Abrechnung nach Gutachten - Einwände des Schädigers
"c) Der die Reparaturkosten fiktiv abrechnende Geschädigte leistet dem Gebot der Wirtschaftlichkeit nach § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB im Allgemeinen Genüge, wenn er der Schadensabrechnung die üblichen Stundenverrechnungssätze einer markengebundenen Fachwerkstatt zugrunde legt, die ein von ihm eingeschalte......." [vollständiges Zitat anzeigen]
"c) Der die Reparaturkosten fiktiv abrechnende Geschädigte leistet dem Gebot der Wirtschaftlichkeit nach § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB im Allgemeinen Genüge, wenn er der Schadensabrechnung die üblichen Stundenverrechnungssätze einer markengebundenen Fachwerkstatt zugrunde legt, die ein von ihm eingeschalteter Sachverständiger auf dem allgemeinen regionalen Markt ermittelt hat (st. Rspr., vgl. nur Senatsurteile vom 20. Oktober 2009 - VI ZR 53/09, BGHZ 183, 21 Rn. 8; vom 5. Dezember 2017 - VI ZR 24/17, VersR 2018, 237 Rn. 9 mwN). Dasselbe gilt für die Kosten der Ersatzteile und die Frage der Berücksichtigung von UPE-Aufschlägen (Senatsurteil vom 25. September 2018 - VI ZR 65/18, NJW 2019, 852 Rn. 10, 13). Das Gutachten stellt allerdings nur dann eine sachgerechte Grundlage für die gemäß § 287 ZPO vom Tatrichter vorzunehmende Schadensschätzung dar, wenn es hinreichend ausführlich ist und das Bemühen erkennen lässt, dem konkreten Schadensfall vom Standpunkt eines wirtschaftlich denkenden Betrachters gerecht zu werden (vgl. Senatsurteile vom 25. September 2018 - VI ZR 65/18, NJW 2019, 852 Rn. 6; vom 29. April 2003 - VI ZR 398/02, BGHZ 155, 1, 4, juris Rn. 9; vom 20. Juni 1989 - VI ZR 334/88, NJW 1989, 3009, juris Rn. 9). Auch dann legt es aber den zu beanspruchenden Schadensersatz für die Reparatur des beschädigten Kraftfahrzeugs keineswegs bindend fest. Insbesondere ist es dem Schädiger unbenommen, durch substantiierte Einwände die Annahmen des Sachverständigen in Einzelpunkten in Zweifel zu ziehen (Senatsurteil vom 20. Juni 1989 - VI ZR 334/88, NJW 1989, 3009, juris Rn. 11). Dazu kann auch der Einwand gehören, dass in dem Gutachten entgegen dem Grundsatz der subjektbezogenen Schadensbetrachtung die besondere Situation, in der sich der Geschädigte befindet, keine Berücksichtigung gefunden hat (vgl. Senatsurteil vom 25. Juni 2019 - VI ZR 358/18, juris Rn. 20). Kann der Kläger, dem die Darlegungs- und Beweislast für die Höhe des Schadens und damit auch für die Erforderlichkeit des Herstellungsaufwands gemäß § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB obliegt (vgl. nur Senatsurteile vom 19. Januar 2010 - VI ZR 112/09, VersR 2010, 494 Rn. 11 mwN; vom 22. Juli 2014 - VI ZR 357/13, NJW 2014, 3151 Rn. 16), diese Einwände nicht überzeugend ausräumen, läuft er unter Umständen Gefahr, sich in den zweifelhaften Einzelpositionen Abschläge gefallen lassen zu müssen (Senatsurteil vom 20. Juni 1989 - VI ZR 334/88, NJW 1989, 3009, 3010, juris Rn. 14)."
vgl. BGH, Urteil vom 29.10.2019 - VI ZR 45/19
bei fiktiver Abrechnung: volle Beweislast; kein Werkstattrisiko
"Da die Klägerin den Schaden fiktiv abrechnet, kann sie sich insoweit nicht auf ein "Werkstattrisiko" berufen (hierzu zuletzt BGH, Urt. v. 26. April 2022 - VI ZR 147/21, r+s 2022, 478), sondern muss für die von ihr behaupteten als erforderlich behaupteten Reparaturkosten vollen Beweis führen (BGH, Urt........" [vollständiges Zitat anzeigen]
"Da die Klägerin den Schaden fiktiv abrechnet, kann sie sich insoweit nicht auf ein "Werkstattrisiko" berufen (hierzu zuletzt BGH, Urt. v. 26. April 2022 - VI ZR 147/21, r+s 2022, 478), sondern muss für die von ihr behaupteten als erforderlich behaupteten Reparaturkosten vollen Beweis führen (BGH, Urt. v. 23. März 1976 - VI ZR 41/74 -, BGHZ 66, 239-250 juris Rn. 25)."
vgl. LG Nürnberg-Fürth, Endurteil vom 05.01.2023 - 2 O 6786/21
Bei Werkstattrisiko: Beweisaufnahme verboten
"f) Soweit der Schädiger das Werkstattrisiko trägt, verbietet sich im Schadensersatzprozess zwischen Geschädigtem und Schädiger mangels Entscheidungserheblichkeit eine Beweisaufnahme über die objektive Erforderlichkeit der in Rechnung gestellten Reparaturkosten (vgl. Senatsurteil vom 26. April 2022 -......." [vollständiges Zitat anzeigen]
"f) Soweit der Schädiger das Werkstattrisiko trägt, verbietet sich im Schadensersatzprozess zwischen Geschädigtem und Schädiger mangels Entscheidungserheblichkeit eine Beweisaufnahme über die objektive Erforderlichkeit der in Rechnung gestellten Reparaturkosten (vgl. Senatsurteil vom 26. April 2022 - VI ZR 147/21, NJW 2022, 2840 Rn. 14, 16; Freymann/Rüßmann in: Freymann/Wellner, jurisPK-Straßenverkehrsrecht, 2. Aufl., § 249 Rn. 141). Ist eine Beweisaufnahme dennoch durchgeführt worden, kann entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts von einem Verschulden des Geschädigten bei der Überwachung der Werkstatt nicht deshalb ausgegangen werden, weil der Geschädigte aufgrund eines gerichtlich eingeholten Sachverständigengutachtens nunmehr Kenntnis davon hat, dass die in Rechnung gestellten Kosten (teilweise) objektiv nicht erforderlich sind. Die Grundsätze zum Werkstattrisiko würden in ihr Gegenteil verkehrt, würde mit dem Ergebnis einer nicht veranlassten, sich prozessual verbietenden Beweisaufnahme ein Überwachungsverschulden aufgrund nunmehr veränderter Erkenntnismöglichkeiten des Geschädigten begründet und dieser darauf verwiesen, diese neu gewonnenen Erkenntnisse selbst gegenüber der Werkstatt geltend zu machen. Mit einer diesbezüglichen Auseinandersetzung soll der Geschädigte gerade nicht belastet werden."
vgl. BGH, Urteil vom 16.01.2024 - VI ZR 253/22
Grundsätze des Werkstattrisikos sind auf Prognoserisiko übertragbar
"Die Grundsätze zum Werkstattrisiko, die der BGH in seinem Urteil vom 16. Januar 2024 - VI ZR 253/22 für überhöhte Kostenansätze einer Werkstatt für die Reparatur des beschädigten Fahrzeugs fortentwickelt hat, sind auch auf überhöhte Kostenansätze eines Kfz-Sachverständigen anwendbar, den der G......." [vollständiges Zitat anzeigen]
"Die Grundsätze zum Werkstattrisiko, die der BGH in seinem Urteil vom 16. Januar 2024 - VI ZR 253/22 für überhöhte Kostenansätze einer Werkstatt für die Reparatur des beschädigten Fahrzeugs fortentwickelt hat, sind auch auf überhöhte Kostenansätze eines Kfz-Sachverständigen anwendbar, den der Geschädigte mit der Begutachtung seines Fahrzeugs zur Ermittlung des unfallbedingten Schadens beauftragt hat (BGH Urteil vom 12.03.2024 - VI ZR 280/22).
Übergibt der Geschädigte das beschädigte Fahrzeug an eine Fachwerkstatt zur Instandsetzung, ohne dass ihn insoweit ein (insbesondere Auswahl- oder Überwachungs-)Verschulden trifft, so sind dadurch anfallende Reparaturkosten im Verhältnis des Geschädigten zum Schädiger aufgrund der subjektbezogenen Schadensbetrachtung auch dann vollumfänglich ersatzfähig, wenn sie etwa wegen überhöhter Ansätze von Material oder Arbeitszeit oder wegen unsachgemäßer oder unwirtschaftlicher Arbeitsweise der Werkstatt unangemessen, mithin nicht erforderlich im Sinne von § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB sind.
Dies gilt für alle Mehraufwendungen der Schadensbeseitigung, deren Entstehung dem Einfluss des Geschädigten entzogen ist und die ihren Grund darin haben, dass die Schadensbeseitigung in einer fremden, vom Geschädigten nicht kontrollierbaren Einflusssphäre stattfinden muss. Die Grundsätze zum Werkstattrisiko lassen sich daher auf die Kosten der Begutachtung eines verunfallten Fahrzeugs zur Schadensermittlung übertragen. Den Erkenntnis- und Einwirkungsmöglichkeiten des Geschädigten sind nicht nur in dem werkvertraglichen Verhältnis mit einer Reparaturwerkstatt, sondern auch in dem werkvertraglichen Verhältnis mit einem Kfz-Sachverständigen Grenzen gesetzt, vor allem, sobald er den Gutachtensauftrag erteilt und das Fahrzeug in die Hände des Gutachters gegeben hat. Auch im Rahmen der Schadensermittlung als Vorstufe der Schadensbeseitigung können Mehraufwendungen anfallen, deren Entstehung dem Einfluss des Geschädigten entzogen ist und die ihren Grund darin haben, dass die Schadensermittlung in einer fremden, vom Geschädigten nicht kontrollierbaren Einflusssphäre stattfinden muss (BGH Urteil vom 12.03.2024 - VI ZR 280/22)."
vgl. AG Essen, Urteil vom 19.07.2024 - 29 C 74/24
Werkstattrisiko - wenn es der Schädiger trägt, bedarf es da keiner Beweisaufnahme
"f) Soweit der Schädiger das Werkstattrisiko trägt, verbietet sich im Schadensersatzprozess zwischen Geschädigtem und Schädiger mangels Entscheidungserheblichkeit eine Beweisaufnahme über die objektive Erforderlichkeit der in Rechnung gestellten Reparaturkosten (vgl. Senatsurteil vom 26. April 2022 -......." [vollständiges Zitat anzeigen]
"f) Soweit der Schädiger das Werkstattrisiko trägt, verbietet sich im Schadensersatzprozess zwischen Geschädigtem und Schädiger mangels Entscheidungserheblichkeit eine Beweisaufnahme über die objektive Erforderlichkeit der in Rechnung gestellten Reparaturkosten (vgl. Senatsurteil vom 26. April 2022 - VI ZR 147/21, NJW 2022, 2840 Rn. 14, 16; Freymann/Rüßmann in: Freymann/Wellner, jurisPK-Straßenverkehrsrecht, 2. Aufl., § 249 Rn. 141). Ist eine Beweisaufnahme dennoch durchgeführt worden, kann entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts von einem Verschulden des Geschädigten bei der Überwachung der Werkstatt nicht deshalb ausgegangen werden, weil der Geschädigte aufgrund eines gerichtlich eingeholten Sachverständigengutachtens nunmehr Kenntnis davon hat, dass die in Rechnung gestellten Kosten (teilweise) objektiv nicht erforderlich sind. Die Grundsätze zum Werkstattrisiko würden in ihr Gegenteil verkehrt, würde mit dem Ergebnis einer nicht veranlassten, sich prozessual verbietenden Beweisaufnahme ein Überwachungsverschulden aufgrund nunmehr veränderter Erkenntnismöglichkeiten des Geschädigten begründet und dieser darauf verwiesen, diese neu gewonnenen Erkenntnisse selbst gegenüber der Werkstatt geltend zu machen. Mit einer diesbezüglichen Auseinandersetzung soll der Geschädigte gerade nicht belastet werden."
vgl. BGH, Urteil vom 16.01.2024 - VI ZR 253/22
Werkstattrisiko - wenn Rechnung noch nicht beglichen, dann Zahlung an Werkstatt fordern
"e) Die Anwendung der genannten Grundsätze zum Werkstattrisiko setzt entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts und einer - größtenteils vor Veröffentlichung des Senatsurteils vom 26. April 2022 - VI ZR 147/21 (NJW 2022, 2840) - in Rechtsprechung und Literatur vertretenen Meinung (LG Essen, Urteil vom......." [vollständiges Zitat anzeigen]
"e) Die Anwendung der genannten Grundsätze zum Werkstattrisiko setzt entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts und einer - größtenteils vor Veröffentlichung des Senatsurteils vom 26. April 2022 - VI ZR 147/21 (NJW 2022, 2840) - in Rechtsprechung und Literatur vertretenen Meinung (LG Essen, Urteil vom 27. Juli 2020 - 13 S 97/19, juris Rn. 36 ff.; v. Bühren, ZfS 2017, 309, 310 f.; de Biasi, NZV 2021, 113, 114; Kemperdiek, r+s 2021, 372, 374 f.; Hoppe, SVR 2021,168, 169 f.) nicht voraus, dass der Geschädigte die Reparaturrechnung bereits bezahlt hat (vgl. Senatsurteile vom 26. April 2022 - VI ZR 147/21, NJW 2022, 2840 Rn. 16; LG Saarbrücken, NJW 2022, 87 Rn. 10, LG Coburg, Urteil vom 28. Mai 2021 - 33 S 10/21, BeckRS 2021, 28709 Rn. 37 ff., 45; Engel, DAR 2022, 552, 553; ders., DAR 2023, 9, 12). Soweit der Geschädigte die Reparaturrechnung nicht beglichen hat, kann er - will er das Werkstattrisiko nicht selbst tragen - die Zahlung der Reparaturkosten allerdings nicht an sich, sondern nur an die Werkstatt verlangen."
vgl. BGH, Urteil vom 16.01.2024 - VI ZR 253/22
Werkstattrisiko - wenn Rechnung noch nicht beglichen, dann Zahlung an Werkstatt fordern - Folgen für die Schuldverhältnisse
"Aus diesem Grund kann der Geschädigte, der sich auf das Werkstattrisiko beruft, aber die Rechnung der Werkstatt noch nicht (vollständig) bezahlt hat, von dem Schädiger Zahlung des von der Werkstatt in Rechnung gestellten (Rest-)Honorars nur an die Werkstatt und nicht an sich selbst verlangen, Zug um Z......." [vollständiges Zitat anzeigen]
"Aus diesem Grund kann der Geschädigte, der sich auf das Werkstattrisiko beruft, aber die Rechnung der Werkstatt noch nicht (vollständig) bezahlt hat, von dem Schädiger Zahlung des von der Werkstatt in Rechnung gestellten (Rest-)Honorars nur an die Werkstatt und nicht an sich selbst verlangen, Zug um Zug gegen Abtretung etwaiger (das Werkstattrisiko betreffender) Ansprüche des Geschädigten gegen die Werkstatt (vgl. BGH, Urteil vom 12. März 1993 - V ZR 69/92, NJW 1993, 2232, 2233, juris Rn. 19). Nur so stellt er sicher, dass (in den oben unter d) angeführten Grenzen) das Werkstattrisiko beim Schädiger bleibt und sich dieser mit der Werkstatt über unangemessene bzw. unberechtigte Rechnungsposten auseinanderzusetzen hat.
(Vollstreckungs-)Gläubiger bleibt auch in diesem Fall allein der Geschädigte. Die Werkstatt erhält lediglich eine Empfangszuständigkeit. Entgegen der von der Beklagten geäußerten Rechtsauffassung entfaltet das Urteil deshalb keine Rechtskraftwirkung gegenüber der Werkstatt. Mit vom Geschädigten abgetretenen Ansprüchen gegen die Werkstatt, die bei Zug-um-Zug-Verurteilung ohnehin erst mit der Zahlung an die Werkstatt auf den Schädiger übergehen, kann dieser ferner mangels Gegenseitigkeit der Ansprüche nicht gemäß § 387 BGB aufrechnen. Die Zahlung an die Werkstatt kann er auch nicht unter Berufung auf den dolo-agit-Einwand des § 242 BGB verweigern, da der Geschädigte als Gläubiger nichts verlangt, was er sofort an den Schädiger zurückzugeben hätte; denn der Geschädigte schuldet dem Schädiger nichts (vgl. Senatsurteil vom 17. Januar 2023 - VI ZR 203/22, NJW 2023, 1361 Rn. 50, 52). Der Werkstatt kann eine treuwidrige Rechtsausübung nicht vorgeworfen werden, da sie als bloße Empfängerin der Leistung kein Recht ausübt. Dem Schädiger bleibt die Möglichkeit, von der Werkstatt den etwa überzahlten Betrag zurückzufordern. Die Rechtslage stellt sich insoweit nicht anders dar als in den Fällen, in denen der Geschädigte die Werkstattrechnung vollständig beglichen hat und vom Schädiger Zahlung an sich, Zug um Zug gegen Abtretung etwaiger Ansprüche gegen die Werkstatt, verlangt."
vgl. BGH, Urteil vom 16.01.2024 - VI ZR 253/22
Werkstattrisiko bei unbezahlter Rechnung: nur, wenn Leistung an Werkstatt gefordert
"5. Die Anwendung der genannten Grundsätze zum Werkstattrisiko setzt nicht voraus, dass der Geschädigte die Reparaturrechnung bereits bezahlt hat. Soweit der Geschädigte die Reparaturrechnung nicht beglichen hat, kann er - will er das Werkstattrisiko nicht selbst tragen - die Zahlung der Reparaturkoste......." [vollständiges Zitat anzeigen]
"5. Die Anwendung der genannten Grundsätze zum Werkstattrisiko setzt nicht voraus, dass der Geschädigte die Reparaturrechnung bereits bezahlt hat. Soweit der Geschädigte die Reparaturrechnung nicht beglichen hat, kann er - will er das Werkstattrisiko nicht selbst tragen - die Zahlung der Reparaturkosten allerdings nicht an sich, sondern nur an die Werkstatt verlangen (hierzu und zum Folgenden Senat, Urteil vom heutigen Tag - VI ZR 253/22 unter II.2.e)."
vgl. BGH, Urteil vom 16.01.2024 - VI ZR 239/22
Werkstattrisiko gilt auch für nicht durchgeführte Arbeiten, solange der Geschädigte die Nichtdurchführung nicht kennt
"c) Die genannten Grundsätze, an denen der Senat festhält, gelten auch für Rechnungspositionen, die sich auf - für den Geschädigten nicht erkennbar - tatsächlich nicht durchgeführte einzelne Reparaturschritte und -maßnahmen beziehen. Denn auch diese haben ihren Grund darin, dass die Schadensbeseit......." [vollständiges Zitat anzeigen]
"c) Die genannten Grundsätze, an denen der Senat festhält, gelten auch für Rechnungspositionen, die sich auf - für den Geschädigten nicht erkennbar - tatsächlich nicht durchgeführte einzelne Reparaturschritte und -maßnahmen beziehen. Denn auch diese haben ihren Grund darin, dass die Schadensbeseitigung in einer fremden, vom Geschädigten nicht kontrollierbaren Einflusssphäre stattfinden muss (vgl. Senatsurteil vom 29. Oktober 1974 - VI ZR 42/73, BGHZ 63, 182, 185, juris Rn. 10). Soweit dem Urteil des Senats vom 26. April 2022 (VI ZR 147/21, NJW 2022, 2840 Rn. 14-16) etwas anderes zu entnehmen sein sollte, hält der Senat hieran nicht fest."
vgl. BGH, Urteil vom 16.01.2024 - VI ZR 253/22
Werkstattrisiko trägt Schädiger
"Da die streitigen Positionen nach dem Prüfbericht vom 17.12.2021 (vgl. Anlage B1, Bl. 73 d.A.) tatsächlich durchgeführt wurden, sind die dadurch entstandenen Kosten unabhängig von der Frage erstattungsfähig, ob sie objektiv erforderlich waren, solange die Klägerin im Zusammenhang mit der Beauftragu......." [vollständiges Zitat anzeigen]
"Da die streitigen Positionen nach dem Prüfbericht vom 17.12.2021 (vgl. Anlage B1, Bl. 73 d.A.) tatsächlich durchgeführt wurden, sind die dadurch entstandenen Kosten unabhängig von der Frage erstattungsfähig, ob sie objektiv erforderlich waren, solange die Klägerin im Zusammenhang mit der Beauftragung der Werkstatt kein Verschulden trifft. Bei der Instandsetzung eines beschädigten Fahrzeugs schuldet der Schädiger als Herstellungsaufwand nach § 249 S. 2 BGB grundsätzlich auch die Mehrkosten, die ohne eigene Schuld des Geschädigten die von ihm beauftragte Werkstatt infolge unwirtschaftlicher oder unsachgemäßer Maßnahmen verursacht hat. Es darf nicht außer Acht gelassen werden, dass seinen Erkenntnis- und Einwirkungsmöglichkeiten bei der Schadensregulierung regelmäßig Grenzen gesetzt sind, dies vor allem, wenn er den Reparaturauftrag erteilt und das Unfallfahrzeug in die Hände von Fachleuten übergeben hat. Es würde dem Sinn und Zweck des § 249 S. 2 BGB widersprechen, wenn der Geschädigte bei Ausübung der ihm durch das Gesetz eingeräumten Ersetzungsbefugnis im Verhältnis zu dem ersatzpflichtigen Schädiger mit Mehraufwendungen der Schadensbeseitigung belastet bliebe, deren Entstehung seinem Einfluss entzogen ist und die ihren Grund darin haben, dass die Schadensbeseitigung in einer fremden, vom Geschädigten, wohl auch nicht vom Schädiger kontrollierbaren Einflusssphäre stattfinden muss. Weist der Geschädigte nach, dass er die Instandsetzungsarbeiten unter Beachtung der vorstehenden Grundsätze veranlasst hat, so können deshalb die "tatsächlichen" Reparaturkosten regelmäßig auch dann für die Bemessung des "erforderlichen" Herstellungsaufwandes herangezogen werden, wenn diese Kosten ohne Schuld des Geschädigten etwa wegen überhöhter Ansätze von Material oder Arbeitszeit wegen unsachgemäßer oder unwirtschaftlicher Arbeitsweise im Vergleich zu dem, was für eine solche Reparatur sonst üblich ist, unangemessen sind. Das Werkstattrisiko verbleibt beim Schädiger (vgl. BGH, Urteil vom 29.10.1974 - VI ZR 42/73 -, BGHZ 63, 182 ff.; BGH, Urteil vom 26.04.2022 - VI ZR 147/21 -)."
vgl. LG Aachen, Urteil vom 23.02.2023 - 1 O 219/22
Werkstattrisiko umfasst alle Schadenbeseitigungspoistionen, deren Einfluss dem Geschädigten entzogen sind
"4. Übergibt der Geschädigte das beschädigte Fahrzeug an eine Fachwerkstatt zur Instandsetzung, ohne dass ihn insoweit ein (insbesondere Auswahl- oder Überwachungs-) Verschulden trifft, so sind die dadurch anfallenden Reparaturkosten im Verhältnis des Geschädigten zum Schädiger deshalb auch dann vo......." [vollständiges Zitat anzeigen]
"4. Übergibt der Geschädigte das beschädigte Fahrzeug an eine Fachwerkstatt zur Instandsetzung, ohne dass ihn insoweit ein (insbesondere Auswahl- oder Überwachungs-) Verschulden trifft, so sind die dadurch anfallenden Reparaturkosten im Verhältnis des Geschädigten zum Schädiger deshalb auch dann vollumfänglich ersatzfähig, wenn sie aufgrund unsachgemäßer oder unwirtschaftlicher Arbeitsweise der Werkstatt unangemessen, mithin nicht erforderlich im Sinne von § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB sind; in einem solchen Fall gegebenenfalls bestehende Ansprüche des Geschädigten gegen den Werkstattbetreiber spielen nur insoweit eine Rolle, als der Schädiger im Rahmen des Vorteilsausgleichs deren Abtretung verlangen kann. Das Werkstattrisiko verbleibt in diesem Fall - wie bei § 249 Abs. 1 BGB - auch im Rahmen des § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB im Verhältnis des Geschädigten zum Schädiger beim Schädiger (st. Rspr., vgl. Senat, Urteile vom heutigen Tag - VI ZR 253/22 unter II.2.b; vom 26. April 2022 - VI ZR 147/21, NJW 2022, 2840 Rn. 12 mwN; vom 29. Oktober 1974 - VI ZR 42/73, BGHZ 63, 182, 186, juris Rn. 9 ff.).
Dies gilt für alle Mehraufwendungen der Schadensbeseitigung, deren Entstehung dem Einfluss des Geschädigten entzogen ist und die ihren Grund darin haben, dass die Schadensbeseitigung in einer fremden, vom Geschädigten nicht kontrollierbaren Einflusssphäre stattfinden muss (vgl. Senat, Urteil vom 29. Oktober 1974 - VI ZR 42/73, BGHZ 63, 182, 186, juris Rn. 10). Ersatzfähig sind danach nicht nur solche Rechnungspositionen, die ohne Schuld des Geschädigten etwa wegen überhöhter Ansätze von Material oder Arbeitszeit, wegen unsachgemäßer oder unwirtschaftlicher Arbeitsweise unangemessen, mithin nicht zur Herstellung erforderlich im Sinne des § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB sind (vgl. Senat, aaO, juris Rn. 12). Ersatzfähig im Verhältnis des Geschädigten zum Schädiger sind vielmehr auch diejenigen Rechnungspositionen, die sich auf - für den Geschädigten nicht erkennbar - tatsächlich nicht durchgeführte einzelne Reparaturschritte und -maßnahmen beziehen (vgl. Senat, Urteil vom heutigen Tag - VI ZR 253/22 unter II.2.c)."
vgl. BGH, Urteil vom 16.01.2024 - VI ZR 239/22
Wirtschaftlichkeit der durchgeführten Reparatur muss Geschädigter beweisen
"An den vom Geschädigten zu führenden Nachweis, dass er wirtschaftlich vorgegangen ist, also bei der Beauftragung aber auch bei der Überwachung der Reparaturwerkstatt den Interessen des Schädigers an Geringhaltung des Herstellungsaufwandes Rechnung getragen hat, dürfen deshalb nicht zu geringe Anford......." [vollständiges Zitat anzeigen]
"An den vom Geschädigten zu führenden Nachweis, dass er wirtschaftlich vorgegangen ist, also bei der Beauftragung aber auch bei der Überwachung der Reparaturwerkstatt den Interessen des Schädigers an Geringhaltung des Herstellungsaufwandes Rechnung getragen hat, dürfen deshalb nicht zu geringe Anforderungen gestellt werden (Senatsurteil vom 29. Oktober 1974 - VI ZR 42/73, BGHZ 63, 182, 187, juris Rn. 14)."
"aa) Der Eigentümer eines privat genutzten Pkws, der die Möglichkeit zur Nutzung einbüßt, hat nach ständiger Rechtsprechung auch dann einen Anspruch auf Ersatz der entgangenen Gebrauchsvorteile, wenn er kein Ersatzfahrzeug anmietet (zuletzt BGH NJW 2009, 1663). Voraussetzung für die Ersatzpflicht is......." [vollständiges Zitat anzeigen]
"aa) Der Eigentümer eines privat genutzten Pkws, der die Möglichkeit zur Nutzung einbüßt, hat nach ständiger Rechtsprechung auch dann einen Anspruch auf Ersatz der entgangenen Gebrauchsvorteile, wenn er kein Ersatzfahrzeug anmietet (zuletzt BGH NJW 2009, 1663). Voraussetzung für die Ersatzpflicht ist ein Verlust der Gebrauchsmöglichkeit, ferner ein Nutzungswille und eine hypothetische Nutzungsmöglichkeit (BGH NJW 1985, 2471). Der Anspruch beschränkt sich auf die für die Reparatur oder Ersatzbeschaffung notwendige Zeit. Der Geschädigte darf die Erteilung des Reparaturauftrages zurückstellen, bis das erforderliche Gutachten vorliegt (OLG Düsseldorf DAR 2006, 269). Schwierigkeiten bei der Ersatzteilbeschaffung sind dem Schädiger zuzurechnen (BGH NJW 1982, 1519). (...) Der Schädiger haftet grundsätzlich für erfolglose Reparaturversuche und nicht notwendige Aufwendungen, sofern der Geschädigte die getroffenen Maßnahmen als aussichtsreich ansehen durfte (BGH NJW 1992, 302; OLG Stuttgart NJW-RR 2004, 104)."
vgl. OLG Stuttgart, Urteil vom 07.04.2010 - 3 U 216/09