"Die Beklagte ist jedoch gem. Ziff. E.1.3 AKB i.V.m. E.8.1 AKB vollständig leistungsfrei geworden, weil der Kläger die ihm gegenüber der Beklagten obliegenden Aufklärungsobliegenheiten durch wahrheitswidrige Angaben zum Hergang des Schadensfalls sowie dadurch verletzt hat, dass er sich nach dem Unfall vom Unfallort entfernt hat, ohne zuvor die - im Aufklärungsinteresse der Beklagten liegenden - erforderlichen Feststellungen zum körperlichen Zustand, insbesondere zur Fahrtüchtigkeit oder einer Beeinträchtigung durch Einfluss von Alkohol oder anderer berauschender Mittel zu ermöglichen. Diese Obliegenheitsverletzung erfolgte auch arglistig.
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Arglist ist eine qualifizierte Form des Vorsatzes ist gegeben, wenn der Versicherungsnehmer bewusst und willentlich eine Obliegenheit mit der Absicht verletzt, auf die Entscheidung des Versicherers einzuwirken, um sich einen Vermögensvorteil zu verschaffen oder ein Vorgehen des Versicherers zu verhindern, das gerade durch die Obliegenheit gesichert werden soll. Eine Bereicherungsabsicht des Versicherungsnehmers ist hierfür nicht erforderlich. Es reicht aus, dass er einen gegen die Interessen des Versicherers gerichteten Zweck verfolgt, etwa indem er Schwierigkeiten bei der Durchsetzung berechtigter Deckungsansprüche ausräumen will und weiß, dass sein Verhalten den Versicherer bei der Schadenregulierung möglicherweise beeinflussen kann. Auf Arglist als innere Tatsache kann regelmäßig nur auf der Grundlage von Indizien geschlossen werden. Es gibt insoweit keinen allgemeinen Erfahrungssatz, dass der Versicherungsnehmer oder der lediglich mitversicherte Fahrer, der trotz Kenntnis seiner Verpflichtungen eine Unfallstelle verlässt, ohne die erforderlichen Feststellungen zu treffen, dies stets mit dem Willen macht, in Verfolgung eines gegen den Versicherer gerichteten Zwecks auf dessen Willen einzuwirken, auch wenn das häufig naheliegen mag. Vielmehr müssen besondere weitere Umstände hinzutreten, die für sich allein oder in ihrer Gesamtschau einen anderen Schluss als denjenigen auf Arglist ernstlich nicht in Betracht kommen lassen.
Ein gegen die Interessen des Versicherers gerichteter Zweck kann sich bei einer - hier anzunehmenden - Verkehrsunfallflucht nur daraus ergeben, dass der Versicherungsnehmer Feststellungen verhindern wollte, die zu einer auch nur anteiligen Leistungsfreiheit im Verhältnis des Versicherers zum Versicherungsnehmer hätte führen können, u.U. auch hinsichtlich der Feststellung der Haftungsquote und hinsichtlich der Feststellung der durch den Unfall verursachten Schäden. Besonders praxisrelevant ist insoweit die oft im Raume stehende Vermutung des Versicherers, dass der Versicherungsnehmer bzw. der Fahrer auf Grund einer Verkehrsuntüchtigkeit infolge Alkohol- oder Betäubungsmittelkonsums den Unfallort verließ, um sich sowohl den etwaigen strafrechtlichen oder ordnungswidrigkeitsrechtlichen Konsequenzen zu entziehen (insbes. §§ 315c, 316, 44, 69 StGB) als auch Feststellungen zu einer Leistungsfreiheit wegen vorsätzlicher oder grob fahrlässiger Herbeiführung des Versicherungsfalls gem. § 81 VVG bzw. Obliegenheitsverletzung nach AKB zu vermeiden (vgl. zum Ganzen: LG Bonn, Urt. v. 15. 11. 2012 - 6 S 63/12, NJOZ 2013, 1500 m.w.N.). Hierfür müssen aber entsprechende Indizien vorliegen, die sich insbesondere aus den Umständen des Unfalls und dem Verhalten des Versicherungsnehmers bzw. des Fahrers nach dem Unfall ergeben können. Insbesondere das äußere Bild des Unfalls in Kombination mit dem Verhalten des Versicherungsnehmers bzw. des Fahrers nach dem Unfall kann im Einzelfall die Annahme einer alkohol- bzw. betäubungsmittelbedingten Fahruntüchtigkeit bzw. eingeschränkten Fahrtüchtigkeit begründen, die (Mit-) Ursache des Unfalls war und die der Versicherungsnehmer bzw. der Fahrer zu Ungunsten des Versicherers verschleiern wollte.
Gemessen an diesen Maßstäben ist vorliegend nicht nur von einer Unfallbeteiligung und Fahrerflucht des Klägers (s.o.), sondern dann auch von Arglist auszugehen. Denn für die Beklagte bestanden vorliegend Anhaltspunkte einer alkoholbedingten Fahruntüchtigkeit (Silvesternacht; vom Kläger eingeräumter Alkoholkonsum in der Hauptverhandlung vor dem Amtsgericht Y; Aktenvermerk des PK F. vom 03.01.2017 (Bl. 18 d.EA), wonach sich auf dem Tisch an der Wohnanschrift des Klägers - von außen durch das Fenster sichtbar - benutzte Gläser, u.a. Sektgläser befunden hätten), die der Kläger durch seine Fahrerflucht verschleiern wollte." |