"Bei Verkehrsunfällen wird dem Geschädigten nur in einfach gelagerten Fällen, in denen die Haftung dem Grund und der Höhe nach klar ist, zugemutet, den Schädiger zunächst selbst in Anspruch zu nehmen (Freymann/Rüßmann in: Freymann/Wellner, jurisPK-Straßenverkehrsrecht, 2. Aufl., § 249 BGB (Stand......." [vollständiges Zitat anzeigen]
"Bei Verkehrsunfällen wird dem Geschädigten nur in einfach gelagerten Fällen, in denen die Haftung dem Grund und der Höhe nach klar ist, zugemutet, den Schädiger zunächst selbst in Anspruch zu nehmen (Freymann/Rüßmann in: Freymann/Wellner, jurisPK-Straßenverkehrsrecht, 2. Aufl., § 249 BGB (Stand: 08.08.2023), Rn. 255). Dies war vorliegend nicht der Fall. Zwar stand die alleinige Haftung der Beklagtenseite dem Grunde nach fest; allerdings stand die Unfallursächlichkeit für einen etwaigen Schaden in Streit. Die Klägerin durfte sich insoweit unmittelbar der Hilfe eines Rechtsanwalts bedienen. Dass im weiteren Verfahren nunmehr nicht festgestellt werden kann, dass ein Achsschaden am klägerischen Fahrzeug vorliegt und dieser durch den streitgegenständlichen Unfall verursacht worden ist, kann die Beklagten im Hinblick auf die vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten nicht entlasten. Denn dass das Beklagtenfahrzeug den Felgenstern des Klägerfahrzeuges beschädigt hat und der Verdacht eines Achsschadens vorlag, steht fest. Zur weiteren Aufklärung durfte sich die Klägerin anwaltlicher Hilfe bedienen. Diese Sachlage ist durch die Beklagtenseite verursacht worden, so dass diese die vorgerichtlich angefallenen Rechtsanwaltskosten zu tragen hat.
Der Gegenstandswert für die Gebührenhöhe richtet sich jedoch nach der objektiv berechtigten Forderungshöhe (Freymann/Rüßmann in: Freymann/Wellner, jurisPK-Straßenverkehrsrecht, 2. Aufl., § 249 BGB (Stand: 08.08.2023), Rn. 259). Berechtigt war hier lediglich die Unkostenpauschale in Höhe von 25,00 Euro und die Freistellung von den Privatgutachterkosten in Höhe von 1.051,13 Euro (siehe dazu noch unten unter 3.). Bei einem Gegenstandswert von 1.076,13 Euro ergeben sich insoweit unter Anrechnung einer 0,65-fachen Geschäftsgebühr vorgerichtlich angefallene Rechtsanwaltskosten in Höhe von insgesamt 117,88 Euro brutto (1,3-fache Geschäftsgebühr gemäß Nr. 2300 VV RVG in Höhe von 165,10 Euro abzgl. 0,65-fache Geschäftsgebühr von 82,55 Euro zzgl. 20 Prozent Auslagenpauschale in Höhe von 16,51 Euro zzgl. 19 Prozent Umsatzsteuer in Höhe von 18,82 Euro)."
vgl. OLG Hamm, Urteil vom 07.11.2023 - 7 U 131/22
auch ohne Zahlung kann Zahlung der RVG-Gebühren verlangt werden, sofern Gegner sich unmissverständlich weigerte
"Dem steht nicht entgegen, dass der Kläger nach eigenen Angaben die Rechtsanwaltskosten an den Klägervertreter noch nicht gezahlt hat: Zwar bestünde der Schaden insoweit zunächst in einer Belastung mit einer Verbindlichkeit gegenüber dem Rechtsanwalt, so dass nach allgemeinen Grundsätzen über § 24......." [vollständiges Zitat anzeigen]
"Dem steht nicht entgegen, dass der Kläger nach eigenen Angaben die Rechtsanwaltskosten an den Klägervertreter noch nicht gezahlt hat: Zwar bestünde der Schaden insoweit zunächst in einer Belastung mit einer Verbindlichkeit gegenüber dem Rechtsanwalt, so dass nach allgemeinen Grundsätzen über § 249 BGB nur Freistellung beansprucht werden könnte. Der Freistellungsanspruch kann jedoch gemäß § 250 BGB in einen Zahlungsanspruch übergehen. Einer Fristsetzung nach § 250 BGB bedarf es dann nicht, wenn der Schädiger – wie hier durch sein Prozessverhalten – unmissverständlich zum Ausdruck bringt, dass er eine Naturalrestitution ernsthaft und endgültig verweigert (BGH, Urteil vom 16. November 2006 – I ZR 257/03, VersR 2007, 1539). Dann wandelt sich der Freistellungsanspruch in einen Zahlungsanspruch um, wenn der Geschädigte Geldersatz fordert (BGH, Urteil vom 13. Januar 2004 – XI ZR 355/02, VersR 2004, 740)."
vgl. LG Nürnberg-Fürth, Endurteil v. 15.02.2024 – 2 O 4326/22
diverse kommunikation (Rechtsschutz-, Kasko- und Haftpflichtversicherung) ist nur eine gebührenrechtliche Angelegenheit
"Bei dem gesamten, aufgrund des streitgegenständlichen Verkehrsunfalls geltend gemachten Schadensersatz handelt es sich um eine gebührenrechtliche Angelegenheit (LG Gera, Urt. v. 12.10.2008, 1 S 461/07 – juris, a. A. LG Wuppertal, DAR 2010, 388), zumal eine Aufsplittung die Degression der Tabelle unbe......." [vollständiges Zitat anzeigen]
"Bei dem gesamten, aufgrund des streitgegenständlichen Verkehrsunfalls geltend gemachten Schadensersatz handelt es sich um eine gebührenrechtliche Angelegenheit (LG Gera, Urt. v. 12.10.2008, 1 S 461/07 – juris, a. A. LG Wuppertal, DAR 2010, 388), zumal eine Aufsplittung die Degression der Tabelle unberücksichtigt ließe. Der Kläger kann daher nicht Rechtsanwaltsgebühren für Korrespondenz mit der Rechtsschutz-, der Vollkasko- und mit der Haftpflichtversicherung verlangen."
vgl. LG Kassel, Urteil vom 08.03.2013 - 5 O 118/12
falsche Restwertermittlung (falsche Datengrundlage) muss jedenfalls dem Anwalt auffallen
"Das bei der Streithelferin eingeholte Gutachten vom 30.05.2018, das dem Kläger vor dem Verkauf des beschädigten Fahrzeugs am 06.06.2018 vorlag, genügt nicht diesen Anforderungen.
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(...)
Ob dem Kläger dabei hätte persönlich auffallen müssen, dass das Gutachten den Restwert nicht zutre......." [vollständiges Zitat anzeigen]
"Das bei der Streithelferin eingeholte Gutachten vom 30.05.2018, das dem Kläger vor dem Verkauf des beschädigten Fahrzeugs am 06.06.2018 vorlag, genügt nicht diesen Anforderungen.
(...)
Ob dem Kläger dabei hätte persönlich auffallen müssen, dass das Gutachten den Restwert nicht zutreffend ermittelt hat, kann letztlich dahinstehen. Denn zum Zeitpunkt der Erstellung dieses Gutachtens war der Kläger bereits anwaltlich vertreten. Jedenfalls seinem Rechtsanwalt hätte auffallen müssen, dass sich die Restwertermittlung als unzureichend darstellt und nicht geeignet ist, ein Vertrauen in diese zu begründen. Das insoweit seinem Anwalt zur Last fallende Verschulden muss sich der Kläger zurechnen lassen (OLG Hamm, Urteil vom 28.09.2018 - I-9 U 137/16 - juris Rn. 43)."
vgl. OLG Hamm, Urteil vom 26.04.2023 - 11 U 66/22
Haftungshöchstgrenze des Schädigers: Anwaltskosten aus Gesamtschaden (also nicht: Kosten weiterer Einzelaufträge)
"Im vorliegenden Fall gilt jedenfalls auch nach OLG Karlsruhe NZV 1990, 431 f.): Wird der Anspruch gegen den Schädiger dadurch geringer, dass sich der Geschädigte an seine Kaskoversicherung wendet, und sinken damit auch die gegenüber dem Schädiger abzurechnenden vorgerichtlichen Anwaltskosten (auf Gru......." [vollständiges Zitat anzeigen]
"Im vorliegenden Fall gilt jedenfalls auch nach OLG Karlsruhe NZV 1990, 431 f.): Wird der Anspruch gegen den Schädiger dadurch geringer, dass sich der Geschädigte an seine Kaskoversicherung wendet, und sinken damit auch die gegenüber dem Schädiger abzurechnenden vorgerichtlichen Anwaltskosten (auf Grund Inanspruchnahme des Anwalts bei der Korrespondenz mit dem Schädiger nach einem entsprechend geringeren Wert), muss der Schädiger insgesamt (nur) soviel an Anwaltskosten zahlen, wie er zahlen müsste, wenn er voll in Anspruch genommen worden wäre. Einen darüber hinaus gehenden Schaden darf der Geschädigte demgegenüber nicht verlangen, weil er gemäß § 254 BGB verpflichtet ist, den Schaden gering zu halten. Haftungshöchstgrenze ist daher stets unter Berücksichtigung der Degression der anwaltlichen Gebührentabelle die 1,3-fache Geschäftsgebühr nach dem Gesamtschaden und der entsprechenden Haftungsquote. "
vgl. LG Kassel, Urteil vom 08.03.2013 - 5 O 118/12
Jeder - auch Behörden und Geschäftsleute, Versicherungsunternehmen - dürfen Anwälte hinzuziehen, wenn eine problemlose Erledigung nicht zu erwarten ist
"Nach diesen Grundsätzen kann sich eine etwaige Geschäftsgewandtheit des Geschädigten - insbesondere Sach- und Fachkenntnisse im Zusammenhang mit der Abwicklung vergleichbarer Schadensfälle - (nur) in zweierlei Hinsicht auswirken: Erstens bei der Beurteilung, ob aus Sicht des entsprechend qualifiziert......." [vollständiges Zitat anzeigen]
"Nach diesen Grundsätzen kann sich eine etwaige Geschäftsgewandtheit des Geschädigten - insbesondere Sach- und Fachkenntnisse im Zusammenhang mit der Abwicklung vergleichbarer Schadensfälle - (nur) in zweierlei Hinsicht auswirken: Erstens bei der Beurteilung, ob aus Sicht des entsprechend qualifizierten Geschädigten kein vernünftiger Zweifel daran bestehen kann, dass der Schädiger (oder dessen Haftpflichtversicherer) ohne weiteres seiner Ersatzpflicht nachkommen werde. Zweitens hat der Geschädigte, wenn es sich nach den genannten Kriterien um einen derart einfachen, aus seiner Sicht zweifelsfreien Fall handelt, sein Wissen bei der erstmaligen Geltendmachung des Schadens einzusetzen (vgl. Senatsurteil vom 12. Dezember 2006 - VI ZR 175/05, NJW-RR 2007, 856 Rn. 13), darf also die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts (zunächst) nicht für erforderlich erachten. Handelt es sich hingegen nicht um einen einfach gelagerten Fall, ist der Geschädigte, gleich ob Privatperson, Behörde oder Unternehmen, ungeachtet etwaiger Erfahrungen und Fachkenntnisse zur eigenen Mühewaltung bei der Schadensabwicklung nicht verpflichtet (vgl. Senatsurteil vom 8. November 1994 - VI ZR 3/94, BGHZ 127, 348, 352 f., juris Rn. 11). Demnach kann es auch einem mit Schadensabwicklungen vertrauten Unternehmen nicht verwehrt werden, einen Rechtsanwalt zu beauftragen, sofern nicht zweifelsfrei ist, dass und inwieweit der Haftpflichtversicherer des Unfallgegners den Schaden regulieren wird (Zoll in Wussow, Unfallhaftpflichtrecht, 16. Aufl., Kap. 41 Rn. 132). Maßgeblich ist dabei der Zeitpunkt der Beauftragung des Rechtsanwalts, also die Sicht ex ante (vgl. BGH, Urteil vom 1. Juni 1959 - III ZR 49/58, BGHZ 30, 154, 157 f.; Hunecke, NJW 2015, 3745, 3746)."
vgl. BGH, Urteil vom 29.10.2019 - VI ZR 45/19
keine Rechtsanwaltsgebühren, wenn direkt Klageauftrag erteilt
"VII. Die geltend gemachten vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten können dem Kläger jedoch nicht, auch nicht aus einem Betrag in Höhe von 557,87 €, zugesprochen werden. Nach dem Klägervortrag bereits in der Klage verlangt er eine Geschäftsgebühr aus dem nicht vorgerichtlich regulierten Teil der Mie......." [vollständiges Zitat anzeigen]
"VII. Die geltend gemachten vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten können dem Kläger jedoch nicht, auch nicht aus einem Betrag in Höhe von 557,87 €, zugesprochen werden. Nach dem Klägervortrag bereits in der Klage verlangt er eine Geschäftsgebühr aus dem nicht vorgerichtlich regulierten Teil der Mietwagenkosten, weil der Kläger nach Abschluss der außergerichtlichen Regulierung durch den Beklagten seine Prozessbevollmächtigen unmittelbar mit der Klageerhebung beauftragte. Für die Erhebung der Klage entsteht jedoch keine gesonderte Gebühr, sondern diese ist gemäß § 19 RVG bereits durch die Verfahrensgebühr gemäß Nr. 3100 der Anlage 1 zum RVG abgegolten."
vgl. LG Nürnberg-Fürth, Urteil vom 29.09.2011 - 2 S 185/11
Kosten zur Einholung der Deckungszusage schuldet Schädiger nicht
"Vom konkreten Schadensereignis unabhängig ist das Risiko, dass ein Gericht erhobene Forderungen als unbegründet zurückweist und sich das Prozess- bzw. Prozesskostenrisiko realisiert. Dieses Risiko muss der Geschädigte selbst tragen und kann es nicht auf den Schädiger abwälzen. Der Rechtsschutzversi......." [vollständiges Zitat anzeigen]
"Vom konkreten Schadensereignis unabhängig ist das Risiko, dass ein Gericht erhobene Forderungen als unbegründet zurückweist und sich das Prozess- bzw. Prozesskostenrisiko realisiert. Dieses Risiko muss der Geschädigte selbst tragen und kann es nicht auf den Schädiger abwälzen. Der Rechtsschutzversicherung fällt damit allenfalls eine nachrangige Zwischenfinanzierungsrolle zu. Im Übrigen ist hier auch nach der Rechtsprechung des BGH (NZV 2012, 169) ein Anspruch nicht gegeben. Danach sind Kosten nur zu erstatten, wenn die Inanspruchnahme anwaltlicher Hilfe zur Wahrung und Durchsetzung der Rechte unter den Umständen des Falles erforderlich und zweckmäßig war. Hier ist nicht ersichtlich, warum die Partei die Zusage nicht selbst hätte einholen können. Zudem hat die Rechtsschutzversicherung anscheinend die Deckungszusage umstandslos erteilt.
"
vgl. LG Kassel, Urteil vom 08.03.2013 - 5 O 118/12
Rechtsanwaltsgebühren nur aus berechtigtem Schadensersatzbetrag
" Richtigerweise bestimmt sich der der Berechnung der vorgerichtlichen Anwaltskosten zugrunde zu legende Gegenstandswert nach dem zu Recht verfolgten Schadensersatzanspruch, der sich aus der Addition der rechtshängig gewordenen Positionen mit dem aus der Aufstellung folgenden Betrag von 9.080,99 € (sie......." [vollständiges Zitat anzeigen]
" Richtigerweise bestimmt sich der der Berechnung der vorgerichtlichen Anwaltskosten zugrunde zu legende Gegenstandswert nach dem zu Recht verfolgten Schadensersatzanspruch, der sich aus der Addition der rechtshängig gewordenen Positionen mit dem aus der Aufstellung folgenden Betrag von 9.080,99 € (siehe oben Ziffer 1) und den nicht rechtshängigen und von dem Beklagten in seine Abrechnungen eingestellten Positionen für den Pkw-Schaden nebst Auslagenpauschale in der Höhe von 1.905,00 €, für die Abschleppkosten von 226,48 € und für Sachverständigenkosten von 329,63 € mit der Summe von 11.542,10 € berechnen lässt."
vgl. OLG Köln, Urteil vom 20.03.2012 - 15 U 170/11
Rechtsanwaltskosten - bei Notwendigkeit erstattungsfähig
"Voraussetzung für die Ersatzfähigkeit von Anwaltskosten ist jedoch, dass der Geschädigte die Beauftragung eines Anwalts für erforderlich halten durfte. Das ist dann nicht der Fall, wenn ein nach Grund und Höhe derart einfach gelagerter Fall vorliegt, bei dem aus Sicht des Geschädigten kein Anlass z......." [vollständiges Zitat anzeigen]
"Voraussetzung für die Ersatzfähigkeit von Anwaltskosten ist jedoch, dass der Geschädigte die Beauftragung eines Anwalts für erforderlich halten durfte. Das ist dann nicht der Fall, wenn ein nach Grund und Höhe derart einfach gelagerter Fall vorliegt, bei dem aus Sicht des Geschädigten kein Anlass zu Zweifeln an der vollen Ersatzpflicht des Schädigers besteht und deshalb die Inanspruchnahme eines Rechtsanwalts nicht erforderlich war. Nur dann, wenn es sich um einen einfach gelagerten Sachverhalt handelt, ist der Geschädigte zur eigenen Schadensanmeldung gehalten, es sei denn, er ist aus besonderen Gründen, wie etwa dem Mangel an geschäftlicher Gewandtheit, hierzu nicht in der Lage. Ist der Schadensfall von vorneherein schwieriger gelagert, so darf der Geschädigte sogleich einen Rechtsanwalt mit der weiteren Geltendmachung beauftragen und kann sodann deswegen Kosten im Rahmen des materiell-rechtlichen Schadensersatzanspruchs geltend machen (vgl. Amtsgericht Frankfurt am Main, Az. 31 C 2383/17 (96)).
Von einem weltweit agierenden Mietwagenunternehmen wie der Klägerin kann erwartet werden, dass es Maßnahmen der außergerichtlichen Schadensregulierung bei einfach gelagerten Sachverhalten mit Hilfe seines kaufmännischen Personals durchführt (vgl. MüKoBGB/Oetker, -BGB, § 249, Rn. 181). Die Klägerin ist nach dem Gesetz als Kauffrau und damit bereits aus diesem Grunde als genügend geschäftsgewandt anzusehen, um bei einfach gelagerten Sachverhalten Schadensersatzansprüche wegen der Beschädigung eines vermieteten Fahrzeugs zunächst selbst geltend zu machen und die entsprechende Korrespondenz zu führen. (vgl. auch OLG Frankfurt, Urteil vom 02.12.2014, Az. 22 U 171/13). Hinzu kommt, dass sie sich als Autovermietung in nicht unerheblichem Maße in diesem Geschäftsbereich betätigt und sich daher regelmäßig mit der Regulierung von Verkehrsunfällen befasst, wenn auch dies nicht zu ihrem Kerngeschäft gehört (vgl. dazu auch LG Frankfurt, Urteil vom 18.07.2012, Az. 2-16 S 58/12 für eine Leasinggesellschaft). Der Klägerin ist es daher- unabhängig davon, ob sie eine eigene Rechtsabteilung unterhält - bei einfach gelagerten Sachverhalten zuzumuten, Ansprüche zunächst selbst gegenüber der Versicherung des Schädigers geltend zu machen."
vgl. AG Frankfurt am Main, Urteil vom 03.04.2018 - 31 C 3053/17 (83)
Rechtsanwaltskosten - nicht bei einfachster Sachlage und Rechtslage
"Damit ist für die Frage der Erstattungsfähigkeit der außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten vorliegend alleine streitentscheidend, ob das streitgegenständliche Unfallereignis so einfach gelagert ist, dass an der Haftung der Beklagten im Grunde und der Höhe nach kein Zweifel bestehen würde und auch ......." [vollständiges Zitat anzeigen]
"Damit ist für die Frage der Erstattungsfähigkeit der außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten vorliegend alleine streitentscheidend, ob das streitgegenständliche Unfallereignis so einfach gelagert ist, dass an der Haftung der Beklagten im Grunde und der Höhe nach kein Zweifel bestehen würde und auch kein Zweifel daran bestehen konnte, dass die Beklagte ohne Weiteres ihrer Ersatzpflicht nachkommen würde.
Bei der Einstufung als einfach gelagerte Sachverhalt kommt es dabei auf die Beurteilung durch einen Privatmann ex ante an und nicht auf die Einschätzung einer fachlich mit der Rechtsprechung zu Verkehrsunfällen versierten Person (vgl. hierzu LG Frankfurt, Urteil vom 18.07.2012, Az. 2-16 S 58/12, 2/16 S 58/12). Dazu gehören regelmäßig solche Fälle, in denen der Schädiger seine Ersatzpflicht dem Grunde und der Höhe nach bereits anerkannt hat oder an seiner Zahlungsbereitschaft und Zahlungsfähigkeit keine Zweifel bestehen.
Tatsächliche Zweifel an der Ersatzpflicht und an der Bereitschaft der Beklagten zum Ersatz des Schadens sind nicht ersichtlich. Solche wären beispielsweise dann anzunehmen, wenn der Schädiger oder Zeugen am Unfallort Angaben gemacht hätten, die geeignet sind, Zweifel an der alleinigen Verursachung des Unfalls durch das bei der Beklagten versicherte Fahrzeug zu wecken. Solches ist jedoch nicht ersichtlich oder dargetan. Nach dem unstreitigen Sachverhalt verhielt es sich vielmehr so, dass der Unfallhergang gerade nicht im Streit stand, so dass davon auszugehen ist, dass das bei der Beklagten versicherte Fahrzeug den Unfall verursacht hat.
Auch sind keine rechtlichen Umstände dargetan, aus denen sich Zweifel an der alleinigen Einstandspflicht bzw. der Bereitschaft der Beklagten, den entstandenen Schaden in voller Höhe zu regulieren, ersichtlich wären. Regelmäßig ist dann von einem einfach gelagerten Schadensfall auszugehen, wenn ein Sachverhalt vorliegt, der gerade keinen nachvollziehbaren rechtlichen Zweifel an der vollen Ersatzpflicht des Schädigers nahelegt, etwa wenn das Fahrzeug des Geschädigten sich nicht in Betrieb befand oder der Unfall für ihn unabwendbar war, oder sein Verursachungsanteil gegenüber der stark überwiegenden Schuld des Schädigers völlig zurücktritt (vgl. LG Frankfurt, Urteil vom 18.07.2012, Az. 2-16 S 58/12, 2/16 S 58/12).
So liegt der Fall hier. Das streitgegenständliche Verkehrsunfallereignis vom 24.02.2017 ließ keine Schwierigkeiten bei der Schadensregulierung erwarten. Das klägerische Fahrzeug stand und der Unfall wurde allein durch das fahrende Fahrzeug der Beklagtenseite verursacht, sodass nach dem unstreitig zu Grunde zu legenden Unfallhergang von einem solchen ganz überwiegenden Verschulden des Führers des bei der Beklagten versicherten Fahrzeugs auszugehen war, weshalb keine vernünftigen Zweifel daran bestehen, dass insofern die Beklagte eine vollständige Einstandspflicht in Bezug auf die entstandenen Schäden trifft. Ein Mithaftungseinwand der Beklagten in der hiesigen Situation war entgegen der Ansicht der Klägerin nicht zu erwarten.
Auch die Höhe der Haftung und die zu berücksichtigenden Schadenspositionen stehen der Einordnung als einfach gelagerter Fall nicht entgegen. Zwar mag regelmäßig über die Höhe der Schadenspositionen Streit bestehen, dies führt per se aber nicht dazu, dass es sich nicht um einen einfach gelagerten Fall handelt.
Darauf, dass auch die Klägerin bzw. deren Prozessvertreter bei der ex ante - Betrachtung von einer eindeutigen und klaren Unfallsituation ausging, die nur zur einer vollständigen Haftung der Beklagten führen kann, deutet als Indiz weiter hin, dass sich in dem Forderungsschreiben des Klägervertreters vom 30.03.2017 (Bl. 8 ff. d.A.) nur ganz knappe Ausführungen zum Unfallgeschehen und zur Haftung finden.
Wie sich sodann die Schadensabwicklung tatsächlich gestaltete und ob es mehrere Aufforderungen bedurfte, ist unbeachtlich, da es maßgeblich auf die ex ante Betrachtung bei Beauftragung des Prozessvertreters der Klägerin ankommt, zumal sich im vorliegenden Fall die Schadensabwicklung tatsächlich bis auf die geltend gemachten Entziehungszinsen, vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten sowie die Höhe der Kostenpauschale unproblematisch gestaltete."
vgl. AG Frankfurt am Main, Urteil vom 03.04.2018 - 31 C 3053/17 (83)
Rechtsanwaltskosten sind bei Fahrzeugschäden nach Unfall in aller Regel notwendig
"aa) Die Ansicht des Berufungsgerichts, dass die schadensrechtliche Abwicklung eines Verkehrsunfalls, an dem zwei Fahrzeuge beteiligt waren, jedenfalls im Hinblick auf die Schadenshöhe regelmäßig keinen einfach gelagerten Fall darstellt, wird inzwischen von der wohl überwiegenden Auffassung in der Rec......." [vollständiges Zitat anzeigen]
"aa) Die Ansicht des Berufungsgerichts, dass die schadensrechtliche Abwicklung eines Verkehrsunfalls, an dem zwei Fahrzeuge beteiligt waren, jedenfalls im Hinblick auf die Schadenshöhe regelmäßig keinen einfach gelagerten Fall darstellt, wird inzwischen von der wohl überwiegenden Auffassung in der Rechtsprechung der unteren Instanzgerichte geteilt (z.B. AG Hamburg, DV 2018, 149 Rn. 3 f.; AG Flensburg, NJW-RR 2012, 432 Rn. 11 ff.; LG Krefeld, NJW-RR 2011, 1403 Rn. 9; AG Münster, NJW-RR 2011, 760 Rn. 6 ff.; AG Köln, SP 2011, 267, juris Rn. 4 f.; LG Itzehoe, SP 2009, 31, juris Rn. 15 f. für Unfall im Begegnungsverkehr und Schadenshöhe ab 2.000 €; AG Kassel, NJW 2009, 2898, juris Rn. 5; AG Frankfurt, Urteil vom 3. März 2011 - 29 C 74/11, juris Rn. 8 ff.; LG Mannheim, Urteil vom 22. Juni 2007 - 1 S 23/07, juris Rn. 7; a.A. z.B. LG Münster vom 8. Mai 2018 - 3 S 139/17, juris Rn. 31 ff.; LG Berlin, SP 2009, 446 Rn. 4), ebenso in der Literatur (z.B. Zoll in Wussow, Unfallhaftpflichtrecht, 16. Aufl., Kap. 41 Rn. 132; Kuhnert in Haus/Krumm/Quarch, Gesamtes Verkehrsrecht, 2. Aufl., § 249 BGB Rn. 207 für Rechtsunkundige; Hunecke, NJW 2015, 3745, 3747; Wagner, NJW 2006, 3244, 3245 f., 3248; Freymann/Rüßmann in Freymann/Wellner, jurisPK-Straßenverkehrsrecht, 1. Aufl., § 249 Rn. 234; Schneider in Berz/Burmann, Handbuch des Straßenverkehrsrechts, 39. EL, 5. C. Rn. 82; a.A. z.B. Böhm/Lennartz, MDR 2013, 313). Dabei wird zu Recht darauf abgestellt, dass bei einem Fahrzeugschaden die rechtliche Beurteilung nahezu jeder Schadensposition in Rechtsprechung und Lehre seit Jahren intensiv und kontrovers diskutiert wird, die umfangreiche, vielschichtige und teilweise uneinheitliche Rechtsprechung hierzu nach wie vor fortentwickelt wird und dementsprechend zwischen den Geschädigten und den in der Regel hoch spezialisierten Rechtsabteilungen der Haftpflichtversicherer nicht selten um einzelne Beträge - wie auch vorliegend - bis in die letzte Gerichtsinstanz gestritten wird. Insoweit besteht, wie vom Berufungsgericht zutreffend festgestellt, keine Vergleichbarkeit mit dem dem Senatsurteil vom 8. November 1994 - VI ZR 3/94, BGHZ 127, 348 zugrundeliegenden Fall, in welchem es um die Beschädigung von Autobahnanlagen (Leitplanken, Verkehrszeichen etc.) durch Kraftfahrzeuge ging (vgl. Nixdorf, VersR 1995, 257, 260; Wagner, NJW 2006, 3244, 3248 f.). Bei Unklarheiten im Hinblick jedenfalls auf die Höhe der Ersatzpflicht, wie sie typischerweise bei Fahrzeugschäden nach einem Verkehrsunfall bestehen, darf aber auch und gerade der mit der Schadensabwicklung von Verkehrsunfällen vertraute Geschädigte vernünftige Zweifel daran haben, dass der Schädiger oder dessen Haftpflichtversicherer ohne weiteres seiner Ersatzpflicht nachkommen wird. Dass der erfahrene Geschädigte durchaus in der Lage sein wird, den Unfallhergang zu schildern und - ggf. unter Beifügung eines Sachverständigengutachtens - die aus seiner Sicht zu ersetzenden Schadenspositionen zu beziffern, macht den Fall selbst bei Eindeutigkeit des Haftungsgrundes nicht zu einem einfach gelagerten und schließt deshalb die Erforderlichkeit der Beauftragung eines Rechtsanwalts nicht aus (entgegen Nugel, jurisPR-VerkR 24/2008 Anm. 5 sub D. 2)."
vgl. BGH, Urteil vom 29.10.2019 - VI ZR 45/19
Rechtsanwaltskosten: wenn alles unstreitig, dann grundsätzlich nicht für Erstanmeldung
"An die Voraussetzungen des materiellrechtlichen Kostenerstattungsanspruchs sind keine überzogenen Anforderungen zu stellen. Es kommt darauf an, wie sich die voraussichtliche Abwicklung des Schadensfalls aus der Sicht des Geschädigten darstellt. Ist die Verantwortlichkeit für den Schaden und damit die ......." [vollständiges Zitat anzeigen]
"An die Voraussetzungen des materiellrechtlichen Kostenerstattungsanspruchs sind keine überzogenen Anforderungen zu stellen. Es kommt darauf an, wie sich die voraussichtliche Abwicklung des Schadensfalls aus der Sicht des Geschädigten darstellt. Ist die Verantwortlichkeit für den Schaden und damit die Haftung von vornherein nach Grund und Höhe derart klar, dass aus Sicht des Geschädigten kein vernünftiger Zweifel daran bestehen kann, dass der Schädiger (oder dessen Haftpflichtversicherer) ohne weiteres seiner Ersatzpflicht nachkommen werde, so wird es grundsätzlich nicht erforderlich sein, schon für die erstmalige Geltendmachung des Schadens gegenüber dem Schädiger oder dessen Versicherer einen Rechtsanwalt hinzuzuziehen (vgl. Senatsurteile vom 12. Dezember 2006 - VI ZR 175/05, NJW-RR 2007, 856 Rn. 12; vom 18. Januar 2005 - VI ZR 73/04, VersR 2005, 558, 559, juris Rn. 6; vom 8. November 1994 - VI ZR 3/94, BGHZ 127, 348, 351 f., juris Rn. 9). In derart einfach gelagerten Fällen kann der Geschädigte grundsätzlich den Schaden selbst geltend machen, so dass sich die sofortige Einschaltung eines Rechtsanwalts nur unter besonderen Voraussetzungen als erforderlich erweisen kann, etwa wenn der Geschädigte aus Mangel an geschäftlicher Gewandtheit oder sonstigen Gründen wie Krankheit oder Abwesenheit nicht in der Lage ist, den Schaden selbst anzumelden (Senatsurteile vom 8. November 1994 - VI ZR 3/94, BGHZ 127, 348, 352, juris Rn. 9; vom 12. Dezember 2006 - VI ZR 175/05, NJW-RR 2007, 856 Rn. 12; BGH, Urteil vom 16. Juli 2015 - IX ZR 197/14, NJW 2015, 3447 Rn. 55)."
vgl. BGH, Urteil vom 29.10.2019 - VI ZR 45/19
RVG-Gebühren: Geschäftsgebühr 1,3 aus berechtigter Schadenhöhe
"Unter Berücksichtigung des Erfolges der Klage berechnen sich die vorgerichtlich entstandenen Rechtsanwaltskosten nach einem Streitwert von 48.592,40 € (Wiederbeschaffungsaufwand: 48.487,40 €, Ummeldekosten: 80,00 € und Unkostenpauschale: 25,00 €). Die Gesamtkosten für die anwaltliche Tätigkeit......." [vollständiges Zitat anzeigen]
"Unter Berücksichtigung des Erfolges der Klage berechnen sich die vorgerichtlich entstandenen Rechtsanwaltskosten nach einem Streitwert von 48.592,40 € (Wiederbeschaffungsaufwand: 48.487,40 €, Ummeldekosten: 80,00 € und Unkostenpauschale: 25,00 €). Die Gesamtkosten für die anwaltliche Tätigkeit belaufen sich bei Zugrundelegung einer 1,3 Geschäftsgebühr (Nr. 2300 VV RVG) und einer Auslagenpauschale von 20,00 € (Nr. 7002 VV RVG) auf insgesamt 1.531,90 €. Umstände, welche eine Erhöhung der Geschäftsgebühr rechtfertigen würden, hat der Kläger nicht dargetan. Abzüglich der durch die Beklagte auf diese Position geleisteten 1.336,90 € hat der Kläger danach einen Anspruch auf Zahlung weiterer 195,00 €."
vgl. OLG Hamm, Urteil vom 26.04.2023 - 11 U 66/22
RVG-Gebühren: keine Erstattungspflicht für Deckungsanfrage
"Nicht erstattungsfähig sind die Kosten bezüglich der Einholung einer Deckungszusage.
Die Grenze der Ersatzpflicht ist dort zu ziehen, wo die Aufwendung des Geschädigten nicht mehr allein der Wiederherstellung der beschädigten Sache dient. So kann die Deckung gerade nicht das beeinträchtigte Recht......." [vollständiges Zitat anzeigen]
"Nicht erstattungsfähig sind die Kosten bezüglich der Einholung einer Deckungszusage.
Die Grenze der Ersatzpflicht ist dort zu ziehen, wo die Aufwendung des Geschädigten nicht mehr allein der Wiederherstellung der beschädigten Sache dient. So kann die Deckung gerade nicht das beeinträchtigte Rechtsgut wieder herstellen und fördert die Rechtsverfolgung nicht berechtigter Ansprüche, da die Erfolgsaussichten nicht von einer Deckungszusage abhängen, sondern allein vom zugrundeliegenden Geschehen und der daraus resultierenden materiell-rechtlichen Lage sowie prozessualen Durchsetzbarkeit.
Vom konkreten Schadensereignis unabhängig ist das Risiko, dass ein Gericht erhobene Forderungen als unbegründet zurückweist und sich das Prozess- bzw. Prozesskostenrisiko realisiert. Dieses Risiko muss der Geschädigte selbst tragen und kann es nicht auf den Schädiger abwälzen. Der Rechtsschutzversicherung fällt damit allenfalls eine nachrangige Zwischenfinanzierungsrolle zu. Im Übrigen ist hier auch nach der Rechtsprechung des BGH (NZV 2012, 169) ein Anspruch nicht gegeben. Danach sind Kosten nur zu erstatten, wenn die Inanspruchnahme anwaltlicher Hilfe zur Wahrung und Durchsetzung der Rechte unter den Umständen des Falles erforderlich und zweckmäßig war. Hier ist nicht ersichtlich, warum die Partei die Zusage nicht selbst hätte einholen können. Zudem hat die Rechtsschutzversicherung anscheinend die Deckungszusage umstandslos erteilt."
vgl. LG Kassel, Urteil vom 08.03.2013 - 5 O 118/12
Unbrauchbarkeit des Sachverständigengutachtens und deren Folgen
"Der Vertrag zwischen dem Kläger und der Streithelferin ist ein Werkvertrag gem. § 631 Abs. 1 BGB (vgl. Retzlaff in: Grüneberg, BGB, 82. Aufl., Einf v § 631 Rn. 24 m.w.N.). Durch den Vertragsschluss war der Vergütungsanspruch der Streithelferin auch zunächst entstanden. Weist ein Gutachten jedoch so......." [vollständiges Zitat anzeigen]
"Der Vertrag zwischen dem Kläger und der Streithelferin ist ein Werkvertrag gem. § 631 Abs. 1 BGB (vgl. Retzlaff in: Grüneberg, BGB, 82. Aufl., Einf v § 631 Rn. 24 m.w.N.). Durch den Vertragsschluss war der Vergütungsanspruch der Streithelferin auch zunächst entstanden. Weist ein Gutachten jedoch solch gravierende Mängel auf, wie sie einem Sachverständigen bei der Begutachtung von Unfallschäden schlechterdings nicht unterlaufen dürfen und können diese nicht durch eine Nacherfüllung beseitigt werden, liegt eine in Gänze unbrauchbare Leistung vor, welche den Auftraggeber berechtigt, die Leistung insgesamt zu verweigern (vgl. Senatsurteil vom 21.12.2016 - I-11 U 54/15, juris Rn. 6 und 10). In diesem Fall ist dem Geschädigten, jedenfalls wenn er - wie im hier zu entscheidenden Streitfall - die Rechnung noch nicht ausgeglichen hat, ein Schaden nicht entstanden.
Vorliegend weist das Gutachten der Streithelferin solch gravierende Mängel auf, dass es für den Kläger schlechterdings unbrauchbar ist und weswegen er berechtigt ist, die Leistung insgesamt zu verweigern.
Beauftragt ein Geschädigter nach einem Verkehrsunfall ein Schadensgutachten und ist für den Gutachter erkennbar, dass das verunfallte Fahrzeug einen (wirtschaftlichen) Totalschaden erlitten hat, kommt der Restwertermittlung eine besondere Bedeutung zu. So ein Gutachten kann gravierende Mängel aufweisen, die zu einer völligen Unbrauchbarkeit führen, wenn der in dem Gutachten ausgewiesene Restwert fehlerhaft ermittelt worden ist, weil die Ermittlung nicht nach den durch den Bundesgerichtshof in ständiger Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen entspricht. Die fehlerhafte Restwertermittlung verhindert dann eine ordnungsgemäße Schadensabrechnung, weil der vom Wiederbeschaffungswert abzusetzende Restwert nicht zuverlässig zu beurteilen ist. Das muss auch dem das Gutachten erstattenden Sachverständigen klar sein, weil der Geschädigte das Gutachten in aller Regel gerade auch deswegen beauftragt, um auf seiner Basis abrechnen zu können und in einer etwaigen späteren Auseinandersetzung mit dem Schädiger nicht dem Einwand ausgesetzt zu sein, gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot verstoßen zu haben. Ein Gutachten, das in der Konstellation, in der auf Totalschadenbasis abzurechnen ist, den Restwert nicht anhand der vom Bundesgerichtshof entwickelten Grundsätze ermittelt, ist jedoch gerade nicht geeignet, diesen Zweck zu erreichen.
Die Restwertermittlung im Gutachten der Streithelferin vom 30.05.2018 genügte - wie oben bereits dargelegt - bereits deswegen nicht den Anforderungen der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes, weil sie den regionalen Markt nicht abbildete. Hinzu kommt, dass sie bei einer Angebotspräsentation auf der Plattform "(...)" für die Dauer von nur 7 Stunden und 47 Minuten auch nur vier Kaufangebote für den verunfallten Lkw auswies, ohne eine Erläuterung für den kurzen Präsentationszeitraum oder den Hinweis zu geben, dass der Restwert unter
"Berücksichtigung der örtlichen Marktsituation" ermittelt worden sei. Bei der Gutachtenerstattung sind die Anbieter ersichtlich nicht näher geprüft worden, was bereits insgesamt zu einer unbrauchbaren Restwertermittlung führt. Dass zudem noch technische Daten des verunfallten Fahrzeugs in die Abfrage bei "(...)" unzutreffend aufgenommen wurden, fällt insoweit nicht mehr ins Gewicht, zumal die falschen Daten eher höhere Restwertangebote erwarten ließen.
Bei dem genannten Mangel handelt es sich auch nicht um einen solchen, der durch eine Nachbesserung behoben werden könnte, wenn das beschädigte Fahrzeug - wie hier - bereits verkauft worden ist. Denn der Geschädigte kann das Risiko, dass sich der von ihm realisierte Restwert im späteren Prozess als zu niedrig erweist, nur dadurch vermeiden, dass er vor dem Verkauf sich mit dem Haftpflichtversicherer abstimmt oder aber ein Gutachten mit einer korrekten Wertermittlung einholt (BGH, Urteil vom 12.07.2005 - VI ZR 132/04, juris Rn. 14). Ist das vor dem Verkauf eingeholte Gutachten jedoch nicht dazu geeignet, für den Geschädigten bei der Abrechnung auf Totalschadensbasis eine verlässliche Vertrauensgrundlage zu begründen, so stellt sich dieses für ihn als völlig wertlos dar, selbst wenn der Sachverständige später im Rahmen der Nachbesserung einen zutreffenden Restwert ermitteln sollte. An einer solchen Nachbesserung besteht für den Kläger demnach kein Interesse."
vgl. OLG Hamm, Urteil vom 26.04.2023 - 11 U 66/22
vorgerichtliche Rechtsanwaltsgebühren aus der berechtigten Schadenhöhe
"5. Zu den ersatzpflichtigen Aufwendungen des Geschädigten zählen grundsätzlich auch die erforderlichen Rechtsverfolgungskosten (st. Rspr. BGH NJW 2005, 1112 m.w.N.). Diese errechnen sich nach dem berechtigten vorgerichtlichen Gegenstandswert (BGH, Urt. v. 2.11.2021 – VI ZR 731/20; BGH, Urt. v. 11.7........" [vollständiges Zitat anzeigen]
"5. Zu den ersatzpflichtigen Aufwendungen des Geschädigten zählen grundsätzlich auch die erforderlichen Rechtsverfolgungskosten (st. Rspr. BGH NJW 2005, 1112 m.w.N.). Diese errechnen sich nach dem berechtigten vorgerichtlichen Gegenstandswert (BGH, Urt. v. 2.11.2021 – VI ZR 731/20; BGH, Urt. v. 11.7.2017 – VI ZR 90/17, r+s 2017, 494) von hier 1.725,89 €, bei einer 1,3 Gebühr zzgl. Auslagenpauschale und Steuer auf insgesamt 280,60 €."
vgl. LG Nürnberg-Fürth, Endurteil v. 15.02.2024 – 2 O 4326/22
Zahlungsverlangen der RA-Gebühren möglich
"Auf die Frage, ob diese Gebühren tatsächlich gezahlt worden sind, kommt es nicht an. Der bei nicht feststellbarer Erfüllung der Forderung auf Freistellung gerichtete Anspruch ist wegen der Anspruchszurückweisung durch die Beklagte nach dem Rechtsgedanken des § 250 S. 2 BGB nunmehr auf Zahlung gerich......." [vollständiges Zitat anzeigen]
"Auf die Frage, ob diese Gebühren tatsächlich gezahlt worden sind, kommt es nicht an. Der bei nicht feststellbarer Erfüllung der Forderung auf Freistellung gerichtete Anspruch ist wegen der Anspruchszurückweisung durch die Beklagte nach dem Rechtsgedanken des § 250 S. 2 BGB nunmehr auf Zahlung gerichtet (OLG Hamm, Urt. v. 09.03.2018 - 9 U 19/17, Juris Tz. 39)."
vgl. OLG Hamm, Urteil vom 06.04.2022 - 11 U 143/21