist (vgl. AKB 2008 A.1.2).
aa) Der Versicherungsnehmer der Beklagten hat als Kfz-Halter vorliegend für die Folgen des streitgegenständlichen Unfallgeschehens gemäß § 7 Abs. 1 StVG einzustehen, weil der Schaden beim Betrieb des Beklagtenfahrzeugs entstanden ist und Umstände, die die Haftung des Halters ausschließen könnten, nicht nachgewiesen sind. Insbesondere hat die Beklagte den Unabwendbarkeitsnachweis nach § 17 Abs. 3 StVG nicht erbracht. Der Umstand, dass vorliegend ein Fahrzeuginsasse, der weder Halter noch Fahrer des Fahrzeugs war, den Unfall durch das Öffnen der Beifahrertür verursacht hat, steht dem nicht entgegen. Dies gilt schon deshalb, weil nicht ausgeschlossen werden kann, dass ein Idealfahrer das Beklagtenfahrzeug so abgestellt hätte, dass ein Aussteigen auf Beifahrerseite problemlos, mithin ohne jegliche Gefährdung des daneben stehenden klägerischen Fahrzeugs, möglich gewesen wäre. Insoweit bedarf es hier auch keiner Entscheidung, ob ein besonders sorgfältiger Kraftfahrer grundsätzlich verpflichtet ist, einen Insassen vor dem Aussteigen zu besonderer Vorsicht zu mahnen (so etwa OLG München, VersR 1996, 1036; AG Frankfurt/Oder, Zfs 2002, 66).
bb) Entgegen der Auffassung der Berufung besteht auch kein Anlass für eine weitergehende Beschränkung der Halterhaftung nach § 7 Abs. 1 StVG unter teleologischen Gesichtspunkten. Denn das Risiko, das sich durch das (unvorsichtige) Türöffnen verwirklicht hat, ist typischer Bestandteil der von einem Kfz ausgehenden Betriebsgefahr und damit vom Schutzzweck der Gefährdungshaftung erfasst, unabhängig davon, ob das Öffnen der Tür durch den Halter, Fahrer oder einen sonstigen Insassen erfolgt. Der gesetzgeberische Zweck der Gefährdungshaftung nach § 7 Abs. 1 StVG liegt nämlich nicht im Ausgleich für Verhaltensunrecht, sondern für Schäden aus den Gefahren - auch eines zulässigen - Kraftfahrzeugbetriebs (vgl. stellv. nur BGHZ 117, 337; Hentschel aaO § 7 StVG Rn. 1). Es ist deshalb weitgehend anerkannt, dass der Halter und dessen Kfz-Haftpflichtversicherer grundsätzlich auch für die Unfallschäden nach §§ 7 Abs. 1 StVG, § 115 VVG einzustehen haben, die ein Insasse des Fahrzeugs durch das Öffnen der Beifahrertür verursacht (vgl. OLG München, VersR 1966, 987; 1996, 1036; OLG Hamm, MDR 2000, 156 unter Gründe B.II.1.; KG, RuS 2011, 174; LG Nürnberg-Fürth, Schaden-Praxis 1992, 92; LG Hanau, Schaden-Praxis 1992, 92; AG Köln, VersR 1988, 1079; AG Frankfurt/Oder, Zfs 2002, 66; Wussow/Fad aaO Kap. 17 Rn. 86; Stiefel/Maier aaO AKB A.1.2 Rn. 15; Lemcke, RuS 2011, 176; vgl. hierzu auch BGH, Urteil vom 6. Oktober 2009 aaO; a.A. AG Frankfurt, Urteil vom 16. April 2014 - 31 C 1233/13 (16))."
vgl. LG Saarbrücken, Urteil vom 20.11.2015 - 13 S 117/15
Betriebsgefahr - Türöffnen gehört dazu
"Das Kraftfahrzeug des Beklagten Ziff. 1 befand sich im Betrieb im Sinne von § 7 Abs. 1 StVG, denn der Schaden an dem PKW des Klägers ist durch die dem KFZ-Betrieb typisch innewohnende Gefährlichkeit adäquat verursacht worden, die von dem Fahrzeug ausgehenden Gefahren haben sich bei seiner Entstehung ......." [vollständiges Zitat anzeigen]
"Das Kraftfahrzeug des Beklagten Ziff. 1 befand sich im Betrieb im Sinne von § 7 Abs. 1 StVG, denn der Schaden an dem PKW des Klägers ist durch die dem KFZ-Betrieb typisch innewohnende Gefährlichkeit adäquat verursacht worden, die von dem Fahrzeug ausgehenden Gefahren haben sich bei seiner Entstehung ausgewirkt (vgl. Jagusch/Hentschel, Straßenverkehrsrecht, 37. Aufl., § 7 StVG Rn. 4/ 8)."
vgl. LG Karlsruhe, Urteil vom 01.09.2006 - 3 O 390/05
Betriebsgefahr kann bei länger geöffneter Tür zurücktreten
"Die Betriebsgefahr des klägerischen Fahrzeugs tritt vollständig hinter den Verstoß des Beklagten zu 1) gegen das allgemeine Rücksichtsgebot gemäß § 1 Abs. 2 StVO zurück. Der Beklagte hat im Rahmen seiner informatorischen Anhörung selbst erklärt, dass er die Tür nicht gesehen habe und er schuld......." [vollständiges Zitat anzeigen]
"Die Betriebsgefahr des klägerischen Fahrzeugs tritt vollständig hinter den Verstoß des Beklagten zu 1) gegen das allgemeine Rücksichtsgebot gemäß § 1 Abs. 2 StVO zurück. Der Beklagte hat im Rahmen seiner informatorischen Anhörung selbst erklärt, dass er die Tür nicht gesehen habe und er schuld gewesen sei. Er sei drauf gefahren. Insbesondere spricht für eine Unaufmerksamkeit, dass er nach seiner eigenen Erklärung aufgrund der Baustelle 30-40 km/h gefahren ist. Trotz dieser geringen Geschwindigkeit hat er die über einen längeren Zeitraum geöffnete Fahrzeugtür nicht erkannt. Zwar ist das klägerische Fahrzeug ein schwarzer Golf, aber die Straße ist an der Unfallstelle gerade. Zudem war die Fahrzeugtür von innen mit einem Reflektor beleuchtet. Aufgrund dieser Gesamtumstände ist das Gericht, unabhängig von den Wetterbedingungen, von guten Sichtverhältnissen überzeugt."
vgl. LG Aachen, Urteil vom 23.02.2023 - 1 O 219/22
Öffnen der Tür gehört - auch auf Privatgrund - zur Betriebsgefahr
"Nach § 115 Abs. 1 Nr. 1 VVG in Verbindung mit § 1 PflVG deckt die Kfz-Haftpflichtversicherung den durch den Gebrauch des Fahrzeugs verursachten Schaden. Der "Gebrauch des Kraftfahrzeugs" in diesem Sinne schließt den "Betrieb" des Kraftfahrzeuges im Sinne des § 7 StVG ein (vgl. BGH, Urteil vom 23. Feb......." [vollständiges Zitat anzeigen]
"Nach § 115 Abs. 1 Nr. 1 VVG in Verbindung mit § 1 PflVG deckt die Kfz-Haftpflichtversicherung den durch den Gebrauch des Fahrzeugs verursachten Schaden. Der "Gebrauch des Kraftfahrzeugs" in diesem Sinne schließt den "Betrieb" des Kraftfahrzeuges im Sinne des § 7 StVG ein (vgl. BGH, Urteil vom 23. Februar 1977 - IV ZR 59/76, VersR 1977, 418 f.; BGHZ 75, 45 ff.; 78, 52 ff.; Beschluss vom 8. April 2008 - VI ZR 229/07 - Schaden-Praxis 2008, 338; Urteil vom 31. Januar 2012 - VI ZR 43/11, VersR 2012, 734 ff.), wozu anerkanntermaßen auch das Öffnen einer Tür beim Aussteigen aus einem Kraftfahrzeug gehört (vgl. BGH, Urteil vom 6. Oktober 2009 - VI ZR 316/08, VersR 2009, 1641; OLG München, VersR 1966, 987; VersR 1996, 1036; KG, RuS 2011, 174; Greger/Zwickel, Haftung des Straßenverkehrs, 5. Aufl., § 3 Rn. 129, § 19 Rn. 11; Wussow/Fad, Unfallhaftpflichtrecht, 16. Aufl., Kapitel 17 Rn. 86; zum Ein- und Aussteigen als Fahrzeuggebrauch vgl. nur Stiefel/Maier aaO AKB A.1.1 Rn. 26). Dass sich der Aussteigevorgang hier auf einer privaten Fläche stattgefunden hat, ändert hieran nichts (vgl. BGH, Urteil vom 25. Oktober 1994 - VI ZR 107/94, VersR 1995, 90; Stiefel/Maier, Kraftfahrtversicherung, 18. Aufl., AKB A.1.1 Rn. 25)."
vgl. LG Saarbrücken, Urteil vom 20.11.2015 - 13 S 117/15