"Zwar kann bei einem Unfall im Zusammenhang mit dem Rückwärtseinfahren aus einem Grundstück auf eine Straße grundsätzlich der erste Anschein dafür sprechen, dass der rückwärts Einfahrende seinen Sorgfaltspflichten nicht nachkam und den Unfall dadurch (mit)verursachte. Jedoch liegt hier die für di......." [vollständiges Zitat anzeigen]
"Zwar kann bei einem Unfall im Zusammenhang mit dem Rückwärtseinfahren aus einem Grundstück auf eine Straße grundsätzlich der erste Anschein dafür sprechen, dass der rückwärts Einfahrende seinen Sorgfaltspflichten nicht nachkam und den Unfall dadurch (mit)verursachte. Jedoch liegt hier die für die Anwendung des Anscheinsbeweises erforderliche Typizität schon deshalb nicht vor, weil die Beklagte zu 1 die Einbahnstraße in unzulässiger Weise rückwärts befuhr. Es existiert kein Erfahrungssatz, wonach sich der Schluss aufdrängt, dass unter diesen Umständen den rückwärts aus der Grundstückszufahrt auf die Einbahnstraße einfahrenden Kläger ein Verschulden trifft (vgl. OLG Köln, VersR 1992, 332, 333; Freymann in Geigel, Haftpflichtprozess 28. Aufl., Kap. 27 Rn. 319; siehe weiter OLG Düsseldorf, Urteil vom 15. Mai 2012 - 1 U 127/11, juris Rn. 37 f.; König in Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht 47. Aufl., § 10 StVO Rn. 11 f.; Scholten, ZfSch 2022, 252)."
vgl. BGH, Urteil vom 10.10.2023 - VI ZR 287/22
Rückwärtsfahren in Einbahnstraße
"Denn entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts verstieß die Beklagte zu 1 gegen das durch das Vorschriftszeichen 220 in Verbindung mit § 41 Abs. 1 StVO angeordnete Gebot. Das Vorschriftszeichen 220 gebietet, dass die Einbahnstraße nur in vorgeschriebener Fahrtrichtung befahren werden darf. In der ......." [vollständiges Zitat anzeigen]
"Denn entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts verstieß die Beklagte zu 1 gegen das durch das Vorschriftszeichen 220 in Verbindung mit § 41 Abs. 1 StVO angeordnete Gebot. Das Vorschriftszeichen 220 gebietet, dass die Einbahnstraße nur in vorgeschriebener Fahrtrichtung befahren werden darf. In der Gegenrichtung steht sie dem Fahrzeugverkehr auf der Fahrbahn grundsätzlich nicht zur Verfügung (vgl. Senatsurteil vom 6. Oktober 1981 - VI ZR 296/79, NJW 1982, 334, juris Rn. 10). Auf die Stellung des Fahrzeugs im Verhältnis zur vorgeschriebenen Fahrtrichtung kommt es nicht an. Verboten ist auch das Rückwärtsfahren entgegen der vorgeschriebenen Fahrtrichtung (vgl. OLG Düsseldorf, NJW-RR 2018, 657, 658, juris Rn. 22; OLG Karlsruhe, DAR 1978, 171). Lediglich (unmittelbares) Rückwärtseinparken ("Rangieren") ist - ebenso wie Rückwärtseinfahren aus einem Grundstück auf die Straße - kein unzulässiges Rückwärtsfahren auf Richtungsfahrbahnen gegen die Fahrtrichtung (vgl. OLG Düsseldorf, NJW-RR 2018, 657, 658, juris Rn. 20; VGH Baden-Württemberg, Justiz 2017, 355, juris Rn. 5; Ternig, VD 2018, 208). Demgegenüber ist Rückwärtsfahren auch dann unzulässig, wenn es dazu dient, erst zu einer (freien oder freiwerdenden) Parklücke zu gelangen (vgl. OLG Düsseldorf, NJW-RR 2018, 657, 658, juris Rn. 22; OLG Karlsruhe, DAR 1978, 171; König in Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht 47. Aufl., § 9 StVO Rn. 51, § 41 StVO Rn. 248b; a.A. Burmann in Burmann/Heß/Hühnermann/Jahnke, Straßenverkehrsrecht 27. Aufl., § 9 StVO Rn. 67; Freymann in Geigel, Haftpflichtprozess 28. Aufl., Kap. 27 Rn. 306). Entsprechendes gilt, wenn das Rückwärtsfahren dazu dient, einem Fahrzeug die Ausfahrt aus einer Parklücke zu ermöglichen, um anschließend selbst in diese einfahren zu können. Nach den getroffenen Feststellungen fuhr die Beklagte zu 1 einige Meter rückwärts, um einem ausparkenden Fahrzeug Platz zu machen."
vgl. BGH, Urteil vom 10.10.2023 - VI ZR 287/22
Vorschriftszeichen 220
"Denn entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts verstieß die Beklagte zu 1 gegen das durch das Vorschriftszeichen 220 in Verbindung mit § 41 Abs. 1 StVO angeordnete Gebot. Das Vorschriftszeichen 220 gebietet, dass die Einbahnstraße nur in vorgeschriebener Fahrtrichtung befahren werden darf. In der ......." [vollständiges Zitat anzeigen]
"Denn entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts verstieß die Beklagte zu 1 gegen das durch das Vorschriftszeichen 220 in Verbindung mit § 41 Abs. 1 StVO angeordnete Gebot. Das Vorschriftszeichen 220 gebietet, dass die Einbahnstraße nur in vorgeschriebener Fahrtrichtung befahren werden darf. In der Gegenrichtung steht sie dem Fahrzeugverkehr auf der Fahrbahn grundsätzlich nicht zur Verfügung (vgl. Senatsurteil vom 6. Oktober 1981 - VI ZR 296/79, NJW 1982, 334, juris Rn. 10). Auf die Stellung des Fahrzeugs im Verhältnis zur vorgeschriebenen Fahrtrichtung kommt es nicht an. Verboten ist auch das Rückwärtsfahren entgegen der vorgeschriebenen Fahrtrichtung (vgl. OLG Düsseldorf, NJW-RR 2018, 657, 658, juris Rn. 22; OLG Karlsruhe, DAR 1978, 171). Lediglich (unmittelbares) Rückwärtseinparken ("Rangieren") ist - ebenso wie Rückwärtseinfahren aus einem Grundstück auf die Straße - kein unzulässiges Rückwärtsfahren auf Richtungsfahrbahnen gegen die Fahrtrichtung (vgl. OLG Düsseldorf, NJW-RR 2018, 657, 658, juris Rn. 20; VGH Baden-Württemberg, Justiz 2017, 355, juris Rn. 5; Ternig, VD 2018, 208). Demgegenüber ist Rückwärtsfahren auch dann unzulässig, wenn es dazu dient, erst zu einer (freien oder freiwerdenden) Parklücke zu gelangen (vgl. OLG Düsseldorf, NJW-RR 2018, 657, 658, juris Rn. 22; OLG Karlsruhe, DAR 1978, 171; König in Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht 47. Aufl., § 9 StVO Rn. 51, § 41 StVO Rn. 248b; a.A. Burmann in Burmann/Heß/Hühnermann/Jahnke, Straßenverkehrsrecht 27. Aufl., § 9 StVO Rn. 67; Freymann in Geigel, Haftpflichtprozess 28. Aufl., Kap. 27 Rn. 306). Entsprechendes gilt, wenn das Rückwärtsfahren dazu dient, einem Fahrzeug die Ausfahrt aus einer Parklücke zu ermöglichen, um anschließend selbst in diese einfahren zu können. Nach den getroffenen Feststellungen fuhr die Beklagte zu 1 einige Meter rückwärts, um einem ausparkenden Fahrzeug Platz zu machen."