Abstellen eines E-Scooters nach den Regeln für Fahrräder
"Ein pflichtwidriges Abstellen des E-Scooters liegt aber nicht vor. Für das Abstellen von Elektrokleinstfahrzeugen gelten gemäß § 11 Abs. 5 eKFV nämlich die für Fahrräder geltenden Parkvorschriften entsprechend, so dass ein Abstellen auf dem Gehweg im Bereich eines Fahrradständers im vorliegenden ......." [vollständiges Zitat anzeigen]
"Ein pflichtwidriges Abstellen des E-Scooters liegt aber nicht vor. Für das Abstellen von Elektrokleinstfahrzeugen gelten gemäß § 11 Abs. 5 eKFV nämlich die für Fahrräder geltenden Parkvorschriften entsprechend, so dass ein Abstellen auf dem Gehweg im Bereich eines Fahrradständers im vorliegenden Fall nicht verboten war (vgl. hierzu auch BVerwG NJW 2004, 1815; OLG Lüneburg VRS 106, 144). Unabhängig davon würde ein Parkverbot auf dem Gehweg auch nicht den parkenden Verkehr, sondern den ungehinderten Fußgängerverkehr auf dem Gehweg schützen (vgl. LG München 1, Urteil vom 17.10.2019, Az. 19 S 10419/19)."
vgl. LG München I, Beschluss vom 19.07.2021, Az. 17 S 14062/20
Abstellen eines E-Scooters nicht verkehrssicherungswidrig
"aa. Die Art und Weise des Aufstellens der Roller entsprach hinsichtlich der darin konkret geregelten Abstände und Maße den Bestimmungen der SNE 2019. Bei der SNE han-
delt es sich, um eine behördliche Erlaubnis der Stadt … für die Beklagte zu 1) öffentliche Straßen über den Gemeingebrauch nutze......." [vollständiges Zitat anzeigen]
"aa. Die Art und Weise des Aufstellens der Roller entsprach hinsichtlich der darin konkret geregelten Abstände und Maße den Bestimmungen der SNE 2019. Bei der SNE han-
delt es sich, um eine behördliche Erlaubnis der Stadt … für die Beklagte zu 1) öffentliche Straßen über den Gemeingebrauch nutzen zu dürfen (§ 18 Abs. 1 BremLStrG). Die Sondernutzungserlaubnis enthält u.a. in den Nebenbestimmungen konkrete Anforderungen, die die Beklagte zu 1) zu erfüllen hat, um den Gefahren, die sich aus der Sondernutzung ergeben können zu begegnen. Dass die Beklagten gegen die inhaltlichen Vorgaben der Ziff. 3 b) der SNE 2019 verstoßen hätten, wird von dem Kläger auch nicht behauptet. Vielmehr sind die in der SNE 2019 konkret vergebenen Abstände und Maße beim Abstellen der Roller eingehalten worden, weil nur zwei E-Roller platziert wurden und die restliche Gehwegbreite mehr als 1,50 m, nämlich 4,35 m, betrug.
bb. Die SNE 2019 macht der Beklagten zu 3) in Bezug auf die weitere Art und Weise des Aufstellens der Roller keine konkreten Vorgaben, insbesondere gibt sie nicht vor, ob die Roller längs oder quer zum Gehweg aufzustellen sind. Soweit der Kläger dabei der Auffassung ist, das Abstellen der Roller quer zum Gehweg verstoße gegen
§ 18 Abs. 1 S. 2 BremLStrG, wonach eine Sondernutzungserlaubnis nicht erteilt werden darf, wenn behinderte Menschen durch sie erheblich beeinträchtigt werden und er daraus folgt, dass sich aus dieser Norm eine besondere Verkehrssicherungspflicht für die Beklagten ergebe, folgt der Senat dieser Auffassung nicht. Unabhängig von der Frage, ob behinderte Menschen durch die SNE 2019 erheblich beeinträchtigt werden, wäre die Rechtsfolge eines Verstoßes gegen § 18 Abs. 1 S. 2 BremLStrG nicht das Bestehen einer zivilrechtlichen Verkehrssicherungspflicht oder gar einer entsprechenden Verletzung, sondern die Ordnungsbehörde hätte die Sondernutzungserlaubnis dann nicht erteilen dürfen, mit der weiteren Folge, dass die erteilte Erlaubnis (SNE 2019) rechtswidrig wäre. Dementsprechend zutreffend hat Landgericht ausgeführt, dass die SNE 2019 jedenfalls nicht nichtig und damit wirksam war, § 43 BremVwVfg. Aus einer rechtswidrigen Sondernutzungserlaubnis ergibt sich keine zivilrechtliche Verkehrssicherungspflicht, weil die Sondernutzungserlaubnis nicht das Verhältnis des Bürgers, hier des Klägers und dem Sondernutzungsberechtigten, hier der Beklagten zu 1) regelt, sondern das Verhältnis zwischen der Beklagten und dem Inhaber der öffentlichen Verkehrswege, hier der Stadt …. Folgen aus einer etwaig rechtswidrigen Sondernutzung müsste der Kläger daher gegenüber der öffentlichen Hand geltend machen. Die landesrechtliche Regelung stellt nach allgemeinen zivilrechtlichen Grundsätzen damit keine verbindliche Regelung der Sorgfaltsanforderungen des Sicherungspflichtigen dar. (vgl. BGH, Urteil vom 25.02.2014 – VI ZR 299/13, NJW 2014, 2104).
cc. Die Art der Aufstellung der E-Roller quer zum Gehweg ist jedenfalls dann nicht zu beanstanden, wenn die Beklagte zu 3) gem. Ziff. 3a) der SNE 2019 bei der Auswahl
der Standorte sowie bei Aufstellen der Fahrzeuge u.a. die Belange von Menschen mit Behinderung berücksichtigt hat. Nach Auffassung des Senats haben die Beklagten
auch diese Nebenbestimmung hinreichend beachtet. Die Unfallörtlichkeit selbst birgt an sich keine besonderen Gefahren. Weder waren die E-Roller in der Nähe eines Treppenaufgangs noch in der Nähe eines Eingangs zu einem Seniorenheim oder eines Kindergartens o.ä. platziert, wo mit einem erhöhten Verkehrsaufkommen besonders
schutzbedürftiger Menschen zu rechnen wäre. Die E-Roller standen vor dem Schaufenster einer Spielothek, welche sich als Eckladenlokal darstellt (vgl. Anlage K2). Der
Gehweg war an dieser Stelle auch besonders breit und wies keine Besonderheiten auf.
dd. Eine andere Beurteilung ergibt sich auch nicht aus dem allgemeinen besonderen Schutzinteresse gegenüber Menschen mit einer Behinderung und deren persönlicher Mobilität, die durch Art. 20 UN-BRK gewährleistet wird. Außer Frage steht, dass der Kläger aufgrund seiner Sehbehinderung besonders schützenswert ist und die Beklagte zu 3) verpflichtet ist, zur Wahrung ihrer Sicherungspflichten auch für diese Personengruppe notwendige, aber auch ausreichende Vorkehrungen treffen muss, um Gefahren von den E-Rollern abzuwenden. Die UN-Behindertenrechtskonvention steht im Rang einfachen Bundesrechts; sie kann und muss zur Auslegung und Anwendung des deutschen Rechts herangezogen werden (vgl. Ruland/Becker/Axer, Sozialrechtshandbuch (SRH), § 27 Recht der Rehabilitation und Teilhabe Rn. 20, beck-online). Das bedeutet, dass bei der Auslegung der SNE 2019 die Erfordernisse des Art. 20 UN-BRK zu berücksichtigen sind und, dass bei einer Unvereinbarkeit der SNE 2019 mit Art. 20 UN-BRK die erteilte Erlaubnis rechtswidrig wäre. Vorliegend ist aber nicht zu erkennen, dass aus der Anwendung des Art. 20 UN-BRK ein höheres Schutzniveau zugunsten des Klägers abzuleiten wäre als bereits im Wortlaut der SNE 2019 verwirklicht.
ee. Soweit der Kläger nunmehr behauptet, sein Sturz wäre mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht eingetreten, wenn die E-Roller nicht quer zum Gehweg, sondern parallel zur Hauswand hintereinander abgestellt worden wären, mag dies für den hier konkret vorliegenden Fall vielleicht zutreffen. Die Frage ist jedoch, ob die Beklagte zu 3) zu einer solchen Aufstellweise verpflichtet war. Grundsätzlich besteht keine allgemeine Pflicht die E-Roller so aufzustellen, dass jedes erdenkliche Schadensszenario durch die E-Roller ausgeschlossen sein muss (vgl. AG Berlin-Mitte, Urteil vom 09.05.2023 – 151 C 60/22, r+s 2023, 677). Denn dies würde zu einer Gefährdungshaftung führen, die gerade aufgrund der gesetzlichen Gleichstellung von E-Rollern mit Elektrokleinstfahrzeugen nach § 8 Nr. 1 StVG bislang nicht anzunehmen ist. Nach Maßgabe der SNE 2019 war die Beklagte zu 3), wie ausgeführt, zudem grundsätzlich frei darin zu entscheiden, wie sie die E-Roller ausrichtet. Für besondere Sicherheitsmaßnahmen zum Schutz auch sehbehinderter Menschen im Sinne einer Verkehrssicherungspflicht besteht dann Anlass, wenn ein umsichtiger und verständiger, in vernünftigen Grenzen vorsichtiger Mensch das Aufstellen von zwei E- Rollern nebeneinander in einem 90-Grad-Winkel zur Hauswand bei einer Restgehwegbreite von 4,35 m als zu gefährlich bewerten würde. Dies dürfte man mit der herrschenden Verkehrsauffassung nicht annehmen können, weil noch ausreichend Gehweg zur Verfügung stand und die grundsätzliche Zulassung von gewerblich genutzten E-Roller im Straßenverkehr politisch und gesellschaftlich gewollt ist. Auch hätte die vom Kläger angeführte alternative Aufstellweise parallel zur Hauswand zwar womöglich den konkreten Sturz des Klägers vermieden; sie dürfte jedoch genauso wenig jegliche mit dem Aufstellen der E-Roller verbundene Gefahr ausschließen können."
vgl. OLG Bremen, Urteil 15.11.2023 - 1 U 15/23
Allgemeine Straßenkontrollen sind keine Baustellenkontrollen
"cc) Die Beklagte kann sich nicht damit entlasten, dass sie die allgemeinen, turnusmäßig durchzuführenden Straßenkontrollen hat durchführen lassen. Diese beziehen sich zum einen lediglich auf den Zustand der Straßen und erstrecken sich nicht auf die Frage, ob beauftragte Firmen ihrer Pflicht zur Abs......." [vollständiges Zitat anzeigen]
"cc) Die Beklagte kann sich nicht damit entlasten, dass sie die allgemeinen, turnusmäßig durchzuführenden Straßenkontrollen hat durchführen lassen. Diese beziehen sich zum einen lediglich auf den Zustand der Straßen und erstrecken sich nicht auf die Frage, ob beauftragte Firmen ihrer Pflicht zur Absicherung von Baustellen nachgekommen sind. Zum anderen sind diese Kontrollen bereits in zeitlicher Hinsicht nicht auf Baustellen ausgelegt. So ist die letzte turnusgemäße Straßenkontrolle der A-Straße im vorliegenden Fall zeitlich vor dem Straßenaufbruch am 05.10.2020 erfolgt und hat die nächste Kontrolle erst wieder nach dem streitgegenständlichen Unfallgeschehen stattgefunden."
vgl. OLG Hamm, Urteil vom 06.04.2022 - 11 U 143/21
Anscheinsbeweis zwischen Falschbeschilderung und Unfall
"3. Dass die Verkehrssicherungspflichtverletzung der Beklagten für den Schaden am Klägerfahrzeug ursächlich geworden ist, folgt bereits aus den Grundsätzen des Anscheinsbeweises.
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In der Rechtsprechung des BGH ist anerkannt, dass bei der Verletzung von Schutzgesetzen sowie von Unfallverhütu......." [vollständiges Zitat anzeigen]
"3. Dass die Verkehrssicherungspflichtverletzung der Beklagten für den Schaden am Klägerfahrzeug ursächlich geworden ist, folgt bereits aus den Grundsätzen des Anscheinsbeweises.
In der Rechtsprechung des BGH ist anerkannt, dass bei der Verletzung von Schutzgesetzen sowie von Unfallverhütungsvorschriften ein Beweis des ersten Anscheins dafür spricht, dass der Verstoß für den Schadenseintritt ursächlich war, sofern sich gerade diejenige Gefahr verwirklicht hat, der das Schutzgesetz oder die Unfallverhütungsvorschrift entgegen wirken soll. Der Beweis des ersten Anscheins ist auch bei der Verletzung von Verkehrssicherungspflichten geboten, die wie Schutzgesetze und Unfallverhütungsvorschriften typischen Gefährdungen entgegenwirken sollen, wenn sich in dem Schadensfall gerade diejenige Gefahr verwirklicht, der durch die Auferlegung bestimmter Verhaltenspflichten begegnet werden soll (BGH, Urteil vom 09.09.2008 – VI ZR 279/06, r+s 2009, 35 m.w.N.).
Ein solcher Fall ist hier gegeben. Die korrekte Beschilderung nach RSA 95 sollte "klare Verhältnisse schaffen" und damit den Autobahnverkehr vor Missverständnissen hinsichtlich der Verkehrsführung und einem Schadenseintritt bewahren. Umstände, die die Wirkung des Anscheinsbeweises in Frage stellen könnten, sind weder vorgetragen, noch sonst ersichtlich. Eigene Sorgfaltsverstöße der Fahrerin des Klägerfahrzeugs reichen hierfür nicht aus; sie sind lediglich im Rahmen der (Mit-)Verschuldensabwägung relevant."
vgl. LG Nürnberg-Fürth, Endurteil vom 08.06.2017 - 2 S 5570/15
bei Verkehrssicherungspflicht bleibt hoheitliche Hand haftbar
"4. Die Haftung der Beklagten ist nicht gem. § 839 Abs. 1 S. 2 BGB ausgeschlossen. Eine Verweisung an das ausführende Bauunternehmen, welches seinerseits nach § 823 Abs. 1 BGB haften könnte, erfolgt nicht. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs gilt das Verweisungsprivileg des § 839 Ab......." [vollständiges Zitat anzeigen]
"4. Die Haftung der Beklagten ist nicht gem. § 839 Abs. 1 S. 2 BGB ausgeschlossen. Eine Verweisung an das ausführende Bauunternehmen, welches seinerseits nach § 823 Abs. 1 BGB haften könnte, erfolgt nicht. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs gilt das Verweisungsprivileg des § 839 Abs. 1 S. 2 BGB im Bereich der Verletzung der allgemeinen Verkehrssicherungspflicht nicht (vgl. BGH, Urt. v. 12.07.1979 - III ZR 102/78, Juris Tz. 25 ff.; Dörr, in: Beck-Online Grosskommentar, Stand: 01.02.2022, § 839 BGB, Rn. 619 m.w.N.; OLG Karlsruhe, Urt. v. 26.01.2005 - 7 U 161/03, Juris Tz. 10 ff.)."
vgl. OLG Hamm, Urteil vom 06.04.2022 - 11 U 143/21
Beschilderungen im Baustellenbereich
"Die Beklagte hat im Unfallbereich, der unstreitig als Baustellenausfahrt diente, zwar das nach der Anordnung S. 5 o. Punkt 2 vorgeschriebene Verkehrszeichen 209 ("Rechts"), sowie das alternativ zulässige/gebotene Zeichen 205 ("Vorfahrt gewähren") angebracht. Beide Zeichen waren aber an der falschen Ste......." [vollständiges Zitat anzeigen]
"Die Beklagte hat im Unfallbereich, der unstreitig als Baustellenausfahrt diente, zwar das nach der Anordnung S. 5 o. Punkt 2 vorgeschriebene Verkehrszeichen 209 ("Rechts"), sowie das alternativ zulässige/gebotene Zeichen 205 ("Vorfahrt gewähren") angebracht. Beide Zeichen waren aber an der falschen Stelle positioniert.
aa) Nach den Richtlinien für die Sicherung von Arbeitsstellen an Straßen (RSA 95; abrufbar z.B. unter http://www.stvzo.de/seminare/rsa/RSA_Inhalt.htm) gilt nach Teil A Nr. 2.2 Abs. 1 "Standort von Schildern": "Alle Verkehrsschilder sind grundsätzlich am rechten Fahrbahnrand aufzustellen." Gleiches schreibt VwV-StVO Zu den §§ 39 bis 43 unter III. 9 vor: "Verkehrszeichen sind gut sichtbar in etwa rechtem Winkel zur Fahrbahn rechts daneben anzubringen, ...". Die Geltung der RSA für die Verkehrssicherung ist in der Anordnung ausdrücklich vorgeschrieben (aaO S. 4 Abs. 2).
Die am selben Pfosten montierten Zeichen 209 ("Rechts") und 205 ("Vorfahrt gewähren") beziehen sich bzw. sollten sich auf den ausfahrenden Baustellenverkehr beziehen. Diesem sollte zum Einfahren auf die Fahrbahn der Autobahn signalisiert werden, dass nach zu gewährendem Vorrang des Autobahnverkehrs nur nach rechts in den Fahrstreifen der Autobahn eingefahren werden darf. Aus der maßgeblichen Sicht des Baustellenverkehrs wären diese beiden Verkehrszeichen deshalb am rechten Fahrbahnrand aufzustellen gewesen. Aus Sicht des ausfahrenden (Baustellen) Verkehrs hätten diese beiden Schilder damit also am rechten Rand der Öffnung in der Betonleitplanke aufgestellt werden müssen – und nicht wie geschehen am linken Rand der Aussparung.
Gemessen am Vorstehenden sind die nach Anordnung S. 5 o. Punkt 1 für Baustelleneinfahrten vorgeschriebenen Zeichen 250 "Verbot für Fahrzeuge aller Art" mit Zusatzzeichen VzKat 2018-30 "Baustellenfahrzeuge frei" als an den auf der Autobahn fahrenden Verkehr gerichtet korrekt aufgestellt, nämlich aus dessen Sicht am rechten Fahrbahnrand. Diese beiden Schilder waren jedoch durch die falsch aufgestellten Zeichen 209/205 ("Rechts" und "Vorfahrt gewähren") derart verdeckt, dass sie keine wirksame Gefahraufforderung an vorbeifahrenden Verkehr mehr bewirken konnten (dazu sogleich).
Anhaltspunkte dafür, dass die Autobahndirektion an der ganz konkreten Bau-/Unfallstelle ausdrücklich eine abweichende – nämlich die tatsächlich ausgeführte - Beschilderung vorgegeben hätte, sind weder ersichtlich noch vorgetragen. Die von der Beklagten vorgelegten Beschilderungspläne zeigen die konkrete Baustellenausfahrt nicht (vgl. auch Angabe des Sachverständigen B, Protokoll v. 02.03.2017 S. 4 o.; Gerichtsakte S. 141). Den Parteien war mit Verfügung vom 14.12.2016 (Gerichtsakte S. 121) unter Fristsetzung aufgegeben worden, die vollständige Anordnung vorzulegen. Im Gegenteil zeigen gerade auch die tatsächlich vorliegenden Beschilderungspläne vergleichbarer Baustellenausfahrten (Anhang zu Anlage B 1), dass die "Stop-Schilder", die sich ja an den ausfahrenden Baustellenverkehr richten, rechts der "Baustellenstraße" anzubringen sind, also letztlich neben der Autobahn. Dass dies nicht möglich gewesen sein sollte, wie die Beklagte behauptet, ist schlicht nicht nachvollziehbar - so ist etwa auf dem Dashcam-Video bei 00:13:26 ein Zeichen 205 ("Vorfahrt gewähren") korrekt am äußersten rechten Fahrbahnrand aufgestellt. Das beklagtenseits hierzu angebotene Sachverständigengutachten ist schon kein geeignetes Beweismittel, da es für diese Erkenntnis keiner besonderen Sachkunde bedarf. Die Kammer kann verstehen, dass eine Beschilderung – wie vorgeschrieben – rechts der "Baustellenstraße" ggf. mit mehr Aufwand für die Beklagte verbunden gewesen wäre, da sich die Gegebenheiten im unmittelbaren Baustellenbereich durchaus häufig geändert haben dürften. Dass dies aber keine Rechtfertigung vom Abweichen der ausdrücklichen Vorgabe der Anordnung und damit der RSV und StVO-VV ist, bedarf keiner weiteren Ausführungen. Zudem hätte die Beklagte, wenn durch ihre Mitarbeiter bei Durchführung der Anordnung Mängel erkannt worden wären, bei der Autobahndirektion auf Abhilfe hinzuwirken gehabt (BGH, Urteil vom 25.04.1989 – VI ZR 146/88, VersR 1989, 730).
bb) Hinzu kommt, dass die Zeichen 250 "Verbot für Fahrzeuge aller Art" mit Zusatzzeichen VzKat 2018-30 "Baustellenfahrzeuge frei" ebenfalls fehlerhaft positioniert waren.
Nach RSA 95 Teil A Nr. 2.0 Abs. 3 gilt: "Auch in Arbeitsstellen gilt, dass Verkehrszeichen gut sichtbar, ... aufgestellt werden müssen." VwV-StVO Zu den §§ 39 bis 43 unter III. 10 besagt: "Es ist darauf zu achten, dass Verkehrszeichen ... insbesondere auch nicht die Sicht auf andere Verkehrszeichen ... verdecken". Ausweislich der vorliegenden Fotos (Anlage K 1 und K 11) waren die Zeichen 250/2018-30 ("Verbot für Fahrzeuge aller Art" und "Baustellenfahrzeuge frei") an einem weiteren Pfosten in einem Abstand von maximal zwei bis drei Metern hinter den Zeichen 209/205 ("Rechts" und "Vorfahrt gewähren") montiert. Hingegen sind auf dem Video bei 00:13:32 dieselben Zeichen 250/2018-30 ("Verbot für Fahrzeuge aller Art" und "Baustellenfahrzeuge frei") bei einer der streitgegenständlichen Öffnung in der Betonleitplanke ähnlichen Baustellenaus/einfahrt derart aufgestellt, dass sie bereits von weitem erkennbar sind.
Es bedarf an sich keiner sachverständigen Beratung, um festzustellen, dass dieser Abstand im Bereich einer Autobahnbaustelle, in dem unstreitig eine zulässige Höchstgeschwindigkeit von 80 km/h ausgeschildert war, mit Händen greifbar zu gering bemessen ist: Aus dem Foto K 1 lässt sich – anhand der Länge der Mittelstreifenmarkierungen (6 Meter) bzw. der Lücken dazwischen (12 Meter) - jedenfalls grob abschätzen, dass in einer Entfernung von maximal ca. 40 Metern die Zeichen 250/2018-30 ("Verbot für Fahrzeuge aller Art" und "Baustellenfahrzeuge frei") noch praktisch vollständig von den Zeichen 209/205 ("Rechts" und "Vorfahrt gewähren") verdeckt sind. Erst aus einer Entfernung von maximal ca. 20 Metern ist der Blick auf die "hinteren" Zeichen 250/2018-30 ("Verbot für Fahrzeuge aller Art" und "Baustellenfahrzeuge frei") vollständig freigegeben. Da bei zulässigen 80 km/h ein Fahrzeug ca. 22 Meter pro Sekunde zurücklegt, muss nicht weiter nachgerechnet werden, um festzustellen, dass nach Berücksichtigung einer Reaktionszeit nach "Auftauchen" der vollständigen Beschilderung ein vernünftiges Verarbeiten deren Informationsgehaltes keinesfalls gewährleistet ist. Dies umso mehr, als Warnschilder so aufgestellt werden müssen, dass sie es selbst einem sorgfältigen Kraftfahrer ermöglichen, auch bei schneller Fahrt durch einen beiläufigen Blick die volle Gefahr eindeutig und so rechtzeitig zu erfassen, dass er seine Fahrweise darauf einstellen kann (BGH, Urt. v. 07.01.1960 - III ZR 58/59, VersR 1960, 237, 238).
Lediglich klarstellend kann deshalb auf die Berechnungen des Sachverständigen B hingewiesen werden, die dieser nach Auswertung der Dashcam-Aufnahme vorgenommen hat: Demnach sind die Zeichen 250/2018-30 ("Verbot für Fahrzeuge aller Art" und "Baustellenfahrzeuge frei") bei gefahrenen 80 km/h ca. 1,1 Sekunden vor Erreichen der Schilder vollständig zu erkennen. Dass die Zeichen 250/2018-30 damit eben nicht "gut sichtbar" sind und die Zeichen 209/205 ("Rechts" und "Vorfahrt gewähren") "die Sicht auf andere Verkehrszeichen ... verdecken", bedarf keiner eingehenderen Erörterung."
vgl. LG Nürnberg-Fürth, Endurteil vom 08.06.2017 - 2 S 5570/15
fehlerhafte Beschilderung ist Verstoß gegen die Verkehrssicherungspflicht
"cc) Mit der vorstehend beschriebenen fehlerhaften Beschilderung hat die Beklagte die ihr obliegende Verkehrssicherungspflicht verletzt.
Durch die falsche Positionierung der beiden Schilder/Pfosten bestand die konkrete Gefahr, dass links neben bzw. parallel zur "Baustellenstraße" herannahender......." [vollständiges Zitat anzeigen]
"cc) Mit der vorstehend beschriebenen fehlerhaften Beschilderung hat die Beklagte die ihr obliegende Verkehrssicherungspflicht verletzt.
Durch die falsche Positionierung der beiden Schilder/Pfosten bestand die konkrete Gefahr, dass links neben bzw. parallel zur "Baustellenstraße" herannahender Verkehr diese Beschilderung falsch verstehen und in die Baustellenausfahrt einbiegen könnte. Dies lag besonders deshalb nahe, weil ja mit abbiegebereiten Fahrern zu rechnen war, die bereits durch Überkopf-Beschilderung auf das in wenigen hundert Metern Entfernung befindliche Autobahnkreuz Nürnberg-Ost/Abfahrt nach München hingewiesen worden waren (Video-Zeitstempel 00:13:30). Ein frühzeitiger, gleichsam vorgezogener Verschwenk einer Autobahnausfahrt wäre im Bereich einer Autobahnbaustelle keine Besonderheit gewesen. Wären die Zeichen 250/2018-30 ("Verbot für Fahrzeuge aller Art" und "Baustellenfahrzeuge frei") aus Sicht der Fahrerin des Klägerfahrzeugs erst nach (!) dem Ende der Unterbrechung in der Betonleitplanke angeordnet gewesen, wäre die Gefahr einer Verwechslung dahingehend, dass diese beiden Schilder als ein Hinweis für den auf der Autobahn befindlichen Verkehr betreffend die Ausfahrt zwischen die Betonleitplanke gemeint sein könnten, in entscheidendem Maß verringert gewesen.
Die Beklagte kann sich in diesem Zusammenhang auch nicht darauf berufen, dass sie mit dem Fehlverhalten der Fahrerin des Klägerfahrzeugs nicht zu rechnen brauchte (vgl. BGH, Urteil vom 14.01.1982 – III ZR 58/80, VersR 1982, 576). Dies ist bereits angesichts der auf den ersten Blick erkennbaren – milde ausgedrückt - "unglücklichen" Positionierung der beiden Schilder zu bejahen. Folgerichtig hat auch der erstinstanzlich vernommene Zeuge O, bei der Beklagten für die Kontrolle der Beschilderung zuständiger Arbeiter, in bemerkenswerter Offenheit auf Vorhalt des Fotos Anlage K 1 angegeben, dass dort "die zweite Beschilderung eher schlecht zu sehen" sei. Er würde "die Situation der Beschilderung etwas ändern" (Protokoll AG v. 11.06.2015 S. 5 u.; Gerichtsakte S. 44). Mit dieser Erkenntnis des Zeugen O korrespondiert die Aussage des unbeteiligten Zeugen H. Dieser fuhr am Tag nach dem streitgegenständlichen Vorfall versehentlich in dieselbe Baustellenaus-/einfahrt ein und überfuhr dieselbe Fräskante, wie die Fahrerin des Klägerfahrzeugs. Der Zeuge gab an, dass in der Zeit, als er vor Ort stand (ca. 45 Minuten) "vielleicht 20 Fahrzeuge über die Fräskante" fuhren. Es hätten bei seinem Ankommen auch bereits sechs Fahrzeuge Richtung Autobahnausfahrt gewartet (Protokoll aaO S. 3 u.; Gerichtsakte S. 42)."
vgl. LG Nürnberg-Fürth, Endurteil vom 08.06.2017 - 2 S 5570/15
Gemeinde muss Baustellen "häufiger als nie" kontrollieren
"Jedenfalls verletzt eine Gemeinde die ihr obliegende Pflicht, eine Baustellenabsicherung zu kontrollieren, wenn sie über einen Zeitraum von annähernd drei Wochen nach Einrichtung der Baustelle keinerlei Kontrollen vorgesehen und durchgeführt hat. So im vorliegenden Fall: Nach dem Straßenaufbruch am 0......." [vollständiges Zitat anzeigen]
"Jedenfalls verletzt eine Gemeinde die ihr obliegende Pflicht, eine Baustellenabsicherung zu kontrollieren, wenn sie über einen Zeitraum von annähernd drei Wochen nach Einrichtung der Baustelle keinerlei Kontrollen vorgesehen und durchgeführt hat. So im vorliegenden Fall: Nach dem Straßenaufbruch am 05.10.2020 und vor dem Unfallgeschehen am 00.00.2020 haben keine Kontrollen der Beklagten stattgefunden und waren in Bezug auf die Absicherung der Baustelle auch nicht vorgesehen.
"
vgl. OLG Hamm, Urteil vom 06.04.2022 - 11 U 143/21
Haftungsverteilung Loch in Fahrbahn: Betriebsgefahr des Kfz 25%
"6. Der Kläger muss sich indes anspruchskürzend gem. § 254 BGB i.V.m. § 7 Abs. 1 StVG die Betriebsgefahr seines Audi in Höhe von 25 % anrechnen lassen.
a) Der Unfall war für den Kläger nicht unvermeidbar. Das Loch war auch in der Dunkelheit für einen umsichtigen Fahrer aufgrund der Sche......." [vollständiges Zitat anzeigen]
"6. Der Kläger muss sich indes anspruchskürzend gem. § 254 BGB i.V.m. § 7 Abs. 1 StVG die Betriebsgefahr seines Audi in Höhe von 25 % anrechnen lassen.
a) Der Unfall war für den Kläger nicht unvermeidbar. Das Loch war auch in der Dunkelheit für einen umsichtigen Fahrer aufgrund der Scheinwerfer des Fahrzeugs erkennbar. Ein sog. Idealfahrer, der in der vorliegenden Verkehrssituation aufgrund einer über den gewöhnlichen Fahrerdurchschnitt hinausgehenden Aufmerksamkeit alle möglichen und naheliegenden Gefahrenmomente berücksichtigt (vgl. Walter, in: Beck-Online Grosskommentar, Stand: 01.09.2019, § 17 StVG, Rn. 15), hätte die Geschwindigkeit nach Erkennen entsprechend reduziert und versucht, dass bis in die Fahrbahnmitte hereinragende Loch zu umfahren. Dadurch hätte der Unfall vermieden werden können.
b) Die nach § 254 BGB vorzunehmende Abwägung, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder dem anderen Teil verursacht worden ist, ergibt, dass sich der Kläger die Betriebsgefahr des eigenen Fahrzeugs in Höhe von 25 % anrechnen lassen muss.
Die Betriebsgefahr tritt nicht hinter dem Verschulden der Beklagten zurück. Das Zurücktreten der Betriebsgefahr wird nur dann angenommen, wenn diese nicht erheblich ins Gewicht fällt und ein grobes Verschulden auf der anderen Seite vorliegt (vgl. Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 42. Aufl., StVG, § 17, Rn. 16). Ein derartiger grober Verschuldensvorwurf zulasten der Beklagten kann allein in der unterlassenen Kontrolle der erforderlichen Sicherungs- und Warnmaßnahmen nicht gesehen werden."
vgl. OLG Hamm, Urteil vom 06.04.2022 - 11 U 143/21
Haftunverteilung: Verkehrssicherungspflicht in Baustelle (Haftung: 40%) zu Überfahren einer Fahrbahnmarkierung
"Die hier durch die unzureichende Beschilderung der Beklagten geschaffene Verkehrslage war für die Fahrerin des Klägerfahrzeugs unklar, was eine Schadenteilung rechtfertigt (vgl. OLG Karlsruhe, Urteil vom 14.11.1975 – 10 U 28/75, VersR 1976, 668). Dabei ist zu sehen, dass die fehlerhaft und damit irre......." [vollständiges Zitat anzeigen]
"Die hier durch die unzureichende Beschilderung der Beklagten geschaffene Verkehrslage war für die Fahrerin des Klägerfahrzeugs unklar, was eine Schadenteilung rechtfertigt (vgl. OLG Karlsruhe, Urteil vom 14.11.1975 – 10 U 28/75, VersR 1976, 668). Dabei ist zu sehen, dass die fehlerhaft und damit irreführende Beschilderung durch die Mitarbeiter der Beklagten auf einer Autobahn besonders schwer wiegt: Gerade auf einer Bundesautobahn muss sich ein Autofahrer wegen der dort üblicherweise gefahrenen hohen Geschwindigkeiten auf die Anordnungen der Straßenverkehrs- oder -baubehörde (§ 45 Abs. 1 S. 1, S. 2 Nr. 1, Abs. 2 S. 1, 3 StVO) und deren Beschilderung verlassen können (OLG Celle, Urteil vom 21.02.2006 – 14 U 163/05, DAR 2006, 267). Andererseits musste der Fahrerin des Klägerfahrzeugs trotz der geringen zur Verfügung stehenden "Überlegungszeit" zumindest durch die klar erkennbare durchgezogene Fahrbahnbegrenzung klar sein, dass die unzutreffende Beschilderung nicht im von ihr verstandenen Sinne gemeint gewesen sein konnte.
In der Rechtsprechung wird – dem hiesigen Fall durchaus nicht unähnlich - z.B. einem Fahrzeugführer ein überwiegendes Mitverschulden von 2/3 zugerechnet, wenn er mit einer Geschwindigkeit von 90 km/h die im Autobahnbaustellenbereich zulässige Höchstgeschwindigkeit von 60 km/h erheblich überschritten hat und mit dem Überschreiten der Höchstgeschwindigkeit auch gegen das Sichtfahrgebot verstoßen hat und so reflektierende Absperrtafeln, die vor einer Baugrube aufgestellt waren, zu spät wahrgenommen hat, nachdem er veranlasst durch unzureichend aufgestellte Warnbaken in den Baustellenbereich gewechselt war (OLG Düsseldorf, Urteil vom 01.07.1998 – 15 U 124/97, Schaden-Praxis 1998, 415).
Nachdem es im Streitfall aber an einem unfallkausalen Geschwindigkeitsverstoß fehlt und auch sonst außer dem Überfahren der Fahrbahnmarkierung kein maßgebliches Mitverschulden festgestellt werden kann, hält die Kammer eine leicht überwiegende Eigenhaftung der Klägerin von 60% für angemessen und ausreichend, gleichzeitig aber auch geboten."
vgl. LG Nürnberg-Fürth, Endurteil vom 08.06.2017 - 2 S 5570/15
keine Haftung des Betreibers bei umgefallenem E-Scooter
"ff. Für den Fall, dass die E-Roller bereits gelegen haben sollten, bevor der Kläger gestürzt ist, wofür es jedoch außer einer entsprechenden Vermutung keine objektiven Anhaltspunkte gibt, ergäbe sich kein anderes Ergebnis. In diesem Fall würden die Beklagten ebenfalls keine Verantwortung für den ......." [vollständiges Zitat anzeigen]
"ff. Für den Fall, dass die E-Roller bereits gelegen haben sollten, bevor der Kläger gestürzt ist, wofür es jedoch außer einer entsprechenden Vermutung keine objektiven Anhaltspunkte gibt, ergäbe sich kein anderes Ergebnis. In diesem Fall würden die Beklagten ebenfalls keine Verantwortung für den Sturz tragen, da bereits nicht dargetan ist, dass die Beklagte zu 3) die E-Roller in dieser Weise liegend abgestellt hatte. Auch ein Organisationsverschulden ist nicht ersichtlich. Es waren noch keine 24 Stunden zwischen dem ordnungsgemäßen Aufstellen der Roller am Vorabend und dem Sturz des Klägers am darauffolgenden Morgen vergangen. Die Reaktionszeit aus Ziff. 6a der SNE 2019 hat die Beklagte zu 3) damit eingehalten."
vgl. OLG Bremen, Urteil 15.11.2023 - 1 U 15/23
keine weiterführende Sicherung beim Abstellen eines E-Scooters
"Schließlich stellt auch das Abstellen eines E-Scooters auf dem Gehweg an sich keinen Verstoß gegen eine Verkehrssicherungspflicht dar. Unabhängig davon, dass ein Parkverbot auf dem Gehweg ohnehin nicht den parkenden Verkehr, sondern den ungehinderten Fußgängerverkehr auf dem Gehweg schützt (m.w.N. ......." [vollständiges Zitat anzeigen]
"Schließlich stellt auch das Abstellen eines E-Scooters auf dem Gehweg an sich keinen Verstoß gegen eine Verkehrssicherungspflicht dar. Unabhängig davon, dass ein Parkverbot auf dem Gehweg ohnehin nicht den parkenden Verkehr, sondern den ungehinderten Fußgängerverkehr auf dem Gehweg schützt (m.w.N. LG München, a.a.O., Rn. 5), gelten für das Abstellen von Elektrokleinstfahrzeugen gemäß § 11 Abs. 5 eKFV die für Fahrräder geltenden Parkvorschriften entsprechend. Das Abstellen des E-Scooters auf dem Gehweg ist damit für sich betrachtet nicht pflichtwidrig. Darüber hinaus kann aber auch keine allgemeine Verkehrssicherungspflicht dahingehend angenommen werden, E-Scooter stets so abzustellen bzw. zu sichern, dass auch bei einem Umstoßen durch Dritte keinerlei Schäden entstehen können. Denn dann bestünden im innerstädtischen Raum nahezu keine Abstellmöglichkeiten mehr, da selbst beim Abstellen direkt an einer Hauswand natürlich Schäden an der Fassade nicht ausgeschlossen werden können (AG München, Urt. v. 09.10.2020 - 345 C 4693/20, juris, Rn. 37). Insbesondere bestand für die Beklagte zu 1) im hiesigen Fall gerade keine Pflicht, neben der Prüfung des ordnungsgemäßen Einrastens ihres Ständers, auch eine Prüfung aller nur denkbaren Fallradien vorzunehmen, um so eventuelle Schäden an erst künftig neben dem abgestellten E-Scooter geparkten Fahrzeugen sicher auszuschließen."
vgl. AG Berlin-Mitte, Urteil vom 09.05.2023 - 151 C 60/22
Kontrollfpflicht der öfftl. Hand bleibt bestehen
"Die Beklagte kann sich auch nicht damit entlasten, dass sie mit der BNETZ eine sach- und fachkundige Firma eingeschaltet habe, die in der Vergangenheit stets zuverlässig gearbeitet habe. Wie bereits dargestellt, verbleibt bei der Beklagten eine Kontroll- und Überwachungspflicht in Bezug auf die Absiche......." [vollständiges Zitat anzeigen]
"Die Beklagte kann sich auch nicht damit entlasten, dass sie mit der BNETZ eine sach- und fachkundige Firma eingeschaltet habe, die in der Vergangenheit stets zuverlässig gearbeitet habe. Wie bereits dargestellt, verbleibt bei der Beklagten eine Kontroll- und Überwachungspflicht in Bezug auf die Absicherung der Baustelle durch die vom privaten Unternehmen getroffenen Maßnahmen. Wenn die Beklagte insoweit hätte erkennen können und müssen, dass das Unternehmen der Gefahrenlage nicht ausreichend Rechnung trägt, bleibt sie zu einem Eingreifen unabhängig von der Fachkunde des Unternehmens verpflichtet."
vgl. OLG Hamm, Urteil vom 06.04.2022 - 11 U 143/21
länger geplante Baustellen müssen zumindest anfangs kontrolliert werden
"Bei der in Frage stehenden Kontrolle von Baustellen ist im vorliegenden Fall insbesondere zu berücksichtigen, dass es sich um eine Baustelle handelte, die bereits am 05.10.2020 mit dem Aufbruch der Fahrbahn begonnen hatte und erst am 25.11.2020 beendet sein sollte. Hier war zu erwarten, dass die Beklagt......." [vollständiges Zitat anzeigen]
"Bei der in Frage stehenden Kontrolle von Baustellen ist im vorliegenden Fall insbesondere zu berücksichtigen, dass es sich um eine Baustelle handelte, die bereits am 05.10.2020 mit dem Aufbruch der Fahrbahn begonnen hatte und erst am 25.11.2020 beendet sein sollte. Hier war zu erwarten, dass die Beklagte die Absicherung einer sich auf die Fahrbahn erstreckenden Baustelle, die über einen derart langen Zeitraum betrieben werden sollte, in der Anfangszeit zumindest mit geeigneten Stichproben kontrolliert."
vgl. OLG Hamm, Urteil vom 06.04.2022 - 11 U 143/21
Verkehrssicherung auf Straßen ist nach § 823 BGB zu bewerten
"Die Verletzung der Verkehrssicherungspflicht für öffentliche Straßen ist nach § 823 BGB und nicht nach Art. 34 GG i.V.m. § 839 BGB zu beurteilen (BGH, Urteil vom 09.11.1967 - III ZR 98/67, NJW 1968, 443). Die Verkehrssicherungspflicht des Bauunternehmers (§ 823 BGB) besteht zudem grundsätzlich neb......." [vollständiges Zitat anzeigen]
"Die Verletzung der Verkehrssicherungspflicht für öffentliche Straßen ist nach § 823 BGB und nicht nach Art. 34 GG i.V.m. § 839 BGB zu beurteilen (BGH, Urteil vom 09.11.1967 - III ZR 98/67, NJW 1968, 443). Die Verkehrssicherungspflicht des Bauunternehmers (§ 823 BGB) besteht zudem grundsätzlich neben der der Straßenverkehrsbehörde (§ 839 BGB; BGH, Urteil vom 08.02.1977 - VI ZR 217/74, VersR 1977, 543; OLG Karlsruhe, Urteil vom 26.01.2005 - 7 U 161/03, VersR 2006, 855; OLG Düsseldorf, Urteil vom 01.07.1998 – 15 U 124/97, Schaden-Praxis 1998, 415).
Die Beklagte kann sich als vorrangig mit der Verkehrssicherung Befasste auch nicht durch den Hinweis darauf entlasten, dass die Autobahndirektion die von ihr veranlassten Maßnahmen für genügend erachtet hätte (BGH, Urteil vom 08.02.1977 – VI ZR 217/74, VersR 1977, 543). Abgesehen davon wären die durch die Autobahndirektion mit der Anordnung veranlassten Maßnahmen – Beschilderung gemäß RSA 95 - ja auch ausreichend gewesen, hätte die Beklagte sich denn – wie nicht - an jene gehalten.
"
vgl. LG Nürnberg-Fürth, Endurteil vom 08.06.2017 - 2 S 5570/15
Verkehrssicherungspflicht auf öff. Verkehrwegen
"Die Verkehrssicherungspflicht für öffentliche Verkehrsflächen ist ein Unterfall der allgemeinen (Verkehrs-)Sicherungspflicht, wie sie für jedermann besteht, der in seinem Verantwortungsbereich eine Gefahrenlage schafft oder andauern lässt und gehalten ist, alle ihm zumutbaren Vorkehrungen zu treffen......." [vollständiges Zitat anzeigen]
"Die Verkehrssicherungspflicht für öffentliche Verkehrsflächen ist ein Unterfall der allgemeinen (Verkehrs-)Sicherungspflicht, wie sie für jedermann besteht, der in seinem Verantwortungsbereich eine Gefahrenlage schafft oder andauern lässt und gehalten ist, alle ihm zumutbaren Vorkehrungen zu treffen, die zur Abwendung der Dritten drohenden Gefahren geboten sind (BGH, Urteil vom 01.07.1993 – III ZR 167/92, NJW 1993, 2612). Insoweit gelten für die Verkehrssicherungspflicht für öffentliche Straßen als Unterfall der für jedermann bestehenden allgemeinen Sicherungspflicht die allgemeinen Grundsätze (BGH, Urteil vom 18.11.1993 – III ZR 178/92, VersR 1994, 618; BGH, Urteil vom 09.11.1967 - III ZR 98/67, NJW 1968, 443).
Die Straßenverkehrssicherungspflicht kann auch die Verpflichtung umfassen, Verkehrsteilnehmer vor Gefahren durch eine außerhalb der Fahrbahn gelegene Baustelle zu warnen, wenn sie aufgrund der Straßenführung geeignet ist, Kraftfahrer über den Verlauf der Straße zu täuschen (BGH, Urteil vom 14.01.1982 – III ZR 58/80, VersR 1982, 576; vgl. auch OLG Düsseldorf, Urteil vom 01.07.1998 – 15 U 124/97, Schaden-Praxis 1998, 415). Ein Bauunternehmer, der eine Baustelle beschildert, haftet dann für die Folgen eines Unfalls, der durch eine falsche Beschilderung verursacht wird (OLG Karlsruhe, Urteil vom 14.11.1975 – 10 U 28/75, VersR 1976, 668)."
vgl. LG Nürnberg-Fürth, Endurteil vom 08.06.2017 - 2 S 5570/15
Verkehrssicherungspflicht gegenüber dem Straßenverkehr
"Zu den Verkehrssicherungspflichten gehört auch die Pflicht, die auf der Straße B-Straße fahrenden Verkehrsteilnehmer vor Beeinträchtigungen durch den Betrieb des angrenzenden Sportplatzes zu schützen.
Die entsprechende Verkehrssicherungspflicht hat der beklagte Verein am Unfalltag gegenü......." [vollständiges Zitat anzeigen]
"Zu den Verkehrssicherungspflichten gehört auch die Pflicht, die auf der Straße B-Straße fahrenden Verkehrsteilnehmer vor Beeinträchtigungen durch den Betrieb des angrenzenden Sportplatzes zu schützen.
Die entsprechende Verkehrssicherungspflicht hat der beklagte Verein am Unfalltag gegenüber dem Kläger schuldhaft verletzt.
Insoweit kann dahinstehen, ob eine seitliche Absicherung eines Fußballplatz gegen abirrende Bälle durch einen ca. 2m hohen Ballfangzaun ausreichend ist. Im konkreten Fall hat der beklagte Verein seine Verkehrssicherungspflicht jedenfalls dadurch verletzt, dass der Zaun Durchgangsöffnungen aufwies, um fehlgehende Bälle zurückzuholen. Wie der vorliegende Sachverhalt zeigt, war der Zaun am Spielfeldrand nämlich gerade nicht geeignet, alle abirrenden Bälle bis zu einer Flughöhe von 2m abzufangen."
vgl. LG Detmold, Urteil vom 20.10.2010 - 12 O 172/09