"Die nach § 17 Abs. 1, Abs. 2 StVG vorzunehmende Abwägung führt zu einer Alleinhaftung des Beklagten zu 1). Bei Unfällen zwischen zwei Kraftfahrzeugen ist die Haftungsverteilung gemäß § 17 Abs. 1, 2 StVG durch Abwägen der wechselseitig verwirklichten Betriebsgefahren unter Berücksichtigung von au......." [vollständiges Zitat anzeigen]
"Die nach § 17 Abs. 1, Abs. 2 StVG vorzunehmende Abwägung führt zu einer Alleinhaftung des Beklagten zu 1). Bei Unfällen zwischen zwei Kraftfahrzeugen ist die Haftungsverteilung gemäß § 17 Abs. 1, 2 StVG durch Abwägen der wechselseitig verwirklichten Betriebsgefahren unter Berücksichtigung von auf Fahrfehlern beruhenden Mitverursachungsbeiträgen zu ermitteln. Im Verhältnis der Fahrzeughalter untereinander hängt die Verpflichtung zum Ersatz sowie der Umfang des zu leistenden Ersatzes von den Umständen, insbesondere davon ab, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder dem anderen Teil verursacht worden ist. Diese Abwägung ist allein aufgrund der unstreitigen, zugestandenen oder erwiesenen Tatsachen vorzunehmen (vgl. BGH, NVZ 2005, 407)."
vgl. LG Aachen, Urteil vom 23.02.2023 - 1 O 219/22
Abwägung: Alleinhaftung bei Vorfahrtsverstoß rechts-vor-links ohne Fremdverschulden
"Im Ergebnis ist daher festzuhalten, dass der Kläger gegen das Vorfahrtsrecht des Beklagten Ziffer 2 gemäß § 8 Abs. 1 Satz 1 StVO verstoßen hat, wohingegen dem Beklagten Ziffer 2 selbst kein Sorgfaltspflichtverstoß vorzuwerfen ist, er sich mithin im Rahmen des nach der Straßenverkehrsordnung erlaub......." [vollständiges Zitat anzeigen]
"Im Ergebnis ist daher festzuhalten, dass der Kläger gegen das Vorfahrtsrecht des Beklagten Ziffer 2 gemäß § 8 Abs. 1 Satz 1 StVO verstoßen hat, wohingegen dem Beklagten Ziffer 2 selbst kein Sorgfaltspflichtverstoß vorzuwerfen ist, er sich mithin im Rahmen des nach der Straßenverkehrsordnung erlaubten Tuns bewegt hat. Eine grundsätzlich mögliche Mithaftung des Beklagten Ziffer 2 aus einer gegebenenfalls wegen der (erlaubten) Mitbenutzung der linken Fahrbahn sogar erhöhten Betriebsgefahr (OLG Hamm, Urteil vom 16. August 2019 – 7 U 3/19; KG, Beschluss vom 23. Juli 2009 – 12 U 212/08) tritt gegenüber dem groben Verschulden des Klägers und der erhöhten Betriebsgefahr des von ihm in der Schräglage der Kurvenfahrt gesteuerten und in dieser Situation besonders instabilen Motorrads (OLG Stuttgart, Urteil vom 5. Dezember 2018 – 9 U 76/18) bei der nach § 17 Abs. 1 StVG gebotenen Abwägung jedoch gänzlich zurück (vgl. OLG Karlsruhe, Urteil vom 9. Februar 2001 – 10 U 119/00; OLG Oldenburg, Urteil vom 28. März 1973 – 2 U 162/72; LG Ellwangen, Urteil vom 18. Dezember 1986 – 3 O 500/86; LG Hamburg, Beschluss vom 22. Februar 2018 – 306 S 10/18 = NZV 2018, 333; zu einer Haftungsverteilung von 25 % zu 75 % zu Lasten des unter eines Vorfahrtsverstoßes nach rechts abbiegenden Fahrzeugführers (hier also des Klägers): OLG Oldenburg, Urteil vom 4. November 1981 – 3 U 72/81 = BeckRS 2009, 17687, wobei sich die Abweichung von der vollen Haftung des Abbiegenden aus dem Umstand ergab, dass der andere Verkehrsteilnehmer keinen Grund für den „Verstoß“ gegen das Rechtsfahrgebot hatte)."
vgl. LG Hechingen, Urteil vom 11.12.2020, Az. 1 O 207/19
Alleinhaftung der echten Nachzüglerin gegenüber Querverkehr nach längerer Grünphase
"cc) Nach alledem ist bei der Haftungsabwägung auf Seiten der Klägerin nur die Betriebsgefahr des klägerischen Fahrzeuges zu berücksichtigen. Dass den Zeugen Y ein Verschulden an dem Unfall trifft, ist - wie ausgeführt - nicht festzustellen. Demgegenüber ist der Beklagten zu 2) vorzuhalten, erheblic......." [vollständiges Zitat anzeigen]
"cc) Nach alledem ist bei der Haftungsabwägung auf Seiten der Klägerin nur die Betriebsgefahr des klägerischen Fahrzeuges zu berücksichtigen. Dass den Zeugen Y ein Verschulden an dem Unfall trifft, ist - wie ausgeführt - nicht festzustellen. Demgegenüber ist der Beklagten zu 2) vorzuhalten, erheblich gegen die allgemeine Sorgfaltspflicht aus § 1 Abs. 2 StVO verstoßen zu haben. Wegen ihres langen Aufenthalts im Kreuzungsbereich war die Beklagte zu 2) gehalten, eine Gefährdung des Querverkehrs auszuschließen. Sie durfte nicht (mehr) auf ihren Nachzüglerstatus vertrauen, sondern hatte nunmehr den Vorrang zu gewähren (vgl. auch KG, Beschluss vom 12.05.2011 - 22 U 40/11 -, BeckRS 2011, 25735). Dieses Verschulden der Beklagten zu 2) wiegt so schwer, dass dahinter die Betriebsgefahr des Klägerfahrzeuges vollständig zurücktritt."
vgl. OLG Hamm, Urteil vom 26.08.2016 - 7 U 22/16
Alleinhaftung eines Fahrzeuges, das trotz Martinshorn kein Vorrecht hat
"Bei einer höheren Geschwindigkeit wird jedoch in der Regel die überwiegende Mitverursachung oder Alleinhaftung auf Seiten des Sonderrechtsfahrzeugs angenommen (vgl. Burmann/Heß/Jahnke/Janker a. a. O., § 35 StVO Rdnr. 18 m. w. N.). Der Beklagte zu 2 war - wie erwähnt - unbedingt gehalten, nur mit äu......." [vollständiges Zitat anzeigen]
"Bei einer höheren Geschwindigkeit wird jedoch in der Regel die überwiegende Mitverursachung oder Alleinhaftung auf Seiten des Sonderrechtsfahrzeugs angenommen (vgl. Burmann/Heß/Jahnke/Janker a. a. O., § 35 StVO Rdnr. 18 m. w. N.). Der Beklagte zu 2 war - wie erwähnt - unbedingt gehalten, nur mit äußerster Vorsicht in den Kreuzungsbereich einzufahren (Schrittgeschwindigkeit), weil in beide Fahrtrichtungen - sowohl des Beklagten zu 2 als auch der Zeugin M. - nicht der jeweils heranfahrende Querverkehr wahrgenommen werden konnte (vgl. die Lichtbilder auf S. 3 des Sachverständigengutachtens W.). Die Zeugin M. konnte damit auch dann, wenn man unterstellt, dass sie das Martinshorn rechtzeitig gehört hat, nicht sehen, dass aus ihrer Richtung von links der Wagen der Unfallforschung herankam und trotz Rotlichts mit nahezu ungebremster Geschwindigkeit in die Kreuzung hineinfuhr. Andererseits hätte der Beklagte zu 2 in jedem Fall bedenken müssen, dass der Verkehr auf der bevorrechtigten G.-W.-Straße bei Grünlicht in die Kreuzung einfährt und deshalb bei Missachtung des Rotlichts eine ganz erhebliche Unfallgefahr bestand.
cc) Da auf Seiten des Klägers kein Verschuldensbeitrag nachgewiesen ist, bliebe allein die Anrechnung der Betriebsgefahr für den Pkw zu diskutieren. Gegenüber dem leichtfertigen Fahrverhalten des Beklagten zu 2, durch das der Verkehrsunfall allein verschuldet und maßgeblich verursacht wurde, ist die Betriebsgefahr jedoch ohne erhebliches Gewicht und kann deshalb zurücktreten. Somit bleibt es bei der Haftung der Beklagten. Entsprechend ist die Klage und damit auch die Berufung begründet."
vgl. OLG Celle, Urteil vom 03.08.2011 - 14 U 158/10
Allgemeines: Haftungsabwägung
"Die damit eröffnete Abwägung gem. § 17 Abs. 1 und 2 StVG ist aufgrund aller feststehenden, d.h. unstreitigen, zugestandenen oder bewiesenen Umstände vorzunehmen, die sich auf den Unfall ausgewirkt haben. In erster Linie ist hierbei das Maß der Verursachung von Belang, in dem die Beteiligten zur Scha......." [vollständiges Zitat anzeigen]
"Die damit eröffnete Abwägung gem. § 17 Abs. 1 und 2 StVG ist aufgrund aller feststehenden, d.h. unstreitigen, zugestandenen oder bewiesenen Umstände vorzunehmen, die sich auf den Unfall ausgewirkt haben. In erster Linie ist hierbei das Maß der Verursachung von Belang, in dem die Beteiligten zur Schadensentstehung beigetragen haben. Ein Faktor bei der Abwägung ist dabei das beiderseitige Verschulden (so der BGH in std. Rspr., vgl. z.B. BGH, Urteil vom 15.05.2018, VI ZR 231/17, r+s 2018, 447, Rn. 10 m.w.N.)."
vgl. OLG Hamm, Urteil vom 27.11.2020 - 7 U 24/19
Anscheinsbeweis bei Kettenunfall: möglich, aber nicht zwingend
"Bei einem Kettenauffahrunfall kommt ein Anscheinsbeweis im Verhältnis zwischen Auffahrendem und Vorausfahrendem für eine schuldhafte Verursachung des Heckaufpralls durch den letzten in der Kette auffahrenden Verkehrsteilnehmer nur dann in Betracht, wenn feststeht, dass das ihm vorausfahrende Fahrzeug r......." [vollständiges Zitat anzeigen]
"Bei einem Kettenauffahrunfall kommt ein Anscheinsbeweis im Verhältnis zwischen Auffahrendem und Vorausfahrendem für eine schuldhafte Verursachung des Heckaufpralls durch den letzten in der Kette auffahrenden Verkehrsteilnehmer nur dann in Betracht, wenn feststeht, dass das ihm vorausfahrende Fahrzeug rechtzeitig hinter seinem Vordermann zum Stehen gekommen ist und nicht durch einen Aufprall auf das vorausfahrende Fahrzeug den Bremsweg des ihm folgenden Fahrzeugs verkürzt hat (OLG Hamm, Urteil vom 06.02.2014, 6 U 101/13 - juris; König, in: König/Hentschel/Dauer, a.a.O., § 4 StVO Rn. 36)."
vgl. OLG Hamm, Urteil vom 27.11.2020 - 7 U 24/19
auch alkoholisierter Fahrer muss Pflichten beachten
"Bei der Gesamtwürdigung des Mitverschuldens des Klägers darf jedoch nicht übersehen werden, dass den Beklagten als Fahrer eine größere Verantwortung traf als den klagenden Beifahrer. Dabei ist zu berücksichtigen, dass einen Fahrzeugführer eine Fürsorgepflicht gegenüber einem alkoholisierten Insa......." [vollständiges Zitat anzeigen]
"Bei der Gesamtwürdigung des Mitverschuldens des Klägers darf jedoch nicht übersehen werden, dass den Beklagten als Fahrer eine größere Verantwortung traf als den klagenden Beifahrer. Dabei ist zu berücksichtigen, dass einen Fahrzeugführer eine Fürsorgepflicht gegenüber einem alkoholisierten Insassen trifft und er insbesondere für das ordnungsgemäße Anlegen des Sicherheitsgurts des Beifahrers Sorge zu tragen hat (vgl. dazu Hentschel, Straßenverkehrsrecht, 39. Aufl. § 21a StVO Rdnr 26 m.w.N.). Auch ein wegen Alkoholisierung absolut fahruntüchtiger Fahrer, der eine andere alkoholisierte Person in seinem Pkw mitnimmt, hat dafür zu sorgen, dass sich der Mitfahrer anschnallt. (vgl. OLG Hamm NZV 1996,33)."
vgl. OLG Karlsruhe, Urteil vom 30.01.2009 - 1 U 192/08
grundsätzlich haften Auffahrender und Überholer allein
"Ausgehend von der grundsätzlichen Alleinhaftung des Auffahrenden wie des Überholers kommt eine Mithaftung nämlich regelmäßig nur bei vorwerfbarem Fehlverhalten in Betracht (Grüneberg, Haftungsquoten bei Verkehrsunfällen, 17. Auflage 2022, Rn. 115 und N01, beckonline), welches hier - wie dargestell......." [vollständiges Zitat anzeigen]
"Ausgehend von der grundsätzlichen Alleinhaftung des Auffahrenden wie des Überholers kommt eine Mithaftung nämlich regelmäßig nur bei vorwerfbarem Fehlverhalten in Betracht (Grüneberg, Haftungsquoten bei Verkehrsunfällen, 17. Auflage 2022, Rn. 115 und N01, beckonline), welches hier - wie dargestellt - auf Seiten des Zeugen R1. nicht vorliegt."
vgl. LG Münster, Urteil vom 11.07.2024 - 8 O 7/22
Grundsatz: Anscheinsbeweis gegen Auffahrenden
"Grundsätzlich spricht bei einem Auffahrunfall der erste Anschein dafür, dass der Auffahrende den Unfall schuldhaft dadurch verursacht hat, dass er entweder den erforderlichen Sicherheitsabstand nicht eingehalten hat, unaufmerksam war oder aber mit einer den Straßen- und Sichtverhältnissen unangepasst......." [vollständiges Zitat anzeigen]
"Grundsätzlich spricht bei einem Auffahrunfall der erste Anschein dafür, dass der Auffahrende den Unfall schuldhaft dadurch verursacht hat, dass er entweder den erforderlichen Sicherheitsabstand nicht eingehalten hat, unaufmerksam war oder aber mit einer den Straßen- und Sichtverhältnissen unangepassten Geschwindigkeit gefahren ist; denn der Kraftfahrer ist verpflichtet, seine Fahrweise so einzurichten, dass er notfalls rechtzeitig anhalten kann, wenn ein Hindernis auf der Fahrbahn auftaucht (BGH, Urteil vom 13.12.2016, VI ZR 32/16, NJW 2017, 1177; Urteil vom 16.01.2007, VI ZR 248/05 - juris; OLG Hamm, Beschluss vom 06.09.2018, 7 U 31/18 - juris).
"
vgl. OLG Hamm, Urteil vom 27.11.2020 - 7 U 24/19
Haftungsabwägung nur bzgl. unfallkausaler Punkte
"1. Die Entscheidung über eine Haftungsverteilung im Rahmen des § 254 BGB oder des § 17 StVG ist grundsätzlich Sache des Tatrichters und im Revisionsverfahren nur darauf zu überprüfen, ob der Tatrichter alle in Betracht kommenden Umstände vollständig und richtig berücksichtigt und der Abwägung r......." [vollständiges Zitat anzeigen]
"1. Die Entscheidung über eine Haftungsverteilung im Rahmen des § 254 BGB oder des § 17 StVG ist grundsätzlich Sache des Tatrichters und im Revisionsverfahren nur darauf zu überprüfen, ob der Tatrichter alle in Betracht kommenden Umstände vollständig und richtig berücksichtigt und der Abwägung rechtlich zulässige Erwägungen zugrunde gelegt hat. Die Abwägung ist aufgrund aller festgestellten, d.h. unstreitigen, zugestandenen oder nach § 286 ZPO bewiesenen Umstände des Einzelfalls vorzunehmen, wenn sie sich auf den Unfall ausgewirkt haben; in erster Linie ist hierbei das Maß der Verursachung von Belang, in dem die Beteiligten zur Schadensentstehung beigetragen haben; ein Faktor bei der Abwägung ist dabei das beiderseitige Verschulden (vgl. Senatsurteile vom 17. Januar 2023 - VI ZR 203/22, NJW 2023, 1361 Rn. 29; vom 8. März 2022 - VI ZR 1308/20, NJW 2022, 1810 Rn. 8 mwN)."
vgl. BGH, Urteil vom 10.10.2023 - VI ZR 287/22
Haftungsverteilung innerhalb eines Gespanns
"b) Nach § 19 Abs. 4 Satz 2 StVG ist im Verhältnis der Halter des Zugfahrzeugs und des Anhängers zueinander nur der Halter des Zugfahrzeugs verpflichtet. Dies gilt nicht, soweit sich durch den Anhänger eine höhere Gefahr verwirklicht hat als durch das Zugfahrzeug allein; in diesem Fall hängt die Ver......." [vollständiges Zitat anzeigen]
"b) Nach § 19 Abs. 4 Satz 2 StVG ist im Verhältnis der Halter des Zugfahrzeugs und des Anhängers zueinander nur der Halter des Zugfahrzeugs verpflichtet. Dies gilt nicht, soweit sich durch den Anhänger eine höhere Gefahr verwirklicht hat als durch das Zugfahrzeug allein; in diesem Fall hängt die Verpflichtung zum Ausgleich davon ab, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem Zugfahrzeug oder dem Anhänger verursacht worden ist (§ 19 Abs. 4 Satz 3 StVG). Das Ziehen des Anhängers allein verwirklicht im Regelfall keine höhere Gefahr (§ 19 Abs. 4 Satz 4 StVG).
aa) Die Entscheidung über die Haftungsverteilung ist Sache des Tatrichters und im Revisionsverfahren nur darauf zu überprüfen, ob alle in Betracht kommenden Umstände vollständig und richtig berücksichtigt und der Abwägung rechtlich zulässige Erwägungen zugrunde gelegt worden sind (st. Rspr., zuletzt Senat, Urteil vom 22. November 2022 - VI ZR 344/21, NJW 2023, 1123 Rn. 11).
bb) Danach ist die Beurteilung, dass die Klägerin (Haftpflichtversicherer des Zugfahrzeugs) im Verhältnis zur Beklagten (Haftpflichtversicherer des Anhängers) allein verpflichtet ist (§ 19 Abs. 4 Satz 2 StVG), nicht zu beanstanden."
vgl. BGH, Urteil vom 14.11.2023 - VI ZR 98/23
nur feststehende Verstöße sind abzuwägen
"Im Rahmen der vorzunehmenden Abwägung der wechselseitigen Verursachungsbeiträge können nur solche Umstände zu Lasten eines Beteiligten berücksichtigt werden, die unstreitig oder bewiesen sind und die sich ursächlich auf die Entstehung des Schadens ausgewirkt haben. Nur vermutete Tatbeiträge oder d......." [vollständiges Zitat anzeigen]
"Im Rahmen der vorzunehmenden Abwägung der wechselseitigen Verursachungsbeiträge können nur solche Umstände zu Lasten eines Beteiligten berücksichtigt werden, die unstreitig oder bewiesen sind und die sich ursächlich auf die Entstehung des Schadens ausgewirkt haben. Nur vermutete Tatbeiträge oder die bloße Möglichkeit einer Schadensverursachung auf Grund geschaffener Gefährdungslage haben deswegen außer Betracht zu bleiben (vgl. BGH, Urteil vom 24. September 2013 - VI ZR 255/12 -, Rn. 7, juris, m.w.N.; OLG Hamm Beschl. v. 02.01.2018 - 7 U 44/17, NJW-RR 2018, 410, Rn. 36)."
vgl. OLG Hamm, Urteil vom 03.03.2023 - 7 U 100/22
situationsbedingte Betriebsgefahr: Kolonnenfahren
"Besondere Betriebsgefahr ist hierbei die Gesamtheit der Umstände, welche in der konkreten Verkehrssituation zur allgemeinen, die Gefährdungshaftung auslösenden Betriebsgefahr hinzutreten und die Gefahr einer Schadensverursachung erhöhen (vgl. BGH, Urteil vom 10.01.1995 - VI ZR 247/94, NJW 1995, 1029,......." [vollständiges Zitat anzeigen]
"Besondere Betriebsgefahr ist hierbei die Gesamtheit der Umstände, welche in der konkreten Verkehrssituation zur allgemeinen, die Gefährdungshaftung auslösenden Betriebsgefahr hinzutreten und die Gefahr einer Schadensverursachung erhöhen (vgl. BGH, Urteil vom 10.01.1995 - VI ZR 247/94, NJW 1995, 1029, beckonline), so dass hierdurch die allgemeine Betriebsgefahr erhöht wird, ohne dass bereits Verschuldensmomente hinzukommen. Die besondere Betriebsgefahr ist stets situationsbezogen (so auch Berz/Burmann StraßenverkehrsR-HdB, 4. A. Allgemeines Rn. 126, beckonline).
Situationsbezogen ergab sich jedenfalls, also ungeachtet eines eigenen Verkehrsverstoßes der Fahrerin, für das klägerische Fahrzeug eine besondere Betriebsgefahr. Bei der von der Gesellschafterin der Klägerin nach ihren Angaben gefahrenen (und unterstellt zulässigen) Geschwindigkeit im Bereich von 40 bis 45 km/h im innerstädtischen Kolonnenverkehr traf sie - auch bei (hier unterstellt) verkehrsangepasstem Verhalten - das in diesem Fall jedenfalls bei der streitgegenständlichen Kollision kausal gewordene Risiko einer Bremswegverkürzung infolge einer Unaufmerksamkeit des plötzlich vollbremsenden und/oder mit dem Vordermann kollidierenden Vorausfahrenden. Dieses dem Kolonnenverkehr immanente Risiko hat jedenfalls - insbesondere wenn der Blick auf den weiteren Verkehrsfluss voraus beeinträchtigt war - die Gefahr einer Schadensverursachung erhöht."
vgl. OLG Hamm, Urteil vom 27.11.2020 - 7 U 24/19
Sonderrechtfahrzeuge mit Blaulicht und Martinshorn bei Geschwindigkeit bis 30 km/h nur mit geringer Haftungsuote
"Die Rechtsprechung geht bei einem Wegerechtsfahrzeug, das auf einer ampelgeregelten Kreuzung einen Zusammenstoß verursacht, noch von einer Schadensteilung aus, wenn das Einsatzfahrzeug die Warnsignale eingeschaltet und eine Geschwindigkeit von bis zu 30 km/h aufgewiesen hat. Bei einer höheren Geschwind......." [vollständiges Zitat anzeigen]
"Die Rechtsprechung geht bei einem Wegerechtsfahrzeug, das auf einer ampelgeregelten Kreuzung einen Zusammenstoß verursacht, noch von einer Schadensteilung aus, wenn das Einsatzfahrzeug die Warnsignale eingeschaltet und eine Geschwindigkeit von bis zu 30 km/h aufgewiesen hat. Bei einer höheren Geschwindigkeit wird jedoch in der Regel die überwiegende Mitverursachung oder Alleinhaftung auf Seiten des Sonderrechtsfahrzeugs angenommen (vgl. Burmann/Heß/Jahnke/Janker a. a. O., § 35 StVO Rdnr. 18 m. w. N.)."
vgl. OLG Celle, Urteil vom 03.08.2011 - 14 U 158/10
Unabwendbarkeit nur zu prüfen, wenn Unfall zwischen Kraftfahrzeugen (ohne z. B. Fußgängerbeteiligung)
"Die Frage, ob die Ersatzpflicht aufgrund eines unabwendbaren Ereignisses ausgeschlossen ist, stellt sich entgegen dem Berufungsvorbringen in dem hier streitigen Fall der Kollision zwischen einem Kraftfahrzeug und einem Fußgänger nicht, da § 17 Abs. 3 StVG - wie auch das Landgericht bereits richtig ges......." [vollständiges Zitat anzeigen]
"Die Frage, ob die Ersatzpflicht aufgrund eines unabwendbaren Ereignisses ausgeschlossen ist, stellt sich entgegen dem Berufungsvorbringen in dem hier streitigen Fall der Kollision zwischen einem Kraftfahrzeug und einem Fußgänger nicht, da § 17 Abs. 3 StVG - wie auch das Landgericht bereits richtig gesehen hat - nur im Verhältnis mehrerer unfallbeteiligter Fahrzeughalter untereinander gilt (vgl. nur BGH Urt. v. 4.4.2023 - VI ZR 11/21, r+s 2023, 455 Rn. 9)."
vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 27.02.2024 - 7 U 120/22
Unabwendbarkeit nur zu prüfen, wenn Unfall zwischen Kraftfahrzeugen (ohne z. B. Fußgängerbeteiligung)
"Die Frage, ob die Ersatzpflicht aufgrund eines unabwendbaren Ereignisses ausgeschlossen ist, stellt sich entgegen dem Berufungsvorbringen in dem hier streitigen Fall der Kollision zwischen einem Kraftfahrzeug und einem Fußgänger nicht, da § 17 Abs. 3 StVG - wie auch das Landgericht bereits richtig ges......." [vollständiges Zitat anzeigen]
"Die Frage, ob die Ersatzpflicht aufgrund eines unabwendbaren Ereignisses ausgeschlossen ist, stellt sich entgegen dem Berufungsvorbringen in dem hier streitigen Fall der Kollision zwischen einem Kraftfahrzeug und einem Fußgänger nicht, da § 17 Abs. 3 StVG - wie auch das Landgericht bereits richtig gesehen hat - nur im Verhältnis mehrerer unfallbeteiligter Fahrzeughalter untereinander gilt (vgl. nur BGH Urt. v. 4.4.2023 - VI ZR 11/21, r+s 2023, 455 Rn. 9)."
vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 27.02.2024 - 7 U 120/22
Unfall zwischen PKW und Fußgänger: § 254 BGB möglich
"2. Die Haftung der Beklagten für die unfallbedingten materiellen und immateriellen Schäden aus § 7 Abs. 1 StVG ist eröffnet, weil der Kläger beim Betrieb des von der Beklagten gehaltenen Fahrzeugs schwerst verletzt wurde und die Beklagte den Beweis der Verursachung durch höhere Gewalt gemäß § 7 ......." [vollständiges Zitat anzeigen]
"2. Die Haftung der Beklagten für die unfallbedingten materiellen und immateriellen Schäden aus § 7 Abs. 1 StVG ist eröffnet, weil der Kläger beim Betrieb des von der Beklagten gehaltenen Fahrzeugs schwerst verletzt wurde und die Beklagte den Beweis der Verursachung durch höhere Gewalt gemäß § 7 Abs. 2 StVG nicht führen kann. Da der Kläger weder Halter noch Führer eines beteiligten Fahrzeuges war, kommt eine Anspruchskürzung nach § 17 StVG nicht in Betracht (vgl. nur BGH Urt. v. 4.4.2023 - VI ZR 11/21, r+s 2023, 455 Rn. 9). Der Kläger hat sich allerdings als Fußgänger beim Überqueren der Fahrbahn verkehrswidrig verhalten und dadurch die im Vordergrund stehende Schadensursache gesetzt. Das führt im Rahmen der Abwägung nach § 9 StVG, § 254 Abs. 1 BGB zu einer Reduzierung der grundsätzlich vollen Haftung der Beklagten auf 25%."
"Auch verdeckte dieses Fahrzeug die Sicht des Klägers und der Beklagten zu 1). Wird in diesem Schutzbereich sichtbehindernd geparkt, kommt eine Mithaftung des verbotswidrig Parkenden in Betracht (etwa LG Mönchengladbach BeckRS 2010, 07182). Die Rechtsprechung hat in ähnlichen Fällen Quoten anerkannt v......." [vollständiges Zitat anzeigen]
"Auch verdeckte dieses Fahrzeug die Sicht des Klägers und der Beklagten zu 1). Wird in diesem Schutzbereich sichtbehindernd geparkt, kommt eine Mithaftung des verbotswidrig Parkenden in Betracht (etwa LG Mönchengladbach BeckRS 2010, 07182). Die Rechtsprechung hat in ähnlichen Fällen Quoten anerkannt von 20 % (LG Duisburg, Urt. v. 24.03.1994, 5 S8/94 – juris) bis 40 % (OLG Karlsruhe, Urt. v. 04.12.1991, 1 U 156/91 – juris). Die von Klägerseite eingeforderten 100% sind, soweit ersichtlich, noch nie ausgeurteilt worden – sie werden es auch hier nicht.
Denn das Gericht hält im vorliegenden Fall eine Mithaftung von 1/3 für gerechtfertigt (ähnlich LG Mainz, Urt. v. 21.02.1995, 3 S 113/94 – juris)."
vgl. LG Kassel, Urteil vom 08.03.2013 - 5 O 118/12