Allgemeine Straßenkontrollen sind keine Baustellenkontrollen
"cc) Die Beklagte kann sich nicht damit entlasten, dass sie die allgemeinen, turnusmäßig durchzuführenden Straßenkontrollen hat durchführen lassen. Diese beziehen sich zum einen lediglich auf den Zustand der Straßen und erstrecken sich nicht auf die Frage, ob beauftragte Firmen ihrer Pflicht zur Abs......." [vollständiges Zitat anzeigen]
"cc) Die Beklagte kann sich nicht damit entlasten, dass sie die allgemeinen, turnusmäßig durchzuführenden Straßenkontrollen hat durchführen lassen. Diese beziehen sich zum einen lediglich auf den Zustand der Straßen und erstrecken sich nicht auf die Frage, ob beauftragte Firmen ihrer Pflicht zur Absicherung von Baustellen nachgekommen sind. Zum anderen sind diese Kontrollen bereits in zeitlicher Hinsicht nicht auf Baustellen ausgelegt. So ist die letzte turnusgemäße Straßenkontrolle der A-Straße im vorliegenden Fall zeitlich vor dem Straßenaufbruch am 05.10.2020 erfolgt und hat die nächste Kontrolle erst wieder nach dem streitgegenständlichen Unfallgeschehen stattgefunden."
vgl. OLG Hamm, Urteil vom 06.04.2022 - 11 U 143/21
Amtshaftung aus § 839 BGB besteht neben dem Anspruch aus StVG
"Der parallel bestehende Anspruch der Klagepartei aus § 839 BGB i. V. m. Art. 34 GG erfährt ebenfalls keine Kürzung über die gegenüber § 254 BGB bestehende Spezialregelung des § 17 StVG; auf die obigen Ausführungen wird Bezug genommen. Spezialregelung des § 17 StVG; auf die obigen Ausführungen wird Bezug genommen." [vollständiges Zitat anzeigen]
"Der parallel bestehende Anspruch der Klagepartei aus § 839 BGB i. V. m. Art. 34 GG erfährt ebenfalls keine Kürzung über die gegenüber § 254 BGB bestehende Spezialregelung des § 17 StVG; auf die obigen Ausführungen wird Bezug genommen."
vgl. LG München I, Urteil vom 26.05.2009 - 17 O 1695/09
bei Verkehrssicherungspflicht bleibt hoheitliche Hand haftbar
"4. Die Haftung der Beklagten ist nicht gem. § 839 Abs. 1 S. 2 BGB ausgeschlossen. Eine Verweisung an das ausführende Bauunternehmen, welches seinerseits nach § 823 Abs. 1 BGB haften könnte, erfolgt nicht. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs gilt das Verweisungsprivileg des § 839 Ab......." [vollständiges Zitat anzeigen]
"4. Die Haftung der Beklagten ist nicht gem. § 839 Abs. 1 S. 2 BGB ausgeschlossen. Eine Verweisung an das ausführende Bauunternehmen, welches seinerseits nach § 823 Abs. 1 BGB haften könnte, erfolgt nicht. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs gilt das Verweisungsprivileg des § 839 Abs. 1 S. 2 BGB im Bereich der Verletzung der allgemeinen Verkehrssicherungspflicht nicht (vgl. BGH, Urt. v. 12.07.1979 - III ZR 102/78, Juris Tz. 25 ff.; Dörr, in: Beck-Online Grosskommentar, Stand: 01.02.2022, § 839 BGB, Rn. 619 m.w.N.; OLG Karlsruhe, Urt. v. 26.01.2005 - 7 U 161/03, Juris Tz. 10 ff.)."
vgl. OLG Hamm, Urteil vom 06.04.2022 - 11 U 143/21
Gemeinde muss Baustellen "häufiger als nie" kontrollieren
"Jedenfalls verletzt eine Gemeinde die ihr obliegende Pflicht, eine Baustellenabsicherung zu kontrollieren, wenn sie über einen Zeitraum von annähernd drei Wochen nach Einrichtung der Baustelle keinerlei Kontrollen vorgesehen und durchgeführt hat. So im vorliegenden Fall: Nach dem Straßenaufbruch am 0......." [vollständiges Zitat anzeigen]
"Jedenfalls verletzt eine Gemeinde die ihr obliegende Pflicht, eine Baustellenabsicherung zu kontrollieren, wenn sie über einen Zeitraum von annähernd drei Wochen nach Einrichtung der Baustelle keinerlei Kontrollen vorgesehen und durchgeführt hat. So im vorliegenden Fall: Nach dem Straßenaufbruch am 05.10.2020 und vor dem Unfallgeschehen am 00.00.2020 haben keine Kontrollen der Beklagten stattgefunden und waren in Bezug auf die Absicherung der Baustelle auch nicht vorgesehen.
"
vgl. OLG Hamm, Urteil vom 06.04.2022 - 11 U 143/21
Haftungsverteilung Loch in Fahrbahn: Betriebsgefahr des Kfz 25%
"6. Der Kläger muss sich indes anspruchskürzend gem. § 254 BGB i.V.m. § 7 Abs. 1 StVG die Betriebsgefahr seines Audi in Höhe von 25 % anrechnen lassen.
a) Der Unfall war für den Kläger nicht unvermeidbar. Das Loch war auch in der Dunkelheit für einen umsichtigen Fahrer aufgrund der Sche......." [vollständiges Zitat anzeigen]
"6. Der Kläger muss sich indes anspruchskürzend gem. § 254 BGB i.V.m. § 7 Abs. 1 StVG die Betriebsgefahr seines Audi in Höhe von 25 % anrechnen lassen.
a) Der Unfall war für den Kläger nicht unvermeidbar. Das Loch war auch in der Dunkelheit für einen umsichtigen Fahrer aufgrund der Scheinwerfer des Fahrzeugs erkennbar. Ein sog. Idealfahrer, der in der vorliegenden Verkehrssituation aufgrund einer über den gewöhnlichen Fahrerdurchschnitt hinausgehenden Aufmerksamkeit alle möglichen und naheliegenden Gefahrenmomente berücksichtigt (vgl. Walter, in: Beck-Online Grosskommentar, Stand: 01.09.2019, § 17 StVG, Rn. 15), hätte die Geschwindigkeit nach Erkennen entsprechend reduziert und versucht, dass bis in die Fahrbahnmitte hereinragende Loch zu umfahren. Dadurch hätte der Unfall vermieden werden können.
b) Die nach § 254 BGB vorzunehmende Abwägung, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder dem anderen Teil verursacht worden ist, ergibt, dass sich der Kläger die Betriebsgefahr des eigenen Fahrzeugs in Höhe von 25 % anrechnen lassen muss.
Die Betriebsgefahr tritt nicht hinter dem Verschulden der Beklagten zurück. Das Zurücktreten der Betriebsgefahr wird nur dann angenommen, wenn diese nicht erheblich ins Gewicht fällt und ein grobes Verschulden auf der anderen Seite vorliegt (vgl. Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 42. Aufl., StVG, § 17, Rn. 16). Ein derartiger grober Verschuldensvorwurf zulasten der Beklagten kann allein in der unterlassenen Kontrolle der erforderlichen Sicherungs- und Warnmaßnahmen nicht gesehen werden."
vgl. OLG Hamm, Urteil vom 06.04.2022 - 11 U 143/21
Kontrollfpflicht der öfftl. Hand bleibt bestehen
"Die Beklagte kann sich auch nicht damit entlasten, dass sie mit der BNETZ eine sach- und fachkundige Firma eingeschaltet habe, die in der Vergangenheit stets zuverlässig gearbeitet habe. Wie bereits dargestellt, verbleibt bei der Beklagten eine Kontroll- und Überwachungspflicht in Bezug auf die Absiche......." [vollständiges Zitat anzeigen]
"Die Beklagte kann sich auch nicht damit entlasten, dass sie mit der BNETZ eine sach- und fachkundige Firma eingeschaltet habe, die in der Vergangenheit stets zuverlässig gearbeitet habe. Wie bereits dargestellt, verbleibt bei der Beklagten eine Kontroll- und Überwachungspflicht in Bezug auf die Absicherung der Baustelle durch die vom privaten Unternehmen getroffenen Maßnahmen. Wenn die Beklagte insoweit hätte erkennen können und müssen, dass das Unternehmen der Gefahrenlage nicht ausreichend Rechnung trägt, bleibt sie zu einem Eingreifen unabhängig von der Fachkunde des Unternehmens verpflichtet."
vgl. OLG Hamm, Urteil vom 06.04.2022 - 11 U 143/21
länger geplante Baustellen müssen zumindest anfangs kontrolliert werden
"Bei der in Frage stehenden Kontrolle von Baustellen ist im vorliegenden Fall insbesondere zu berücksichtigen, dass es sich um eine Baustelle handelte, die bereits am 05.10.2020 mit dem Aufbruch der Fahrbahn begonnen hatte und erst am 25.11.2020 beendet sein sollte. Hier war zu erwarten, dass die Beklagt......." [vollständiges Zitat anzeigen]
"Bei der in Frage stehenden Kontrolle von Baustellen ist im vorliegenden Fall insbesondere zu berücksichtigen, dass es sich um eine Baustelle handelte, die bereits am 05.10.2020 mit dem Aufbruch der Fahrbahn begonnen hatte und erst am 25.11.2020 beendet sein sollte. Hier war zu erwarten, dass die Beklagte die Absicherung einer sich auf die Fahrbahn erstreckenden Baustelle, die über einen derart langen Zeitraum betrieben werden sollte, in der Anfangszeit zumindest mit geeigneten Stichproben kontrolliert."
vgl. OLG Hamm, Urteil vom 06.04.2022 - 11 U 143/21
§ 839 BGB kommt bei Müllwagen in Betracht
"Die Haftung der Beklagten aus § 839 BGB, Art. 34 GG ist begründet, weil der Zeuge U. fahrlässig die ihm gegenüber dem Kläger obliegende Amtspflicht, die ihn als Beamter im haftungsrechtlichen Sinne traf, dadurch verletzt hat, dass er dessen Pkw beschädigt hat, indem er gegen den Pkw gelaufen ist.
......." [vollständiges Zitat anzeigen]
"Die Haftung der Beklagten aus § 839 BGB, Art. 34 GG ist begründet, weil der Zeuge U. fahrlässig die ihm gegenüber dem Kläger obliegende Amtspflicht, die ihn als Beamter im haftungsrechtlichen Sinne traf, dadurch verletzt hat, dass er dessen Pkw beschädigt hat, indem er gegen den Pkw gelaufen ist.
Unstreitig hat die Beklagte ihre Müllabfuhr nicht in privatrechtlicher Form organisiert, sondern öffentlichrechtlich. Diese ist danach dem hoheitlichen Bereich zuzuordnen. Die Beklagte ist die Anstellungskörperschaft des Zeugen U., den sie im Rahmen der Müllabfuhr eingesetzt hat. Dieser war danach im haftungsrechtlichen Sinne "Beamter". Ihm oblag im Rahmen seiner Tätigkeit bei der Müllabfuhr auch die Amtspflicht, Fahrzeuge anderer Verkehrsteilnehmer, wie das des Klägers, nicht zu beschädigen."
vgl. LG Münster, Urteil vom 26.04.2002 - 16 O 83/02