"Soweit die Klägerin erstmals mit der Berufungsbegründung im Hinblick auf die Zurechnungsfähigkeit des Versicherungsnehmers und Geschädigten geltend macht, der Geschädigte sei volltrunken gewesen und ihm habe jegliches Bewusstsein für sein Handeln gefehlt, führt dieser Vortrag nicht zum Ausschluss des Mitverschuldens des Geschädigten; denn selbst wenn sich der Geschädigte beim Legen auf die Fahrbahn aufgrund seiner Alkoholisierung in einem vorübergehend die freie Willensbestimmung ausschließenden Zustand krankhafter Störung der Geistestätigkeit befunden hätte, vermag ihn das nicht zu entlasten.
Hinsichtlich der Bewertung der Zurechnungsfähigkeit als Voraussetzung des Mitverschuldens gelten nämlich die §§ 827, 828 BGB entsprechend (vgl. MüKoBGB/Oetker, 9. Aufl. 2022, BGB § 254 Rn. 34; Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht, Urteil vom 11. Februar 2021 - 7 U 147/20 -, Rn. 35, juris).
Analog § 827 S. 2 BGB bleibt die Zurechnungsfähigkeit erhalten, wenn sich der Geschädigte selbstverschuldet in einen Zustand versetzt hat, der die freie Willensbildung ausschließt (vgl. OLG Karlsruhe, Beschluss vom 4. November 2013 - 1 U 35/13 -, Rn. 12, juris, m.w.N.; MüKoBGB/Oetker, 9. Aufl. 2022, BGB § 254 Rn. 34). Entsprechend § 827 S. 2 BGB wird der Mitverschuldensvorwurf also vorverlagert und zielt auf die Tatsache ab, dass der Geschädigte zumindest fahrlässig eine Situation herbeigeführt hat, in der er nicht mehr die zum Selbstschutz erforderliche Einsichtsfähigkeit hatte (vgl. Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht, Beschluss vom 8. April 2021 - 7 U 2/20 -, juris; OLG Karlsruhe, Urteil vom 30. Januar 2009 - 1 U 192/08 -, Rn. 25, juris).
Diesen Grundsätzen folgend ist der Mitverschuldensvorwurf im Hinblick auf den Versicherungsnehmer der Klägerin auf den Trinkbeginn vorverlagert. Der Versicherungsnehmer der Klägerin hat durch den Konsum alkoholischer Getränke im Verlauf des Abends zumindest fahrlässig einen Zustand herbeigeführt, in dem er nicht mehr die zum Selbstschutz erforderliche Einsichtsfähigkeit zur Bewegung im Straßenverkehr besaß. Aus der beigezogenen Akte der Staatsanwaltschaft Arnsberg (Az.: 470 Js 275/17) ergibt sich, dass der Versicherungsnehmer an dem Abend bis 02:00 Uhr Alkohol konsumierte. Bei der Blutentnahme mindestens zehn Stunden nach dem Trinkende - sowie auch mindestens fünf Stunden nach dem Unfall - wies er noch eine Blutalkoholkonzentration von 0,92 Promille auf. Dafür, dass der Versicherungsnehmer der Klägerin ohne sein Verschulden in den Zustand alkoholbedingter Intoxikation geraten ist, ergibt sich nichts. Anhaltspunkte dazu, dass der Versicherungsnehmer der Klägerin sich infolge einer schweren Alkoholkrankheit dem Konsum alkoholischer Getränke bis zur Volltrunkenheit nicht zu entziehen vermochte, hat die Klägerin weder dargetan noch ist dies sonst ersichtlich." |