Alleinhaftung bei Nichthaltung der eigenen Fahrspur
"(cc) Nach allem ist das Gericht davon überzeugt, dass der Kläger zu 1) im Zuge des Abbiegevorgangs einen (teilweisen) Fahrspurwechsel durch Überfahren der Trennlinie vorgenommen hat und es hierdurch zum Unfall gekommen ist. Damit hat der Kläger gegen § 7 Abs. 5 StVO verstoßen. Dass er einen Abbiege......." [vollständiges Zitat anzeigen]
"(cc) Nach allem ist das Gericht davon überzeugt, dass der Kläger zu 1) im Zuge des Abbiegevorgangs einen (teilweisen) Fahrspurwechsel durch Überfahren der Trennlinie vorgenommen hat und es hierdurch zum Unfall gekommen ist. Damit hat der Kläger gegen § 7 Abs. 5 StVO verstoßen. Dass er einen Abbiegevorang beabsichtigt und angekündigt hätte, hat er bereits nicht vorgetragen, sondern bestritten, einen Wechsel überhaupt vorgenommen zu haben. Ohnehin konnte ein Wechsel der Fahrspur zum fraglichen Zeitpunkt nicht ohne Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer vonstattengehen, wie es § 7 Abs. 5 StVO allerdings voraussetzt, weil sich der Beklagte zu 1) mit seinem Fahrzeug praktisch neben dem klägerischen Fahrzeug befand und insofern kein Einscheren an der fraglichen Stelle möglich war."
vgl. LG Aachen, Urteil vom 06.07.2023 - 12 O 398/22
Einordnen dient auch der Verdeutlichung der eigenen Absicht
"Die Pflicht zur Einordnung dient auch der Verdeutlichung der Abbiegeabsicht (Scholten in: Freymann/Wellner, jurisPK-Straßenverkehrsrecht, 1. Aufl. 2016, § 9 StVO, Rn. 28) und hätte im konkreten Fall dem Kläger auch anzeigen können, dass die Beklagte zu 1) beabsichtigte, über die Sperrfläche abzubi......." [vollständiges Zitat anzeigen]
"Die Pflicht zur Einordnung dient auch der Verdeutlichung der Abbiegeabsicht (Scholten in: Freymann/Wellner, jurisPK-Straßenverkehrsrecht, 1. Aufl. 2016, § 9 StVO, Rn. 28) und hätte im konkreten Fall dem Kläger auch anzeigen können, dass die Beklagte zu 1) beabsichtigte, über die Sperrfläche abzubiegen."
vgl. OLG Düsseldorf, Urteil vom 24.09.2019 - 1 U 82/18
Fahrer muss gesamte Straßenfläche beobachten
"Der Kraftfahrer ist dabei grundsätzlich auch bei breiteren Straßen verpflichtet, die gesamte Straßenfläche vor sich zu beobachten. Dementsprechend muss ein Kraftfahrer am Fahrbahnrand befindliche oder vor ihm die Fahrbahn überquerende Fußgänger im Auge behalten und in seiner Fahrweise erkennbaren ......." [vollständiges Zitat anzeigen]
"Der Kraftfahrer ist dabei grundsätzlich auch bei breiteren Straßen verpflichtet, die gesamte Straßenfläche vor sich zu beobachten. Dementsprechend muss ein Kraftfahrer am Fahrbahnrand befindliche oder vor ihm die Fahrbahn überquerende Fußgänger im Auge behalten und in seiner Fahrweise erkennbaren Gefährdungen Rechnung tragen (vgl. BGH, Urteil vom 04.04.2023 - VI ZR 11/21 -, NJW 2023, 2108, 2109)."
vgl. OLG Frankfurt, Urteil vom 25.01.2024, Az. 26 U 11/23
Kfz muss grundsätzlich keinen Platz rechts für Fahrradfahrer lassen
"Zum einen existiert keine Vorschrift, wonach sich ein Autofahrer auf der Straße so einzuordnen hat, dass an der rechten Seite Radfahrer vorbeifahren können. Gemäß § 5 Abs. 8 StVO dürfen zwar Radfahrer auf dem rechten Fahrstreifen wartende Fahrzeuge rechts mit mäßiger Geschwindigkeit und besondere......." [vollständiges Zitat anzeigen]
"Zum einen existiert keine Vorschrift, wonach sich ein Autofahrer auf der Straße so einzuordnen hat, dass an der rechten Seite Radfahrer vorbeifahren können. Gemäß § 5 Abs. 8 StVO dürfen zwar Radfahrer auf dem rechten Fahrstreifen wartende Fahrzeuge rechts mit mäßiger Geschwindigkeit und besonderer Vorsicht überholen, wenn ausreichender Raum vorhanden ist. Daraus folgt aber keinesfalls, dass ein Kraftfahrer gehalten ist, nach Möglichkeit rechts ausreichenden Platz für überholende Radfahrer zu lassen. "
vgl. OLG Celle, Urteil vom 15.01.2004 - 14 U 91/03
Pflichten des Fußgängers vor Überqueren der Fahrbahn
"Hier hatte die Klägerin die allgemeinen Sorgfaltspflichten aus § 25 Abs. 3 Satz 1 StVO zu beachten, da die Fußgängerampel, an der sie die Straße überquerte, ausgeschaltet war. Eine Fußgängerin muss sich vor dem Betreten der Fahrbahn vergewissern, dass sich kein Fahrzeug nähert. Sie hat zuerst na......." [vollständiges Zitat anzeigen]
"Hier hatte die Klägerin die allgemeinen Sorgfaltspflichten aus § 25 Abs. 3 Satz 1 StVO zu beachten, da die Fußgängerampel, an der sie die Straße überquerte, ausgeschaltet war. Eine Fußgängerin muss sich vor dem Betreten der Fahrbahn vergewissern, dass sich kein Fahrzeug nähert. Sie hat zuerst nach links, dann nach rechts zu blicken. Letzteres ist jedoch dann nicht erforderlich, wenn eine Etappenüberquerung in Betracht kommt (vgl. Freymann, in: Geigel, Haftpflichtprozess, 29. Aufl. 2024, Kap. 27, Rdnr. 605). Bei der Straße1 handelt es sich um eine breite Straße, die an der Stelle, an der die Klägerin sie überquerte, eine Verkehrsinsel aufweist. Es kam also eine Etappenüberquerung in Betracht, so dass die Klägerin lediglich gehalten war, vor der Überquerung nach links zu schauen, ob sich ein Fahrzeug nähert. Eine Verletzung dieser Pflicht ist im Streitfall gegeben, da der Beklagte zu 1 für die Klägerin, als sie zum Überqueren der Straße ansetzte, erkennbar war."
vgl. OLG Frankfurt, Urteil vom 25.01.2024, Az. 26 U 11/23
Rechtsfahrgebot: Inhalt
"Unabhängig von der fehlenden Erfassung des streitgegenständlichen Verkehrsunfalls vom Schutzzweck des § 2 Abs. 2 StVO, hat der Beklagte Ziffer 2 jedoch auch inhaltlich nicht gegen das Rechtsfahrgebot verstoßen. Gemäß § 2 Abs. 2 StVO ist generell möglichst weit rechts zu fahren. Allerdings ist die......." [vollständiges Zitat anzeigen]
"Unabhängig von der fehlenden Erfassung des streitgegenständlichen Verkehrsunfalls vom Schutzzweck des § 2 Abs. 2 StVO, hat der Beklagte Ziffer 2 jedoch auch inhaltlich nicht gegen das Rechtsfahrgebot verstoßen. Gemäß § 2 Abs. 2 StVO ist generell möglichst weit rechts zu fahren. Allerdings ist dieses Gebot nicht starr, sondern es richtet sich nach den jeweiligen Umständen des Einzelfalls und fordert somit nur, dass den Gegebenheiten angemessen weit rechts gefahren wird. Es ist daher selbstredend gestattet, an stehenden Fahrzeugen mit dem erforderlichen Seitenabstand vorbeizufahren und hierzu auch die linke Fahrbahnhälfte mitzubenutzen. Da zwischen den Parteien unstreitig ist, dass sich im Bereich der Annäherung des Beklagten Ziffer 2 an die Kreuzung zwischen der von ihm befahrenen Krebshalde und dem klägerseits befahrenen Verbindungsweg am rechten Fahrbahnrand abgestellte Fahrzeuge befanden, ist es dem Kläger bereits dem Grunde nach nicht gelungen den Nachweis zu führen, dass der Beklagte Ziffer 2 hätte weiter rechts fahren können. Denn er war für seine Behauptung, wonach sich im eigentlichen Kreuzungsbereich und damit der Unfallstelle keine Fahrzeuge mehr am rechten Fahrbahnrand befunden haben und der Beklagte Ziffer 2 daher weiter rechts hätte fahren können, beweispflichtig."
vgl. LG Hechingen, Urteil vom 11.12.2020, Az. 1 O 207/19
Unfall zwischen PKW und Fußgänger: § 254 BGB möglich
"2. Die Haftung der Beklagten für die unfallbedingten materiellen und immateriellen Schäden aus § 7 Abs. 1 StVG ist eröffnet, weil der Kläger beim Betrieb des von der Beklagten gehaltenen Fahrzeugs schwerst verletzt wurde und die Beklagte den Beweis der Verursachung durch höhere Gewalt gemäß § 7 ......." [vollständiges Zitat anzeigen]
"2. Die Haftung der Beklagten für die unfallbedingten materiellen und immateriellen Schäden aus § 7 Abs. 1 StVG ist eröffnet, weil der Kläger beim Betrieb des von der Beklagten gehaltenen Fahrzeugs schwerst verletzt wurde und die Beklagte den Beweis der Verursachung durch höhere Gewalt gemäß § 7 Abs. 2 StVG nicht führen kann. Da der Kläger weder Halter noch Führer eines beteiligten Fahrzeuges war, kommt eine Anspruchskürzung nach § 17 StVG nicht in Betracht (vgl. nur BGH Urt. v. 4.4.2023 - VI ZR 11/21, r+s 2023, 455 Rn. 9). Der Kläger hat sich allerdings als Fußgänger beim Überqueren der Fahrbahn verkehrswidrig verhalten und dadurch die im Vordergrund stehende Schadensursache gesetzt. Das führt im Rahmen der Abwägung nach § 9 StVG, § 254 Abs. 1 BGB zu einer Reduzierung der grundsätzlich vollen Haftung der Beklagten auf 25%."