"Ist der Schadensfall, wie es die Beklagte geltend macht, „gestellt“, so scheidet ein Schadensersatzanspruch des Klägers wegen Einwilligung in die Rechtsgutverletzung aus (BGH DAR 1990, 224; OLG Hamm ZfSch 2004, 68). Der Geschädigte muss zunächst den äußeren Tatbestand der Rechtsgutverletzung beweisen, also den Sachschaden bzw. die Kollision an sich – davon ist auszugehen (vorstehend II). Behauptet der Haftpflichtversicherer des (vermeintlich) Geschädigten, dass dieser mit der Rechtsgutverletzung einverstanden gewesen sei – sei es, dass alle Beteiligten mit dem Ablauf einverstanden gewesen seien, sei es, dass zumindest der Geschädigte den Unfall provoziert habe –, ist dieser besondere Rechtfertigungsgrund vom Haftpflichtversicherer des (vermeintlich) Geschädigten zu beweisen (grundlegend BGH, Urteil vom 01. Oktober 2019 – VI ZR 164/18 –, juris; BGH VersR 1978, 862; OLG Hamm NJW 2019, 3085; OLG Brandenburg Urt. v. 18.10.2018 – 12 U 70/17, BeckRS 2018, 38341). Ein Anscheinsbeweis für die betrügerische Vortäuschung eines Unfallgeschehens wird nur in Ausnahmefällen denkbar sein (BGH, Urteil vom 01. Oktober 2019 – VI ZR 164/18 –, juris; BGH VersR 1978, 862), kann allerdings dann greifen, wenn zahlreiche entsprechende Indizien festgestellt sind, die für einen „gestellten Unfall“ sprechen (BGH VersR 1979, 514; BGH VersR 1979, 281).
Der Beweis der Einwilligung in die Fahrzeugbeschädigung kann dann als geführt angesehen werden, wenn sich eine Häufung von Umständen findet, die darauf hindeuten. Unerheblich ist dabei, ob diese Indizien bei isolierter Betrachtung jeweils auch als unverdächtig erklärt werden können. Ausschlaggebend ist vielmehr eine Gesamtwürdigung aller Tatsachen und Beweise, bei der aus einer Indizienkette auf eine planmäßige Vorbereitung und Herbeiführung des vermeintlichen Unfalls geschlossen werden kann (OLG Düsseldorf 28.8.2023 – I-1 U 143/22 –, juris; OLG Bremen 8.3.2021 – 1 U 48/20, BeckRS 2021, 11817 m.w.N.; OLG Celle Urt. v. 11.11.2020 – 14 U 119/19, BeckRS 2020, 32642; OLG Koblenz VersR 2006, 523 m.w.N.). Es reicht damit die Feststellung von Indizien aus, die bei lebensnaher Zusammenschau und praktisch vernünftiger Gewichtung den Schluss auf ein kollusives Zusammenwirken zulassen, das die Rechtswidrigkeit der angeblichen Rechtsverletzung ausschließt (OLG Köln Urt. v. 22.6.2017 – 8 U 19/16, BeckRS 2017, 119523; OLG Bremen 8.3.2021 – 1 U 48/20, BeckRS 2021, 11817 m.w.N.).
Die Beweisführung für ein kollusives Zusammenwirken der Unfallbeteiligten kann also unter Zuhilfenahme von Indizien (beispielhaft z.B. OLG Bremen 8.3.2021 – 1 U 48/20, BeckRS 2021, 11817 m.w.N.; OLG Celle Urt. v. 11.11.2020 – 14 U 119/19, BeckRS 2020, 32642; OLG Hamm NJW 2019, 3085; OLG Frankfurt, Urteil vom 08. April 2019 – 23 U 112/17, juris; OLG Brandenburg Urt. v. 18.10.2018 – 12 U 70/17, BeckRS 2018, 38341; OLG Köln Urt. v. 22.6.2017 – 8 U 19/16, BeckRS 2017, 119523; OLG Schleswig r+s 2017, 437; OLG Düsseldorf Schaden-Praxis 2013, 351; weiterer Überblick bei R in Stiefel/Maier, Kraftfahrtversicherung 19. Aufl. § 249 BGB Rn. 181; Laws/Lohmeyer/Vinke in: Freymann/Wellner, jurisPK-StrVerkR, 1. Aufl. 2016, § 7 StVG Rn. 283) und mit der Bildung von Fallgruppen geführt werden (OLG Saarbrücken OLGR 2009, 394). Deren Beweiswert liegt aber nicht darin, dass bestimmte, nach ihrer Anzahl oder ihrer äußeren Erscheinungsform immer gleiche Beweisanzeichen festgestellt werden. Entscheidend ist vielmehr die Werthaltigkeit der einzelnen Beweisanzeichen in der konkreten Beweissituation des zu beurteilenden Falles für eine Überzeugung i.S. des § 286 ZPO (OLG Düsseldorf 28.8.2023 – I-1 U 143/22 –, juris; OLG Saarbrücken OLGR 2009, 394), wobei eine erhebliche Wahrscheinlichkeit einer Unfallmanipulation nicht ausreicht (BGH, Urteil vom 01. Oktober 2019 – VI ZR 164/18 –, juris).
§ 286 ZPO verlangt vielmehr die volle Überzeugung des Gerichts, was keine absolute oder unumstößliche Gewissheit und auch keine an Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit erfordert, sondern nur – aber zumindest – einen für das praktische Leben brauchbaren Grad von Gewissheit, der Zweifeln Schweigen gebietet, ohne sie völlig auszuschließen (st. Rspr. z.B. BGH, Urteil vom 12. Dezember 2023 – VI ZR 76/23 –, juris; BGH 23.06.2020 – VI ZR 435/19, NJW 2020, 3176 m.w.N.).
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