"Denn § 20 Abs. 5 StVO erlaubt es nur unter der Voraussetzung einer rechtzeitigen und ordnungsgemäßen Anzeige, das ansonsten bestehende Vorrecht anderer Verkehrsteilnehmer im fließenden Verkehr zu „missachten“. Wenn das Vorrecht des Fahrers eines Linienomnibusses aber erst ab der Anzeige gilt, muss er auch beweisen, dass die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme des Vorrechts, einer Ausnahmeregelung in der Straßenverkehrsordnung, vorgelegen haben.
Eine andere Beweislastverteilung sieht die Straßenverkehrsordnung auch nicht bei anderen Ausnahmeregelungen vor, die ein Vorrecht zu Lasten des eigentlich bevorrechtigten Verkehrs begründen. Auch im Rahmen der Inanspruchnahme des § 38 Abs. 1 StVO trifft den Halter des Einsatzfahrzeuges die Darlegungs- und Beweislast für die Umstände, aus denen er die Berechtigung herleitet, das sonst bestehende Vorrecht anderer Verkehrsteilnehmer zu „missachten“ (BGH, Urteil vom 09. Juli 1962 – III ZR 85/61 –, BGHZ 37, 336-341; Oberlandesgericht des Landes Sachsen-Anhalt, Urteil vom 21. Juli 2011 – 4 U 23/11 –, Rn. 30; OLG Düsseldorf, Urteil vom 11. November 1991 – 1 U 129/90 –, Senat, Urteil vom 29. September 2010 – 14 U 27/10 –, Rn. 15, juris). Gem. § 38 StVO hat der Halter die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass Blaulicht und Horn rechtzeitig eingeschaltet waren und der Sonderrechtsfahrer seine verkehrsrechtlichen Sorgfaltspflichten erfüllt hat (König, in: Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, Kommentar, 45. Aufl. 2019, § 38 StVO Rn. 9 m.w.N.; KG Berlin, Urteil vom 14. Juli 1997 – 12 U 1541/96 –, juris). Erst dann ist der Fahrer unter Beachtung größtmöglicher Sorgfalt berechtigt, sein Vorrecht wahrzunehmen. Kann er sein Vorrecht nicht beweisen, kann dies zur Alleinhaftung des Rettungswagenhalters führen (Oberlandesgericht des Landes Sachsen-Anhalt, Urteil vom 21. Juli 2011 – 4 U 23/11 –, juris)." |