Haftungsteilung bei Kollision zwischen vorbeifahrendem PKW und die Straße betretenden Müllmann
"Im Rahmen der gemäss § 254 Abs. 1 BGB vorzunehmenden Abwägung der Mitverursachungs- und Verschuldensbeiträge hielt das Gericht eine jeweils gleich hohe Haftung der Parteien für angemessen. Auf Seiten der Beklagten war zu berücksichtigen, dass den Zeugen U. ein erhebliches, der Beklagten zuzurechnen......." [vollständiges Zitat anzeigen]
"Im Rahmen der gemäss § 254 Abs. 1 BGB vorzunehmenden Abwägung der Mitverursachungs- und Verschuldensbeiträge hielt das Gericht eine jeweils gleich hohe Haftung der Parteien für angemessen. Auf Seiten der Beklagten war zu berücksichtigen, dass den Zeugen U. ein erhebliches, der Beklagten zuzurechnendes Verschulden trifft, weil er, ohne auf den Verkehr zu achten, versuchte, die Strasse zu überqueren. Auf der Seite des Klägers ist neben der Betriebsgefahr des Pkw in Ansatz zu bringen, dass er schuldhaft gegen §§ 1 Abs. 2, 3 Abs. 1 StVO verstieß, indem er die gebotene Schrittgeschwindigkeit erheblich überschritten und dadurch eine für ihn erkennbare Gefährdungslage herbeigeführt hat. Er musste damit rechnen, dass U. aus den oben ausgeführten Gründen nicht ausreichend auf den nachfolgenden Verkehr achtete."
vgl. LG Münster, Urteil vom 26.04.2002 - 16 O 83/02
Müllwagen - Passieren mit 2 m Abstand oder in Schrittgeschwindigkeit
"Das Gericht schließt sich der Ansicht an, dass ein Kraftfahrer, der ein Müllfahrzeug passieren will, entweder einen Mindestabstand von 2m oder Schrittgeschwindigkeit einzuhalten hat (vgl. OLG Hamm, NJW-RR 1988, 866, 867; OLG Hamm, VRS 35, 58, 60; Hentschel, Straßenverkehrsrecht, 36. A:, § 35 StVO, Rd......." [vollständiges Zitat anzeigen]
"Das Gericht schließt sich der Ansicht an, dass ein Kraftfahrer, der ein Müllfahrzeug passieren will, entweder einen Mindestabstand von 2m oder Schrittgeschwindigkeit einzuhalten hat (vgl. OLG Hamm, NJW-RR 1988, 866, 867; OLG Hamm, VRS 35, 58, 60; Hentschel, Straßenverkehrsrecht, 36. A:, § 35 StVO, Rdn. 13). Mit dem OLG Hamm ist das Gericht der Ansicht, dass in Anlehnung an die vom BGH (vgl. NJW 1968, 1532) für an Haltestellen stehende Busse aufgestellten Regeln dem Kraftfahrer auch beim Passieren von Müllfahrzeugen eine solche vorsichtige Fahrweise abzuverlangen ist (vgl. OLG Hamm, NJW-RR 1988, 866, 867). Entscheidend ist dabei, dass der Kraftfahrer damit rechnen muss, dass die Müllwerker - verkehrswidrig - den Verkehrsraum seitlich des Müllwagens betreten, um sich erst von dort den Überblick über den Verkehrsraum zu verschaffen. Ein solches Fehlverhalten wird begünstigt durch das Bedürfnis nach kurzen Wegen und schneller Arbeitsweise (vgl. OLG Hamm, a.a.O.). Vor allem stumpft der tägliche Umgang mit den Gefahren des Strassenverkehrs ab, haben die Müllwerker ihr Augenmerk auf ihre Arbeitsverrichtungen zu lenken und müssen ein bestimmtes Arbeitspensum verrichten, das auch zu Eile führt, welches die Verkehrsgefahren verkennen oder übersehen lässt (vgl. OLG Hamm, VRS 35, 58, 60). Aufgrund dieser Umstände ist es geboten, die Rechtsprechung für an Haltestellen stehende Busse auch hinsichtlich stehender Müllfahrzeuge und von hinten herannahender Fahrzeuge anzuwenden."
vgl. LG Münster, Urteil vom 26.04.2002 - 16 O 83/02
Vorbeifahren an einem Müllfahrzeug
"(1) Wie das Berufungsgericht im Ausgangspunkt zutreffend gesehen hat, ist von Verkehrsteilnehmern, die an im Einsatz befindlichen Müllabfuhrfahrzeugen vorbeifahren, gemäß § 1 StVO besondere Vorsicht und Rücksichtnahme zu fordern, um Müllwerker nicht zu gefährden.
(.....)
(2) Das Hauptaugenm......." [vollständiges Zitat anzeigen]
"(1) Wie das Berufungsgericht im Ausgangspunkt zutreffend gesehen hat, ist von Verkehrsteilnehmern, die an im Einsatz befindlichen Müllabfuhrfahrzeugen vorbeifahren, gemäß § 1 StVO besondere Vorsicht und Rücksichtnahme zu fordern, um Müllwerker nicht zu gefährden.
(.....)
(2) Das Hauptaugenmerk der mit dem Holen, Entleeren und Zurückbringen von Müllcontainern befassten Müllwerker ist auf ihre Arbeit gerichtet, die sie überwiegend auf der Straße und effizient, das heißt in möglichst kurzer Zeit und auf möglichst kurzen Wegen, zu erledigen haben. Wer an einem Müllabfuhrfahrzeug vorbeifährt, das erkennbar im Einsatz ist, darf daher nicht uneingeschränkt auf ein verkehrsgerechtes Verhalten der Müllwerker vertrauen. Er muss typischerweise damit rechnen, dass Müllwerker plötzlich vor oder hinter dem Müllabfuhrfahrzeug hervortreten und unachtsam einige Schritte weiter in den Verkehrsraum seitlich des Müllabfuhrfahrzeugs tun, bevor sie sich über den Verkehr vergewissern. Auf diese typischerweise mit dem Einsatz von Müllabfuhrfahrzeugen verbundenen Gefahren hat der vorbeifahrende Verkehrsteilnehmer sein Fahrverhalten einzurichten. Lässt sich ein ausreichender Seitenabstand zum Müllabfuhrfahrzeug, durch den die Gefährdung eines plötzlich vor oder hinter dem Müllabfuhrfahrzeug hervortretenden Müllwerkers vermieden werden kann, nicht einhalten, so ist die Geschwindigkeit gemäß § 1, § 3 Abs. 1 Satz 2 StVO so weit zu drosseln, dass der Verkehrsteilnehmer sein Fahrzeug notfalls sofort zum Stehen bringen kann (vgl. OLG Hamm, NJW-RR 1988, 866, 867 und OLG Karlsruhe, r+s 2018, 671 Rn. 24 mwN: in der Regel Schrittgeschwindigkeit; ebenso LG Münster, ZfSch 2002, 422, 423, juris Rn. 20; Freymann in Geigel, Haftpflichtprozess, 28. Aufl., § 35 StVO Rn. 713; für die Vorbeifahrt an einem Linienbus schon vor Schaffung des heutigen § 20 StVO vgl. auch: Senatsurteil vom 21. Februar 1967 - VI ZR 145/65, VersR 1967, 582, juris Rn. 15; BGH, Urteil vom 10. April 1968 - 4 StR 62/68, NJW 1968, 1532 f., juris Rn. 5; Beschluss vom 27. Mai 1959 - 4 StR 49/59, BGHSt 13, 169, 175, juris Rn. 15 f.).
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(3) (...) Der seitliche Abstand zwischen dem Fahrzeug der Klägerin und dem Müllabfuhrfahrzeug betrug allenfalls rund 50 cm. In dieser Situation war die festgestellte Ausgangsgeschwindigkeit von mindestens 13 km/h zu hoch, als dass die Zeugin M. das Fahrzeug notfalls - das heißt insbesondere vor einem plötzlich hinter dem Müllabfuhrfahrzeug hervortretenden Müllwerker - sofort zum Stehen hätte bringen können. Daran ändert die Feststellung des Berufungsgerichts nichts, dass der Unfall für die Zeugin bei einer Bremsausgangsgeschwindigkeit von unter 14 km/h räumlich vermeidbar gewesen wäre. (.....) Die Zeugin hatte aber so angepasst zu fahren, dass sie auch bei Erkennen einer Gefahr in weniger als fünf Metern Entfernung das Fahrzeug rechtzeitig hätte zum Stehen bringen können. Abgesehen davon käme ein schuldhafter Verstoß gegen § 1 StVO auch in Betracht, wenn die Zeugin M. bei einer Geschwindigkeit von unter 14 km/h, obwohl ihr das möglich gewesen wäre, nicht rechtzeitig reagiert hätte."