Abbiegevorgang muss jederzeit abgebrochen werden können
"Vor diesem Hintergrund hat der Zeuge die mehraktige Pflicht, den Abbiegevorgang "tastend" - mit jederzeitiger Fähigkeit und Bereitschaft, den Vorgang abzubrechen - und mit Beobachtung des rückwärtigen Verkehrs, sobald dies wegen der Schrägstellung des Treckers möglich war, durchzuführen, verletzt........" [vollständiges Zitat anzeigen]
"Vor diesem Hintergrund hat der Zeuge die mehraktige Pflicht, den Abbiegevorgang "tastend" - mit jederzeitiger Fähigkeit und Bereitschaft, den Vorgang abzubrechen - und mit Beobachtung des rückwärtigen Verkehrs, sobald dies wegen der Schrägstellung des Treckers möglich war, durchzuführen, verletzt."
"Hinzukommt, dass in der Regel die Betriebsgefahr desjenigen, der - wie hier die Beklagte zu 1) - unter Außerachtlassung der Sorgfalt des § 9 Abs. 5 StVO in ein Grundstück abbiegen will, in der Regel doppelt so hoch zu bewerten ist wie die Betriebsgefahr desjenigen, der den Abbieger in unzulässiger We......." [vollständiges Zitat anzeigen]
"Hinzukommt, dass in der Regel die Betriebsgefahr desjenigen, der - wie hier die Beklagte zu 1) - unter Außerachtlassung der Sorgfalt des § 9 Abs. 5 StVO in ein Grundstück abbiegen will, in der Regel doppelt so hoch zu bewerten ist wie die Betriebsgefahr desjenigen, der den Abbieger in unzulässiger Weise überholt (Senat, Urteil vom 06.05.2014, I-1 U 32/13, juris, Rn. 10)."
vgl. OLG Düsseldorf, Urteil vom 24.09.2019 - 1 U 82/18
das Einbiegen in den fließenden Verkehr
"Bei der Einfahrt vom Parkplatz auf die Straße hatte der Beklagte zu 1) die Gefährdung des Klägers als Teilnehmer des fließenden Verkehrs gem. § 10 StVO auszuschließen, wobei das Ausfahren erst endet, wenn sich der Einbiegende in zügiger Fahrt in den fließenden Verkehr eingeordnet hat (OLG Düssel......." [vollständiges Zitat anzeigen]
"Bei der Einfahrt vom Parkplatz auf die Straße hatte der Beklagte zu 1) die Gefährdung des Klägers als Teilnehmer des fließenden Verkehrs gem. § 10 StVO auszuschließen, wobei das Ausfahren erst endet, wenn sich der Einbiegende in zügiger Fahrt in den fließenden Verkehr eingeordnet hat (OLG Düsseldorf VersR 1981, 754 = VRS 60 [1981] 420 m.w.N.; OLG Köln VRS 109 [2006] 99 = OLGR 2006, 7 = DAR 2006, 27 = VerkMitt 2006, 18 Nr. 19; OLG Celle NZV 2006, 309; KG VRS 112 [2007] 332 [335] = NZV 2007, 359; Burmann: in Burmann/Heß/Jahnke/Janker, StVR, 22. A. 2012, § 10 StVO Rn.8)."
vgl. OLG Hamm, Urteil vom 04.02.2014 - 9 U 149/13
Definition: Abbiegen
"(2) Der Beklagten ist indes kein Verstoß gegen § 9 Abs. 1 StVO anzulasten, wonach beim Abbiegen eine Gefährdung des nachfolgenden Verkehrs auszuschließen ist. Der Begriff erfasst jede Fahrtrichtungsänderung im Längsverkehr, bei der der Fahrzeugführer seine Fahrbahn nach der Seite verlässt oder au......." [vollständiges Zitat anzeigen]
"(2) Der Beklagten ist indes kein Verstoß gegen § 9 Abs. 1 StVO anzulasten, wonach beim Abbiegen eine Gefährdung des nachfolgenden Verkehrs auszuschließen ist. Der Begriff erfasst jede Fahrtrichtungsänderung im Längsverkehr, bei der der Fahrzeugführer seine Fahrbahn nach der Seite verlässt oder auf ihr in einem Bogen die Gegenrichtung oder den gegenüberliegenden Straßenrand zu erreichen versucht (Scholten in: Freymann/Wellner, jurisPK-Straßenverkehrsrecht, 1. Aufl., § 9 StVO (Stand: 07.08.2018), Rn. 8). "
vgl. OLG Celle, Urteil vom 10.11.2021 - 14 U 96/21
Einordnen dient auch der Verdeutlichung der eigenen Absicht
"Die Pflicht zur Einordnung dient auch der Verdeutlichung der Abbiegeabsicht (Scholten in: Freymann/Wellner, jurisPK-Straßenverkehrsrecht, 1. Aufl. 2016, § 9 StVO, Rn. 28) und hätte im konkreten Fall dem Kläger auch anzeigen können, dass die Beklagte zu 1) beabsichtigte, über die Sperrfläche abzubi......." [vollständiges Zitat anzeigen]
"Die Pflicht zur Einordnung dient auch der Verdeutlichung der Abbiegeabsicht (Scholten in: Freymann/Wellner, jurisPK-Straßenverkehrsrecht, 1. Aufl. 2016, § 9 StVO, Rn. 28) und hätte im konkreten Fall dem Kläger auch anzeigen können, dass die Beklagte zu 1) beabsichtigte, über die Sperrfläche abzubiegen."
vgl. OLG Düsseldorf, Urteil vom 24.09.2019 - 1 U 82/18
keine Vorfahrtsverletzung, wenn nur leichtes Bremsen notwendig
"Da somit eine leichte, wenn auch durchgängige Angleichungsbremsung als Reaktion auf das Einfahren des Beklagten zu 2) auf die Vorfahrtstraße reichte, fällt dem Beklagten zu 2) zwar keine Vorfahrtsverletzung im Sinne des § 8 Abs. 2 Satz 2 StVO zur Last, weil sich die hierfür erforderliche wesentliche......." [vollständiges Zitat anzeigen]
"Da somit eine leichte, wenn auch durchgängige Angleichungsbremsung als Reaktion auf das Einfahren des Beklagten zu 2) auf die Vorfahrtstraße reichte, fällt dem Beklagten zu 2) zwar keine Vorfahrtsverletzung im Sinne des § 8 Abs. 2 Satz 2 StVO zur Last, weil sich die hierfür erforderliche wesentliche Beeinträchtigung der vorfahrtsberechtigen Zeugin nicht feststellen lässt."
vgl. OLG Hamm, Urteil vom 22.08.2023 - 7 U 112/22
Pflichtenkatalog beim Linksabbiegen
"Das Linksabbiegen in die Grundstückseinfahrt erforderte gemäß § 9 Abs. 1 Satz 1 und Satz 4 StVO dies rechtzeitig und deutlich per Blinker anzuzeigen, doppelte Rückschau zu halten und zusätzlich gemäß § 9 Abs. 5 StVO die Gefährdung des nachfolgenden Verkehrs auszuschließen........" [vollständiges Zitat anzeigen]
"Das Linksabbiegen in die Grundstückseinfahrt erforderte gemäß § 9 Abs. 1 Satz 1 und Satz 4 StVO dies rechtzeitig und deutlich per Blinker anzuzeigen, doppelte Rückschau zu halten und zusätzlich gemäß § 9 Abs. 5 StVO die Gefährdung des nachfolgenden Verkehrs auszuschließen."
vgl. OLG Hamm, Urteil vom 22.08.2023 - 7 U 112/22
Rechtzeitigkeit des Blinkens
"Zweck des Blinkens ist, dass der nachfolgende Verkehr gewarnt wird, er soll rechtzeitig reagieren können. Danach muss ein rechtzeitiges Blinken so früh erfolgen, dass sich die anderen Verkehrsteilnehmer auf den Abbiegevorgang gefahrlos einstellen können. Maßgeblich ist weniger die Entfernung, als vie......." [vollständiges Zitat anzeigen]
"Zweck des Blinkens ist, dass der nachfolgende Verkehr gewarnt wird, er soll rechtzeitig reagieren können. Danach muss ein rechtzeitiges Blinken so früh erfolgen, dass sich die anderen Verkehrsteilnehmer auf den Abbiegevorgang gefahrlos einstellen können. Maßgeblich ist weniger die Entfernung, als vielmehr die Zeit zwischen Anzeigebeginn und Abbiegen unter Berücksichtigung der Fahrgeschwindigkeit (KG Berlin, Beschluss vom 13.08.2009, 12 U 223/08, juris, Rn. 16; Scholten in: Freymann/Wellner, jurisPK-Straßenverkehrsrecht, 1. Aufl. 2016, § 9 StVO, Rn. 13 f.)."
vgl. OLG Düsseldorf, Urteil vom 24.09.2019 - 1 U 82/18
Rückschaupflicht bei Abbiegen in Wirtschaftsweg
"Der Zeuge war indes über § 9 Abs. 1 Satz 4 StVO hinaus verpflichtet, den rückwärtigen Verkehr auch während des Abbiegevorgangs zu beobachten und jederzeit in der Lage zu sein, den Abbiegevorgang zum Schutz des rückwärtigen Verkehrs abzubrechen.
Diese Pflicht folgt indes nicht schon aus § 9 Abs......." [vollständiges Zitat anzeigen]
"Der Zeuge war indes über § 9 Abs. 1 Satz 4 StVO hinaus verpflichtet, den rückwärtigen Verkehr auch während des Abbiegevorgangs zu beobachten und jederzeit in der Lage zu sein, den Abbiegevorgang zum Schutz des rückwärtigen Verkehrs abzubrechen.
Diese Pflicht folgt indes nicht schon aus § 9 Abs. 5 StVO (analog), da es sich bei dem Weg, in den der Zeuge A abbiegen wollte, um einen Wirtschaftsweg handelt, auf den § 9 Abs. 5 StVO weder direkt noch analog anwendbar ist. Schon bei einem Wald- oder Feldweg handelt es sich zwar nicht um ein "Grundstück" im Sinne des § 9 Abs. 5 StVO, es gelten hier jedoch, abhängig von den jeweiligen Umständen des Einzelfalls, ähnlich verschärfte Pflichten. Im Grundsatz gilt, dass, je weniger erkennbar das Abbiegeziel im Fahrverkehr ist, um so sorgfältiger der Abbiegende sich verhalten muss (OLG Sachsen-Anhalt Urt. v. 12.12.2008 - 6 U 106/08, juris Rn. 19; OLG Stuttgart Beschl. v. 08.04.2011 - 13 U 2/11, juris Rn. 16; Hentschel/König/Dauer/König, 47. Aufl., StVO § 9 Rn. 45). Bei einem - wie hier - deutlich markierten Wirtschaftsweg, der nicht nur ein einzelnes Grundstück anbindet, scheidet eine Analogie jedenfalls mangels Vergleichbarkeit aus.
Im vorliegenden Fall leitet sich eine Pflicht zu einem die Gefährdung anderer ausschließenden Abbiegevorgang, der auch die Rückschau während dessen Durchführung einschließt, daraus ab, dass der Zeuge A seiner Rückschaupflicht vor dem Abbiegevorgang effektiv nicht nachkommen konnte (§ 1 Abs. 2 StVO).
Denn liegen besondere Umstände vor, besteht die Rückschaupflicht auch nach den in § 9 Abs. 1 Satz 4 StVO genannten Zeitpunkten, also während des Abbiegevorganges. Solche besonderen Umstände, die für eine weitergehende Rückschaupflicht auch während des Abbiegevorgangs sprechen, können etwa sein, dass der Abbiegende mit einem sehr langsamen Fahrzeug auf einer für schnellen Verkehr bis zu 100 km/h ausgelegten Straße unterwegs ist oder dass er in einen völlig untergeordneten, schwer erkennbaren Feldweg abbiegen will. Denn aus den dabei entstehenden hohen Geschwindigkeitsdifferenzen folgen besondere Gefahren, die insbesondere der langsam Fahrende zu bedenken und zu beherrschen hat. Aus der Sicht eines Überholenden ist nämlich bei einem langsam fahrenden Fahrzeug, besonders einem Trecker, auf freier Strecke nicht ohne weiteres aus der geringen Geschwindigkeit auf ein bevorstehendes Abbiegen zu schließen; zudem ist bei Treckern oft wegen der Breite eine Einordnung zur Mitte kaum zu erkennen. Treckerfahrer und anderen langsam Fahrende haben daher jedes nachfolgende Fahrzeug als potentiellen Überholer anzusehen und daher den nachfolgenden Verkehr ständig im Auge zu behalten (vgl. OLG Hamm Urt. v. 9.10.1992 - 9 U 14/92, NZV 1993, 396)."
vgl. OLG Hamm, Urteil vom 02.07.2024 - 7 U 74/23
Schutzzweck der Überholverbote
"Letztlich kann dies aber auch dahinstehen, da die gesetzlich normierten Überholverbote nur den nachfolgenden und den Gegenverkehr (vgl. OLG Hamm, vom 23.04.13 - 9 U 12/13; Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 42. A. § 5 StVO Rn. 33, vgl. auch KG NZV 1998, 376 f.) schützen, nicht jedoch den E......." [vollständiges Zitat anzeigen]
"Letztlich kann dies aber auch dahinstehen, da die gesetzlich normierten Überholverbote nur den nachfolgenden und den Gegenverkehr (vgl. OLG Hamm, vom 23.04.13 - 9 U 12/13; Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 42. A. § 5 StVO Rn. 33, vgl. auch KG NZV 1998, 376 f.) schützen, nicht jedoch den Einfahrenden, der vielmehr gem. § 10 StVO gehalten ist, die Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer und mithin auch der überholenden Verkehrsteilnehmer auszuschließen. Für ein faktisches Überholverbot kann nichts anderes gelten."
vgl. OLG Hamm, Urteil vom 04.02.2014 - 9 U 149/13
Verstoß gegen § 11 Abs. 1 StVO liegt noch nicht zwingend vor, nur weil man auf Kreuzung halten muss
"Ein Verstoß gegen § 11 Abs. 1 StVO ist nur dann zu bejahen, wenn der Kraftfahrer bei Grünlicht in die Kreuzung einfährt, obwohl er erkennt, dass er diese nicht rechtszeitig wieder verlassen kann (vgl. König in Hentschel/König Dauer, Straßenverkehrsrecht, 43. Auflage, § 11 StVO 8). Zwar war die Kr......." [vollständiges Zitat anzeigen]
"Ein Verstoß gegen § 11 Abs. 1 StVO ist nur dann zu bejahen, wenn der Kraftfahrer bei Grünlicht in die Kreuzung einfährt, obwohl er erkennt, dass er diese nicht rechtszeitig wieder verlassen kann (vgl. König in Hentschel/König Dauer, Straßenverkehrsrecht, 43. Auflage, § 11 StVO 8). Zwar war die Kreuzung bei Einfahrt der Beklagten zu 2) durch die Linksabbieger aus der Gegenrichtung blockiert. Nach der durchgeführten Beweisaufnahme steht aber nicht mit der erforderlichen Sicherheit fest, dass für die Beklagte zu 2) bereits bei ihrer Einfahrt in die Kreuzung erkennbar war, dass sich dieser Rückstau nicht so rechtzeitig auflösen würde, dass sie die Kreuzung noch während ihrer Grünphase ungehindert würde passieren können."