"Die gesteigerte Sorgfaltspflicht des vom Grundstück in die Fahrbahn Einfahrenden führt dazu, dass bei einem Unfall in der Regel von seiner Alleinhaftung auszugehen ist und die Betriebsgefahr des im fließenden Verkehr Befindlichen regelmäßig zurücktritt (Senat NJW-RR 2015, 351, 352 Rn. 75; NJW 2018,......." [vollständiges Zitat anzeigen]
"Die gesteigerte Sorgfaltspflicht des vom Grundstück in die Fahrbahn Einfahrenden führt dazu, dass bei einem Unfall in der Regel von seiner Alleinhaftung auszugehen ist und die Betriebsgefahr des im fließenden Verkehr Befindlichen regelmäßig zurücktritt (Senat NJW-RR 2015, 351, 352 Rn. 75; NJW 2018, 315, 319 Rn. 58). Will der rückwärts Ausparkende der Alleinhaftung wenigstens teilweise entgehen, muss er den gegen ihn sprechenden Anscheinsbeweis erschüttern, indem er vorträgt und beweist, dass er entweder bereits solange auf dem bevorrechtigten Fahrbahnteil stand, dass sich der fließende Verkehr auf ihn einstellen konnte und musste oder dass er sich - was hier jedoch auf Grund der Schrägstellung auf der Fahrbahn ausscheidet - so weit von der Stelle des Losfahrens entfernt und sich in seinem Fahrverhalten (Einordnen, Geschwindigkeit) so dem Verkehrsfluss angepasst hatte, dass die Tatsache seines Anfahrens unter keinem denkbaren Gesichtspunkt mehr für den weiteren Geschehensablauf ursächlich sein kann (OLG München NJW-RR 2014, 601, 602)."
vgl. Saarländisches OLG, Urteil vom 13.08.2020 - 4 U 6/20
Alleinhaftung des spurwechselnden LKW beim Abbiegen gegenüber einem PKW mit einfacher Betriebsgefahr
"3. In rechtlicher Hinsicht liegt damit auf Seiten der Beklagten ein Verstoß ihres Fahrers gegen die Sorgfaltsanforderungen beim Spurwechsel nach § 7 Abs. 5 StVO vor. Demnach darf ein Fahrstreifen nur gewechselt werden, wenn eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen ist. Für ein Versch......." [vollständiges Zitat anzeigen]
"3. In rechtlicher Hinsicht liegt damit auf Seiten der Beklagten ein Verstoß ihres Fahrers gegen die Sorgfaltsanforderungen beim Spurwechsel nach § 7 Abs. 5 StVO vor. Demnach darf ein Fahrstreifen nur gewechselt werden, wenn eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen ist. Für ein Verschulden des Beklagten-Fahrers spricht insoweit bereits der Beweis des ersten Anscheins (st. Rspr. z.B. OLG München Endurteil v. 23.3.2022 – 10 U 7411/21 e, BeckRS 2022, 6219; OLG Köln, 22.04.2015 – 11 U 154/14, juris; KG NZV 2011, 185; OLG Sachsen-Anhalt NZV 2008, 618; OLG Bremen VersR 1997, 253; KG NZV 2004, 28). Tatsächlich ist aber aufgrund der durchgeführten Beweisaufnahme, insbesondere des schlüssigen „Anerkenntnisses“ des Beklagten-Fahrers davon auszugehen, dass ein schuldhafter Verstoß ohnehin positiv bewiesen ist.
Hinzu tritt, dass der Beklagten-Lkw, der ausweislich der Erhebungen des Sachverständigen ein Leergewicht von ca. 8,6 t hat (Sachverständigengutachten S. 14), den linken Fahrstreifen unter Verstoß gegen § 7 Abs. 3 S. 1 StVO befahren hat.
Dem Kläger wiederum kann ein unfallursächlicher Sorgfaltsverstoß nicht vorgeworfen werden. Insbesondere steht nicht fest, dass er sich mit seinem Fahrzeug neben den Beklagten-Lkw „setzte“, als dessen Ansetzen zum Spurwechsel bereits erkennbar war. Dass im Hinblick auf die vom Sachverständigen festgestellten geringfügige Geschwindigkeitsdifferenz – auch unter Berücksichtigung der Angaben des Klägers hierzu – das Klägerfahrzeug rechts schneller als der Beklagten-Lkw fuhr, begründet keinen Sorgfaltsverstoß. Nach § 7 Abs. 3 S. 2 StVO durfte der Kläger im Bereich der Unfallstelle, wo mehrere markierte Fahrstreifen für eine Richtung vorhanden sind, rechts schneller fahren als links.
Auch wenn letztlich nicht davon ausgegangen werden kann, dass die Kollision für den Kläger nachweislich unabwendbar im Sinne des § 17 Abs. 3 StVG war (schließlich hatte der Kläger nach eigenen Angaben mindestens bereits zwei vergleichbare Unfälle an dieser Stelle gehabt, sodass er sich möglicherweise noch vorausschauender hätte verhalten können), ist im Zuge der Abwägung von einer 100-prozentigen Haftung der Beklagten auszugehen. Dem klaren Verstoß des Beklagten-Fahrers beim Spurwechsel (§ 7 Abs. 5 StVO) steht die nicht erhöhte Betriebsgefahr des Kläger-Fahrzeugs gegenüber. Dies führt nach einheitlicher und ständiger Rechtsprechung zu einer vollen und alleinigen Haftung des Spurwechslers (z.B. OLG München Endurteil v. 23.3.2022 – 10 U 7411/21, BeckRS 2022, 6219; OLG Saarbrücken 1.8.2019 – 4 U 18/19; OLG Hamm 27.10.2014 – 9 U 60/14; OLG München 13.7.2018 – 10 U 1856/17).
"
vgl. LG Nürnberg-Fürth, Endurteil v. 15.02.2024 – 2 O 4326/22
Alleinhaftung des Spurwechslers für anschließenden Auffahrunfall
"Nach der Rechtsprechung (OLG Hamm VersR 1992, 624; OLG Bremen VersR 1997, 253; KG VersR 2006, 563; vgl. auch Grüneberg, Haftungsquoten bei Verkehrsunfällen, 11. Aufl. 2008, Rn. 157) hat die Betriebsgefahr regelmäßig ganz hinter einem Verstoß gegen § 7 Abs. 5 StVO zurückzutreten. Eine davon abweich......." [vollständiges Zitat anzeigen]
"Nach der Rechtsprechung (OLG Hamm VersR 1992, 624; OLG Bremen VersR 1997, 253; KG VersR 2006, 563; vgl. auch Grüneberg, Haftungsquoten bei Verkehrsunfällen, 11. Aufl. 2008, Rn. 157) hat die Betriebsgefahr regelmäßig ganz hinter einem Verstoß gegen § 7 Abs. 5 StVO zurückzutreten. Eine davon abweichende rechtliche Beurteilung ist hier nicht gerechtfertigt. Dem Beklagten Ziff. 1 ist ein äußerst riskanter und unfallträchtiger Fahrfehler zur Last zu legen. Eine Mithaftung des Klägers käme deshalb nur dann in Betracht, wenn dem Kläger ein die Betriebsgefahr erhöhender Verursachungs- oder Verschuldensbeitrag vorgeworfen werden könnte. Daran fehlt es vorliegend."
vgl. OLG Stuttgart, Urteil vom 07.04.2010 - 3 U 216/09
Alleinhaftung des Spurwechslers ist der Regelfall
"Bei einem Verstoß gegen die Sorgfaltsanforderungen des § 7 V StVO trifft den Spurwechsler im Regelfall eine Alleinhaftung, da die einfache Betriebsgefahr des anderen Kraftfahrzeugs hinter sein gewichtiges Verschulden zurücktritt (vgl. BGH Urt. v. 11. 2. 2014 - VI ZR 161/13, NJW 2014, 1181; OLG Köln V......." [vollständiges Zitat anzeigen]
"Bei einem Verstoß gegen die Sorgfaltsanforderungen des § 7 V StVO trifft den Spurwechsler im Regelfall eine Alleinhaftung, da die einfache Betriebsgefahr des anderen Kraftfahrzeugs hinter sein gewichtiges Verschulden zurücktritt (vgl. BGH Urt. v. 11. 2. 2014 - VI ZR 161/13, NJW 2014, 1181; OLG Köln VersR 2017, 774; Senat, a.a.O.; OLG Hamm NZV 2010, 79; KG NZV 2009; Geigel Haftpflichtprozess/Freymann, 28. Aufl. 2020, Kap. 27 Rn. 218). Eine Mithaftung des anderen Unfallbeteiligten kommt nur dann in Betracht, wenn der Spurwechsler Umstände nachweist, die ein Mitverschulden des anderen Unfallbeteiligten belegen (KG Berlin, a.a.O., Rn. 8, juris)."
vgl. OLG München, Endurteil vom 01.06.2022 - 10 U 7382/21 e
Allgemeines Erschütterung des Anscheinsbeweises und die Folge
"Erschüttert ist der Anscheinsbeweis, wenn die ernsthafte (reale) Möglichkeit eines anderen als des erfahrungsgemäßen Geschehensablaufs besteht. Die Tatsachen, aus denen diese ernsthafte Möglichkeit hergeleitet wird, müssen unstreitig oder (voll) bewiesen sein. Zweifel gehen zulasten dessen, gegen d......." [vollständiges Zitat anzeigen]
"Erschüttert ist der Anscheinsbeweis, wenn die ernsthafte (reale) Möglichkeit eines anderen als des erfahrungsgemäßen Geschehensablaufs besteht. Die Tatsachen, aus denen diese ernsthafte Möglichkeit hergeleitet wird, müssen unstreitig oder (voll) bewiesen sein. Zweifel gehen zulasten dessen, gegen den der Anscheinsbeweis streitet. Bei erfolgreicher Erschütterung besteht wieder die beweisrechtliche Normallage (OLG München NJW-RR 2014, 601, 602)."
vgl. Saarländisches OLG, Urteil vom 13.08.2020 - 4 U 6/20
Anscheinsbeweis (ja) beim Spurwechseln
"Gegen den Kläger spricht bereits der Anscheinsbeweis des § 7 Abs. 5 StVO. Danach darf ein Fahrstreifen nur gewechselt werden, wenn eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen ist. Aus dieser höchsten die hohen Sorgfaltsanforderungen folgt ein Anscheinsbeweis für die Missachtung dieser ......." [vollständiges Zitat anzeigen]
"Gegen den Kläger spricht bereits der Anscheinsbeweis des § 7 Abs. 5 StVO. Danach darf ein Fahrstreifen nur gewechselt werden, wenn eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen ist. Aus dieser höchsten die hohen Sorgfaltsanforderungen folgt ein Anscheinsbeweis für die Missachtung dieser Sorgfaltspflichten, wenn die Kollision in einem unmittelbaren zeitlichen und örtlichen Zusammenhang mit dem Spurwechsel steht. Die Haftungsabwägung führt regelmäßig zur Alleinhaftung des Spurwechslers (OLG Q. Urt. v. 10.11.2016 - 7 U 91/16, BeckRS 2016, 114560 Rn. 3, beckonline m.w.N.)."
vgl. AG Brühl, Urteil vom 17.05.2024 - 23 C 220/23
Anscheinsbeweis (keiner) bei kontaktlosem Unfall bzgl. überschneller Annäherung des Wartepflichtigen
"Ein Anscheinsbeweis kommt in Betracht, wenn ein typischer Geschehensablauf feststeht, der nach der Lebenserfahrung den Schluss auf einen ursächlichen Zusammenhang oder ein schuldhaftes Verhalten rechtfertigt (BGH Beschl. v. 28.2.2023 - VI ZR 98/22, BeckRS 2023, 6492 Rn. 12). Ein Anscheinsbeweis kann im ......." [vollständiges Zitat anzeigen]
"Ein Anscheinsbeweis kommt in Betracht, wenn ein typischer Geschehensablauf feststeht, der nach der Lebenserfahrung den Schluss auf einen ursächlichen Zusammenhang oder ein schuldhaftes Verhalten rechtfertigt (BGH Beschl. v. 28.2.2023 - VI ZR 98/22, BeckRS 2023, 6492 Rn. 12). Ein Anscheinsbeweis kann im Hinblick auf § 8 StVO zwar grundsätzlich zu Lasten des Wartepflichtigen in Betracht kommen, wenn es zu einem Zusammenstoß gekommen ist (vgl. Freymann in Geigel, Haftpflichtprozess, 28. Aufl. 2020, § 8 StVO Rn. 258 m. w. N.). Jedenfalls aber lässt sich die geforderte Typizität im Streitfall, in dem es keinen Zusammenstoß gab, der Beklagte zu 2 sogar unstreitig jedenfalls einen halben Meter vor der gestrichelten Linie zum Stehen gekommen ist und konkrete Angaben zur Annäherungsgeschwindigkeit fehlen, nicht aus den örtlichen Gegebenheiten und den Bewegungsrichtungen der Beteiligten herleiten. Auch im Übrigen bestehen aus den sogleich dargelegten Gründen keine Anhaltspunkte für eine durch den Beklagten zu 2 herbeigeführte kritische Verkehrslage."
"Es liegt mithin kein atypischer Geschehensablauf vor, der den Beweis des ersten Anscheins für ein Verschulden des Beklagten zu 1) entkräftet, zumal der Kläger - wie nachstehend näher dargelegt wird - nicht ohne zwingenden Grund stark abbremste (zur Erschütterung des Anscheinsbeweises bei grundlosem ......." [vollständiges Zitat anzeigen]
"Es liegt mithin kein atypischer Geschehensablauf vor, der den Beweis des ersten Anscheins für ein Verschulden des Beklagten zu 1) entkräftet, zumal der Kläger - wie nachstehend näher dargelegt wird - nicht ohne zwingenden Grund stark abbremste (zur Erschütterung des Anscheinsbeweises bei grundlosem Abbremsen vgl. OLG Frankfurt, NJW 2007, 87)."
vgl. AG Hildesheim, Urteil vom 07.08.2008 - 47 C 119/08
Anscheinsbeweis - Grundsatz
"aa) Die Frage, ob ein Anscheinsbeweis eingreift, unterliegt der Prüfung durch das Revisionsgericht (vgl. Senatsurteile vom 1. August 2023 - VI ZR 82/22, juris Rn. 26; vom 13. Dezember 2016 - VI ZR 32/16, NJW 2017, 1177 Rn. 9 mwN). Ein Anscheinsbeweis kommt in Betracht, wenn ein typischer Geschehensablau......." [vollständiges Zitat anzeigen]
"aa) Die Frage, ob ein Anscheinsbeweis eingreift, unterliegt der Prüfung durch das Revisionsgericht (vgl. Senatsurteile vom 1. August 2023 - VI ZR 82/22, juris Rn. 26; vom 13. Dezember 2016 - VI ZR 32/16, NJW 2017, 1177 Rn. 9 mwN). Ein Anscheinsbeweis kommt in Betracht, wenn ein typischer Geschehensablauf feststeht, der nach der Lebenserfahrung den Schluss auf einen ursächlichen Zusammenhang oder ein schuldhaftes Verhalten rechtfertigt (vgl. Senatsurteil vom 1. August 2023 - VI ZR 82/22, juris Rn. 26; Senatsbeschluss vom 28. Februar 2023 - VI ZR 98/22, NJW-RR 2023, 700 Rn. 12; jew. mwN)."
vgl. BGH, Urteil vom 10.10.2023 - VI ZR 287/22
Anscheinsbeweis - Zurückhaltung geboten
"Zudem ist bei der Anwendung des Anscheinsbeweises grundsätzlich Zurückhaltung geboten, weil er es erlaubt, bei typischen Geschehensabläufen aufgrund allgemeiner Erfahrungssätze auf einen ursächlichen Zusammenhang oder ein schuldhaftes Verhalten zu schließen, ohne dass im konkreten Fall die Ursache ......." [vollständiges Zitat anzeigen]
"Zudem ist bei der Anwendung des Anscheinsbeweises grundsätzlich Zurückhaltung geboten, weil er es erlaubt, bei typischen Geschehensabläufen aufgrund allgemeiner Erfahrungssätze auf einen ursächlichen Zusammenhang oder ein schuldhaftes Verhalten zu schließen, ohne dass im konkreten Fall die Ursache bzw. das Verschulden festgestellt ist (vgl. Senatsurteil vom 15. Dezember 2015 - VI ZR 6/15, NJW 2016, 1098 Rn. 14 mwN)."
vgl. BGH, Urteil vom 10.10.2023 - VI ZR 287/22
Anscheinsbeweis bei Auffahrunfall
"aa) In der höchstrichterlichen Rechtsprechung ist anerkannt, dass bei Auffahrunfällen, auch wenn sie sich auf Autobahnen ereignen, der erste Anschein dafür sprechen kann, dass der Auffahrende den Unfall schuldhaft dadurch verursacht hat, dass er entweder den erforderlichen Sicherheitsabstand nicht ein......." [vollständiges Zitat anzeigen]
"aa) In der höchstrichterlichen Rechtsprechung ist anerkannt, dass bei Auffahrunfällen, auch wenn sie sich auf Autobahnen ereignen, der erste Anschein dafür sprechen kann, dass der Auffahrende den Unfall schuldhaft dadurch verursacht hat, dass er entweder den erforderlichen Sicherheitsabstand nicht eingehalten hat (§ 4 Abs. 1 StVO), unaufmerksam war (§ 1 StVO) oder aber mit einer den Straßen- und Sichtverhältnissen unangepassten Geschwindigkeit gefahren ist (§ 3 Abs. 1 StVO) (Senatsurteile vom 13. Dezember 2011 - VI ZR 177/10, BGHZ 192, 84 Rn. 7; vom 30. November 2010 - VI ZR 15/10, NJW 2011, 685 Rn. 7; vom 16. Januar 2007 - VI ZR 248/05, NJW-RR 2007, 680 Rn. 5; vom 18. Oktober 1988 - VI ZR 223/87, NJW-RR 1989, 670, 671; vom 6. April 1982 - VI ZR 152/80, NJW 1982, 1595, 1596; ferner von Pentz, zfs 2012, 124, 126). Denn der Kraftfahrer ist verpflichtet, seine Fahrweise so einzurichten, dass er notfalls rechtzeitig anhalten kann, wenn ein Hindernis auf der Fahrbahn auftaucht (Senatsurteil vom 6. April 1982 - VI ZR 152/80, aaO)."
vgl. BGH, Urteil vom 13.12.2016 - VI ZR 32/16
Anscheinsbeweis bei Fahrspurwechsel
"Der Beklagte Ziff. 1 hat entgegen § 7 Abs. 5 S. 1 StVO den Fahrstreifen gewechselt, da eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer nicht nur nicht ausgeschlossen, sondern in hohem Maße durch ihn begründet war. Ist ein zeitlich und örtlich naher Zusammenhang zwischen einem Auffahrunfall und einem vora......." [vollständiges Zitat anzeigen]
"Der Beklagte Ziff. 1 hat entgegen § 7 Abs. 5 S. 1 StVO den Fahrstreifen gewechselt, da eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer nicht nur nicht ausgeschlossen, sondern in hohem Maße durch ihn begründet war. Ist ein zeitlich und örtlich naher Zusammenhang zwischen einem Auffahrunfall und einem vorausgegangenen Fahrspurwechsel zu bejahen, spricht der Beweis des ersten Anscheins für eine unfallursächliche Missachtung der sich aus § 7 Abs. 5 S. 1 StVO ergebenden gesteigerten Sorgfaltspflichten durch den vorausfahrenden Spurwechsler (OLG Bremen VersR 1997, 253; KG VersR 2006, 563; Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 40. Aufl. 2009, § 7 StVO Rn. 17 m.w. Nachw.). So liegt der Fall auch hier. Ein Fahrstreifenwechsel darf wegen seiner auf der Hand liegenden latenten Gefahren nur unter Beachtung äußerster Sorgfalt durchgeführt werden (KG VRS 109, 10; OLG Brandenburg VersR 2003, 1566). Er ist nach § 7 Abs. 5 S. 1 StVO untersagt, wenn eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer nicht auszuschließen ist. Bei dichtem Verkehr oder Kolonnenbildung ist deshalb das Wechseln in aller Regel auf das Ausnutzen großer Lücken beschränkt, welche ausreichenden Abstand nach hinten und vorn ermöglichen (OLG Hamm VersR 1992, 624)."
vgl. OLG Stuttgart, Urteil vom 07.04.2010 - 3 U 216/09
Anscheinsbeweis bei Kettenunfall: möglich, aber nicht zwingend
"Bei einem Kettenauffahrunfall kommt ein Anscheinsbeweis im Verhältnis zwischen Auffahrendem und Vorausfahrendem für eine schuldhafte Verursachung des Heckaufpralls durch den letzten in der Kette auffahrenden Verkehrsteilnehmer nur dann in Betracht, wenn feststeht, dass das ihm vorausfahrende Fahrzeug r......." [vollständiges Zitat anzeigen]
"Bei einem Kettenauffahrunfall kommt ein Anscheinsbeweis im Verhältnis zwischen Auffahrendem und Vorausfahrendem für eine schuldhafte Verursachung des Heckaufpralls durch den letzten in der Kette auffahrenden Verkehrsteilnehmer nur dann in Betracht, wenn feststeht, dass das ihm vorausfahrende Fahrzeug rechtzeitig hinter seinem Vordermann zum Stehen gekommen ist und nicht durch einen Aufprall auf das vorausfahrende Fahrzeug den Bremsweg des ihm folgenden Fahrzeugs verkürzt hat (OLG Hamm, Urteil vom 06.02.2014, 6 U 101/13 - juris; König, in: König/Hentschel/Dauer, a.a.O., § 4 StVO Rn. 36)."
vgl. OLG Hamm, Urteil vom 27.11.2020 - 7 U 24/19
Anscheinsbeweis beim Auffahrunfall an Lichtzeichenanlage
"16a) Unstreitig fuhr der Beklagte zu 1) auf das Fahrzeug des Klägers auf, als der Kläger sein Fahrzeug bei Umschalten der Wechsellichtzeichenanlage von Grün auf Gelb abbremste und anhielt. Bereits der „Beweis des ersten Anscheins“ spricht deshalb für ein Verschulden des Klägers (vgl. LG Landau, ......." [vollständiges Zitat anzeigen]
"16a) Unstreitig fuhr der Beklagte zu 1) auf das Fahrzeug des Klägers auf, als der Kläger sein Fahrzeug bei Umschalten der Wechsellichtzeichenanlage von Grün auf Gelb abbremste und anhielt. Bereits der „Beweis des ersten Anscheins“ spricht deshalb für ein Verschulden des Klägers (vgl. LG Landau, Urteil vom 31.08.2004, 1 S 109/04). Denn typischerweise beruht ein Auffahrunfall darauf, dass der Auffahrende unaufmerksam, zu schnell oder mit zu geringem Sicherheitsabstand zu dem Vorausfahrenden fuhr (vgl. Hentschel- König , Straßenverkehrsrecht, 39. Auflage München 2007, § 4 StVO Rn. 18; Geigel- Zieres , Der Haftpflichtprozess, 25. Auflage München 2008, 27. Kap. Rn. 147). Da sämtliche Zeugen sowie der Kläger und der Beklagte zu 1) übereinstimmend bekundet haben, dass beide Fahrzeuge vor dem Umschalten der Lichtzeichenanlage mit etwa 50 km/h, der zulässigen Höchstgeschwindigkeit, fuhren, spricht der Beweis des ersten Anscheins vorliegend für ein Verschulden des Beklagten zu 1) wegen zu geringen Abstandes (Verstoß gegen § 4 Abs. 1 S. 1 StVO) oder Unaufmerksamkeit (Verstoß gegen § 1 Abs. 1 StVO)."
vgl. AG Hildesheim, Urteil vom 07.08.2008 - 47 C 119/08
Anscheinsbeweis beim Rückwärtsfahren geilt auch im Fall eines verkehrsberuhigten Bereichs / Parkplatzes ( § 1 Abs. 2 StVO)
"Dabei kann hier dahingestellt bleiben, ob, wie es das Erstgericht angenommen hat, § 9 Abs. 5 Straßenverkehrsordnung (StVO) unmittelbar zur Anwendung kommt, oder ob sich in einem, wie hier, verkehrsberuhigten Bereich i.S.d. § 42 StVO Zeichen 325.1/325.2 ein entsprechender Verstoß aus dem allgemeinen R......." [vollständiges Zitat anzeigen]
"Dabei kann hier dahingestellt bleiben, ob, wie es das Erstgericht angenommen hat, § 9 Abs. 5 Straßenverkehrsordnung (StVO) unmittelbar zur Anwendung kommt, oder ob sich in einem, wie hier, verkehrsberuhigten Bereich i.S.d. § 42 StVO Zeichen 325.1/325.2 ein entsprechender Verstoß aus dem allgemeinen Rücksichtnahmegebot des § 1 Abs. 2 StVO ableiten lässt, das etwa auf Parkplätzen, die ähnlich wie ein verkehrsberuhigter Bereich nicht dem fließenden Verkehr gewidmet sind, heranzuziehen ist (vgl. dazu etwa König in Hentschel u.a., Straßenverkehrsrecht 46. Aufl., § 42 StVO Rn. 181 mwN.). Denn auch soweit ein Verstoß gegen § 1 Abs. 2 StVO betroffen ist, gilt hier ein Anscheinsbeweis für ein Verschulden des Rückwärtsfahrenden, wenn - wie hier - feststeht, dass das rückwärtsfahrende Fahrzeug im Kollisionszeitpunkt in Bewegung war (vgl. BGH, Urteil vom 11.10.2016 - VI ZR 66/16, VersR 2017, 186 mwN)."
vgl. LG Saarbrücken, Urteil vom 20.01.2023 - 13 S 60/22
Anscheinsbeweis des Verschuldens des Spurwechslers
"Steht die Kollision zweier Kraftfahrzeuge - wie im streitgegenständlichen Fall - in einem unmittelbaren zeitlichen und örtlichen Zusammenhang mit einem Fahrspurwechsel, so spricht grundsätzlich der Anscheinsbeweis für die Missachtung der Sorgfaltspflichten, die für den Spurwechsler gelten (vgl. Sena......." [vollständiges Zitat anzeigen]
"Steht die Kollision zweier Kraftfahrzeuge - wie im streitgegenständlichen Fall - in einem unmittelbaren zeitlichen und örtlichen Zusammenhang mit einem Fahrspurwechsel, so spricht grundsätzlich der Anscheinsbeweis für die Missachtung der Sorgfaltspflichten, die für den Spurwechsler gelten (vgl. Senat, Urteil vom 13. Juli 2018 - 10 U 1856/17 -, Rn. 25, juris). Der gerichtliche Sachverständige hat überdies einen schuldhaften Verstoß des Beklagten zu 1) gegen die ihm im Zusammenhang mit dem Spurwechsel obliegenden Pflichten auch bestätigt: "Da ein möglicher Fahrstreifenwechsel [...] somit deutlich vor dem Kollisionszeitpunkt bereits abgeschlossen gewesen sein müsste, wäre - sofern der Beklagte zu 1) bis zum Beginn seines Fahrstreifenwechsels Rückschau über den linken Seitenspiegel hielt - das auf dem linken Fahrstreifen fahrende Klägerfahrzeug erkennbar gewesen. Hätte der Beklagte zu 1) angesichts des auf dem linken Fahrstreifen fahrenden Klägerfahrzeugs und der bereits von 95 bis 100 km/h reduzierten Geschwindigkeit des Wohnmobils von dem Lenkmanöver abgesehen, hätte er die Kollision vermeiden können" (vgl. Seite 31 des Gutachtens vom 02.03.2021)."
vgl. OLG München, Endurteil vom 01.06.2022 - 10 U 7382/21 e
Anscheinsbeweis für Überholmänover
"aa) Angesichts des unstreitigen Kollisionsablaufs und des Schadensbildes der beteiligten Fahrzeuge streitet vorliegend ein Anscheinsbeweis für einen Verstoß der Beklagten zu 1) gegen § 5 Abs. 4 S. 2 und S. 6 StVO, also eines Überholens mit zu geringem Seitenabstand und Behinderung des Überholten bei......." [vollständiges Zitat anzeigen]
"aa) Angesichts des unstreitigen Kollisionsablaufs und des Schadensbildes der beteiligten Fahrzeuge streitet vorliegend ein Anscheinsbeweis für einen Verstoß der Beklagten zu 1) gegen § 5 Abs. 4 S. 2 und S. 6 StVO, also eines Überholens mit zu geringem Seitenabstand und Behinderung des Überholten beim Wiedereinscheren. Dabei verkennt das Gericht nicht, dass ein Anscheinsbeweis gegen den Überholenden nicht generell anzunehmen ist; ein solcher kommt aber je nach Einzelfall in Betracht (grundlegend BGH NJW 1975, 312; siehe auch Kuhnke NZV 2018, 447, 449 f.). Ein solcher besonderer Einzelfall liegt vorliegend vor.
Denn vorliegend steht fest, dass die Kollision derart erfolgt ist, dass sich der Kläger als Motorradfahrer im städtischen Verkehr rechts vom Pkw der Beklagten befand und es zu einer Berührung zwischen dem hinteren rechten Teil des Pkw und des linken Lenkers des klägerischen Motorrads kam, infolge dessen der Motorradfahrer stürzte. Auch steht fest, dass die örtlichen Begebenheiten der Straße ein "Überholen von rechts" durch Motorräder nicht problemlos zuließen, weil die Straße am rechten Rand von einem Bürgersteig mit erhöhtem Randstein begrenzt war, über den ein Motorrad nicht ohne Weiteres fahren konnte. In einem solchen Fall besteht eine Typizität dahingehend, dass der Pkw ein Überholmanöver vorgenommen hat und dabei entweder zu keiner Zeit ausreichenden Seitenabstand hatte oder spätestens beim Einscheren den Seitenabstand nicht beachtete. Jegliche andere Begründung der Kollision erscheint als derart unwahrscheinlich, dass insoweit eine Erschütterung des Anscheinsbeweises notwendig wäre."
vgl. LG Köln, Urteil vom 19.04.2024 - 14 O 65/21
Anscheinsbeweis gegen den Auffahrenden
"2. Zwischen den Parteien ist der Unfallhergang unstreitig, weshalb die Beklagten zunächst zu 100% für den Unfall haften, weil der Beklagte zu 2) durch sein Auffahren und die dadurch entstandene Kettenreaktion (Schieben des übernächsten Fahrzeugs in die vom Kläger benutzte Gegenfahrbahn) den Unfall v......." [vollständiges Zitat anzeigen]
"2. Zwischen den Parteien ist der Unfallhergang unstreitig, weshalb die Beklagten zunächst zu 100% für den Unfall haften, weil der Beklagte zu 2) durch sein Auffahren und die dadurch entstandene Kettenreaktion (Schieben des übernächsten Fahrzeugs in die vom Kläger benutzte Gegenfahrbahn) den Unfall verursacht hat. Bei Auffahrunfällen spricht bereits der erste Anschein dafür, dass der Auffahrende den Unfall schuldhaft dadurch verursacht hat, dass er entweder den erforderlichen Sicherheitsabstand nicht eingehalten hat (§ 4 I StVO), unaufmerksam war (§ 1 StVO) oder mit einer den Straßen- und Sichtverhältnissen unangepassten Geschwindigkeit gefahren ist (§ 3 I StVO) (vgl. BGH, Urteil vom 13. Dezember 2016 - VI ZR 32/16 -, [juris]; BGH Urteil vom 13. Dezember 2011, VI ZR 177/10, BGHZ 192, 84 Rn. 7). Die Beklagten haben den für das Auffahren auf das vorausfahrende Fahrzeug wirkenden Anscheinsbeweis nicht entkräftet bzw. erschüttert, da sie der vom Kläger geschilderten Unfalldarstellung nicht entgegentreten sind."
vgl. OLG München, Endurteil vom 25.10.2019 - 10 U 3171/18
Anscheinsbeweis gegen den betrunkenen Kfz-Fahrer
"Es spricht nämlich ein Anscheinsbeweis für die Ursächlichkeit der Trunkenheit (im Sinne einer absoluten oder relativen Fahruntüchtigkeit) für einen Unfall, wenn dieser sich in einer Verkehrslage und unter Umständen ereignet, die ein nüchterner Fahrer hätte meistern können (vgl. BGH, Urteil vom 2......." [vollständiges Zitat anzeigen]
"Es spricht nämlich ein Anscheinsbeweis für die Ursächlichkeit der Trunkenheit (im Sinne einer absoluten oder relativen Fahruntüchtigkeit) für einen Unfall, wenn dieser sich in einer Verkehrslage und unter Umständen ereignet, die ein nüchterner Fahrer hätte meistern können (vgl. BGH, Urteil vom 24.10.1955 - II ZR 345/53 -, BGHZ 18, 311, 318 f.; Urteil vom 30.10.1985 - IVa ZR 10/84 -, NJW-RR 1986, 323, 324; Urteil vom 10.01.1995 - VI ZR 247/94 -, NJW 1995, 1029, 1030; OLG Saarbrücken, Urteil vom 29.06.2017 - 4 U 62/16 -, r + s 2018, 154, 156; Burmann, in: ders./Heß/Hühnermann/Jahnke, Straßenverkehrsrecht, 27. Aufl. 2022, § 287, Rdnr. 16; Kaufmann, in: Geigel, Haftpflichtprozess, 29. Aufl. 2024, Kap. 25, Rdnr. 331). So liegt es hier. Gerade angesichts der freien Sicht für den Beklagten zu 1 unterliegt es keinem Zweifel, dass ein nüchterner Fahrer die Gruppe um die Klägerin wahrgenommen und rechtzeitig gebremst hätte."
vgl. OLG Frankfurt, Urteil vom 25.01.2024, Az. 26 U 11/23
Anscheinsbeweis gegen den Einbieger beim Auffahrunfall
"Kommt es - wie vorliegend - in unmittelbarem zeitlichen und örtlichen Zusammenhang mit dem Ausfahren zu einer Kollision mit dem fließenden Verkehr, so spricht bereits der Beweis des ersten Anscheins für ein Verschulden des Ausfahrenden (OLG Hamm, VersR 1979, 266266; KG, NZV 2006, 369369 ; Burmann in: ......." [vollständiges Zitat anzeigen]
"Kommt es - wie vorliegend - in unmittelbarem zeitlichen und örtlichen Zusammenhang mit dem Ausfahren zu einer Kollision mit dem fließenden Verkehr, so spricht bereits der Beweis des ersten Anscheins für ein Verschulden des Ausfahrenden (OLG Hamm, VersR 1979, 266266; KG, NZV 2006, 369369 ; Burmann in: Burmann/Heß/Jahnke/Janker, StVR, 22. A. 2012 § 10 StVO Rn. Rz. 8 m.w.N.)."
vgl. OLG Hamm, Urteil vom 04.02.2014 - 9 U 149/13
Anscheinsbeweis gegen den Öffner der Tür
"a) Bei der Abwägung ist zu Lasten der Beklagten ein schuldhafter Verstoß des Beklagten Ziff. 1 gegen § 14 Abs. 1 StVO zu berücksichtigen. Kommt es - wie hier - in unmittelbarem örtlichem und zeitlichem Zusammenhang mit einem Ein- oder Aussteigen (§ 14 Abs. 1 StVO) zu einem Verkehrsunfall, spricht d......." [vollständiges Zitat anzeigen]
"a) Bei der Abwägung ist zu Lasten der Beklagten ein schuldhafter Verstoß des Beklagten Ziff. 1 gegen § 14 Abs. 1 StVO zu berücksichtigen. Kommt es - wie hier - in unmittelbarem örtlichem und zeitlichem Zusammenhang mit einem Ein- oder Aussteigen (§ 14 Abs. 1 StVO) zu einem Verkehrsunfall, spricht der Beweis des ersten Anscheins dafür, dass der Ein- oder Aussteigende seine gesetzlichen Sorgfaltspflichten verletzt hat (KG, DAR 2004, 585; 2005, 217; OLG Hamm, NZV 2000, 209, 210; AG Tettnang, Schaden-Praxis 2005, 47, 48). Diesen haben die Beklagten nicht zu erschüttern vermocht. Vielmehr ist das Gericht davon überzeugt, dass der Beklagte Ziff. 1 die Kollision durch ein unachtsames Öffnen der Fahrertür verursacht hat."
vgl. LG Karlsruhe, Urteil vom 01.09.2006 - 3 O 390/05
Anscheinsbeweis gegen den rückwärts Ausparkenden
"Wer - wie die Klägerin - rückwärts ausparkt, hat nach § 10 Satz 1 StVO jede Gefährdung des fließenden Verkehrs auszuschließen. Zu den anderen Straßenteilen im Sinne dieser Vorschrift zählen anerkanntermaßen auch Parkplätze oder Parkstreifen (Scholten in Freymann/Wellner, jurisPK-Straßenverkeh......." [vollständiges Zitat anzeigen]
"Wer - wie die Klägerin - rückwärts ausparkt, hat nach § 10 Satz 1 StVO jede Gefährdung des fließenden Verkehrs auszuschließen. Zu den anderen Straßenteilen im Sinne dieser Vorschrift zählen anerkanntermaßen auch Parkplätze oder Parkstreifen (Scholten in Freymann/Wellner, jurisPK-Straßenverkehrsrecht 1. Aufl. § 10 StVO Rn. 33). Eine Wiedereingliederung des anfahrenden Fahrzeugs in den fließenden Verkehr ist erst dann beendet, wenn es sich endgültig in den fließenden Verkehr eingeordnet hat und jede Auswirkung des Anfahrvorganges auf das weitere Verkehrsgeschehen ausgeschlossen ist (OLG Hamm, Urteil vom 27.03.2015 - I-11 U 44/14, juris Rn. 6). Der von § 10 Satz 1 StVO geforderte Gefährdungsausschluss ist der höchste Sorgfaltsmaßstab, den das deutsche Straßenverkehrsrecht kennt (Senat r + s 2018, 37, 38 Rn. 36). Kommt es zu einem Unfall mit dem bevorrechtigten fließenden Verkehr, spricht der Anscheinsbeweis für das Alleinverschulden des rückwärts Ausparkenden (OLG Frankfurt a. M. VersR 1982, 1079). In diesen Fällen reicht zur Begründung des Anscheinsbeweises die Feststellung aus, dass es in einem engen zeitlichen und räumlichen Zusammenhang mit dem Einfahren zu einem Zusammenstoß gekommen ist (Scholten in Freymann/Wellner, aaO Rn. 60). Hierbei kommt es nicht darauf an, ob das einfahrende Fahrzeug im Zeitpunkt der Kollision steht oder sich in Bewegung befindet (OLG Celle NZV 2006, 309; Burmann in Burmann/Heß/Hühnermann/Jahnke, Straßenverkehrsrecht 26. Aufl. § 10 StVO Rn. 8). § 10 StVO knüpft nicht an eine ununterbrochene Bewegung des Einfahrenden an, sondern an das Eindringen aus einem Grundstück auf eine dem durchgehenden Verkehr dienende Fahrbahn, welches erst dann beendet ist, wenn sich das Fahrzeug endgültig in den fließenden Verkehr eingeordnet hat oder wenn es auf der Straße wieder verkehrsgerecht abgestellt ist (OLG Celle NZV 2006, 309)."
vgl. Saarländisches OLG, Urteil vom 13.08.2020 - 4 U 6/20
Anscheinsbeweis gegen den Rückwärtsfahrenden auch auf einem Parkplatz
"Mittelbare Bedeutung erlangt § 9 Abs. 5 StVO aber über § 1 StVO. Entsprechend der Wertung des § 9 Abs. 5 StVO muss sich auch derjenige, der auf einem Parkplatz rückwärts fährt, so verhalten, dass er sein Fahrzeug notfalls sofort anhalten kann (Senat aaO). Kollidiert der Rückwärtsfahrende mit ein......." [vollständiges Zitat anzeigen]
"Mittelbare Bedeutung erlangt § 9 Abs. 5 StVO aber über § 1 StVO. Entsprechend der Wertung des § 9 Abs. 5 StVO muss sich auch derjenige, der auf einem Parkplatz rückwärts fährt, so verhalten, dass er sein Fahrzeug notfalls sofort anhalten kann (Senat aaO). Kollidiert der Rückwärtsfahrende mit einem anderen Fahrzeug, so können zugunsten desjenigen, der sich auf ein unfallursächliches Verschulden des Rückwärtsfahrenden beruft, die Grundsätze des Anscheinsbeweises zur Anwendung kommen. Steht fest, dass sich die Kollision beim Rückwärtsfahren ereignete, der Rückwärtsfahrende zum Kollisionszeitpunkt selbst also noch nicht stand, so spricht auch bei Parkplatzunfällen ein allgemeiner Erfahrungssatz dafür, dass der Rückwärtsfahrende der dargestellten Sorgfaltspflicht nicht nachgekommen ist und den Unfall dadurch (mit)verursacht hat (vgl. Senat aaO, Rn. 14 f.)."
vgl. BGH, Urteil vom 26.01.2016 - VI ZR 179/15
Anscheinsbeweis gegen den Spurwechsler bei zeitnahem Auffahrunfall
"2. Der sorgfaltswidrige Fahrbahnwechsel des Beklagten Ziff. 1 war (mit-)ursächlich für den streitgegenständlichen Verkehrsunfall. Nach der bereits zitierten Spruchpraxis des Kammergerichts und des OLG Bremen kann sich der Kläger auch insoweit mit Erfolg auf die Regeln über den Anscheinsbeweis berufe......." [vollständiges Zitat anzeigen]
"2. Der sorgfaltswidrige Fahrbahnwechsel des Beklagten Ziff. 1 war (mit-)ursächlich für den streitgegenständlichen Verkehrsunfall. Nach der bereits zitierten Spruchpraxis des Kammergerichts und des OLG Bremen kann sich der Kläger auch insoweit mit Erfolg auf die Regeln über den Anscheinsbeweis berufen. Der Spurwechsel hat zu einer Verkürzung des dem Kläger zur Verfügung stehenden Bremsweges geführt. Wenn, so der Sachverständige Dipl.-Ing. R& weiter, eine Geschwindigkeit von 30 km/h auf Seiten des Klägers unterstellt wird, betrug der Abstand zwischen dem Pkw des Klägers und demjenigen des Beklagten Ziff. 1 etwa 5 bis 7 m. Ein solcher Abstand war nicht ausreichend, um die Auffahrkollision zu vermeiden (S. 12 des Protokolls). Erst recht gilt dies, wenn eine Ausgangsgeschwindigkeit von 40 km/h zu Grunde gelegt wird (ebenfalls S. 12 des Protokolls). Ohne den Spurwechsel wäre es zu keinem Auffahren auf das Heck des vom Beklagten Ziff. 1 gesteuerten Fahrzeuges gekommen. Etwas anderes steht jedenfalls nicht zur Überzeugung des Senats fest."
vgl. OLG Stuttgart, Urteil vom 07.04.2010 - 3 U 216/09
Anscheinsbeweis gegen Linksabbieger
"Soweit sich ein Unfall im unmittelbaren örtlichen und zeitlichen Zusammenhang mit einem Linksabbiegevorgang ereignet, spricht nach aller Lebenserfahrung vieles dafür (Anscheinsbeweis), dass der Linksabbieger die ihm nach § 9 Abs. 1 StVO obliegenden Sorgfaltsanforderungen, insbesondere die doppelte Rü......." [vollständiges Zitat anzeigen]
"Soweit sich ein Unfall im unmittelbaren örtlichen und zeitlichen Zusammenhang mit einem Linksabbiegevorgang ereignet, spricht nach aller Lebenserfahrung vieles dafür (Anscheinsbeweis), dass der Linksabbieger die ihm nach § 9 Abs. 1 StVO obliegenden Sorgfaltsanforderungen, insbesondere die doppelte Rückschaupflicht, nicht ausreichend beachtet hat (vgl. Senat Urt. v. 3.12.2021 - 7 U 33/20, NJW-RR 2022, 676 Rn. 10; Senat Hinweisbeschl. v. 4.5.2020 - 7 U 29/19, BeckRS 2020, 39618 Rn. 13; OLG Koblenz Urt. v. 8.6.2020 - 12 U 554/19, BeckRS 2020, 13974 Rn. 3; OLG Jena Urt. v. 28.10.2016 - 7 U 152/16, NJW-RR 2017, 605 Rn. 10)."
vgl. OLG Hamm, Urteil vom 08.07.2022 - 7 U 106/20
Anscheinsbeweis nicht bei Sonderkonstellationen
"Zwar kann bei einem Unfall im Zusammenhang mit dem Rückwärtseinfahren aus einem Grundstück auf eine Straße grundsätzlich der erste Anschein dafür sprechen, dass der rückwärts Einfahrende seinen Sorgfaltspflichten nicht nachkam und den Unfall dadurch (mit)verursachte. Jedoch liegt hier die für di......." [vollständiges Zitat anzeigen]
"Zwar kann bei einem Unfall im Zusammenhang mit dem Rückwärtseinfahren aus einem Grundstück auf eine Straße grundsätzlich der erste Anschein dafür sprechen, dass der rückwärts Einfahrende seinen Sorgfaltspflichten nicht nachkam und den Unfall dadurch (mit)verursachte. Jedoch liegt hier die für die Anwendung des Anscheinsbeweises erforderliche Typizität schon deshalb nicht vor, weil die Beklagte zu 1 die Einbahnstraße in unzulässiger Weise rückwärts befuhr. Es existiert kein Erfahrungssatz, wonach sich der Schluss aufdrängt, dass unter diesen Umständen den rückwärts aus der Grundstückszufahrt auf die Einbahnstraße einfahrenden Kläger ein Verschulden trifft (vgl. OLG Köln, VersR 1992, 332, 333; Freymann in Geigel, Haftpflichtprozess 28. Aufl., Kap. 27 Rn. 319; siehe weiter OLG Düsseldorf, Urteil vom 15. Mai 2012 - 1 U 127/11, juris Rn. 37 f.; König in Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht 47. Aufl., § 10 StVO Rn. 11 f.; Scholten, ZfSch 2022, 252)."
vgl. BGH, Urteil vom 10.10.2023 - VI ZR 287/22
Anscheinsbeweis nur, wenn keine Besonderheiten
"Die Anwendung des Anscheinsbeweises setzt auch bei Verkehrsunfällen einen Geschehensablauf voraus, bei dem sich nach der allgemeinen Lebenserfahrung der Schluss aufdrängt, dass ein Verkehrsteilnehmer seine Pflicht zur Beachtung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt verletzt hat; es muss sich um einen ......." [vollständiges Zitat anzeigen]
"Die Anwendung des Anscheinsbeweises setzt auch bei Verkehrsunfällen einen Geschehensablauf voraus, bei dem sich nach der allgemeinen Lebenserfahrung der Schluss aufdrängt, dass ein Verkehrsteilnehmer seine Pflicht zur Beachtung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt verletzt hat; es muss sich um einen Sachverhalt handeln, für den nach der Lebenserfahrung eine schuldhafte Verursachung typisch ist. Es reicht allerdings allein das "Kerngeschehen" als solches dann als Grundlage eines Anscheinsbeweises nicht aus, wenn weitere Umstände des Unfallereignisses bekannt sind, die als Besonderheiten gegen die bei derartigen Fallgestaltungen gegebene Typizität sprechen. Denn es muss das gesamte feststehende Unfallgeschehen nach der Lebenserfahrung typisch dafür sein, dass derjenige Verkehrsteilnehmer, zu dessen Lasten im Rahmen des Unfallereignisses der Anscheinsbeweis Anwendung finden soll, schuldhaft gehandelt hat. Ob der Sachverhalt in diesem Sinne im Einzelfall wirklich typisch ist, kann nur aufgrund einer umfassenden Betrachtung aller tatsächlichen Elemente des Gesamtgeschehens beurteilt werden, die sich aus dem unstreitigen Parteivortrag und den getroffenen Feststellungen ergeben. Zudem ist bei der Anwendung des Anscheinsbeweises grundsätzlich Zurückhaltung geboten, weil er es erlaubt, bei typischen Geschehensabläufen aufgrund allgemeiner Erfahrungssätze auf einen ursächlichen Zusammenhang oder ein schuldhaftes Verhalten zu schließen, ohne dass im konkreten Fall die Ursache bzw. das Verschulden festgestellt ist (vgl. Senatsurteil vom 15. Dezember 2015 - VI ZR 6/15, NJW 2016, 1098 Rn. 14 mwN)."
vgl. BGH, Urteil vom 10.10.2023 - VI ZR 287/22
Anscheinsbeweis zwischen Falschbeschilderung und Unfall
"3. Dass die Verkehrssicherungspflichtverletzung der Beklagten für den Schaden am Klägerfahrzeug ursächlich geworden ist, folgt bereits aus den Grundsätzen des Anscheinsbeweises.
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In der Rechtsprechung des BGH ist anerkannt, dass bei der Verletzung von Schutzgesetzen sowie von Unfallverhütu......." [vollständiges Zitat anzeigen]
"3. Dass die Verkehrssicherungspflichtverletzung der Beklagten für den Schaden am Klägerfahrzeug ursächlich geworden ist, folgt bereits aus den Grundsätzen des Anscheinsbeweises.
In der Rechtsprechung des BGH ist anerkannt, dass bei der Verletzung von Schutzgesetzen sowie von Unfallverhütungsvorschriften ein Beweis des ersten Anscheins dafür spricht, dass der Verstoß für den Schadenseintritt ursächlich war, sofern sich gerade diejenige Gefahr verwirklicht hat, der das Schutzgesetz oder die Unfallverhütungsvorschrift entgegen wirken soll. Der Beweis des ersten Anscheins ist auch bei der Verletzung von Verkehrssicherungspflichten geboten, die wie Schutzgesetze und Unfallverhütungsvorschriften typischen Gefährdungen entgegenwirken sollen, wenn sich in dem Schadensfall gerade diejenige Gefahr verwirklicht, der durch die Auferlegung bestimmter Verhaltenspflichten begegnet werden soll (BGH, Urteil vom 09.09.2008 – VI ZR 279/06, r+s 2009, 35 m.w.N.).
Ein solcher Fall ist hier gegeben. Die korrekte Beschilderung nach RSA 95 sollte "klare Verhältnisse schaffen" und damit den Autobahnverkehr vor Missverständnissen hinsichtlich der Verkehrsführung und einem Schadenseintritt bewahren. Umstände, die die Wirkung des Anscheinsbeweises in Frage stellen könnten, sind weder vorgetragen, noch sonst ersichtlich. Eigene Sorgfaltsverstöße der Fahrerin des Klägerfahrzeugs reichen hierfür nicht aus; sie sind lediglich im Rahmen der (Mit-)Verschuldensabwägung relevant."
vgl. LG Nürnberg-Fürth, Endurteil vom 08.06.2017 - 2 S 5570/15
Anscheinsbeweis: Erschütterung
"Erschüttert ist der Anscheinsbeweis, wenn die ernsthafte (reale) Möglichkeit eines anderen als des erfahrungsgemäßen Geschehensablaufs besteht (BGH NJW 1953, 584; BGH, NJW-RR 1986, 384). Die Tatsachen, aus denen diese ernsthafte Möglichkeit hergeleitet wird, müssen unstreitig oder (voll) bewiesen s......." [vollständiges Zitat anzeigen]
"Erschüttert ist der Anscheinsbeweis, wenn die ernsthafte (reale) Möglichkeit eines anderen als des erfahrungsgemäßen Geschehensablaufs besteht (BGH NJW 1953, 584; BGH, NJW-RR 1986, 384). Die Tatsachen, aus denen diese ernsthafte Möglichkeit hergeleitet wird, müssen unstreitig oder (voll) bewiesen sein (BGH NJW 1952, 1137; NJW 1953, 584). Zweifel gehen zulasten dessen, gegen den der Anscheinsbeweis streitet. Bei erfolgreicher Erschütterung besteht wieder die beweisrechtliche Normallage (s. dazu BGH NJW 1951, 653; NJW 1952, 1137)."
vgl. LG Köln, Urteil vom 19.04.2024 - 14 O 65/21
Anscheinsbeweis: Kausalität der absoluten Verkehrsuntüchtigkeit
"(...) deshalb schadensersatzpflichtig, weil er den Verkehrsunfall grob fahrlässig dadurch verursacht hat, dass er im Zustand absoluter Fahruntüchtigkeit (1,43 Promille BAK) deren Fahrzeug im Straßenverkehr geführt und infolge Alkoholgenusses die Kontrolle über den Pkw verloren und diesen dadurch erh......." [vollständiges Zitat anzeigen]
"(...) deshalb schadensersatzpflichtig, weil er den Verkehrsunfall grob fahrlässig dadurch verursacht hat, dass er im Zustand absoluter Fahruntüchtigkeit (1,43 Promille BAK) deren Fahrzeug im Straßenverkehr geführt und infolge Alkoholgenusses die Kontrolle über den Pkw verloren und diesen dadurch erheblich geschädigt hat; auf die obigen Ausführungen wird ergänzend verwiesen. Dafür, dass die absolute Fahruntüchtigkeit ursächlich für den Unfall gewesen ist, spricht der Beweis des ersten Anscheins (vgl. BGH, Urteil vom 9. Oktober 1991 - IV ZR 264/90, NJW 1992, 119), den der Beklagte hier nicht entkräftet hat. Wie das Landgericht zutreffend ausführt und worauf zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen wird, kann nämlich nicht ausgeschlossen werden, dass der Beklagte den Unfall hätte vermeiden können, wenn er nicht in so erheblichem Umfang alkoholisiert gewesen wäre (vgl. auch schon Senat, Urteil vom 14. November 2001 - 5 U 267/01-20, VersR 2002, 1415)."
vgl. Saarländisches OLG, Urteil vom 09.09.2022 - 5 U 2/22
Anscheinsbeweis: Verstoß gegen Sichtfahrgebot oder Unaufmerksamkeit
"(2) Des Weiteren ist zu Lasten des Klägers zu berücksichtigen, dass er entweder gegen § 3 Abs. 1 S. 2, S. 4 StVO (Verstoß gegen das Sichtfahrgebot) oder aufgrund Unaufmerksamkeit gegen § 1 Abs. 2 StVO verstoßen hat. Insofern spricht gegen den Kläger ein Anscheinsbeweis. Denn nach dem Ergebnis der ......." [vollständiges Zitat anzeigen]
"(2) Des Weiteren ist zu Lasten des Klägers zu berücksichtigen, dass er entweder gegen § 3 Abs. 1 S. 2, S. 4 StVO (Verstoß gegen das Sichtfahrgebot) oder aufgrund Unaufmerksamkeit gegen § 1 Abs. 2 StVO verstoßen hat. Insofern spricht gegen den Kläger ein Anscheinsbeweis. Denn nach dem Ergebnis der ergänzenden Anhörung des Sachverständigen durch den Senat ist anzunehmen, dass der Kläger entweder den liegengebliebenen Beklagten-Pkw nicht so rechtzeitig erkennen konnte, um noch rechtzeitig reagieren zu können. Soweit die Beklagten insofern auf Ausführungen im Urteil vom 22. Januar 2020 – 14 U 150/19 – verweisen, ist dem zuzustimmen sein. Dort hat der Senat Folgendes ausgeführt:
„(…) Nach ständiger Rechtsprechung darf ein Kraftfahrzeugführer bei Dunkelheit – auch auf der Autobahn und auf der Überholspur – grundsätzlich nur so schnell fahren, dass er innerhalb der überschaubaren Strecke anhalten kann (Senat, Urteil vom 05. September 2007 – 14 U 71/07, Rn. 9 mwN, juris).(…)
Zwar braucht sich ein Kraftfahrer auf Autobahnen wegen der dortigen besonderen Gegebenheiten nicht in demselben Umfang wie auf anderen Straßen auf das Vorhandensein aller möglichen Hindernisse einzustellen. So muss etwa mit auf der Fahrbahn liegenden Reifenteilen, herausragenden Holzteilen, unbeleuchteten Splitterhaufen oder ähnlichen kleineren Hindernissen, deren Erkennbarkeit in atypischer Weise besonders erschwert ist, nicht gerechnet werden (vgl. BGH, VersR 1984, 741, juris-Rn. 12 m. w. N.). Ungesichert auf der Fahrbahn liegengebliebene Fahrzeuge gehören dazu jedoch nicht, selbst wenn sie unbeleuchtet sind und selbst dann nicht, wenn sie mit einem Tarnanstrich versehen sind (vgl. u.a. BGH, Urteil vom 23. Juni 1987 – VI ZR 188/86, Rn. 13, juris; vgl. Senat – 14 U 71/07 aaO, Rn. 10 mwN).“
(Senat, Urteil vom 22. Januar 2020 – 14 U 150/19 –, Rn. 69, 71, juris = NJW-RR 2020, 533 = RuS 2020, 172)
Oder aber der Kläger war unaufmerksam und hat deshalb das liegengebliebene Beklagtenfahrzeug zu spät wahrgenommen und deshalb zu spät reagiert. Hierfür könnte sprechen, dass nach den Ausführungen des Sachverständigen gerade die vom Kläger ausgeführte Lenkbewegung zunächst in Richtung des Beklagtenfahrzeugs darauf hindeutet, dass der Kläger anfangs auf das am Fahrbahnrand liegengebliebene Fahrzeug des Zeugen H., bei dem das Warnblinklicht eingeschaltet war, fokussiert gewesen sein könnte."
vgl. OLG Celle, Urteil vom 05.08.2020 - 14 U 37/20